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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 20.04.2009
Aktenzeichen: 1 KN 9/06
Rechtsgebiete: BauGB, GG


Vorschriften:

BauGB § 1 Abs. 3
BauGB § 1 Abs. 7
BauGB § 214 Abs. 1 Nr. 3
BauGB § 214 Abs. 3 S. 2
BauGB § 2a
GG Art. 14
1. Eine Bauleitplanung ist im Zweifel im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB nicht erforderlich, wenn die Gemeinde ein akutes städtebauliches Problem aufgreifen will, aber kein Konzept dafür aufweisen kann, wie die deutlich manifestierte mangelnde Verkaufsbereitschaft des Eigentümers des dafür benötigten Grundstücks zu überwinden wäre.

2. Zu den nach § 2a BauGB in der Begründung zum Bebauungsplan darzulegenden Auswirkungen gehört bei der "Wegplanung" eines Wohn- und Geschäftshauses zugunsten eines Parkplatzes auch der Umstand, dass damit die Nutzungsvorstellungen eines neuen Eigentümers konterkariert werden.

3. Unbeschadet des § 214 Abs. 1 Nr. 3 BauGB können erhebliche Defizite der Planbegründung den Schluss auf Abwägungsmängel rechtfertigen. Eine Bagatellisierung der Inanspruchnahme privaten Eigentums in der Planbegründung und in der als Abwägungsgrundlage gefertigten Stellungnahme zu den Einwendungen des betroffenen Eigentümers lässt darauf schließen, dass die Gemeinde von einer (im Sinne von BVerfGE 18, 85, 92) grundsätzlich unrichtigen Anschauung der Bedeutung des Eigentumsgrundrechts ausgegangen ist.

4. In solchen Fällen bedarf es keines weiteren Beleges mehr, dass der Abwägungsmangel im Sinne von § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist.


Tatbestand:

Die Antragsteller wenden sich gegen den Bebauungsplan Nr. 117 "Langwegerstraße/An der Querlenburg" der Antragsgegnerin, weil dieser ihr Wohngrundstück Langweger Straße 74 (Flurstück 58/2) in E. im Wesentlichen mit einem Parkplatz überplant.

Bebaut ist das Grundstück straßenseitig mit einem Wohn- und Geschäftshaus, dessen ursprüngliche Genehmigung nicht mehr vorliegt. Am 3. September 1968 wurde die Genehmigung "für die Erweiterung eines Wohn- und Geschäftshauses" erteilt, die für das Erdgeschoss einen Flachdachananbau zur Langweger Straße hin erlaubte. Die Erweiterung betraf neben einem "Wohnraum" einen "Laden" mit Außentür und Schaufenster; im rückwärtigen, nicht veränderten Teil des Erdgeschosses befanden sich danach eine Küche, eine Spülküche, ein Magazin und ein Abstellraum. Das Straßenbauamt hatte mit Bescheid vom 19. August 1968 eine Ausnahme vom Anbauverbot u.a. unter der Bedingung zugelassen, dass auf dem Grundstück mindestens vier Abstellplätze für Kundenfahrzeuge angelegt würden. Werde zusätzlich ein Gaststättenbetrieb eröffnet, sei - gemäß einer schon vorliegenden Einverständniserklärung einer Nachbarin - zusätzlicher Parkraum vorzuhalten. Auf fast halber Grundstückstiefe steht ferner eine am 28. März 1960 genehmigte Garage.

Nördlich schließen sich an der Langweger Straße jenseits einer Freifläche Gebäude eines landwirtschaftlichen Hofes an; dahinter führt der Gorettiweg nach Nordwesten. Das südlich benachbarte Eckgrundstück Langweger Straße/An der Querlenburg und das sich daran westlich anschließende schmalere Grundstück bildeten früher zusammen mit dem jetzigen Grundstück der Antragsteller das (dicht bebaute) Flurstück 254/58. Die beiden Grundstücke in der Ecklage wurden hiervon zunächst als Flurstück 58/4 abgeteilt, dann nochmals in das größere (inzwischen unbebaute) Eckflurstück 58/6 und das südlich dahinter liegende, jetzt mit einem Einfamilienhaus bebaute Grundstück An der Querlenburg 2 (Flurstück 58/7) aufgeteilt.

Eine kurze Strecke weiter westlich vereinen sich der Gorettiweg und die Straße An der Querlenburg. In dem Straßengeviert, das sie mit der Langweger Straße bilden, sind noch die Kirche St. F. (Süden), das Pfarrhaus (Westen) und der Friedhof (Norden) angeordnet.

Jenseits der Langweger Straße mündet südlich versetzt gegenüber dem Grundstück der Antragsteller die Zerhusener Straße ein. Nördlich der Einmündung finden sich die Grundschule E., ein Feuerwehrhaus und östlich dahinter Sportplatzanlagen.

In dem jetzigen Gebäude der Antragsteller wurde früher offenbar gemäß der 1968 erteilten Baugenehmigung auch ein Lebensmittelladen betrieben, bis der Inhaber starb. Seine Witwe bot das Grundstück zum Verkauf an. Nachdem sich Verkaufsverhandlungen mit anderen Interessenten zerschlagen hatten, bewarben sich die Antragsteller für das Grundstück. Ob erst dieser Umstand auch das Interesse der Antragsgegnerin weckte oder diese von sich aus auf die Verkäuferin mit Angeboten zutrat, ist zwischen den Beteiligten streitig. Im Ergebnis wurde das Grundstück an die Antragsteller verkauft, die einen höheren Preis geboten hatten als die Antragsgegnerin. Der Kaufvertrag wurde am 19. April 2005 beurkundet; nach Renovierung des Gebäudes zogen die Antragsteller am 1. August 2005 ein.

