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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 13.01.2009
Aktenzeichen: 1 KN 69/07
Rechtsgebiete: BImSchG, BauGB


Vorschriften:

BImSchG § 3
BauGB § 1 Abs. 7
BauGB § 214 Abs. 3 S. 2
1. Zur Bewertung landwirtschaftlicher Gerüche aus einer benachbarten Milchviehhaltung bei der Überplanung eines ehemaligen Munitionsdepots als Gewerbegebiet.

2. Zur erforderlichen Konkretisierung von Betriebserweiterungsabsichten in einem Bauleitplanverfahren.


Tatbestand:

Der Antragsteller wendet sich aus Sorge um Betriebseinschränkungen und die Erschwerung von zukünftigen Erweiterungen für seinen landwirtschaftlichen Betrieb gegen den Bebauungsplan Nr. 4a" C. Süd-West" der Antragsgegnerin, der eine Teilfläche eines ehemaligen Munitions- und Treibstoffdepots der Bundeswehr betrifft.

Nach Ausschreibung der Depotfläche durch das Bundesvermögensamt beschloss die Antragsgegnerin, eine gewerbliche Nachnutzung zu ermöglichen und einen städtebaulichen Vertrag mit dem in Aussicht genommenen Erwerber zu schließen. Später wurde die Planung aufgeteilt in die Abschnitte 4a und 4b (letzterer im östlichen Anschluss).

Einziger Nachbar ist der Antragsteller mit seinem südlich des Plangebiets liegenden "C.-hof", für den am 17. Februar 1976 eine Baugenehmigung für den "Neubau eines Wohnhauses mit Wirtschaftsgebäude u. Maschinenschuppen (Aussiedlung)" und am 3. Februar 1987 eine weitere Genehmigung für den Anbau eines weiteren Stallbereiches an das vorhandene Wirtschaftsgebäude erteilt worden waren. Der Antragsteller hält Milchvieh (bei Antragstellung ca. 150 Stück einschließlich Aufzucht).

Das Plangebiet beginnt jenseits der Straße, die nördlich am Hof des Antragstellers entlang führt. Von dieser her geht - unter Aufnahme des schon vorhandenen Straßensystems - weiter westlich eine Straße in das Plangebiet hinein, verläuft nördlich an zwei vorhandenen Gebäuden vorbei und verzweigt weiter östlich in zwei Straßen, die in nordöstlicher Richtung bis in das anschließende Gebiet weiterführen. Die beiden genannten Gebäude mit ihrem engeren Umfeld sind als Gewerbegebiet festgesetzt, weitere Umgebungsflächen im Süden und Osten als Gewerbegebiet "G1", in dem nach der textlichen Festsetzung Nr. 1.3 die nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO nur ausnahmsweise zulässigen Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter unzulässig sind. Nach Süden hin verläuft im Abstand von etwa 20 m vor der Gewerbegebiets- eine Baugrenze. Zwischen Gewerbe- und Plangebietsgrenze an der Straße ist auf etwa 25 m Breite eine Fläche für den Wald festgesetzt, die sich westlich des Gewerbegebiets bis zur Plangebietsstraße aufweitet. Westlich und südlich vom Gewerbegebiet ist unmittelbar daran anschließend in der Waldfläche ein 25 m Brandschutzstreifen festgesetzt, der nach den Textlichen Festsetzungen Nr. 6 ("Nachrichtliche Übernahme") einen 4 m breiten Wundstreifen und einen Reststreifen von 21 m Breite mit einem Waldgürtel aus schwer entzündbaren, standortgerechten Laubholzarten (vorwiegend Eiche und Eberesche) umfassen soll. Nach Westen, d.h. auch zwischen dem Hof des Antragstellers und dem Gewerbegebiet, folgt in der Waldfläche eine Fläche für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft. Die zugehörige Textliche Festsetzung Nr. 4.2 lautet:

"Die mit M1a bis M4a gekennzeichneten Flächen für Wald sind als Wuchsstandorte dauerhaft zu erhalten und zu pflegen. Sie sind durch das Anpflanzen standortgerechter einheimischer Laubgehölze von strukturarmen Nadelholzforsten in Mischwald umzuändern.

Dazu sind folgende Maßnahmen durchzuführen:

- Auslichten der Nadelholzforste

- Unterpflanzung der Nadelholzforste mit Rotbuchen (Fagus silvatica)

- Erhaltung von Eichenbeständen

- Erhaltung vorhandener Strauch und Krautschichten

- nicht anwachsende Gehölze sind in der folgenden Pflanzperiode gleichwertig zu ersetzen.

Diese Maßnahmen sind spätestens in der Pflanzperiode 5 Jahre nach Inkrafttreten des Bebauungsplanes zu erfüllen.

Die Waldflächen sollen naturschonend nach den Zielen des Nds. Programms zur langfristigen ökologischen Waldentwicklung in den Landesforsten (LÖWE-Programm) bewirtschaftet werden."

Weiter östlich im Plangebiet sind zwischen der aufgegabelten Plangebietsstraße und nördlich davon in größerer Entfernung vom Hof des Antragstellers Industriegebietsflächen festgesetzt.

Zu Planungsbeginn war die Gewerbegebietsfläche noch deutlich schmaler vorgesehen, nämlich - bezogen auf die Planstraße - mit etwa 25 m statt wie jetzt etwa 75 m Tiefe. Die endgültige Größe hat diese Fläche erstmals in einem "Vorabzug" bekommen, den das Planungsbüro mit Schreiben vom 20. Mai 2005 an die Antragsgegnerin übersandte. Dafür ist ein Hubschrauberlandeplatz entfallen, der mit einer westlichen Teilfläche im jetzigen erweiterten Gewerbegebiet gelegen hätte.

Nach einem von der Antragsgegnerin noch für die Ursprungsplanung eingeholten Gutachten über Geruchstoffimmissionen vom 23. März 2005 (Ingenieurbüro Dr. Ing. F. G.) waren für die nächstliegenden relevanten Beurteilungsflächen (geplantes GE-Gebiet) relative Geruchstundehäufigkeiten von bis zu 0,13 zu erwarten. Nach der zugehörigen Rasterkarte (Anlage 4) begann die Geruchsstundenhäufigkeit am Rande des Plangebiets mit 0,44; auf den Wert von 0,13 reduzierte sie sich im Inneren des Plangebiets bei den zwei vorhandenen Gebäuden im Gewerbegebiet. Die weiteren Baugebiete folgen erst erheblich weiter nordöstlich; für sie wurden Geruchsstundenhäufigkeiten von 0,05 bis 0,01 prognostiziert.

Nachdem der Antragsteller zuvor bereits andere Einwendungen erhoben hatte, wandte er sich mit anwaltlichem Schreiben vom 1. Juli 2005 unter Vorlage einer Plausibilitätsprüfung des TÜV Nord vom 24. Mai 2005 (noch in Unkenntnis der vorgesehenen Entwurfsänderung, die das Planungsbüro am 1. August 2005 übersandte) mit dem zusätzlichen Argument gegen die Planung, dass diese die Entwicklungsmöglichkeiten für seinen Rinderhaltungsbetrieb einschränke. Die beigefügte Plausibilitätsprüfung des TÜV Nord äußerte Bedenken (nur) hinsichtlich des Ansatzes der "Rauhigkeitslänge" (Nr. 5 des Anhangs 3 der TA Luft) mit 1 m bei Nadelwald. Die Hofstelle und das Plangebiet seien mit einem Bewuchs aus ca. 15 m hohen, relativ dicht stehenden Kiefern mit einem Kronenansatz in ca. 10 m Höhe bewachsen. Stall und Silagelager stünden auf einer kleinen Lichtung, die sich nach Süden bis zu den Wiesen entlang der oberen Drebber öffne. Zwischen Stall- und Wohngebäude sei das Unterholz entfernt, so dass ein Strömungsweg zwischen Bodenhöhe und Kronenansatz frei sei, darüber aber ein Austausch mit der freien Atmosphäre durch die Kronen behindert werde. Östlich und westlich sei das Unterholz erhalten, so dass sich die Fahne bei von Südwest einströmendem Wind auch nicht seitlich ungehindert verdünnen könne.

