Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 17.01.2008
Aktenzeichen: 1 LB 154/07
Rechtsgebiete: BauGB


Vorschriften:

BauGB § 2 Abs. 2
BauGB § 2 Abs. 2 S. 1
BauGB § 2 Abs. 2 S. 2
BauGB § 9 Abs. 2a
BauGB § 34 Abs. 1
BauGB § 34 Abs. 3
1. Bei der Beantwortung der Frage, ob von einem großflächigen Markt (gut 4.000 qm Verkaufsfläche, je zur Hälfte Lebensmittel und Non-Food-Produkte) schädliche Auswirkungen im Sinne des § 34 Abs. 3 BauGB ausgehen, sind bislang nur geplante (großflächige) Vorhaben nicht in die Betrachtung einzubeziehen.

2. Es ist nicht Aufgabe des § 34 Abs. 3 BauGB, eine verbrauchernahe Versorgung sicherzustellen. Aus § 9 Abs. 2a BauGB folgt nichts anderes.

3. Zur Frage, wann ein zentraler Versorgungsbereich vorliegt.

4. "Schädlich" im Sinne des § 34 Abs. 3 BauGB sind Auswirkungen erst dann, wenn sie gravierender sind als solche, welche erst die interkommunale Abstimmungspflicht nach § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB auslösen. Bei der Beurteilung der Schädlichkeit der Auswirkungen auf benachbarte Gemeinden kann in Anlehnung an § 2 Abs. 2 Satz 2 BauGB auch berücksichtigt werden, ob sich die "Vorhabengemeinde" (Mittelzentrum) damit nur das an Umsatz "zurückholt", was ihr im Vergleich zu Umlandgemeinden, die "nur" Grundzentren darstellen, raumordnungsrechtlich an sich zusteht.


Tatbestand:

Die Klägerin begehrt den Erlass eines Bauvorbescheids für die Umnutzung einer Tennishalle in einen Verbrauchermarkt östlich des Zentrums der Beklagten. Die Beteiligten streiten insbesondere darum, ob das Vorhaben schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche der Beklagten oder der Beigeladenen zu 2) bis 4) haben wird.

Im Juni 2004 reichte die Klägerin bei der Beklagten eine Bauvoranfrage ein für das Grundstück an der Konrad-Adenauer-Allee, das im Eigentum der Firma "H. I. GmbH & Co. Betriebs KG" steht. Das Grundstück ist Teil eines etwa dreieckig geformten Areals, das im Nordwesten von der Konrad-Adenauer-Allee, im Nordosten von der Harburger Straße und im Süden von der Bahnstrecke begrenzt wird, welche das Stadtgebiet der Beklagten in zwei Hälften teilt, die nur durch wenige Übergänge/Unterführungen miteinander verbunden sind. Im Südteil liegt der Stadtteil J..

Auf dem streitigen Grundstück stehen ein als Tennis- und Freizeithalle genutztes Gebäude sowie ein Getränkemarkt mit einer Verkaufsfläche von 220 m². Die Klägerin plant nach der hier interessierenden so genannten "Variante 1" ihrer Bauvoranfrage (sog. "H. -Vorhaben") die Umnutzung der Tennishalle in einen Verbrauchermarkt mit einer Verkaufsfläche von ca. 4.000 m² je zur Hälfte mit Food- und Non-Food-Artikeln, einer Lagerfläche von 800 m² und einer Vorkassenzone mit kleinen Shops von etwa 600 m². Auf der Fläche des Getränkemarktes sollen Parkplätze für etwa 227 Fahrzeuge entstehen. Die Frage der Verkehrsführung wurde von der Klägerin ausdrücklich von der Bauvoranfrage ausgenommen und soll einer späteren Planung und Antragstellung vorbehalten bleiben. Die Beigeladene zu 1) ist an der Finanzierung und Durchführung dieses Vorhabens beteiligt.