Bereits am 14. April 2005 hatte der Bau-, Verkehrs-, Planungs- und Umweltausschuss der Antragsgegnerin beschlossen, dem Verwaltungssausschuss die Aufstellung eines Bebauungsplanes vorzuschlagen sowie dem Rat den Erlass einer Veränderungssperre zu empfehlen. Der Verwaltungssausschuss stimmte dem Vorschlag und der Empfehlung in seiner Sitzung vom gleichen Tage zu. Das Plangebiet umfasste seinerzeit noch das benachbarte Flurstück 58/6 (Eckgrundstück Langweger Straße/An der Querlenburg). Die Antragsgegnerin machte den Aufstellungsbeschluss am 21. April 2005 in der Oldenburgischen Volkszeitung bekannt. In seiner Sitzung vom 28. April 2005 beschloss der Rat nach Erläuterungen die empfohlene Veränderungssperre.

Im Rahmen der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung wandte sich der Eigentümer des benachbarten Flurstücks 58/6 gegen die Planung. In seiner Sitzung vom 31. Mai 2005 nahm der Verwaltungsausschuss sein Grundstück aus der Planung wieder heraus.

Nach öffentlicher Auslegung erhoben die Antragsteller mit Anwaltsschreiben vom 1. Juli 2005 Einwendungen; sie würden in Kürze Eigentümer des Grundstücks und beabsichtigten nicht, das Objekt wieder zu veräußern. Der Bebauungsplan sei deshalb nicht realisierbar. Da die Antragsgegnerin von einem Vorkaufsrecht nicht Gebrauch gemacht habe, sei ihr nach den Grundsätzen von BVerwG, Beschl. v. 20.11.1995 - 4 NB 23.94 -, DVBl. 1996, 264 die Fortführung der Planung verwehrt. Es handele sich außerdem um eine reine Negativplanung. Planungsalternativen seien nicht geprüft worden. Wenn gleich geeignete Grundstücke der öffentlichen Hand zur Verfügung stünden, dürfe für eine Gemeinbedarfsfläche nicht auf private Grundstücke zurückgegriffen werden.

Nach einem Vermerk des Bürgermeisters der Antragsgegnerin vom Folgetag fand am 12. Juli 2005 ein Gespräch mit den Antragstellern und Vertretern der Kirchengemeinde statt, bei welchem er darauf hingewiesen habe, dass nur für die Wohnnutzung noch Bestandsschutz bestehe.

Einer Sitzungsvorlage vom 25. Juli 2005 - zunächst für die Sitzung des Bau-, Verkehrs-, Planungs- und Umweltausschusses vom 30. August 2008 - waren Abwägungsvorschläge beigefügt, die davon ausgehen, dass die Ausübung eines Vorkaufsrechts rechtlich unmöglich gewesen sei, weil die Planung erst nach Eintritt des Verkaufsfalles begonnen worden sei. Die Realisierung der Planung sei möglich. Es sei nicht von vornherein ausgeschlossen, dass das Grundstück erworben werden könne. Eine Negativplanung liege nicht vor; die Planung sei auf ein positives Ziel gerichtet. Alternativen hätten sich als nicht gleichwertig erwiesen. Für den Parkplatz sei nur dieses Grundstück ideal. Bei dem nördlichen Nachbargrundstück handele es sich um einen landwirtschaftlichen Betrieb, für den es sinnvoll sei, dass sich Wohn- und Wirtschaftsgebäude in unmittelbarer Nähe zueinander befänden. Das Flurstück 58/7 sei mit einem relativ neuwertigen Einfamilienhaus bebaut; auf dem Grundstück der Antragsteller stehe demgegenüber ein älteres Einfamilienhaus. Auf dem Eckgrundstück könne nur eine geringere Zahl von Stellplätzen angelegt werden; außerdem wäre die Anbindung an den Friedhof nicht so gut. Grundstücke westlich der Kirche seien lagebedingt nicht in gleicher Weise geeignet. Die Antragsgegnerin sei sich bewusst, dass sie mit ihrer Planung ein Privatgrundstück in Anspruch nehme, dessen Schutz vom Grundgesetz her hoch bewertet sei. Es gebe aber sonst keine vergleichbar geeigneten Grundstücke. Die Kosten wären zwar hoch, würden aber durch die ideale Lage des Parkplatzes ausgeglichen.

Am 26. September 2005 wandte sich der Sportverein Grün-Weiß E. e.V. an den Rat der Antragsgegnerin mit dem Anliegen, eine durch Lichtbilder belegte Parkplatzmisere zu beenden, und distanzierte sich zugleich von einer "Unterschriftenaktion" der Antragsteller, die die Behauptung aufgestellt hätten, der Sportverein sehe nicht mehr die Notwendigkeit von Parkplätzen und wolle einen Dönerimbiss in E.. Die Katholische Kapellengemeinde betonte mit Schreiben vom gleichen Datum ebenfalls die Notwendigkeit des Parkplatzes. In die gleiche Richtung ging das Schreiben einiger Anwohner vom 23. September 2005. Die Antragsteller legten ihrerseits am 27. September 2005 Unterschriftenlisten vor, mit denen sie für ihr Anliegen geworben hatten, ein Lebensmittelgeschäft mit Backshop zu eröffnen.

In einer Sitzung des Verwaltungsausschusses vom 27. September 2005 wurden die neuen Eingaben erörtert. Der Rat beschloss den Bebauungsplan am gleichen Tage als Satzung.

Der Bebauungsplan weist das Grundstück der Antragsteller nunmehr im Wesentlichen als Verkehrsfläche mit besonderer Zweckbestimmung aus, nämlich öffentliche Parkfläche mit Ein- und Ausfahrt/-gang an der Langweger Straße und Ein- und Ausgang zur Kirche hin.

Nach der Begründung zum Bebauungsplan besteht in der Bauernschaft E. seit längerer Zeit das Problem, in ausreichendem Umfang Parkraum für die Besucher der Kirche, der Schule, der Feuerwehr, der Sportanlagen sowie des Friedhofs anbieten zu können. Gleichzeitig fielen durch den Umbau und die Erweiterung der Grundschule E. auf dem vorhandenen Parkplatz der Schule künftig einige Stellplätze weg. Deshalb habe man sich entschlossen, zwischen Kirche und Schule einen Parkplatz anzulegen, der die Kirche und den Friedhof direkt anbinde. Zum Grundstück der Antragsteller heißt es unter 1.1, letzter Absatz:

"Zur Umsetzung der Planung sind das auf dem Flurstück 58/2 vorhandene, leer stehende Wohngebäude sowie die vorhandene Garage zu entfernen."