Die Rauhigkeitslänge von 1 m sei nach Anhang 3 der TA Luft nicht nur für Nadelwälder, sondern auch für "nicht durchgängig städtische Prägung", "Industrie- und Gewerbeflächen" und "Baustellen" anzusetzen. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung seien die Windgeschwindigkeiten im Wald in Bodennähe deutlich geringer als in bebauten Bereichen von Vorstädten und besonders Gewerbe- und Industriegebieten mit großen Strömungshindernissen und relativ großen Freiflächen dazwischen. Die Verdünnungseffekte durch Turbulenzen, die durch Gebäude ausgelöst würden, dürften in einem Industriegebiet daher deutlich höher sein als in einem geschlossenen Wald. Beim Durchströmen von Buschwerk werde die Strömung eher weniger turbulent.

Es solle daher mit der Fachbehörde diskutiert werden, ob derartige spezielle Randbedingungen überhaupt mit einem Ausbreitungsprogramm beschreibbar seien. Gegebenenfalls könne eine Rauhigkeitslänge gewählt werden, die etwa 1/10 des Bewuchses entspreche, oder - in Anlehnung an Anhang 3 Ziff. 8.6 der TA Luft - die Verdrängungshöhe auf das 0,8fache der Hindernishöhe gesetzt werden.

Hiermit setzte sich zur Vorbereitung der Abwägung ein Vermerk der Antragsgegnerin vom 29. Juli 2005 auseinander, in dem unter anderem hervorgehoben wurde, dass sich die Ausbreitungsbedingungen tatsächlich anders darstellten. Der Kiefernbestand sei durch junge Rotbuchen unterpflanzt worden, um den Nadelforst in einen Mischwald umzustrukturieren und in seiner Bedeutung für den Naturschutz aufzuwerten. Das Anwachsstadium des Jungholzes sei durch Bewässerung unterstützt worden; lediglich 10 % der Anpflanzungen seien abgängig und würden nachgepflanzt. Zwischen dem Stallgebäude und dem Wohnhaus in dem geplanten Gewerbegebiet werde sich deshalb kurzfristig wieder Unterholz einstellen, so dass der Strömungsweg eingeschränkt werde.

Bei einer baulichen Erweiterung seien die örtlichen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Aufgrund der Grundstücksverhältnisse und des Waldbestandes sei eine Erweiterung in südliche Richtung zu priorisieren.

Nach erneuter Auslegung des Planes mit dem geänderten Gewerbegebietszuschnitt hielt der Antragsteller seine bisherigen Einwendungen mit Schreiben vom 21. Oktober 2005 aufrecht und vertiefte seine Bedenken hinsichtlich der Geruchsimmissionen. Es sei keineswegs sicher, dass die Aufzucht von Rotbuchen auf diesen Flächen gelinge; sie wüchsen im Übrigen nur sehr langsam. Jedenfalls sei die Ausbreitungsberechnung schon deshalb fehlerhaft, weil sie zu Unrecht davon ausgehe, dass die Ausbreitung über den Baumkronen stattfinde, während sich der Strömungskanal tatsächlich unterhalb des Kronendachs befinde. Wegen der Änderung der Gewerbefläche hätte die Ausbreitungsberechnung ohnehin überprüft werden müssen. Eine Betriebserweiterung nach Süden sei nicht möglich, weil das Gelände dort stark abhängig und vernässt sei.

Hierauf änderte die Antragsgegnerin ihre Planung erneut und führte insoweit ein vereinfachtes Verfahren nach § 13 Abs. 2 BauGB durch. Hierzu teilte das Planungsbüro dem Antragsteller mit Schreiben vom 18. November 2005 mit:

"Es ist richtig, dass das Gewerbegebiet im Süden des B-Planes Nr. 4A gegenüber der 2. öffentlichen Auslegung bis an den Brandschutzstreifen heran erweitert wurde, stattdessen ist aber der bisher hier vorgesehene Hubschrauberlandeplatz, der einen Großteil der jetzigen Gewerbefläche einnahm, ersatzlos gestrichen worden.

Hinsichtlich der Geruchsemissionen ist für die Beurteilung die überbaubare Grundstücksfläche ausschlaggebend, da nur innerhalb dieser Fläche die Errichtung von Gebäuden und bei Gewerbegebieten im Rahmen der eingeschränkten Zulässigkeiten ausnahmsweise auch eine Wohnnutzung möglich ist. Die überbaubare Fläche wurde in südöstlicher Richtung vergrößert, die Veränderungen sind in "Karte 1 - bisherige Festsetzungen der überbaubaren Grundstücksfläche" dokumentiert. Sie verdeutlichen die Verschiebung der Baugrenzen und markieren den überbaubaren Grundstücksabschnitt, der durch die Erweiterung von dem vorher eingehaltenen Abstandsradius zum landwirtschaftlichen Betrieb überlagert wird.

Diese Überlagerung ist zwar im Verhältnis zur Gesamtgröße nur als relativ gering einzustufen und die Anordnung einer Wohnnutzung in dem südwestlichen Bereich aus heutiger Sicht aufgrund der in diesem Abschnitt vorhandenen und genehmigten Hauskläranlage unwahrscheinlich. Um jedoch möglicherweise daraus entstehende nachteilige Auswirkungen für den landwirtschaftlichen Betrieb auszuschließen, wird die Nutzung in dem Gewerbegebiet dahingehend eingeschränkt, dass die gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter nur in dem nördlichen Teil des Gewerbegebietes zulässig sind, die im Rahmen der 2. Auslegung als überbaubare Fläche festgesetzt war. Die genaue Abgrenzung und Formulierung der Änderungen siehe unter

- "Karte 2 - Änderungen der zeichnerischen Festsetzungen" und

- zu Karte 2 - Änderung der textlichen Festsetzungen.

Eine Überschneidung mit dem Abstandsradius findet somit nicht mehr statt und die von Wohnnutzung freizuhaltende Fläche entspricht unter Berücksichtigung des Gutachtens und der Windrichtungsmaxima wieder dem Stand der 2. Auslegung."

Der Antragsteller hielt mit Schreiben vom 5. Dezember 2005 seine Einwendungen aufrecht. In seiner Sitzung vom 16. Februar 2006 beschloss der Rat der Antragsgegnerin den Bebauungsplan als Satzung; einen Tag zuvor war ein städtebaulicher Vertrag abgeschlossen worden. In der Begründung zum Bebauungsplan sind die vorab gegebenen Begründungen vertiefend aufgenommen worden. Den Plan machte die Antragsgegnerin am 9. März 2006 öffentlich bekannt.

Auf Veranlassung des Antragstellers hat der TÜV Nord zwei weitere Stellungnahmen abgegeben. Die erste weitere Stellungnahme vom 22. September 2005 merkt an, dass sich die Aussage des von der Antragsgegnerin zugrunde gelegten Gutachtens nur auf bestimmte Baulichkeiten im Gewerbegebiet beziehe; andere Flächen des Gewerbegebiets lägen wesentlich näher an der Hofstelle. Die zweite weitere Stellungnahme vom 28. April 2006 wiederholt dies, weist auf eine südwestlich des Plangebiets genehmigte Biogasanlage hin und trifft eine Immissionsprognose für den Planfall Verdoppelung des Viehbestandes.

Der Antragsteller trägt zur Begründung seines am 22. Juni 2006 gestellten Normenkontrollantrages vor:

Nach den vorliegenden Gutachten müsse er mit Einschränkungen für seine bestehende Rinderhaltung rechnen, zumal schon die jetzt rechtlich geforderte Erhöhung der erforderlichen Güllelagerkapazität zu erheblichen Problemen führe. Da die zulässigen Geruchskapazitäten nach der Planung überschritten würden, sei die Ergänzung der Güllelagerung mit völlig unverhältnismäßigen Kosten verbunden, falls der Plan Bestand hätte. Aktuell plane er nordwestlich der bisherigen Gebäude die Errichtung einer Mehrzweckhalle, in der sich auch Tierunterstände befinden sollten.

Der Bebauungsplan nehme seinem Hof jegliche Erweiterungsmöglichkeit, obwohl Erweiterungsabsichten zu beachten seien, wenn sie im Rahmen der normalen Betriebentwicklung lägen. Um die wirtschaftliche Existenzfähigkeit des Hofes mittelfristig sicherzustellen, müsse er die Option auf eine Erweiterung um 100 % behalten. Gerade in der Milchviehwirtschaft bestehe aufgrund der Preisentwicklung quasi ein Zwang zur Betriebsvergrößerung, weil Betriebe unterhalb einer bestimmten Größe nicht mehr konkurrenzfähig seien. Das sei der Antragsgegnerin hinlänglich bekannt. Aktuell werde der Entwicklungsdruck durch eine Stellungnahme der Landberatung H. e.V. vom 22. April 2008 bestätigt.