In unmittelbarer Umgebung des betroffenen Grundstücks stehen neben dem von der Bauvoranfrage umfassten Getränkemarkt ein Teppich- und Heimtextilhandel mit einer Verkaufsfläche von 1.600 m², ein Toom-Baumarkt mit einer Verkaufsfläche von 4.900 m² und südlich der Halle eine Aral-Tankstelle, eine Pkw-Waschanlage, ein KVG-Betriebshof und ein Fliesengeschäft mit einer Verkaufsfläche von ca. 50 m². Östlich des Grundstücks werden ein Raumausstatter mit 1.900 m² Verkaufsfläche und ein Büroartikelmarkt mit 500 m² Verkaufsfläche betrieben. Ein Bebauungsplan für den Bereich existiert nicht. Westlich der Konrad-Adenauer-Allee liegt ein allgemeines bzw. reines Wohngebiet, östlich der Harburger Straße ein Misch- bzw. allgemeines Wohngebiet. Diese Bereiche sind jeweils durch Bebauungspläne überplant.

Die nachfolgend so genannte Innenstadt der Beklagten beginnt westlich des genannten dreieckigen Areals mit dem Bahnhof und besteht zum einen aus der sich nach Norden hinziehenden Bahnhofstraße, zum anderen der nördlich davon gelegenen Altstadt. Diese nimmt kleinere Geschäfte des gehobenen Bedarfs auf, jene ist überwiegend dem etwas niederpreisigen Sektor gewidmet. Als dessen Schwerpunkt und Magnet fungiert das Kaufhaus "Marktkauf".

Ein auf Anregung der Beklagten erstelltes Gutachten zu den zu erwartenden Auswirkungen des klägerischen Vorhabens auf die Einzelhandelsstrukturen in B. ("K. L.") vom Februar 2005 kam zu dem Ergebnis, dass mit Umsatzumverteilungen unterhalb einer kritischen Grenze von 10 % zu rechnen sei.

Mit Bescheid vom 20. Juli 2005 lehnte die Beklagte den beantragten Bauvorbescheid ab. Zur Begründung führte sie aus, dass von dem Vorhaben schädliche Auswirkungen im Sinne des § 34 Abs. 3 BauGB ausgehen würden, die seine Genehmigung nicht zuließen. Aus einem von der Beklagten in Auftrag gegebenen Verträglichkeitsgutachten ("M.") ergebe sich, dass unter Einbeziehung weiterer planungsrechtlich schon zulässiger bzw. im Bauleitplanverfahren befindlicher Vorhaben mit schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche zu rechnen sei. Zusammen mit diesen weiteren Vorhaben würde sich eine Umverteilung aus dem zentralen Versorgungsbereich Innenstadt an andere Standorte im Stadtgebiet von insgesamt 31 % ergeben. Danach müsse mit gravierenden städtebaulichen Auswirkungen auf die Innenstadt gerechnet werden.

Die Beklagte bezog sich dabei im Wesentlichen auf zwei weitere Projekte in ihrem Stadtgebiet und zwar auf das so genannte "N. -Gelände" sowie das "O. -Gelände". Ersteres liegt südlich des Bahnhofs im Bereich Stader Straße und Brauereiweg im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 23 aus dem Jahr 1964, der die Festsetzung als Industriegebiet enthielt. Die vom Rat am 27. September 2004 beschlossene Änderung dieses Bebauungsplans, in der das Gebiet als Kerngebiet festgesetzt wurde, trat am 25. November 2004 in Kraft. Für das Gelände erteilte die Beklagte im Juli 1999 einen positiven Bauvorbescheid zur Errichtung eines Einkaufs- und Dienstleistungszentrums mit einer Verkaufsfläche von ca. 6.000 m², der 2002 um weitere drei Jahre verlängert, aber bis heute nicht ausgenutzt wurde.