Unter 2.1:

"Das Gelände im Plangebiet ist nahezu eben, im Südosten ist ein Einfamilienhaus (leer stehend) und eine Garage vorhanden. Das Haus wird von einem Hausgarten eingefasst, entlang der Langweger Straße ist eine private Stellplatzfläche angelegt.

...

Das Plangebiet hat eine Größe von 1272 m². Die Flächen befinden sich in Privateigentum."

Unter 2.2:

"Innerhalb des Plangebiets ist ein Einfamilienhaus sowie eine Garage vorhanden. Die bebauten Bereiche sind mit einem Hausgarten umgeben, der im Norden, Süden und Westen durch Heckenanpflanzungen eingefasst wird. Entlang der Langweger Straße befindet sich eine vollständig versiegelte private Stellplatzfläche."

Am 5. Dezember 2005 ging bei der Antragsgegnerin ein Baugenehmigungsantrag des Antragstellers für einen "Verkaufsladen von Backwaren, Grill, Obst und Gemüse" ein. Die Antragsgegnerin legte diesen dem Landkreis Vechta mit Schreiben vom 6. Dezember 2005 vor und nahm mit Schreiben vom 30. Dezember 2005 dahingehend Stellung, dass sich das Grundstück nach dem Bebauungsplan Nr. 117 als öffentliche Parkfläche darstelle, so dass das Vorhaben nicht zulässig sei. In einer Besprechung mit dem Antragsteller vom 6. Januar 2006 einigte sich der Landkreis mit dem Antragsteller, dass die Akten für ein Jahr "geparkt" werden sollten; weiter ist nichts geschehen.

In den Bauzeichnungen werden alle vorhandenen Wände und Öffnungen als Bestand dargestellt, wobei allerdings Eingang und Schaufenster zum Laden ihre Position gegenüber dem 1968 genehmigten Stand vertauscht haben. Auf der Hausrückseite ist als Bestand ferner zusätzlich eine überdachte Terrasse eingezeichnet. Änderungen sind nur hinsichtlich von Einrichtungsgegenständen wie Theke, Entlüftungshaube, Pizzaofen usw. vermerkt sowie hinsichtlich der Nutzung der rückwärtigen Räume; die bisherige Küche wird als Vorbereitungsküche bezeichnet, die Spülküche als Waschraum, das Magazin als Büro und der Abstellraum als Abstell- und Umkleideraum. Ein bisher nicht gesondert bezeichneter Raum wird nunmehr als WC-Personal dargestellt.

Zur Begründung ihres am 12. Januar 2006 eingegangenen Normenkontrollantrags tragen die Antragsteller vor:

In dem Wohnhaus sei mehr als dreißig Jahre (auch) ein kleines Lebensmittelgeschäft betrieben worden, bis es nach Versterben des Inhabers eingestellt worden sei. Dessen Witwe habe das Objekt über die Immobilienabteilung einer Bank angeboten. Frühere Kaufinteressenten hätten bereits 100.000 € geboten. Die Bank habe am 22. Februar 2005 nach Abschluss der Verhandlungen einen Auftrag zur Fertigung eines notariellen Vertragsentwurfs erteilt. Bis dahin habe sich die Antragsgegnerin weder mit der Voreigentümerin noch mit deren Sohn in Verbindung gesetzt, obwohl das Haus schon längere Zeit zum Verkauf gestanden habe. Die Beurkundung des Vertrages sei für Anfang März 2005 vorgesehen gewesen; die früheren Interessenten seien dann aber "abgesprungen".

Einige Zeit danach hätten sie selbst sich für das Objekt interessiert und geplant, ihren (türkischen) Imbiss im Ortskern von B. aufzugeben und dafür in E. zu wohnen und ein Lebensmittelgeschäft einzurichten. Sie hätten das Objekt mit der ganzen Familie und einigen Freunden besichtigt. Die Ansammlung von zehn ausländischen Mitbürgern sei offenbar sofort aufgefallen; danach habe es eine erste Kontaktaufnahme seitens der Antragsgegnerin gegeben. Diese habe sich in die Verhandlungen mit der Bank eingemischt und ihrerseits Anfang April 2005 einen Betrag von 87.500 € für das Grundstück angeboten, sei damit aber hinter ihrem Angebot von 100.000 € zurückgeblieben. Daraufhin habe die Antragsgegnerin erheblichen "Druck" aufgebaut, die Aufstellung eines Bebauungsplanes angekündigt und eine Veränderungssperre erlassen. Außerdem habe sie versucht, die Antragsteller zu einem Rücktritt vom Vertrag zu bewegen. Sie hätten jedoch den Kaufpreis gezahlt, seien in das Grundbuch eingetragen worden, hätten das Haus vollständig renoviert und seien dort eingezogen. Die in den Planungsakten aufgestellte Behauptung, dass das Haus leer stehe, ja sogar abgängig sei, treffe nicht zu; es sei allerdings mit einem Aufwand von etwa 40.000 € renoviert worden. Bei einer Unterredung u.a. mit dem Bürgermeister der Antragsgegnerin am 12. Juli 2005 hätten sie diesem erläutert, dass sie schon mehr als 20.000 € Renovierungskosten aufgewandt hätten und das Objekt deshalb nicht mehr verkaufen würden. Gleichwohl habe die Antragsgegnerin das Planungsverfahren fortgeführt, offenbar in der Absicht, einen türkischen Lebensmittelladen in der Bauernschaft E. mit allen Mitteln zu verhindern.

Für die Planung fehle das Erfordernis im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB. Hier werde eine positive Zielsetzung nur vorgeschoben, um ihr Vorhaben zu verhindern.

Zudem würde eine Realisierung der Planung voraussetzen, dass die Antragsgegnerin Eigentümerin des Grundstücks werde, das Haus abreiße und die Stellplätze anlege. Dabei belaufe sich der Verkehrswert des Grundstücks inzwischen auf 120.000 € (nach der Bodenrichtwertkarte vom 1. Januar 2005 43 €/m²). Eine Enteignung komme angesichts der Grundstückssituation ersichtlich nicht in Betracht. Darauf sei die Antragsgegnerin auch erst in der Antragserwiderung eingegangen, obwohl diese Frage in die Abwägung gehöre. Eine Verlagerung dieser Frage in ein nachfolgendes Verfahren sei unzulässig.

