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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 14.04.2009
Aktenzeichen: 6 Ta 69/09
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 117 Abs. 3
ZPO § 117 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss

Aktenzeichen: 6 Ta 69/09

14.04.2009

In dem Beschwerdeverfahren

betr. Prozesskostenhilfe

hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein am 14.04.2009 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 25.03.2009 - 5 Ca 17/09 - wie folgt abgeändert:

Dem Kläger wird ab 06.01.2009 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt H... als Prozessbevollmächtigter zu den Bedingungen eines im Gerichtsbezirk niedergelassenen Rechtsanwalts beigeordnet. Er hat derzeit keine Zahlungen auf die Prozesskosten zu leisten.

Gründe:

I.

Der Kläger greift mit seiner Beschwerde den Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe an.

Der Kläger war bei dem Beklagten seit dem 01.06.2008 als Fahrzeuglackierer tätig. Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis am 17.12.2008 fristlos. Hiergegen wandte sich der Kläger mit seiner am 06.01.2009 beim Arbeitsgericht Lübeck eingegangenen Kündigungsschutzklage. Gleichzeitig beantragte er, ihm Prozesskostenhilfe unter Rechtsanwaltsbeiordnung zu bewilligen. Diesem Antrag fügte er die Fotokopie einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen bei. Der Kläger erläuterte im letzten Absatz seiner Klage, dass es sich bei diesen Unterlagen um Ablichtungen aus seinem Ehescheidungsverfahren handelt, welches beim Amtsgericht R... unter der Geschäftsnummer 10 F 166/08 rechtshängig sei. Weiter gab er dort an, dass sich seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse seit dem 10.09.2008 nicht zum Positiven verändert hätten. Die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse trägt das Datum 10.09.2008. Im letzten Satz der Klagschrift bat der Kläger um eine Auflage, falls das Gericht eine neue Erklärung für erforderlich halten sollte.

Mit Verfügung vom 12.03.2009 bat das Arbeitsgericht den Kläger um Hergabe einer aktuellen Einkommensbescheinigung bzw. um Erklärung, wovon die monatlichen Ausgaben bestritten werden. Ferner wies es den Kläger darauf hin, dass die Abzahlungsverpflichtung in Höhe von 30,29 EUR ohne weiteren Nachweis nicht berücksichtigt werden könne. Das Arbeitsgericht setzte dem Kläger eine Frist zur Ergänzung seiner Angaben bis zum 25.03.2009. Der Kläger kam dieser Auflage fristgemäß nach.

Am 25.03.2009 hat das Arbeitsgericht dem Kläger ab 24.03.2009 ratenlose Prozesskostenhilfe unter Rechtsanwaltsbeiordnung bewilligt.

Gegen diesen ihm am 30.03.2009 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 01.04.2009 sofortige Beschwerde eingelegt. Er wendet sich dagegen, dass ihm Prozesskostenhilfe erst ab 24.03.2009 bewilligt worden ist. Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe wirke grundsätzlich zurück auf den Zeitpunkt der Bewilligungsreife nach Antragstellung. Dies sei der Tag, an dem die Partei einen formgerechten Antrag gestellt und die Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt habe.

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass bis heute kein formgerechter Antrag vorliege. Denn der Kläger habe nur einen kopierten Vordruck ohne erneute Originalunterschrift eingereicht. Das Arbeitsgericht hat die Sache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Der Antragsteller im Prozesskostenhilfeverfahren kann Beschwerde einlegen gegen die Zurückweisung seines Antrags aber auch, wenn die Bewilligung auf einen Zeitpunkt nach Antragstellung datiert wird und ihm dadurch finanzielle Nachteile entstehen (Zöller/Philippi ZPO 26. Auflage § 127 Rdn. 10 a, 14).

Im vorliegenden Fall kann der Kläger die Fahrtkosten für die Wahrnehmung des Termins am 26.01.2009 aufgrund des Prozesskostenhilfebeschlusses vom 25.03.2009 nicht verlangen, denn Prozesskostenhilfe ist erst ab dem 24.03.2009 bewilligt worden. Der Kläger hatte seinen Prozesskostenhilfeantrag aber bereits am 06.01.2009 beim Arbeitsgericht gestellt.