Das so genannte "O. -Gelände" liegt südlich der Bahnlinie an der Moisburger Straße im Ortsteil J.. Das Gelände, auf dem in der Vergangenheit Fruchtsaft produziert wurde, wird im Flächennutzungsplan als gewerbliche Baufläche dargestellt. Auf Antrag eines Investors beschloss die Beklagte im Dezember 2003 die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans für ein SB-Warenhaus mit ca. 5.500 m² Verkaufsfläche, dessen Entwurf im Dezember 2005 öffentlich ausgelegt wurde. Ein im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens eingeholtes Gutachten ("P. -Studie") zu den Auswirkungen des Vorhabens auf die Innenstadt kommt zu dem Ergebnis, dass durch den geplanten SB-Markt mit einer Umsatzeinbuße in der Innenstadt von 19 % zu rechnen sei sowie von 17 % im südlichen Stadtgebiet. Zwar seien gewisse Verbundeffekte für die im Stadtteil J. vorhandenen Geschäfte zu erwarten, jedoch durch den Umsatzumverteilungseffekt auch erhebliche Betriebsgefährdungen. Insgesamt sei aber eine Aufwertung der Nahversorgung für J. damit verbunden. Trotzdem sei zu empfehlen, die Fläche des SB-Marktes auf 3.500 m² bis 4.000 m² zu reduzieren, um eine Umsatzumverteilung von weniger als 10 % für die Innenstadt zu erreichen und zusätzlich das Angebot auf nahversorgungsrelevante Waren zu beschränken. Ein von dem "Förderverein Altstadt" eingeholtes Gutachten ("Q.") kommt hinsichtlich der Errichtung eines SB-Marktes auf dem "O. -Gelände" zu einer Umsatzumverteilung aus der Innenstadt Süd (Marktkauf) von 23 % und der nördlichen Innenstadt von 3,5 % sowie aus dem Bereich J. von 15 % bis 20 % und einem Mangel an positiver Wirkung auf den Bereich J..

Gegen den ablehnenden Bescheid der Beklagten legte die Klägerin am 18. August 2005 Widerspruch ein, über den nicht mehr entschieden wurde.

Ihre bereits am 26. Mai 2005 als Untätigkeitsklage erhobene Klage hat die Klägerin damit begründet, dass § 34 Abs. 3 BauGB der Erteilung eines Bauvorbescheids nicht entgegenstehe. Aus dem von ihr vorgelegten Gutachten gehe hervor, dass keine schädlichen Auswirkungen auf den zentralen Versorgungsbereich der Innenstadt zu erwarten seien. Die von der Beklagten zusätzlich in Bezug genommenen Bereiche des "N. -Geländes" sowie des "O. -Geländes" im Stadtteil J. stellten keine zentralen Versorgungsbereiche dar und seien darüber hinaus auch nicht von schädlichen Auswirkungen betroffen. Letztere Bereiche dienten allein der Nahversorgung der Bevölkerung für den täglichen bzw. periodischen Bedarf. Die Realisierung der dort geplanten größeren Vorhaben sei überdies ungewiss und stehe jedenfalls nicht unmittelbar bevor. Die Auswirkungen dieser Betriebe auf die Altstadt von B. dürften auch nicht mit denen des geplanten Betriebs der Klägerin zusammengerechnet werden, weil bereits aus wirtschaftlichen Gründen nicht mit einer Realisierung aller drei Vorhaben zu rechnen sei. Zudem dürfe die Beklagte diese nicht gleichzeitig als zentrale Versorgungsbereiche behandeln bzw. deren schädlichen Einfluss auf die Innenstadt selbst planen und dann ihrem Vorhaben entgegenhalten.

Die Klägerin hat beantragt,

den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 20. Juli 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den mit Bauvoranfrage vom 18. Juli 2004 beantragten Bauvorbescheid (Variante 1) zu erteilen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie vorgetragen, das "O. -Gelände" solle zu einem neuen zentralen Versorgungsbereich entwickelt werden. Die entsprechende Planung sei auch hinreichend konkretisiert. Ein derartiger zentraler Versorgungsbereich für die südlichen Stadtteile sei erforderlich. Wie sich aus dem entsprechenden Gutachten ergebe, handele es sich um eine städtebaulich sinnvolle Ergänzung der Versorgungsstruktur der Stadt. Im Übrigen sei bereits ein zu erwartender Kaufkraftabfluss von 10 % geeignet, schädliche Auswirkungen auf die Innenstadt hervorzurufen. Schon aus diesem Grund könne das Vorhaben der Klägerin nicht genehmigt werden.

Die Beigeladene zu 1) hat beantragt,

den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 20. Juli 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin den mit Bauvoranfrage vom 18. Juni 2004 beantragten Bauvorbescheid (Variante 1) zu erteilen.