Eine Erweiterung komme nur noch unmittelbar östlich des vorhandenen Stalles in Betracht, wobei die notwendige Betreuung (z.B. Tag und Nacht stattfindende Kalbungen, eventuelle Erkrankungen von Tieren usw.) eine größere Entfernung vom Hof nicht zulasse. Die Herde müsse unter ständiger Obhut und Beobachtung stehen. Die Nutzung seiner weiter östlich gelegenen Eigentumsflächen scheide deshalb aus; ein Stall an dieser Stelle würde im Übrigen zu einer weiteren Erhöhung der Geruchshäufigkeit führen. Südlich seines Hofes seien die Grundwasserstände für eine Bebauung mit vertretbarem Aufwand zu hoch. Die der Abwägung zugrunde gelegte These der Antragsgegnerin, ein geeigneter Standort für einen Stallneubau in vertretbarer Nähe sei wahrscheinlich vorhanden, sei ungeprüft aufgestellt und nicht belegt worden. Auch die schriftsätzlichen Ausführungen der Antragsgegnerin zeigten keine realistischen Erweiterungsmöglichkeiten auf. Diese habe sich auch nicht mit den Kosten auseinandergesetzt, die bei Baumaßnahmen durch eine extrem teure Zusatzausrüstung entstünden, mit denen die Genehmigungsfähigkeit hergestellt werden müsse.

Zu Unrecht beziehe die Antragsgegnerin die Geruchsschwellenwerte nur auf Wohngebäude im Gewerbegebiet. Maßgeblich sei nach der GIRL demgegenüber, ob sich auf den betroffenen Flächen Menschen nicht nur vorübergehend aufhielten. Hierzu zählten alle Flächen des Gewerbegebietes. Soweit die Antragsgegnerin auf eine "Nebeneinrichtung" verweise, aufgrund derer die Ansiedlung einer geruchsempfindlichen Nutzung ausgeschlossen werden könne, erkläre sie nicht, was gemeint sei. Derartige Einrichtungen seien auf den betreffenden Flächen unbekannt. Der Bebauungsplan enthalte keine Festsetzung, die den Aufenthalt von Menschen dort einschränke. Die GIRL unterscheide auch nicht zwischen Gebäudeflächen und Freiflächen. Etwas anderes besage auch nicht die von der Gegenseite angeführte Entscheidung des VGH München, weil das fragliche Gemüsefeld im Außenbereich gelegen habe.

Auf das frühere Munitionsdepot habe in Bezug auf Geruchsbelästigungen keine besondere Rücksicht genommen werden müssen. Es befinde sich in größerer Entfernung als das Plangebiet. Außerdem gelte die GIRL nur für Plangebiete, nicht für den Außenbereich. Bundeswehrsoldaten, die im Munitionslager gearbeitet hätten, hätten deshalb die im landwirtschaftlichen Bereich üblichen Gerüche schlicht hinnehmen müssen.

Es könne keine Rede davon sein, dass die Überschreitung der zulässigen Werte abwägungsgerecht sei. Nutzer der fraglichen Flächen seien nicht verpflichtet, derartige Überschreitungen hinzunehmen. Die GIRL schütze nicht nur vor Gesundheitsbeeinträchtigungen, sondern auch vor Geruchsbelästigungen. Die Antragsgegnerin habe sich in ihrem eigenen Gutachten der Maßstäbe der GIRL bedient und sei deshalb mit ihrer Abwägung daran gebunden. Selbst wenn man die Werte der GIRL nur als Orientierungswerte einstufen könne, dürfe man sie nicht - wie hier geschehen - in der Abwägung einfach ignorieren. Die Antragsgegnerin habe keine Betrachtungen dazu angestellt, dass in Teilen des Gewerbegebietes nunmehr Werte von 0,22 erreicht würden und der zulässige Höchstwert damit um mehr als 25 % überschritten werde. Selbst wenn man hier von den in der GIRL angesprochenen Abweichungsmöglichkeiten ausgehe, etwa einen Mischwert zwischen Gewerbegebiet (0,15) und Sonderfällen (0,20) zulassen wolle, wäre der sich daraus ergebende Mittelwert von 0,175 noch deutlich überschritten. Solche Erwägungen habe die Antragsgegnerin aber nicht angestellt, sondern fehlerhaft angenommen, es komme nur auf die Wohnnutzung an.

Nachträglich sei im Übrigen am Luemoorweg noch eine Biogasanlage genehmigt worden, wovon die Antragsgegnerin wegen der üblichen Gemeindebeteiligung im vorher begonnenen Genehmigungsverfahren im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan schon Kenntnis gehabt habe. Diese Anlage verschärfe die Problemlage zu seinen Lasten zusätzlich.

Der Antragsteller beantragt,

den vom Rat der Antragsgegnerin am 16. Februar 2006 als Satzung beschlossenen Bebauungsplan Nr. 4a "C. Süd-West" für unwirksam zu erklären und im Falle der Antragsablehnung die Revision zur Klärung der Frage zuzulassen, wie konkret Erweiterungsabsichten geäußert werden müssten, um als abwägungserheblicher Belang angesehen werden zu können.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag insgesamt abzulehnen.

Sie trägt vor:

Die Immissionen des Hofes des Antragstellers seien ordnungsgemäß auf der Grundlage des Gutachtens G. abgewogen worden. Eine zeit- und kostenintensive Rasterbegehung habe nicht stattfinden müssen; die Ausbreitungsberechnung sei ausreichend gewesen. Die Korrektheit des Gutachtens sei im Wesentlichen auch vom TÜV Nord bestätigt worden. Dieser habe lediglich wegen der vorhandenen Bewaldung Zweifel gehabt, ob die Ausbreitungsbedingungen der Modellrechnung angemessen seien. Das überzeuge jedoch nicht, weil es sich bei dem Wald nur um lockeren Kiefernbestand im beginnenden Baumholzalter handele. Der Kronenbereich sei so aufgelockert, dass ein Austausch der Luftmassen mit der freien Atmosphäre stattfinden könne. Darüber hinaus seien bereits Laubbäume untergepflanzt, so dass der Strömungsweg zwischen der Geländeoberkante und dem Kronenansatz der Kiefern nicht wesentlich anders ausgeprägt sei als der der umliegenden Waldbestände.

Darüber hinaus seien geruchsmindernde Effekte aufgrund der Maskierung des Geruchs aus der Rinderhaltung durch den Eigengeruch des Waldes sowie seine zusätzliche Geruchsfilterwirkung nicht berücksichtigt worden.

Im Übrigen stütze sich das TÜV Nord-Gutachten nur auf Annahmen und Vermutungen.

Auch nach der Planungsänderung, mit der das Gewerbegebiet nach Süden erweitert worden sei, ergebe sich nichts anderes. Nach wie vor würden die GIRL-Werte auf allen relevanten, d.h. bebaubaren Flächen des Bebauungsplanes eingehalten. Die Erweiterungsfläche werde wegen der festgesetzten Baugrenze nicht zum dauernden Aufenthalt von Menschen genutzt. Hier befinde sich lediglich eine Nebeneinrichtung, nämlich eine Hauskläranlage, die planungsrechtlich habe abgesichert werden sollen. Aufgrund der Lage dieser Nebeneinrichtung könne die Ansiedlung einer geruchsempfindlichen Nutzung in diesem südwestlichen Eckbereich des Grundstücks ausgeschlossen werden. Auf Außenflächen wie etwa Lagerplätze o.ä. sei die GIRL nicht anwendbar, wie der VGH München jüngst für den Gemüseanbau bestätigt habe (Beschl. v. 21.9.2006 - 14 ZB 06.1902 -, juris). Für die Auslegung ihrer Formulierung "sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten", könne auf die Kommentierung zu § 43 Abs. 1 NBauO zurückgegriffen werden. Danach seien Aufenthaltsräume vor allem solche Räume, in denen sich Menschen regelmäßig mehrere Stunden lang täglich aufhielten (Große-Suchsdorf/Lindorf/Schmaltz/Wiechert, NBauO, 8. Aufl. 2006, § 43 Rdnr. 5). Keine Aufenthaltsräume seien danach Lagerräume, auch wenn in ihnen die mit der Lagerung notwendig verbundenen Arbeiten verrichtet würden. Für Außenlagerflächen gelte die GIRL danach nicht.