Planungsalternativen habe die Antragsgegnerin nicht bedacht, obwohl sich genügend Möglichkeiten böten, zumal diese miteinander kombiniert werden könnten. Auf dem benachbarten Flurstück 58/6 befänden sich schon jetzt vier Stellplätze. Geparkt werden könne auch an der Straße vor der Kirche. Südlich der Kirche liege jenseits einiger Pappeln ein größeres Flurstück, das als Parkplatz genutzt werden könne. Auch die mit Bäumen bestandene Dreiecksfläche westlich der Kirche vor dem Pfarrhaus könne entsprechend genutzt werden. Der Eingang zum Sportplatz liege entfernt auf dessen Nordseite; dort befinde sich ein breiter, nicht bebauter Streifen. Auf dem Friedhof fänden im Monat nicht mehr als zwei Beerdigungen statt. Dorthin begebe man sich üblicherweise von der Kirche aus. Deren Ausgang befinde sich aber an der Straße "An der Querlenburg", so dass der Weg zum Eckgrundstück kürzer sei.

In den Planungsvorgängen finde sich nicht der leiseste Hinweis darauf, dass der Antragsgegnerin bewusst geworden sei, sie greife mit der Planung in das Eigentum der Antragsteller ein. Sie habe zwar in der Abwägungsbegründung ausgeführt, dass sie ein Privatgrundstück in Anspruch nehme, dessen Schutz vom Grundgesetz her hoch bewertet werde. Diese "zurückhaltende" Formulierung sei jedoch schlicht falsch, weil das Eigentum in herausragender Weise zu den zu berücksichtigenden Belangen gehöre. Diesen hohen Schutz habe die Antragsgegnerin einfach mit dem Hinweis "beiseite gewischt", das es keine vergleichbar geeigneten Grundstücke gebe, die sich im Eigentum der Antragsgegnerin befänden. Offenbar gehe sie davon aus, dass sich öffentliche Belange grundsätzlich gegenüber dem Privateigentum durchsetzten. Das verkenne den Rang des Eigentums, denn dieses habe nur hinter einem überragenden Interesse der Allgemeinheit zurückzutreten.

Im Übrigen beschränke sich die Abwägung darauf, dass zwei andere Grundstücke in der unmittelbaren Nachbarschaft nicht ganz so vorteilhaft seien wie das der Antragsteller. Dem Schutz einer unbebauten Grundstücksfläche eines landwirtschaftlichen Hofes werde höheres Gewicht beigemessen als einem Wohnhaus. Auf dem Eckgrundstück könnten vielleicht nur weniger Parkplätze angelegt werden als auf dem Grundstück der Antragsteller, und die Anbindung sei nicht so optimal. Es sei aber eine offensichtliche Fehlgewichtung, wenn stattdessen ein Wohnhaus weggeplant werde.

Die Abwägungsfehler seien offensichtlich und hätten Einfluss auf das Abwägungsergebnis.

Die Antragsteller beantragen,

den vom Rat der Antragsgegnerin am 27. September 2005 als Satzung beschlossenen Bebauungsplan Nr. 117 "E. - Langweger Straße/An der Querlenburg" für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt

den Antrag abzulehnen.

Sie trägt vor:

Es treffe nicht zu, dass sie sich in Verhandlungen der Antragsteller mit der Voreigentümerin eingemischt habe. Sie habe in direkten Gesprächen mit der Voreigentümerin bzw. deren Sohn zunächst 86.000 € für das Grundstück angeboten, das Angebot Anfang April 2005 auf 87.500 € erhöht und sich darüber am 8. April 2004 geeinigt. Dann sei ihr von der Voreigentümerin mitgeteilt worden, es läge ein höheres Angebot der Antragsteller vor und sie müsse ihr Angebot nochmals erhöhen, wenn der Vertrag durchgeführt werden solle.

Die Planung sei nicht als Druckmittel gegen die Antragsteller betrieben worden. Sie sei schon zu Beginn der Kaufverhandlungen mit der Voreigentümerin entwickelt worden, wie sich z.B. aus einem Sitzungsprotokoll vom 5. April 2005 ergebe. Aus einer Ratsniederschrift vom 28. April 2005 gehe weiter hervor, dass sich die Antragsgegnerin zunächst noch unsicher gewesen sei, ob sie ein Vorkaufsrecht für das Grundstück ausüben könne. Deshalb habe sie an diesem Tag die Veränderungssperre beschlossen.

Vor Ergehen des Satzungsbeschlusses habe sie entgegen den Angaben der Antragsteller keine Kenntnis von deren Investitionen in das Objekt gehabt. Ein Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Antragsteller vom 4. Juli 2005 erwähne solche Investitionen nicht, sondern betone lediglich, dass das Grundstück nicht verkauft werden solle. Zudem habe er auf Planungsalternativen hingewiesen, u.a. auf das unbebaute Eckgrundstück. Dieses sei aber aus der Planung herausgenommen worden, weil sein Eigentümer eine Nutzung durch seine Söhne anstrebe und die Antragsgegnerin ihm diese Möglichkeit habe belassen wollen.

Der Bedarf an Parkplätzen im Ortskern sei so hoch, dass auch der Alternativstandort nahe der Kirche dafür zu klein sei.

Sie habe die makelnde Bank schon mit Schreiben vom 18. April 2005 gebeten, Kaufinteressenten auf die Planungsabsichten hinzuweisen. Vor dem Satzungsbeschluss habe sie die Belange des Interesses an einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 8a BauGB durch den von den Antragstellern beabsichtigten Lebensmittelverkauf, Döner und Backshop und den Belang der sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Belange des Bildungswesens, Sports und Freizeit und Erholung gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB durch die Erweiterung der Parkmöglichkeiten in der Nähe der Schule und im Ortskern gegeneinander abgewogen. Da die neuen Parkplätze die Besuchsmöglichkeiten sowohl der Kirchengemeinde als auch des Sportvereins, der Schule und des Kindergartens optimal erweitern sowie der freiwilligen Feuerwehr dienen würden, sei das Interesse der Antragsteller dahinter zurückgestellt worden.