Zur Begründung hat sie sich dem Vorbringen der Klägerin angeschlossen.

Die Beigeladenen zu 2), 3) und 4) haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung haben sie jeweils vorgetragen, durch das Projekt der Klägerin gingen negative Auswirkungen auf die in ihrem Gebiet vorhandenen Versorgungsbereiche aus. Die Beigeladenen zu 3) und 4) haben insoweit ergänzend geltend gemacht, durch das "O. -Projekt" gingen zwar stärkere Auswirkungen auf ihren Bereich aus. Sie hätten sich jedoch im Hinblick auf die notwendige Versorgung des südlichen Stadtbereichs damit abgefunden, weil dadurch näher an ihren Gemeindegebieten gelegene Projekte nicht verwirklicht würden. Falle das "O. -Projekt" zugunsten des Projekts der Klägerin fort, sei zu befürchten, dass diese näher gelegenen Vorhaben entstünden und sie so stärkere Auswirkungen zu befürchten hätten.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit der angegriffenen Entscheidung stattgegeben, weil sich das Vorhaben nach § 34 Abs. 1 in die Umgebung einfüge und keine schädlichen Auswirkungen im Sinne des § 34 Abs. 3 BauGB habe. Ein zentraler Versorgungsbereich im Sinne der Vorschrift sei nur die Innenstadt von B. nördlich der Bahnlinie. Die südlich der Bahnlinie vorhandenen bzw. geplanten Bereiche J., "N. -Gelände" und "O. -Gelände" stellten keine eigenständigen zentralen Versorgungsbereiche dar. Es seien keine relevanten Warensortimente vorhanden oder geplant, sondern nur eine verbrauchernahe Versorgung mit den Waren des täglichen oder periodischen Bedarfs. Das reiche jedoch für die Annahme von zentralen Versorgungsbereichen nicht aus. Schädliche Auswirkungen im Sinne des § 34 Abs. 3 BauGB auf die Innenstadt von B. seien nicht zu erwarten, weil nach den Gutachten die zu erwartende Kaufkraftabschöpfung in einer Größenordnung von 10 % liege und damit keine Auswirkungen von städtebaulicher Relevanz einhergingen. Auch die Auswirkungen auf die Versorgungsbereiche der Beigeladenen zu 2) bis 4) lägen nur in diesem Bereich, so dass nicht von ihrer Schädlichkeit ausgegangen werden müsse.

Gegen dieses Urteil wenden sich die Beklagte und die Beigeladenen zu 2) bis 4) mit der durch Beschluss vom 1. März 2007 - 1 LA 109/06 - zugelassenen Berufung.

Die Beklagte trägt zur Begründung ihrer Berufung vor: Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht die Abgrenzung zwischen einem zentralen Versorgungsbereich im Sinne des § 34 Abs. 3 BauGB und der verbrauchernahen Versorgungsinfrastruktur vorgenommen und Letztere aus dem Geltungsbereich des § 34 Abs. 3 BauGB ausgeschlossen. Zentrale Versorgungsbereiche im Sinne eines Nebenzentrums müssten nicht zwangsläufig mit Kerngebieten gleichgesetzt werden. Zudem könnten noch in der Entstehung begriffene Neubaugebiete ebenfalls einen zentralen Versorgungsbereich darstellen. Werde ein derartiges Nebenzentrum entwickelt, könne dem nicht entgegengehalten werden, dass dieses selbst auf die Struktur eines bereits vorhandenen zentralen Versorgungsbereichs Rücksicht nehmen müsse. Im Rahmen eines planerisch verfolgten Zentrenkonzepts könne dafür gesorgt werden, dass ein neu zu entwickelnder Versorgungsbereich innenstadtverträglich darzustellen sei, ohne dass dies einem planerisch verfolgten Zentrenkonzept widersprechen müsse. Abgesehen davon werde in festgelegtem Umfang auch in dem Nebenzentrum ein zentrenspezifisches Sortiment angeboten. Dazu komme, dass für das "O. -Gelände" mit einem übergemeindlichen Einzugsbereich zu rechnen sei. Bereits daran zeige sich, dass es sich dabei nicht nur um einen verbrauchernahen Versorgungsbereich handele. Hinsichtlich der schädlichen Auswirkungen auf ihren Innenstadtbereich sei nicht nur auf die Auswirkungen des Vorhabens der Klägerin abzustellen, sondern zusätzlich zu berücksichtigen, dass auch von dem geplanten "O. -Gelände" derartige Auswirkungen auf die Innenstadt ausgehen würden, die in Kumulation mit denen des Vorhabens der Klägerin die Schädlichkeitsgrenze überschritten. Dies gelte auch hinsichtlich einer Betrachtung der Verkaufsflächen für Lebensmittel. Die für das "O. -Vorhaben" projektierte Verkaufsfläche werde zusammen mit der des klägerischen Vorhabens die Gesamtverkaufsfläche für diesen Bereich aus der Innenstadt erreichen. In Anlehnung an das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 11. Dezember 2006 - 7 A 964/05 - müsse bei der Betrachtung der Verkaufsflächen damit zwingend von schädlichen Auswirkungen ausgegangen werden.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts Stade vom 15. Mai 2006 (1 A 976/05) die Klage abzuweisen.