Die Geruchsbelastung liege im festgesetzten Gewerbegebiet zu einem geringen Teil bei 0,17, also nur 0,02 über dem nach der GIRL vorgegebenen Wert. Das könne als unbedenklich eingestuft werden, zumal das Städtebaurecht keine verbindlichen Grenzwerte vorgebe. Hinsichtlich der Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse habe die Gemeinde einen Entscheidungsspielraum. Die fachtechnischen Regelwerke wie die GIRL böten lediglich Hilfswerte. Unterhalb der Gefahrenschwelle könne sie in einer Gemengelage Immissionen zulassen, die über den Werten aus fachtechnischen Regelwerken lägen. Das sei bei einer planerischen Abwägung anders als bei einer anlagenbezogenen Genehmigung.

Hier sei eine Wohnbebauung für Aufsichts- und Bereitschaftspersonal sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter ausnahmsweise nur im nördlichen Teil des Gewerbegebiets zulässig, in dem der Wert von 0,15 nicht überschritten werde. Die Überschreitung von 0,02 in einem geringen Teil des festgesetzten Gebiets sei abwägungsgerecht, weil der Übergang zum Außenbereich betroffen sei und eine Überschreitung um 2 Prozent noch die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse wahre. Eine Gesundheitsgefährdung sei in der Rechtsprechung des Senats für solche Verhältnisse verneint worden (Urt. v. 25.7.2002 - 1 LB 980/01 -).

Einen Grundsatz, dass bei einer Flächenausweisung hinsichtlich der einzuhaltenden Grenzwerte nur ein einheitlicher Wert gebildet werden dürfe, gebe es nicht. Eine Binnendifferenzierung sei ohne weiteres möglich, zumal an der Grenze zum Außenbereich.

Selbst wenn man davon ausgehe, dass hier eine Überschreitung von GIRL-Werten ausdrücklich in die Abwägung hätte eingestellt werden müssen, liege jedenfalls im Sinne des § 214 Abs. 3 BauGB kein offensichtlicher Abwägungsfehler vor, der auf das Abwägungsergebnis Einfluss gehabt haben könnte. Der vorliegende Fall sei weit von der Schwelle einer möglichen Gesundheitsgefährdung entfernt, die erst ein unüberwindbares Planungshindernis bedeutet hätte. Einzige Voraussetzung für ein richtiges Planungsergebnis sei nur, dass die getroffene Planungsentscheidung nicht zu einer so konfliktbeladenen Planung führe, dass diese schlichtweg undurchführbar werde. Es reiche aus, wenn grundsätzlich gewährleistet sei, dass die zu erwartenden gegenseitigen Beeinträchtigungen im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens so minimiert werden könnten, dass sie zu keinen relevanten Beeinträchtigungen führten (so VGH Kassel, Urt. v. 26.2.2004 - 3 N 739/02 -). Dies sei hier ersichtlich der Fall, weil die Außenflächen von Bebauung freigehalten würden und sich ein Nutzungskonflikt somit nicht ergebe. Insoweit unterscheide sich der Fall von dem Sachverhalt, der der Entscheidung des Senats vom 28. Oktober 2004 (- 1 KN 202/03 -) zugrunde gelegen habe.

Soweit der Antragsteller auf die Planung einer Biogasanlage am Luemoorweg verweise, sei diese im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Plan noch nicht genehmigt gewesen. Der Genehmigungsantrag sei beim Gewerbeaufsichtsamt Celle gestellt worden. Konkrete Hinweise darauf, dass die Antragsgegnerin hiervon Kenntnis gehabt habe, könne der Antragsteller nicht vorbringen. Das sei aber auch unerheblich. Die Zulässigkeit einer solchen Anlage richte sich nach den Festsetzungen des Bebauungsplans und nicht umgekehrt.

Die Antragsgegnerin habe sich auch mit den Betrieberweiterungswünschen des Antragstellers ausreichend auseinandergesetzt. Diese seien sehr vage gewesen. Die "normale Betriebsentwicklung" umfasse nicht alle denkbaren Entwicklungsmöglichkeiten, sondern nur solche, die in absehbarer Zeit zu erwarten seien. Der Antragsteller habe nach Planungsbeginn im Jahre 2002 erst im Jahr 2005 Einwände vorgebracht, die nicht konkret gewesen seien. Von der Absicht, eine Mehrzweckhalle zu errichten, habe die Antragsgegnerin erst durch das Normenkontrollverfahren Kenntnis bekommen, von der Bauvoranfrage für eine Erweiterung der Güllelager- und Futtermittelkapazitäten erst durch Schriftsatz vom 11. April 2008.

Die Auffassung des Antragstellers, bei Milchviehbetrieben sei unter einer "normalen betrieblichen Entwicklung" die Verdoppelung der bestehenden Kapazitäten zu verstehen, treffe nicht zu. Trotz aller Konzentrationsprozesse weise die Mehrzahl der am Markt tätigen landwirtschaftlichen Betriebe eine ähnliche Größe wie der des Antragstellers auf. Wolle man jedem Betrieb eine Verdoppelung seiner Kapazitäten zugestehen, würde die die Bauleitplanung auf unabsehbare Zeit lahm legen. Das hier nur zum Ausdruck gekommene Interesse, sich alle Entwicklungsmöglichkeiten offen zu halten, sei demgegenüber nicht abwägungserheblich.

Gleichwohl habe die Begründung zum Bebauungsplan unter Nr. 4 a Möglichkeiten einer baulichen Erweiterung aufgezeigt. Auch die Entfernung zu den weiter östlich gelegenen Flächen des Antragstellers sei aber noch zumutbar. Der nördliche Grundstücksabschnitt des Betriebs weise insgesamt 14.800 m² auf, die nicht von den Grundwasserproblemen betroffen seien. Zumindest zwei Flächen ließen sich für eine Stallerweiterung nutzen.

Im Übrigen müsse bei Erweiterungsmaßnahmen ohnehin berücksichtigt werden, dass nach Nr. 4.8 der TA Luft i.V.m. Anhang 1 wegen der unmittelbaren Nachbarschaft zum Wald und der von der Anlage hervorgerufenen Ammoniakimmissionen und Stickstoffdepositionen eine Konfliktsituation bestehe, die auch ohne den Bebauungsplan bewältigt werden müsse.

Der Antragsteller habe schließlich auch auf die vorherige militärische Nutzung Rücksicht nehmen müssen. Er habe sich nicht darauf verlassen können, dass das Gelände nach Beendigung der militärischen Nutzung ungenutzt bleibe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Der Antrag ist zulässig, jedenfalls soweit sich der Antragsteller gegen die Gewerbegebietsfestsetzung im angegriffenen Bebauungsplan wendet. Die weiter entfernte Industriegebietsfestsetzung hat er im Normenkontrollverfahren selbst nicht mehr in Frage gestellt. Es liegt auch nahe, dass der Bebauungsplan insoweit nach den Grundsätzen teilbar wäre, die das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 9. April 2008 (- 4 CN 1.07 -, BauR 2008, 1268 = NVwZ 2008, 899) bekräftigt hat. Das bedarf hier aber auch unter Kostengesichtspunkten (vgl. BVerwG, Urt. v. 3.4.2008 - 4 CN 3.07 -, NVwZ 2008, 902 = DVBl. 2008, 981) keiner weiteren Behandlung.

Der Antrag ist jedoch unbegründet. Dabei beschränkt sich der Senat auf die Prüfung der Fragen, die der Antragsteller nach weitergehenden Einwendungen im Planaufstellungsverfahren noch zum Gegenstand des Normenkontrollverfahrens gemacht hat, d.h. auf die Geruchsproblematik.

Entgegen der Ansicht des Antragstellers sind der Antragsgegnerin bei der Abwägung insoweit keine Fehler unterlaufen, die nach § 214 Abs. 3 BauGB schädlich wären.