Sie sei dazu berechtigt gewesen, die Planung auch nach Veräußerung des Grundstücks an die Antragsteller weiterzuführen. Kein Bürger habe Anspruch darauf, dass die Gemeinde einen seinen Wünschen entsprechenden Bebauungsplan aufstelle, sobald er ein Grundstück kaufe.

Der Planung liege keine Verhinderungsmotivation zugrunde, denn sie habe von Anfang an einen Parkplatz geplant und das Grundstück hierfür erwerben wollen. Mögliche Schwierigkeiten bei der Verwirklichung der Festsetzungen seien überwindbar. Sie könne immer noch prüfen, ob sie nach § 85 ff. BauGB die Enteignung betreibe. Die Notwendigkeit für das Wohl der Allgemeinheit ergebe sich daraus, dass dem Parkplatzmangel sonst kein geeigneter Raum gegenüberstehe und die Nachbarn auch weiterhin nicht bereit seien, Teile ihrer Gärten als Parkplatz zur Verfügung zu stellen.

Sie sei immer noch an einem Erwerb des Grundstücks interessiert, lasse die Verhandlungen aber wegen des schwebenden Verfahrens ruhen. Sie sei bereit, als Grundlage für die Preisfindung ein Wertgutachten des Katasteramtes einzuholen. Das Grundstück sei für den geplanten Parkplatz besonders geeignet, weil sich nur von hier aus ein direkter Zugang zur Kirche und zum Friedhof schaffen lasse, der nicht nur für Beerdigungen aufgesucht werde. Weder das südliche benachbarte Grundstück noch das Grundstück westlich der Kirche seien in gleicher Weise geeignet. Auch der Streifen an der Straße "An der Kalvelage" sei von seiner Lage her nicht geeignet. Vom Grundstück in der Ecke Langweger Straße/An der Querlenburg her könne kein direkter Zugang zum Friedhof geschaffen werden. Städtebaulich komme es eher für eine Bebauung in Frage, die der Straße "An der Querlenburg" eine raumbildende Kante geben könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Der Antrag ist zulässig und begründet.

Durchgreifenden Zweifeln unterliegt bereits die Erforderlichkeit des Planes im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind nicht erfüllt, wenn der Bebauungsplan aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen auf Dauer oder auf unabsehbare Zeit der Vollzugsfähigkeit entbehrt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.6.2007 - 4 BN 21.07 -, BRS 71 Nr. 3). Das kann auch bei mangelnder Verkaufsbereitschaft des Eigentümers eines überplanten Grundstücks der Fall sein.

Der Antragsgegnerin war im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses bekannt, dass die Antragsteller das für den Bebauungsplan benötigte Grundstück erworben hatten und keine Verkaufsbereitschaft zeigten. Da nach ihrer eigenen Auffassung auch kein Vorkaufsrecht bestand, hatte sie als "Hebel" für Einwirkungen auf den Willensbildungsprozess der Antragsteller nur den Umstand in der Hand, dass der Bebauungsplan zwar nicht der Wohnnutzung, möglicherweise aber der Aufnahme einer gewerblichen Mitnutzung des Hauses als Lebensmittelgeschäft und Backshop im Wege stand. Dass die Antragsgegnerin dieses Argument genutzt hat, zeigt schon der Umstand, dass in dem Vermerk zu der Besprechung vom 13. Juli 2005 ausdrücklich die Reichweite des Bestandsschutzes thematisiert worden ist. Zu einer Meinungsänderung auf Seiten der Antragsteller hat dies jedoch nicht geführt.

Unter diesen Umständen musste im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses davon ausgegangen werden, dass der Plan nur bei späterem Wechsel der Absichten der Antragsteller - für den außer Hoffnung nichts sprach - oder auf dem Weg über eine Enteignung realisiert werden konnte. Die Voraussetzungen einer Enteignung sind im Normenkontrollverfahren mangels enteignungsrechtlicher Vorwirkung regelmäßig nicht zu prüfen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.6.2007 - 4 BN 21.07 -, a.a.O.; BGH, Beschl. v. 25.10.2001 - III ZR 76/01 -, BRS 68 Nr. 10); das gilt auch im Zusammenhang mit der Frage der Erforderlichkeit der Planung, die ohnehin nur ein grobes Raster abgibt (zurückhaltend auch Senatsurt. v. 15.12.2003 - 1 KN 532/01 -, juris; höhere Anforderungen stellt wohl VGH Mannheim, Urt. v. 10.7.2006 - 8 S 1190/04 -, BRS 70 Nr. 43).

Eine nähere Prüfung der Enteignungsvoraussetzungen ist hier aber deshalb nicht geboten, weil schon das völlige Fehlen eines Konzeptes der Antragsgegnerin für ihr weiteres Vorgehen zeigt, dass sie ihr Vorhaben nicht ernsthaft verfolgt(e). Zwar darf eine Gemeinde eine Überplanung vorhandener Nutzungen nicht von vornherein nur dann vornehmen, wenn Verkaufsbereitschaft besteht. Bauleitplanung ist grundsätzlich Angebotsplanung. Durch Bebauungspläne werden die planerischen Voraussetzungen für die bauliche und sonstige Nutzung für mehrere Jahrzehnte geschaffen. Ein solches Konzept ist langfristig angelegt und setzt deshalb nicht voraus, dass die einzelnen Festsetzungen sofort umgesetzt werden können.

Hier geht es aber schon deshalb nicht um eine Angebotsplanung im vorgenannten Sinne, weil auch die Antragsgegnerin nicht unterstellt, die Antragsteller oder beliebige Dritte könnten Interesse daran haben, an dieser Stelle einen Parkplatz einzurichten. Einziger Interessent für ein solches Vorhaben ist vielmehr die Antragsgegnerin selbst, auf deren Initiative es für eine Planverwirklichung deshalb allein ankommt. Angebotscharakter erhält die Planung auch nicht dadurch, dass die Antragsgegnerin auf einen Sinneswandel der Antragsteller in Richtung Verkaufsbereitschaft gehofft hat und noch hofft. Von Angebot könnte in diesem Zusammenhang allenfalls die Rede sein, wenn die Antragsgegnerin den Antragstellern ein auskömmliches finanzielles Übernahmeangebot gemacht hätte; nicht einmal das ist aber der Fall, obwohl der Senat versucht hat, die Antragsgegnerin zu einer gütlichen Einigung zu bewegen.