Die Beigeladenen zu 2), 3) und 4) haben, ohne einen konkreten Antrag zu formulieren, innerhalb der Frist zur Begründung ihrer Berufung vorgetragen, auch auf ihre als zentrale Versorgungsbereiche im Sinne des § 34 Abs. 3 BauGB einzustufenden Versorgungszentren ergäben sich durch das Vorhaben der Klägerin schädliche Auswirkungen. Auch schwache, aber notwendige Grundzentren dürften nicht durch eine Neuansiedlung, die im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB zulässig sei, gefährdet oder vernichtet werden. Anderenfalls würde das für die Allgemeinheit überragend wichtige Prinzip, die Grundversorgung aller Bevölkerungsteile sicherzustellen, in Gefahr geraten.

Die Beigeladenen zu 2) bis 4) beantragen,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 15. Mai 2006 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin und die Beigeladene zu 1) beantragen,

die Berufungen zurückzuweisen.

Zur Begründung tragen sie vor: Ein zentraler Versorgungsbereich im Ortsteil J. sei weder vorhanden noch in der Entstehung begriffen. Dort seien im Wesentlichen nur kleine Dienstleister und Geschäfte, aber beispielsweise kein Lebensmittelmarkt mehr vorhanden. Das Hinzutreten des so genannten "O. -Vorhabens" werde nicht mit dem Altbestand an der Hauptstraße zu einem gemeinsamen zentralen Versorgungsbereich verklammert werden können. Im Übrigen seien die vorhandenen Gutachten zu den zu erwartenden Umsatzeinbußen im Lebensmittelbereich schon deshalb kritisch zu sehen, weil die jeweilige Flächenproduktivität der verschiedenen Vorhaben in nicht nachvollziehbarer Weise geschätzt worden sei. Eine kumulierte Betrachtungsweise der Auswirkungen beider Vorhaben, also sowohl des "O. -Vorhabens" als auch des klägerischen, verbiete sich schon deshalb, weil das "O. -Vorhaben" noch in der Planung stecke. Schädliche Auswirkungen allein des von ihnen projektierten "H. -Vorhabens" seien weder auf den zentralen Versorgungsbereich in der Innenstadt der Beklagten noch auf die Versorgungsbereiche der Beigeladenen zu 2) bis 4) zu erwarten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Verwaltungsvorgänge, die in ihren wesentlichen Teilen Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufungen haben keinen Erfolg.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Die Berufungen der Beigeladenen zu 2), 3) und 4) sind nicht deshalb unzulässig, weil der nach § 124a Abs. 6 Satz 3 iVm Abs. 3 Satz 4 VwGO ausdrücklich zu stellende Antrag nicht innerhalb der Frist gestellt worden ist. Die Beigeladenen zu 2), 3) und 4) haben innerhalb der Frist umfangreiche Schriftsätze zur Begründung einer Berufung vorgelegt, die keinen ausdrücklichen Antrag enthielten. Ihr Begehr lässt sich jedoch durch Auslegung der umfangreichen Schriftsätze eindeutig ermitteln, wodurch dem Erfordernis eines Antrags genügt werden kann (Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 124a Rdn. 30; Bader, VwGO, 4. Aufl. 2007, § 124a Rdn. 36).