Ein Satzungsbeschluss über einen Bebauungsplan ist rechtswidrig, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattgefunden hat. Das Abwägungsgebot ist ferner verletzt, wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge einzustellen war. Schließlich liegt eine Verletzung auch vor, wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen diesen in einer Weise vorgenommen wurde, die zur objektiven Gewichtigkeit der Belange außer Verhältnis steht (BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 -, BVerwGE 34, 301).

Ausgangspunkt ist insoweit, dass die Antragsgegnerin ihrer Abwägung in Bezug auf die Geruchsproblematik durch Heranziehung eines darauf beruhenden Gutachtens die Geruchsimmissions-Richtline - GIRL - (in Niedersachsen in ihren verschiedenen Fassungen eingeführt durch Runderlasse vom 14.11.2000, Nds.MBl. 2001, 224 und vom 35.5.2006, Nds.MBl. 2006, 657) zugrunde gelegt hat. Daran muss sich die Abwägung messen lassen, auch wenn die GIRL in Fällen der vorliegenden Art nicht zwingend anzuwenden ist (vgl. insoweit ausführlich OVG Lüneburg, Urt. v. 12.11.2008 - 12 LB 17/07 -, Entscheidungsdatenbank und juris; zuvor schon OVG Lüneburg, Urt. v. 17.10.2002 - 1 KN 2406/01 -, RdL 2003, 5 = AgrarR 2004, 15; Beschl. v. 13.11.2006 - 1 ME 166/06 -, NVwZ 2007, 478 = RdL 2007, 54; Beschl. v. 27.6.2007 - 12 LA 14/07 -, RdL 2007, 242; vgl. auch VGH Kassel, Urt. v. 12.11.2007 - 4 N 3204/05 -, AUR 2008, 231).

In Bezug auf die in dem genannten Gutachten vorgenommene Ausbreitungsberechnung wird allein darum gestritten, ob diese die konkreten Grundstücksverhältnisse in Bezug auf die Bewaldung ausreichend berücksichtigt oder unzulässig pauschaliert hat. Der Antragsteller stellt insoweit mit sachverständigem Beistand in Frage, ob die dem Gutachten nach Nr. 5 des Anhangs 3 zur TA Luft zugrunde gelegte "Rauhigkeitslänge" angemessen war. Diese ist nach Tabelle 14 aus den Landnutzungsklassen des CORINE-Katasters zu bestimmen. Sie variiert zwischen 0,01 m (Strände, Dünen und Sandflächen; Wasserflächen) und 2,00 m (Durchgängig städtische Prägung). Laubwälder und Mischwälder werden mit 1,50 m bewertet, Nadelwälder dagegen mit 1,0 m, ebenso wie "Nicht durchgängig städtische Prägung", "Industrie- und Gewerbeflächen" und "Baustellen".

Die Nr. 5 bestimmt weiter, dass die Rauhigkeitslänge für ein kreisförmiges Gebiet um den Schornstein festzulegen ist, dessen Radius das 10fache der Bauhöhe des Schornsteins beträgt. Setzt sich dieses Gebiet aus Flächenstücken mit unterschiedlicher Bodenrauhigkeit zusammen, so ist eine mittlere Rauhigkeitslänge durch arithmetische Mittelung mit Wichtung entsprechend dem jeweiligen Flächenanteil zu bestimmen und anschließend auf den nächstgelegenen Tabellenwert aufzurunden.

So ist das Gutachten vom 23. März 2005 nach eigener Aussage auf Seite 8 auch verfahren; danach befindet sich zwischen den Emissionsquellen und den beurteilungsrelevanten Immissionsorten hauptsächlich Nadelwald mit der Folge, dass von einer Rauhigkeitslänge von 1,0 ausgegangen wurde.

Soweit der TÜV Nord dagegen einwendet, die Abluft aus dem Stall verbreite sich hier nicht oberhalb der Baumkronen - an denen sich die Rauhigkeitslänge orientiert -, sondern werde mangels bremsenden Unterholzes zum Gewerbegebiet hin "getunnelt", ist ihm zunächst einzuräumen, dass die emittierende Anlage hier nicht über den in Nr. 5 des Anhangs 3 zur TA Luft vorausgesetzten Schornstein verfügt, sondern über eine Traufen-First-Lüftung. Im Ansatz tritt die Abluft also relativ tief aus. Das hat auch das Gutachten vom 23. März 2005 selbst gesehen, wenn es auf Seite 7 im Zusammenhang mit den "besonderen Bedingungen der Stallentlüftung" in einem Klammerzusatz aufführt: "Abluftaustritt < 10 m über Grund, vergleichsweise geringe Ablufttemperatur, in der Regel eine Vielzahl von Quellen, Windinduktion, hohe Luftvolumenströme", und weiter angibt, dass auf eine Berücksichtigung der thermischen Abluftfahnenüberhöhung bei allen Quelltypen von Tierhaltungsanlagen verzichtet werde.

Dieser Umstand stellt das Ergebnis des Gutachtens jedoch aus zwei Gründen nicht in Frage.

Zunächst hat die Antragsgegnerin bereits begonnen, entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans Nachpflanzungen u.a. mit Rotbuchen vorzunehmen, was den ungehinderten Luftaustausch unterhalb der vorhandenen Baumkronen unterbinden kann. Hinzu kommt, dass der noch anzulegende 4 m breite Wundstreifen auch zu der seitlichen Durchlüftung führen wird, die der TÜV Nord zuvor vermisst hat.

Die Zweifel des Antragstellers daran, dass diese Maßnahme schnellen und nachhaltigen Erfolg haben wird, greifen nicht durch. Die Festsetzungen des Bebauungsplanes setzen hierfür einen bestimmten Zeitrahmen (5 Jahre) und ordnen eindeutig an, dass nicht anwachsende Gehölze in der folgenden Pflanzperiode gleichwertig zu ersetzen sind. Vor diesem Hintergrund kann nicht ohne weiteres unterstellt werden, dass die Umsetzung dieser Festsetzungen planwidrig unterbleiben wird. Es ist auch unschädlich, dass sie ihre Wirkungen nicht sofort mit dem Inkrafttreten des Planes entfalten. Bebauungspläne sind als Angebotsplanungen ohnehin regelmäßig nicht auf eine "schlagartige" Umsetzung angelegt, müssen aber bei die Natur betreffenden Festsetzungen erst recht davon ausgehen, dass die beabsichtigten Wirkungen erst nach einer längeren Anwachsphase eintreten. Das ist der vom Planbetroffenen hinzunehmende Normalfall. In Bezug auf die vom Antragsteller avisierten Betriebserweiterungen kann nach dem derzeitigen Konkretisierungsstand ohnehin davon ausgegangen werden, dass sie erst umgesetzt werden, wenn der vom Plangeber beabsichtigte Endzustand bereits erreicht ist.

Hinzu kommt, dass es sich mit der Systematik des Anhangs 3 zur TA Luft nicht verträgt, gerade die Rauhigkeitslänge gleichsam als "Stellschraube" für eine bessere Annäherung an die realen Verhältnisse zu nutzen. Die Nr. 5 pauschaliert mit ihrer Einteilung in Tabelle 14 relativ stark. Schon der Umstand, dass Nadelwälder gleich gewichtet werden wie z.B. "Nicht durchgängig städtische Prägung" oder "Industrie- und Gewerbeflächen", zeigt deutlich, dass hier sehr unterschiedliche Geländeoberflächen zusammengefasst werden, die sich auch in ihrer jeweiligen Ausprägung krass voneinander unterscheiden können. Diese Pauschalierung ist aber gewollt. Besonderheiten werden im Anhang 3 an anderer Stelle berücksichtigt, so z.B. unter Nr. 10 Bebauung, unter Nr. 11 Geländeunebenheiten und unter Nr. 8.6 Einflüsse auf die Verdrängungshöhe; auf letztere ist auch die Plausibilitätsprüfung am Rande eingegangen. Abweichungen von der Tabelle in Nr. 5 würden dagegen die Systematik des Anhangs 3 verlassen. Sie hielten sich nicht mehr im Rahmen einer geordneten Berücksichtigung von Besonderheiten, wie sie der Senat auch im Beschluss vom 12. Juni 2007 (- 1 ME 122/07 -) erörtert hat, sondern griffen das System der Ausbreitungsrechnung nach dem Anhang 3 der TA Luft insgesamt an.