2. Die Beschwerde ist auch begründet. Der Kläger kann Bewilligung von Prozesskostenhilfe bereits ab dem 06.01.2009 verlangen.

a) Für die Zeit nach Antragstellung wird Prozesskostenhilfe rückwirkend auf den Zeitpunkt der Bewilligungsreife gewährt. Das ist der Tag, an dem die Partei einen formgerechten Antrag gestellt und die Erklärung über ihre wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse vorgelegt hat (vgl. BGH 30.09.1981 - IV b ZR 694/80 - NJW 1982, 446). Ferner müssen die Angaben in der Erklärung belegt sein.

b) Der Kläger hatte bereits am 06.01.2009 einen formgerechten Antrag gestellt und die Erklärung über seine wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse nebst Belegen vorgelegt. Für die Erklärung hat er den amtlichen Vordruck benutzt, dessen Verwendung zwingend vorgeschrieben ist, § 117 Abs. 3 und 4 ZPO. Zwar hat der Kläger nur die Kopie einer in einem anderen Verfahren bereits vorgelegten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zur Akte gereicht. Auch trägt diese Erklärung keine Originalunterschrift des Klägers. Dennoch lag hier - entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts - ein formgerechtes Bewilligungsgesuch vor. Denn das Gericht kann sich mit einer Kopie eines in einem anderen Verfahren eingereichten Vordrucks begnügen (OLG Karlsruhe 07.12.1995 - 2 WF 145/95 - zitiert nach Juris). Bei unveränderten Verhältnissen kann auf eine solche kopierte Erklärung Bezug genommen werden, jedenfalls dann, wenn ausdrücklich erklärt wird, dass die Verhältnisse unverändert sind. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass die Benutzung des Formulars betreffend die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nur der Entlastung des Gerichts dient, jedoch keine prozessuale oder materielle Entscheidungsvoraussetzung ist. Das Gericht darf deshalb nicht allzu formalistisch verfahren (BGH 08.04.1987 - IV b ZB 77/87 - zitiert nach Juris). Es ist folglich unschädlich, wenn die "Erklärung" auf dem Vordruck nicht unterschrieben ist, sofern feststeht, dass die Erklärung von der um PKH nachsuchenden Partei stammt (OLG Karlsruhe a. a. O.). Erst Recht gilt dies, wenn sich auf der vorgelegten Kopie eine Unterschrift findet und die Partei mitteilt, in welchem Verfahren die Originalerklärung vorgelegt worden ist. Bei Zweifeln kann sich das Gericht durch Aktenanforderung von der Übereinstimmung der Erklärungen überzeugen und - falls es das für nötig hält - eine neue Erklärung verlangen.

Im vorliegenden Fall hat der Kläger in seiner Klage ausdrücklich erklärt, in welchem Verfahren er die Originalunterlagen vorgelegt hat. Zudem hat er angeboten, falls vom Gericht für erforderlich gehalten, eine neue Erklärung vorzulegen. Das Arbeitsgericht hat jedoch eine solche neue Erklärung nicht verlangt. Folglich durfte der Kläger davon ausgehen, dass das Arbeitsgericht den fotokopierten Vordruck ausreichen lassen würde. In dieser Annahme durfte er sich auch durch die Verfügung des Arbeitsgerichts vom 12.03.2009 bestätigt sehen. In der dortigen Auflage wird die Erklärung über die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse nicht angesprochen.

In dem vom BFH entschiedenen Fall (24.04.2001 - X B 56/00 - zit. nach Juris) lag eine kopierte, undatierte und nicht unterschriebene Erklärung ohne Belege vor. Anders als im vorliegenden Fall war es auf dieser Grundlage nicht möglich, festzustellen, ob der Einreichende die Verantwortung für die Erklärung übernimmt.

c) Der Umstand, dass der Kläger auf die gerichtliche Verfügung vom 12.03.2009 hin erst am 24.03.2009 den Bescheid der Agentur für Arbeit vorgelegt hat, führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Kläger konnte diesen Beleg bei Antragstellung Anfang Januar noch gar nicht vorlegen, weil der Bescheid erst am 02.02.2009 ergangen ist.

Im Ergebnis war dem Kläger daher rückwirkend Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

Ende der Entscheidung

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