Unabhängig hiervon liegt ein unauflösbarer Widerspruch darin, dass die Antragsgegnerin auf der einen Seite darauf verweist, dass ihre "Angebotsplanung" auf Jahrzehnte ausgerichtet sei, auf der anderen Seite aber hervorhebt, die Parkplatzprobleme seien derart akut, dass sie dringend bewältigt werden müssten. In Wahrheit bleibt das Parkplatzproblem durch ihr Verhalten auf nicht absehbare Zeit gerade ungelöst; die einzige praktische Folge des Erlasses des Bebauungsplanes ist, dass die Antragsgegnerin bislang die Nutzung des Hauses der Antragsteller als Lebensmittelmarkt unterbinden konnte. Beabsichtigt jedoch eine Gemeinde, ein als akut gekennzeichnetes städtebauliches Problem durch "Wegplanung" einer vorhandenen Nutzung zu bewältigen, kann von ihr bereits auf der Stufe der Erforderlichkeitsprüfung erwartet werden, dass sie einen konkreten (Zeit-)Plan für weitere Maßnahmen zur Überwindung einer mangelnden Verkaufsbereitschaft vorweist.

Daneben weist die Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB durchgreifende Mängel auf.

Ein Satzungsbeschluss über einen Bebauungsplan ist rechtswidrig, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattgefunden hat. Das Abwägungsgebot ist ferner verletzt, wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge einzustellen war. Schließlich liegt eine Verletzung auch vor, wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen diesen in einer Weise vorgenommen wurde, die zur objektiven Gewichtigkeit der Belange außer Verhältnis steht (BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 -, BVerwGE 34, 301).

Nimmt eine Planung ein bislang anders genutztes Grundstück, insbesondere ein Wohngrundstück in Anspruch, dann sind an die Abwägung im Hinblick auf den Eigentumsschutz des Art. 14 GG besonders hohe Anforderungen zu stellen (vgl. Senatsurt. v. 15.12.2003 - 1 KN 532/01 -, juris). So liegen die Dinge auch hier. Für das Haus der Antragsteller hat zwar der Landkreis Vechta als zuständige Bauaufsichtsbehörde eine ursprüngliche Baugenehmigung offenbar nicht vorliegen; die Baugenehmigung vom 3. September 1968 deckt aber die Nutzung als Wohnhaus und Laden ab. Eine unveränderte Wiederaufnahme der Wohnnutzung, aber auch der Ladennutzung war deshalb ohne weiteres zulässig; auch letzterer hätte mangels Veränderung die Veränderungssperre nicht entgegengestanden.

Allerdings kann eine längere Unterbrechung der genehmigten Nutzung zum Unwirksamwerden der Genehmigung und damit zum Erlöschen des Bestandschutzes führen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 5.6.2007 - 4 B 20.07 -, BauR 2007, 1697; vgl. zur Problematik auch Graf, ZfBR 2006, 215 und Große-Suchsdorf/Lindorf/Schmaltz/Wiechert, NBauO, 8. Aufl. 2006, § 77 Rdnrn. 22 ff.). Dafür hatte der Zeitablauf seit dem Tod des früheren Eigentümers und Ladeninhabers aber zweifelsfrei nicht ausgereicht. Ein Unwirksamwerden einer erteilten Baugenehmigung kommt nach der Rechtsprechung des Senats angesichts der Regelung des § 77 NBauO frühestens nach Ablauf von drei Jahren in Betracht (vgl. Beschl. v. 7.3.2000 - 1 M 482/00 -, www.dbovg.niedersachsen.de und juris). Auch die Rechtsprechung anderer Obergerichte, die eine "Erledigung" nicht mehr ausgenutzter Baugenehmigungen teilweise nach anderen Kriterien beurteilen, würde hier nicht zu einer bereits früher einsetzenden Unwirksamkeit der Baugenehmigung führen (vgl. z.B. VGH Mannheim, Urt. v. 4.3.2009 - 3 S 1467/07 -, juris).

Inwieweit die vom Antragsteller vorgesehene und später zur Genehmigung gestellte Änderung der Nutzung des vorhandenen Lebensmittelladens als "Verkaufsladen von Backwaren, Grill, Obst und Gemüse" über die früher genehmigten Nutzung hinausging und deshalb einer neuen Baugenehmigung bedurfte, wäre zunächst im Rahmen einer Bauberatung durch den Landkreis als Genehmigungsbehörde zu klären gewesen. Die in den Bauzeichnungen in Abgrenzung zum "Bestand" als "geplant" vermerkten Details betreffen nur Einrichtungsgegenstände wie Theke, Pizzaofen usw., die für sich genommen baurechtlich nicht relevant sind. Die Aufmerksamkeit hätte sich deshalb auf die Frage richten müssen, inwieweit der Nutzungszweck der einzelnen Räume geändert werden sollte. Unabhängig hiervon drängt sich nicht auf, dass sich ein kleiner Verkaufsladen mit Imbiss in die maßgebliche nähere Umgebung im Sinne des § 34 BauGB nicht eingefügt hätte, zumal deren Mitprägung durch den Lebensmittelladen jedenfalls noch nachwirkte.

Auch der Umstand, dass die Antragsteller "nur" die Rechtsnachfolger der ursprünglich berechtigten Nutzer sind, gereicht ihnen eigentumsrechtlich nicht zum Nachteil. An eine personelle Kontinuität der Nutzung knüpft das öffentliche Baurecht nur in Zusammenhängen an, in denen es über das verfassungsrechtlich gebotene Mindestmaß an Eigentumsschutz hinausgeht (vgl. § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2d und Nr. 5 BauGB). Ansonsten gibt es keinen eigentums- oder planungsrechtlichen Grundsatz dahin, dass eine genehmigte Nutzung weniger Schutz genießt, wenn sie nach Kauf von Dritten fortgeführt wird. Infolgedessen macht es rechtlich keinen Unterschied, ob die Antragsgegnerin den früheren Eigentümer mit ihrer Planung überzog oder die Antragsteller als Rechtsnachfolger.