Unabhängig hiervon hat der Senat auch deshalb keine Zweifel daran, dass die Ergebnisse der Ausbreitungsberechnung "auf der sicheren Seite" liegen, weil er selbst in vergleichbaren Fragen in ständiger Rechtsprechung (z.B. Beschlüsse vom 13.11.2006 - 1 ME 166/06 -, NVwZ 2007, 478 = RdL 2007, 54, vom 12.6.2007 - 1 ME 122/07 -, u. v. 14.1.2008 - 1 ME 315/07 -) die Untersuchungen der Bayerischen Landesanstalt für Landtechnik der Technischen Universität München heranzieht ("Geruchsfahnenbegehungen an Rinderställen"). Diese lassen ein der Antragsgegnerin noch günstigeres Ergebnis erwarten, weil danach bei Ställen mit bis zu 500 Rindern und Trauf-First-Belüftung jenseits von 70 m deutliche Stallgerüche nicht mehr wahrzunehmen sind. Danach wäre hier bei fast 90 m Abstand zum Rand des Gewerbegebietes wohl auch bei der gewünschten Verdoppelung des Bestandes auf 300 Tiere noch kein Grund für Betriebeinschränkungen ersichtlich.

Zwar hat der Antragsteller mit sachverständige Unterstützung in der mündlichen Verhandlung deutliche Vorbehalte gegen die "Weihenstephan-Untersuchung" erkennen lassen und für den TÜV Nord fachlich überlegene Begehungsmethoden reklamiert. Zu einer abweichenden Überzeugungsbildung des Senates reicht jedoch die Anregung nicht aus, sich selbst in 200 m Entfernung in den Abluftstrom eines Rinderstalles zu stellen. Die Bewertung gerade von Rinderabluft hat in der Vergangenheit mehr Zweifelsfragen ergeben als diejenige der Abluft anderer Tierarten, etwa von Schweinen. So ist die geplante VDI-Richtlinie 3473 über einen Entwurfsstand nicht hinausgekommen. Fortgesetzt haben sich die Zweifelsfragen in der intensiven Diskussion der GIRL. Nunmehr steht deren Fassung 2008 an, die einen zusätzlichen Richtwert für Dorfgebiete einführen will, mit der Besonderheit, dass der Immissionsrichtwert von 15 % nur für Geruchsimmissionen aus Tierhaltungsanlagen i.V.m. der belästigungsrelevanten Kenngröße IGb der Ziffer 4.6 Tabelle 4 GIRL 2008 gelten soll. Diese ist für Milchkühe deutlich günstiger als für andere Tierarten (vgl. zum Ganzen Lang, NuR 2008, 841). Insgesamt ist damit die Tendenz unverkennbar, Rinderabluft günstiger zu beurteilen als zu Beginn der Entwicklung der Regelwerke, was im Ergebnis auf eine Annäherung an die Maßstäbe der Rechtsprechung hinausläuft. Sollte der TÜV Nord bei seinen eigenen Begehungen zu abweichenden Ergebnissen gelangen, bietet sich an, diese (wie die "Weihenstephan-Untersuchung") zu veröffentlichen und von der Fachöffentlichkeit kritisch überprüfen zu lassen, bevor sie zur Grundlage von Verallgemeinerungen gemacht werden.

Zwar lag der Entwurf der GIRL 2008 im Zeitpunkt der Satzungsentscheidung noch nicht vor, konnte also der Abwägung nicht zugrunde gelegt werden. Dass der Senat gleichwohl die darin zum Ausdruck kommenden Bewertungstendenzen berücksichtigen kann, ergibt sich aus der Kontrollerwägung, dass eine eventuelle Beweiserhebung im Normenkontrollverfahren über die Intensität der Geruchseinwirkungen nicht künstlich auf einen Jahre zurück liegenden, überholten Erkenntnisstand zurück zu greifen, sondern den aktuellen Stand zugrunde zu legen hätte, was auch Entwurfsfassungen von Regelwerken einschließt, wenn diese auf hinreichend abgesicherten Untersuchungen beruhen.

Nicht haltbar ist allerdings die Annahme der Antragsgegnerin, schutzwürdig und -bedürftig seien nur die bebaubaren Flächen eines Gewerbegebietes, nicht auch solche außerhalb einer festgesetzten Baugrenze, und dass es im Gewerbegebiet nur auf Wohnhäuser ankomme.

Planungsrechtlich sind nach den §§ 9 Abs. 1 Nr. 2 BauGB, 23 Abs. 1 und 4 BauNVO jenseits einer Baugrenze Gebäude und Gebäudeteile unzulässig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 7.6.2001 - 4 C 1.01 -, BauR 2001, 1698 = NVwZ 2002, 90) ist letztere Bestimmung so auszulegen, dass sie nicht nur für Gebäude und Gebäudeteile, sondern auch für alle anderen baulichen Anlagen gilt. Ausgenommen sind nach § 23 Abs. 5 BauNVO nur Nebenanlagen. Auszugehen ist damit vom bundesrechtlichen Begriff der baulichen Anlage in § 29 Abs. 1 BauGB, was allerdings für "Lagerstätten" noch Raum lässt. Zulässig wären auch nicht unter § 29 Abs. 1 BauGB fallende Nutzungen, soweit diese dem Gebietscharakter nicht widersprechen (BVerwG, Urt. v. 4.11.1966 - IV C 36.65 -, BVerwGE 25, 243 = DVBl. 1967, 283; Urt. v. 16.2.1968 - IV C 190.65 -, DVBl. 1968, 507; Urt. v. 2.3.1973 - IV C 40.71 -, BVerwGE 42, 30 = DVBl. 1973, 636; Urt. v. 28.4.1978 - 4 C 59.75 -, BRS 33 Nr. 31; OVG Lüneburg, Urt. v. 13.3.1980 - 1 OVG A 11/79 -, NStV-N 1981, 166; Urt. v. 24.1.1986 - 1 OVG A 168/84 -, Gemeinde 1986, 265).

Das bedeutet, dass auch außerhalb der Baugrenze dauerhafte Nutzungen nicht ausgeschlossen sind. Keine Bedeutung kommt dabei dem Umstand zu, dass im "Überschneidungsbereich" eine genehmigte Hauskläranlage betrieben wird, denn der Grundstückseigentümer ist nicht daran gehindert, insoweit umzudisponieren.

Richtig ist, dass sich in dem oben beschriebenen Rahmen nur schwer eine zulässige Nutzung vorstellen lässt, die mit einem längeren Aufenthalt von Menschen verbunden ist. Soweit der Antragsteller auf Lagerflächen verweist, die dort im Zusammenhang mit Gewerbebetrieben angelegt werden könnten, erfordern oder verursachen diese eher nicht einen dauernden Aufenthalt. Umgekehrt wird man davon ausgehen können, dass ein dauernder Aufenthalt in der Regel an Anlagen anknüpfen wird, die in ihrer baulichen Verfestigung über eine reine Lagerstätte hinausgehen. Auch andere Nutzungsmöglichkeiten drängen sich nicht auf.

Andererseits kann nicht unterstellt werden, dass die Antragsgegnerin die im ursprünglichen Entwurf kleinere Gewerbegebietsfläche grundlos auch über die jetzige Baugrenze hinaus erweitert hat. Eine Bestandssicherung für die dort vorhandene Kleinkläranlage wirkt als Grund eher nachgeschoben. Es bestand auch kein Anlass, durch Ausweitung des Gewerbegebietes gerade nach Süden "Pufferflächen" zur Wahrung des Trennungsgebotes gegenüber anderen Baugebietsflächen einzurichten.

Selbst wenn aber die Antragsgegnerin die Frage der Schutzwürdigkeit und zugleich den Anwendungsbereich der GIRL zu eng gesehen hat, folgt daraus im Ergebnis kein durchgreifender Abwägungsfehler.