Die Frage, inwieweit sich die Beigeladene zu 3) als Samtgemeinde, die zwar den Flächennutzungsplan aufstellt, aber nicht die Planungshoheit für die Aufstellung der Bebauungspläne in den einzelnen Mitgliedsgemeinden besitzt, auf die Verletzung eigener Rechte berufen kann, ist zwar nicht unproblematisch. Sie kann aber hier letztlich unentschieden bleiben, weil die Berufung der Beigeladenen zu 3) wie die der übrigen Berufungsführer jedenfalls nicht begründet ist.

Die mit der Bauvoranfrage zu § 34 BauGB gestellten Fragen sind zum Vorteil der Klägerin zu beantworten.

Einigkeit herrscht zwischen den Beteiligten zu Recht darüber, dass sich das Vorhaben im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB in die Umgebung einfügt. Die Genehmigungsfähigkeit hängt deshalb ausschließlich von der Frage der schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche ab. Umstritten ist dabei zwischen den Beteiligten sowohl die Frage, was als zentraler Versorgungsbereich anzusehen ist (1.), sowie die Frage, wann Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche schädlich sind und wie diese Auswirkungen festzustellen sind (2.).

1.) Einig sind sich die Beteiligten darüber, dass die Innenstadt von B. nördlich der Bahnlinie einen zentralen Versorgungsbereich in diesem Sinne darstellt. Das ist nicht zu beanstanden. J. ist hingegen nicht als zentraler Versorgungsbereich anzusehen. So genannten "Nebenzentren" kann eine solche Qualität zwar auch zustehen. Nach der im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Oktober 2007 formulierten Definition sind zentrale Versorgungsbereiche "räumlich abgrenzbare Bereiche einer Gemeinde, denen aufgrund vorhandener Einzelhandelsnutzungen - häufig ergänzt durch diverse Dienstleistungen und gastronomische Angebote - eine Versorgungsfunktion über den unmittelbaren Nahbereich hinaus zukommt" (BVerwG, Urt. v. 11.10.2007 - 4 C 7/07 -, ZfBR 2008, 49). Das Bundesverwaltungsgericht führt aus, dass es für Innenstädte typisch sei, dass in ihnen ein breites Spektrum von Waren für den lang-, mittel- und kurzfristigen Bedarf angeboten werde. Damit ist darauf abzustellen, ob eine gewisse Branchenvielfalt vorhanden ist und über die Versorgung für den kurz- und mittelfristigen Bedarf hinaus auch und gerade Güter des langfristigen Bedarfs angeboten werden sowie ein Kundenkreis aus einem größeren Einzugsbereich angesprochen werden soll. Dementsprechend steht einer Anerkennung von Nebenzentren einer größeren Gemeinde als zentraler Versorgungsbereich in diesem Sinne grundsätzlich nichts entgegen (BVerwG, Beschl. v. 20.11.2006 - 4 B 50.06 -, Buchholz 406.11 § 17 BauGB Nr. 10 = BRS 70 Nr. 114). Das kommt in erster Linie aber nur bei entsprechend großen Gemeinden in Betracht. Offen bleibt damit, wo die Grenze zwischen einem Nebenzentrum und einem Nahversorgungsbereich in kleinen bis mittelgroßen Gemeinden zu ziehen ist. In der Entscheidung vom 11. Oktober 2007 (aaO) musste das Bundesverwaltungsgericht auf diese Abgrenzung nicht ausdrücklich eingehen. Aus der darin formulierten Definition "über den unmittelbaren Nahbereich hinaus ..." lässt sich aber das Abgrenzungskriterium "mehr als (nur) Nahversorgung" entnehmen. Entscheidend ist danach - neben den übrigen Kriterien - auf den Einzugsbereich abzustellen. Der Erhalt des wohnungsnahen, ohne Auto