Das Gewicht ihrer Eigentumsbelange wird auch nicht dadurch geschmälert, dass sie beim Grundstückskauf über die beginnenden Planungen der Antragsgegnerin informiert waren. Die Antragsgegnerin verkennt, dass erst der Bebauungsplan Inhalt und Schranken des verfassungsrechtlich geschützten Eigentums zum Nachteil bestimmter Grundeigentümer ändert (BVerwG, Beschl. v. 4.1.2007 - 4 B 74.06 -, BRS 68 Nr. 26), nicht aber schon die Absicht der Gemeinde, einen Bebauungsplan aufzustellen. Auch eine Veränderungssperre ändert daran nichts; sie verschafft der Gemeinde Zeit für ihre Planung, verändert aber nicht die Gewichte der in der Bauleitplanung abzuwägenden Belange.

Schließlich wird die eigentumsrechtliche Position der Antragsteller durch den in der Antragserwiderung hervorgehobenen Grundsatz nicht relativiert, der Bürger habe keinen Anspruch darauf, dass die Gemeinde einen seinen Wünschen entsprechenden Bebauungsplan aufstelle, sobald er ein Grundstück kaufe. Dieser Grundsatz mag gelten, wenn es um ein baulich nicht genutztes Grundstück geht, dessen beabsichtigte Nutzung bislang unzulässig ist, oder wenn ein Grundstück einer anderen als der bisherigen baulichen Nutzung zugeführt werden soll. Das ist jedoch nicht das Anliegen der Antragsteller. Sie wollen nur eine zweifellos zulässige Wohnnutzung fortsetzen und an die Nutzung des Lebensmittelladens anknüpfen; dafür brauchen sei keinen Bebauungsplan.

Mit welchem Gewicht die durch Art. 14 GG geschützten Eigentumsbelange in der Abwägung zu berücksichtigen sind, ist in einer Vielzahl gerichtlicher Entscheidungen dargelegt worden (vgl. z.B. BVerfG, Beschl. v. 19.12.2002 - 1 BvR 1402/01 -, NVwZ 2003, 727; Beschl. v. 22.2.1999 - 1 BvR 565/91 -, DVBl. 1999, 704; BVerwG, Beschl. v. 4.1.2007 - 4 B 74.06 -, BauR 2007, 667; Urt. v. 6.6.2002 - 4 CN 6.01 -, NVwZ 2002, 1506; Urt. v. 21.3.2002 - 4 CN 14.00 -, BVerwGE 116, 144 = BauR 2002, 1650; Senatsurteile v. 5.9.2007 - 1 KN 25/07 -, AUR 2008, 402 u. - 1 KN 47/07 -, AUR 2008, 407 sowie v. 13.1.2009 - 1 KN 349/07 -, n.v.). Gemessen daran lässt die konkrete Behandlung der Belange der Antragsteller durch die Antragsgegnerin nur den Schluss zu, dass sie sich nicht an diesen Vorgaben orientiert hat, sondern von einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung dieses Grundrechts ausgegangen ist (vgl. zu diesem in einem anderen Zusammenhang formulierten Maßstab - der sog. Heck'schen Formel -: BVerfGE 18, 85, 92 f., Papier, DVBl. 2009, 473, 479).

Dafür spricht schon, dass sie den zentralen Konflikt dieses Planungsverfahrens in der Begründung zum Bebauungsplan in nicht nachvollziehbarer Weise bagatellisiert hat. Zwar bringt dies den Bebauungsplan nicht schon aus formellen Gründen zu Fall, weil eine Verletzung diesbezüglicher Verfahrensfehler nicht innerhalb der Frist des § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB gerügt worden ist und im Übrigen erörterungsbedürftig wäre, ob diese Begründung im Sinne des § 214 Abs. 1 Nr. 3 BauGB nur unvollständig oder so defizitär ist, dass dies einem gänzlichen Fehler der Begründung gleichkommt. Auch unabhängig hiervon lassen sich aus den Aussagen der Begründung jedoch Rückschlüsse auf die Qualität der Abwägung ziehen.

Nach § 9 Abs. 8 BauGB in Verbindung mit § 2a Nr. 1 BauGB sind in der Begründung die Ziele, Zwecke und wesentlichen Auswirkungen des Bauleitplans dazulegen. Zu den wesentlichen Auswirkungen gehört bei der Überplanung einer vorhandenen Nutzung selbstverständlich auch, wie der Eigentümer eines Grundstücks durch die "Wegplanung" seiner bisherigen Nutzung und in seinen Nutzungsabsichten betroffen wird. Zwar genießt er zunächst Bestandsschutz, muss aber einer Enteignung gewärtig sein und wird in bisherigen Entwicklungsmöglichkeiten eingeschränkt. Letzteres gilt nach § 32 BauGB insbesondere für (z.B.) künftige Gemeinbedarfs- und Verkehrsflächen.

Vor diesem Hintergrund ist es in nicht nachvollziehbarer Weise irreführend, wenn die Begründung zum Bebauungsplan lediglich dargelegt, dass das Grundstück in Privateigentum und das Haus leer stehe. Im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses muss der Antragsgegnerin - auch wenn sie in ihren Planungsakten nicht alles dokumentiert hat, was Gegenstand der Erörterung in den Gremien war, insbesondere im Zusammenhang mit der Sitzung des Verwaltungsausschusses vom 31. Mai 2005 - bekannt gewesen sein, dass die Antragsteller das Haus renoviert hatten, am 1. August 2005 eingezogen waren und darin auch einen Lebensmitteladen mit Imbiss und Backshop betreiben wollten. Das ergibt sich nicht nur aus den Einwendungen der Antragsteller mit Anwaltsschreiben vom 1. Juli 2005 und aus dem Vermerk des Bürgermeisters der Antragsgegnerin vom 13. Juli 2005, sondern zum Beispiel auch durch die erst am Vortag der abschließenden Ratssitzung von verschiedener Seite eingebrachten Eingaben. Schon angesichts der öffentlichen Aufregung, die es um das Vorhaben gegeben und unter anderem dazu geführt hat, dass darüber später auch im Fernsehen berichtet wurde, kann ohne weiteres ausgeschlossen werden, dass der Inhalt der Begründung zum Bebauungsplan den Kenntnisstand der Antragsgegnerin im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses richtig wieder gegeben hat.