Zunächst ist die planende Gemeinde an die GIRL als ein technisches Regelwerk nicht zwingend gebunden. Sie vermag nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vielmehr durch Bauleitplanung gebietsbezogen zu steuern, ob gewisse Nachteile oder Belästigungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG erheblich sind (BVerwG, Urt. v. 14.4.1989 - 4 C 52.87 -, NVwZ 1990, 257; Urt. v. 28.2.2002 - 4 CN 5.01 -, DVBl 2002, 1121; Urt. v. 22.3.2007 - 4 CN 2.06 -, BVerwGE 128, 238 = DVBl. 2007, 834; OVG Lüneburg, Urt. v. 3.7.2000 - 1 K 1014/00 -, DVBl. 2000, 1871), was Abweichungen in beide Richtungen ermöglicht. Je weiter die Richtwerte solcher Regelwerke überschritten werden, desto gewichtiger müssen allerdings die für die Planung sprechenden städtebaulichen Gründe sein und umso mehr hat die Gemeinde die baulichen und technischen Möglichkeiten auszuschöpfen, die ihr zu Gebote stehen, um diese Auswirkungen zu verhindern. Hat die Gemeinde jedoch fehlerfrei die Zumutbarkeitsgrenze abweichend von Regelwerken festgesetzt, ist dies auch maßgeblich für die immissionsschutzrechtliche Beurteilung in immissionsschutzrechtlichen Verfahren, mithin auch für die Fragen, welche Einschränkungen für den Betrieb des Antragstellers in Betracht kommen und ob Erweiterungen genehmigungsfähig sind.

Auf dieser Grundlage durfte für den Randbereich des Gewerbegebietes eine Geruchsbelastung zugelassen werden, die den maßgeblichen Richtwert der GIRL für die relativen Häufigkeiten der Geruchsstunden übersteigt. Dieser beträgt für Gewerbegebiete nach Nr. 3.1 der GIRL 0,15 (vorbehaltlich der Einzelfallprüfung nach Nr. 5 und mit den Maßgaben des Einführungserlasses). Hier wird nach dem Gutachten am Rand des Gewerbegebiets ein Wert von 0,22 erreicht, an der Baugrenze noch ein Wert von 0,17 bis 0,18. Das ist deshalb unschädlich, weil auch Wohngebäude am Rande des Außenbereichs höhere landwirtschaftliche Immissionen hinnehmen müssen als in einem durchgängig bebauten Umfeld (vgl. OVG Lüneburg, B. v. 14.3.2007 - 1 ME 222/06 - BauR 2007, 1192; VGH Kassel, Urt. v. 26.4.96 - 4 UE 1920/93 -, RdL 1997, 63). Im Außenbereich selbst werden auch deutlich über den Wert von 0,2 hinausgehende Werte für zulässig gehalten (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 26.4.2007 - 12 LB 62/07 -, NdsVBl. 2008, 128 mit Nachweisen; Urt. v. 25.7.2002 - 1 LB 980/01 -, NVwZ-RR 2003, 24). Schon bei einer Mittelwertbildung sind die für die Baugrenze prognostizierten Werte damit unproblematisch. Hier grenzt das Gewerbegebiet zwar nicht unmittelbar an landwirtschaftlich genutzte Außenbereichsflächen an, sondern ist von der Plangrenze noch durch einen mindestens 25 m breiten Waldstreifen getrennt. Gleichwohl ist die Situation dadurch geprägt, dass sich schon die aufgegebene Bundeswehrdeponie - ihrer Funktion entsprechend - mitten im Außenbereich befand, weitab von allen Siedlungsflächen der Antragsgegnerin. Ermöglicht man für eine derartige Einrichtung eine Nachnutzung, dann kann auch diese regelmäßig nicht für sich beanspruchen, dass ihre Schutzwürdigkeit derjenigen einer Innenbereichsnutzung gleichgeachtet wird. Das gilt vor allem dann, wenn sie - wie die das Gewerbegebiet - mangels hinreichender Größe praktisch nur aus Randlage besteht. Unter diesen Umständen gibt es ebensowenig wie bei einem einzelnen Wohngebäude im Außenbereich einen Anspruch darauf, dass das kleine Gewerbegebiet von einem "cordon sanitaire" umgeben wird, der innenbereichsmäßige Luftverhältnisse sicherstellt. Vor diesem Hintergrund ist auch nicht zu beanstanden, dass für den nicht bebaubaren Teil des Gewerbegebiets eine noch deutlichere Überschreitung der Richtwerte der GIRL zugelassen wird als für die baulich nutzbaren Flächen. Der Plangeber ist nicht gehindert, bei seiner eigenständigen Festlegung von "Schutzwürdigkeitszonen" auch sich aufdrängende Unterschiede in der voraussichtlichen Nutzungsintensität differenziert beplanter Flächen zu berücksichtigen.

Unter diesen Umständen beschränkt sich ein Mangel im Abwägungsvorgang im Sinne des § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB hier allenfalls darauf, dass die Antragsgegnerin die mindere Schutzwürdigkeit der betroffenen Gewerbegebietsflächen weniger aus der konkreten Situation abgeleitet hat, die die Planung vorfand, sondern eher grundsätzlich die Schutzwürdigkeit gewerblicher Bauten und Flächen außerhalb von Baugrenzen in Abrede genommen hat. Das war aber jedenfalls für das sich genommen nicht zu beanstandende Abwägungsergebnis ohne Einfluss. Die Antragsgegnerin hat während des Planungsverfahrens in Kenntnis der Argumente des Antragstellers an ihrem Planungsziel mit Nachdruck festgehalten und im Normenkontrollverfahren schriftsätzlich den vom Senat als maßgeblich angesehenen Gesichtspunkt "nachgeschoben", dass in der Randlage zum Außenbereich nur geringerer Schutz beansprucht werden könne. Anhaltspunkte dafür, dass sie in Ansehung dieser Umstände ein anderes Abwägungsergebnis in Betracht gezogen hätte, sind nicht ersichtlich.

Soweit zusätzlich vorgetragen wird, die Genehmigung einer Biogasanlage im räumlichen Umfeld des Planvorhabens führe zu einer zusätzlichen Verschlechterung der Situation des Antragstellers, fehlt es in zweierlei Hinsicht an erforderlichen Konkretisierungen. Weder hat der Antragsteller substantiiert, wie sich dies im Einzelnen auf die Geruchssituation auswirken wird, noch hat er hinreichende Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die Antragsgegnerin diese Planung im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses bereits kannte, was sie bestreitet, oder hätte kennen müssen.

Abwägungsfehlerhaft ist auch nicht die Würdigung der betrieblichen Erweiterungsabsichten für den Hof des Antragstellers. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Antragsgegnerin die baulichen Möglichkeiten zu optimistisch eingeschätzt hat. Denn sie brauchte Erweiterungsabsichten mangels ausreichender Konkretisierung überhaupt nicht zu berücksichtigen.

Abwägungsbeachtlich ist zwar auch das Bedürfnis nach einer künftigen Betriebsausweitung im Rahmen der normalen Betriebsentwicklung. Das gilt jedoch nicht für eine unklare oder unverbindliche Absichtserklärung oder die Äußerung nur vager Erweiterungsinteressen (zusammenfassend BVerwG, Beschl. v. 5.9.2000 - 4 B 56.00 -, BauR 2001, 83 = NVwZ-RR 2001, 82). Der Senat betrachtet - schärfer formuliert - nur solche Erweiterungsabsichten als abwägungsbeachtlich, die bereits konkret ins Auge gefasst sind oder bei realistischer Betrachtung der vom Landwirt aufzuzeigenden betrieblichen Entwicklungsmöglichkeiten nahe liegen (Urt. v. 15.1.2004 - 1 KN 128/03 -, AgrarR 2004, 328 = NuR 2005, 595). Er sieht sich dabei nicht im Widerspruch zu dem vom Antragsteller in der mündlichen Verhandlung angeführten Urteil des OVG Koblenz vom 18. Juni 2008 (Urt. v. 18.6.2008 - 8 C 10128/08 -, juris), wonach das Interesse vorhandener landwirtschaftlicher Betriebe an ungestörtem Wirtschaften mit besonderem Gewicht in der Abwägung zu berücksichtigen ist. Denn auch das OVG Koblenz hat dies unter den Vorbehalt gestellt, "wenn und soweit die Erweiterung bereits konkret ins Auge gefasst ist oder bei realistischer Betriebsweise der Entwicklungsmöglichkeiten nahe liegt und es sich nicht bloß um unklare und unverbindliche Absichtserklärungen handelt" Juris Rn. 18 unter Hinweis auf den oben zitierten Beschluss des BVerwG v. 5.9.2000 - 4 B 56.00 -). Hinzu kommt, dass es in dem dort entschiedenen Fall um das erstmalige Heranrücken von Wohnbebauung an einen Aussiedlerhof fernab der Ortslage ging, während hier das Munitionsdepot als Vorläufer des Gewerbegebiets schon lange vorhanden war und sich die Frage einer sinnvollen Nachnutzung aufdrängte.