zu erreichenden Einkaufsbereichs unterfällt folglich dem Schutz des § 34 Abs. 3 BauGB nicht. Das Oberverwaltungsgericht Münster, das sich in zwei Entscheidungen vom Juni und Oktober 2007 am Rande zu der Abgrenzung des Nebenzentrums von der Nahversorgung geäußert hat, hatte in erster Linie darauf verwiesen, dass maßgeblich die konkreten räumlichen Gegebenheiten seien, aber auch solche Bereiche für Grund- und Nahversorgung zentrale Versorgungsbereiche darstellen könnten, die vornehmlich der Versorgung mit Waren des kurzfristigen Bedarfs dienten und ein beschränktes Angebot von Waren des mittelfristigen Bedarfs sowie von Dienstleistungen aufwiesen (OVG Münster, Urt. v. 13.6.2007 - 10 A 2439/06 -, BauR 2007, 2012; Urt. v. 17.10.2007 - 10 A 3914/04 -, BauR 2008, 320). Um das Vorliegen eines "Zentrums" annehmen zu können, scheint danach das Oberverwaltungsgericht Münster jedenfalls auch darauf abzustellen, ob zusätzlich Dienstleistungen aller Art wie Handwerksbetriebe, Banken und Ähnliches angeboten werden, um damit das Spektrum zu verbreitern und über das Angebot eines einzelnen Ladens hinaus eine gewisse Vielfalt zu dokumentieren. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (Urt. v. 10.8.2007 - 2 BV 07.3 -, Langtext in Juris, sonstige V.n.b.) bezieht sich insoweit auf die amtliche Begründung zu § 9 Abs. 2a BauGB in der Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 2006 (BGBl I S. 3316), wonach zu zentralen Versorgungsbereichen auch Grund- und Nahversorgungszentren in Stadt- und Ortsteilen gehören (Bt-Drucks. 16/2496, S. 11 zu Nr. 4). Das Schrifttum wiederum stellt hinsichtlich der Abgrenzung des Nebenzentrums zur Nahversorgung im Wesentlichen auf die Zahl der versorgten Bewohner und die Forderung nach jedenfalls mehr als einem der Grundversorgung der Bewohner dienenden Laden ab (vgl. insgesamt zur Frage des § 34 Abs. 3 BauGB: Wahlhäuser, BauR 2007, 1359; Rieger, UPR 2007, 366; Uechtritz, NVwZ 2007, 660; Schröer, ÖffBauR 2005, 134; Janning, BauR 2005, 1723; Schmitz, ZfBR 2007, 532; Uechtritz, DVBl. 2006, 799; Reichelt, BauR 2006, 38; Uechtritz, NVwZ 2004, 1025; Gatawis, NVwZ 2006, 272; Reidt, NVwZ 2007, 664). Jedenfalls dann, wenn nur die verbrauchernahe Grundversorgung der unmittelbar benachbarten Bewohner sichergestellt wird und/oder es an der Vielfalt der Branchen sowie zusätzlicher Angebote zum Aufsuchen des Bereichs wie Dienstleistungsbetrieben fehlt, ist das Vorliegen eines zentralen Versorgungsbereichs auszuschließen. Der Schutz der verbrauchernahen Grundversorgung fällt nicht unter § 34 Abs. 3 BauGB, ebenso wenig wie der bloße Konkurrentenschutz. Das hat zur Folge, dass sogar ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb, selbst wenn er auf einen größeren Einzugsbereich als die unmittelbare Umgebung ausgerichtet/angewiesen ist, nicht den Schutz des "zentralen Versorgungsbereichs" aus § 34 Abs. 3 BauGB genießt. Dies gilt schon deshalb, weil damit nicht ein "Bereich" vorhanden ist.

Der Hinweis auf den durch Art. 1 Nr. 4 lit. b des Gesetzes zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte (vom 21.12.2006, BGBl. I S. 3316) eingefügten § 9 Abs. 2a BauGB stützt die gegenteilige Auffassung der Berufungsführer gerade nicht.

Satz 1 dieser neuen Vorschrift lautet:

(2a) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden.