Die Stellungnahme, die als Grundlage für die Abwägung zu den Einwendungen der Antragsteller formuliert worden ist, gleicht diese Defizite der Begründung zum Bebauungsplan nicht aus. Zwar steht danach fest, dass der Eigentumsbelang in die Abwägung eingestellt worden ist und auch Alternativen bedacht wurden. Beides greift jedoch zu kurz. Insbesondere hat die Wendung, der Eigentumsbelang genieße "hohen Schutz", nur den Charakter eines "Lippenbekenntnisses", wenn daraus keinerlei weitere Folgerungen gezogen werden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Formulierungen, mit denen die Rechtsprechung den hohen Rang des Eigentumsschutzes umschrieben hat, wörtlich wiedergegeben werden. Dass das Eigentum als besonders herausragendes Schutzgut erkannt worden ist, muss sich zumindest darin niederschlagen, dass gedanklich alle Möglichkeiten "durchgespielt" werden, die zu einer Vermeidung der Inanspruchnahme des anders genutzten privaten Grundstücks führen. Dazu gehört auch der Verzicht auf das Vorhaben, wenn die Abwägung der für und gegen das Vorhaben streitenden Belange nicht eindeutig den Vorrang der dafür streitenden Belange ergibt. Letzteres ist hier schon deshalb keineswegs ersichtlich, weil die Antragsgegnerin eine wirkliche Gewichtung des "Parkplatzbelanges" gar nicht vorgenommen hat. Einerseits scheint sie anzunehmen, ein gemeindliches Vorhaben dieser Art habe eo ipso Vorrang vor Privatinteressen, wenn ein Grundstück nur "ideal" für den vorgesehenen Zweck geeignet sei. Das ist nicht der Fall; die schlichte Eignung für einen Zweck indiziert noch nicht, dass diesem Belang höheres Gewicht zukommt als den widerstreitenden Belangen. Andererseits ist die Antragsgegnerin wiederum bereit, mangels Konzepts für eine Planverwirklichung den als akuten Missstand empfundenen gegenwärtigen Zustand einfach fortdauern zu lassen, was eher für ein geringeres Gewicht der von ihr begünstigten Belange spricht. Hinzu kommt, dass die Antragserwiderung überhaupt nur eine Abwägung zwischen gegenläufigen öffentlichen Belangen beschreibt, den durch Art. 14 GG geschützten Eigentumsbelang daneben aber völlig aus dem Blick verliert.

Neben einer Prüfung auf einen völligen Verzicht hätte der Respekt vor dem Eigentum insbesondere verlangt, dass eine Alternativenprüfung nicht (nur) mit der Fragestellung stattfindet, ob ein einziger Parkplatz für eine Mehrzahl von Interessenten geschaffen werden kann. Möglicherweise, ja sogar wahrscheinlich käme angesichts der Weitläufigkeit der räumlichen Verhältnisse, wie sie sich aus den im Internet erhältlichen Luftbildern ergibt, auch in Betracht, an mehreren Stellen kleinere Parkplatzflächen einzurichten. Damit könnte auch dem Grundsatz der Lastengleichheit besser Rechnung getragen werden, den die Antragsgegnerin bislang nicht berücksichtigt hat. Sie ist den Eigennutzungswünschen der Nachbarn für unbebaute Flächen geradezu vorauseilend und ohne belastbare planerische Gewichtung nachgekommen, während das Wegplanen des Wohnhauses der Antragsteller praktisch als Selbstgänger behandelt worden ist. Zudem wäre in die Abwägung einzustellen, dass mehrere Einrichtungen in der Nachbarschaft Vorteile von der Bereitstellung der Parkplätzen haben sollen; das legt die ernsthafte Prüfung nahe, ob diese selbst etwas zur Verbesserung der Parkplatzsituation beitragen können, etwa durch Bereitstellung jeweils kleinerer Flächen, die zusammen den Gesamtbedarf befriedigen können.

Nach § 214 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB sind die angeführten Mängel erheblich, weil sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Die Offensichtlichkeit der Verkennung des Schutzanspruchs privaten Grundeigentums ergibt sich hier schon aus den beschriebenen Defiziten der Begründung zum Bebauungsplan und der als Grundlage für die Abwägung angefertigten Stellungnahme zu den Einwendungen der Antragsteller.

Ein Abwägungsmangel ist dann ohne Einfluss auf das Abwägungsergebnis, wenn absehbar ist, dass die Gemeinde ohne den Mangel nicht anders geplant hätte (vgl. Senatsbeschl. v. 30.11.2004 - 1 ME 190/04 -, BauR 2005, 679). Diese vereinfachende Formel darf nicht dahin missverstanden werden und ist nicht gleichbedeutend mit der Frage, ob die Gemeinde das Planungsvorhaben auf jeden Fall "durchgezogen" hätte. Für ein unterstelltes Festhalten an dem Abwägungsergebnis müssen vielmehr Gründe streiten, die ihrerseits rechtliche Anerkennung finden können. Ist eine Gemeinde - wie hier - bei dem zentralen Element ihrer Abwägung zunächst von einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung eines nachteilig berührten Grundrechts ausgegangen, lassen sich solche Gründe im Regelfall schwerlich finden. Es besteht vielmehr eine (kaum zu widerlegende) Vermutung dafür, dass diese Fehlgewichtung von Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen ist. So liegt die Sache auch hier. Wie eine Abwägung bei zutreffender Gewichtung der Belange der Antragsteller ausgehen würde, kann nur als offen angesehen werden.

Ende der Entscheidung

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