Gemessen an diesem Maßstab war das Vorbringen des Antragstellers im Planungsverfahren nicht ausreichend. Seine Zurückhaltung zu diesem Punkt wirkt auch deshalb auffällig, weil er sich ansonsten mit seinen Einwendungen engagiert mit der Planung auseinandergesetzt hat. Nicht einmal während des anschließenden Normenkontrollverfahrens hat er seine inzwischen gereiften Bauabsichten detaillierter übermittelt: Nach unbestrittener Darstellung der Antragsgegnerin hat diese von seiner Absicht, eine Mehrzweckhalle zu errichten, erst durch das Normenkontrollverfahren Kenntnis erhalten, von der Bauvoranfrage für eine Erweiterung der Güllelager- und Futtermittelkapazitäten sogar erst durch Schriftsatz vom 11. April 2008. Was im Einzelnen vorgesehen ist, wurde bis heute nicht mitgeteilt.

Dabei würde der Senat insoweit keine unangemessenen Ansprüche an die Konkretisierung der im Planungsverfahren vorgestellten Bauwünsche stellen. Insbesondere wäre es nicht stets erforderlich, fertige Bauanträge oder Architektenentwürfe vorzulegen. Sind ansonsten hinreichende Anhaltspunkte für die Ernsthaftigkeit der Planung gegeben, werden vielfach auch schon die Kennzeichnung des Bauplatzes und eine Beschreibung des Vorhabens ausreichen, die die Erweiterung inhaltlich spezifiziert und ihre Einbindung in eine zeitlich konkretisierte Entwicklungsplanung deutlich macht.

Demgegenüber reicht der Wunsch nicht aus, sich alle Optionen für die Zukunft offen zu halten, auch für die "nächste Generation". Wie die Antragsgegnerin zutreffend darstellt, hätte dies in weiten Bereichen ein Erliegen der bauleitplanerischen Tätigkeit zur Folge, wenn um jeden landwirtschaftlichen Betrieb ohne weitere Voraussetzungen Flächen freigehalten werden müssten. Damit würde landwirtschaftlichen Betrieben eine Stellung eingeräumt, die im Planungsrecht keine Parallele fände. Auch die Gemeinde selbst ist gehalten, ihre Planungen innerhalb kurzer Fristen zu betreiben. Zwar kann sie Bauwilligen gegenüber zum Mittel der Veränderungssperre greifen, muss dann aber die Fristen des § 17 BauGB einhalten. Will sie sich gegen andere Fachplanungen wehren, muss sie nach ständiger Rechtsprechung eine "hinreichend bestimmte" Planung vorweisen, die durch das Vorhaben nachhaltig gestört werden könnte. Eine generelle Freihaltung von Flächen vor Bauleit- und Fachplanungen für eine ins Belieben gestellte spätere Nutzung ist der Rechtsordnung fremd.

Nichts anderes gilt auch für Milchviehbetriebe. Dem Senat ist deren generelle wirtschaftliche Situation bekannt. Diese lässt allerdings nicht die These zu, jeder Milchviehbetrieb müsse, um überlebensfähig zu bleiben, nach einer Kapazitätsausweitung trachten, die bei Höfen in der Größenordnung desjenigen des Antragstellers mindestens bei einer Verdoppelung zu liegen habe. Das mag für den einzelnen Betrieb eine sinnvolle Lösung sein, kann aber schon deshalb nicht generell gelten, weil die Ausweitungsmöglichkeiten insgesamt durch die zur Verfügung stehende, von der EG festgelegte Milchquote begrenzt werden. Mit anderen Worten kann ein Betrieb der hier in Rede stehenden Größenordnung seine Kapazität nur dann verdoppeln, wenn andere Betriebe in entsprechendem Umfang ihre Tätigkeit gänzlich einstellen oder sich auf andere landwirtschaftliche Betätigungen umstellen und die ihnen zustehende Quote über die "Übertragungsstelle für Milchquoten der Länder Freie Hansestadt Bremen, Freie und Hansestadt Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein" freigeben ("Quotenbörse", www.uebertragungsstelle.lwk-niedersachsen.de/statisch/uebertragungsstelle/index.htm). Statistisch ist mithin die Wahrscheinlichkeit, dass es im Einzelfall bei einem von einer Bauleitplanung betroffenen Milchviehbetrieb zu einer Betriebsausweitung kommt, nicht höher als diejenige, dass der Betrieb aufgegeben oder umstrukturiert wird. Das rechtfertigt es, an den oben genannten Grundsätzen auch für die Milchviehwirtschaft festzuhalten.

Im Übrigen kann - wie der Senat dem Antragsteller in der mündlichen Verhandlung vorgehalten hat - auch nicht davon ausgegangen werden, dass sein Milchviehbetrieb von nur durchschnittlicher Größe sei. Nach den Erfahrungen des mit Milchquoten befassten 10. Senats dieses Gerichts dürfte er bereits jetzt erheblich darüber liegen, weil ein mittlerer bis größerer Michviehbetrieb zur Zeit etwa 350.000 kg Milch/Jahr erwirtschaftet, der Antragsteller aber durchaus 420.000 kg/Jahr erreichen dürfte, was er nicht in Abrede genommen hat.

Auch der in der mündlichen Verhandlung gestellte und abgelehnte Beweisantrag gibt aus diesem Grunde keinen Anlass zu einer abweichenden Würdigung des Sachverhalts. Die planende Gemeinde hat keinen Anlass, vor dem Satzungsbeschluss - dem hier maßgeblichen Zeitpunkt - von sich aus die "mittelfristig" sinnvollste Entwicklungsvariante eines von der Planung betroffenen Betriebes zu ermitteln. Die Entscheidung über seine Reaktionen auf Marktentwicklungen obliegt in einer freiheitlichen Marktordnung dem Betriebsinhaber selbst. Es kann ihm deshalb auch angesonnen werden, im Falle einer sich verdichtenden Bauleitplanung seine möglicherweise damit in Konflikt geratenden baulichen Absichten so konkret vorzustellen, dass die Gemeinde sie in der Abwägung berücksichtigen kann.

Soweit der Beweisantrag darauf abhebt, dass der Antragsteller seinen Betrieb bereits in den letzten Jahren auf eine Erweiterung vorbereitet habe, kommt es darauf nicht entscheidungserheblich an. Denn die Antragsgegnerin musste nur in die Abwägung einstellen, was sie im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses vom Antragsteller über dessen Dispositionen an Informationen erhalten hatte. Sie musste nicht davon ausgehen, dass er neben seinen umfänglichen sonstigen Einwendungen gegen das Planvorhaben gerade solche wichtigen Gesichtspunkte aus seinem eigenen Lebensbereich unerwähnt ließ.

Schließlich musste die Antragsgegnerin auch nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes unter dem Gesichtspunkt von der streitigen Planung absehen, dass der Antragsteller mit seiner 1976 erfolgten Aussiedlung das Ziel verfolgt hatte, auf weite Zukunft vor Immissionskonflikten sicher zu sein. Dabei kann offen bleiben, ob er mit der Aussiedlung - wie er meint - vor allem der Antragsgegnerin gedient hat oder sich selbst; die Gemeinde kann sich jedenfalls - was zum Teil in § 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB Ausdruck findet - durch ihre Unterstützung einer Aussiedlung nicht ohne weiteres dahingehend binden, dass sie von möglicherweise konfliktträchtigen Planungen überhaupt absieht. Denn in gleicher Weise wie die Interessen des Antragstellers können - und sind hier - spätere andere Interessen auf den Plan treten, die von der Gemeinde Beachtung verlangen. Wollte die Gemeinde jedewede Planung im Umfeld eines Aussiedlerhofes ohne Rücksicht auf für die Planung streitende Belange ablehnen, läge dies auf gleicher Ebene wie eine nach § 1 Abs. 3 BauGB unzulässige Verhinderungsplanung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 709 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor. In der Rechtsprechung ist geklärt, wie konkret Erweiterungsabsichten geäußert werden müssen, um als abwägungsbeachtlicher Belang angesehen werden zu können. Der vorliegende Fall wirft keine weitergehenden Fragen auf.

Ende der Entscheidung

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