Den Berufungsführerinnen ist zwar zuzugeben, dass nach dem Gesetzeswortlaut die Interessen einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung zu den nach § 9 Abs. 2a BauGB städtebaulich relevanten Gesichtspunkten gehören (können). Ihnen dürfte des Weiteren darin zuzustimmen sein, dass der Gegeneinwand der Klägerseite, die erst zum 1. Januar 2007 eingefügte Bestimmung könne für die Auslegung des schon im Jahre 2004 erlassenen § 34 Abs. 3 BauGB nicht von Bedeutung sein, voraussichtlich zu kurz greift. Denn es spricht weit eher eine Vermutung dafür, der Gesetzgeber gebrauche die Begriffe - hier: zentraler Versorgungsbereich - mit einheitlichem Inhalt.

Gleichwohl können die Berufungsführerinnen § 9 Abs. 2a BauGB nicht zu ihren Gunsten fruchtbar machen. Denn es ist zu beachten, dass der Begriff der "verbrauchernahen Versorgung" erst durch den durch ein "auch" eingeleiteten zweiten Halbsatz in den § 9 Abs. 2a BauGB einbezogen wird. Das lässt nur den Umkehrschluss zu, "an sich" dürfe das Instrumentarium, welches § 9 Abs. 2a BauGB unter anderem zur Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche der Gemeinde an die Hand gibt, nicht eingesetzt werden, wenn dies lediglich zu dem Zwecke geschehe, die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Der mit dem Wort "auch" beginnende Halbsatz erweitert damit den Anwendungsbereich dieses Instrumentariums. Erst er lässt es zu, dass dieses Instrumentarium auch/zugleich mit dem Ziel eingesetzt werden kann, mit den zentralen Versorgungsbereichen auch die Nahversorgung der Bevölkerung sicherzustellen/zu verbessern. Gerade aus § 9 Abs. 2a BauGB ergibt sich damit, dass der (vom Bundesgesetzgeber einheitlich gebrauchte) Begriff des zentralen Versorgungsbereiches für sich allein gerade nicht, nicht einmal "auch" den Schutz einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung einschließt. Erst wenn dies vom Gesetzgeber ausdrücklich angeordnet wird, ist dieser im Begriff des zentralen Versorgungsbereichs nicht angelegte Aspekt einer verbrauchernahen Versorgung mit eingeschlossen. Da der hier allein zu betrachtende § 34 Abs. 3 BauGB eine solche Erweiterung nicht enthält (und noch dazu anordnet, erst "schädliche" Auswirkungen auf solche Bereiche schlössen die Zulassung eines solchen Innenbereichsvorhabens aus), sind die Gesichtspunkte verbrauchernaher Versorgung hier ohne Einfluss.

Damit ist entgegen der Annahme der Beigeladenen zu 2) bis 4) nicht gesagt, dass damit die "Vorhabengemeinde" sowie die Umlandgemeinden völlig schutzlos der Ansiedlung solcher Vorhaben ausgesetzt sind. Die "Vorhabengemeinde", d. h. die Gemeinde, in deren Gebiet das Vorhaben verwirklicht werden soll, kann das Vorhaben zum Anlass für eine (Um-)Planung nehmen und diese mit einer Veränderungssperre flankieren. Umlandgemeinden steht möglicherweise die Möglichkeit offen zu behaupten, die "Vorhabengemeinde" hätte die Beantragung des Vorhabens zum Anlass einer solchen Planung nehmen müssen, anderenfalls sie um die Möglichkeiten der Einflussnahme gebracht wird, welche § 2 Abs. 2 BauGB unter Umständen verbürgt (vgl. dazu Senatsbeschluss v. 30. November 2005 - 1 ME 172/05 -, NST-N 2006, 19 = ZfBR 2006, 168 = NVwZ-RR 2007, 7). Das kommt aber erst dann in Betracht, wenn das Vorhaben "städtebauliche Auswirkungen gewichtiger Art" zu Lasten der Nachbargemeinde hervorzurufen geeignet ist. Nachstehend wird darzulegen sein, dass die Auswirkungen des mit den Berufungen angegriffenen Vorhabens hinsichtlich der Beigeladenen zu 2) bis 4) nicht annähernd die Schwere erreichen, um das annehmen zu können.

Ausgehend von den vorstehend entwickelten Grundsätzen ist der Bereich J. entgegen der Auffassung der Beklagten nicht (mehr) als Nebenzentrum in diesem Sinne einzustufen. Das von der Beklagten in Auftrag gegebene Gutachten der R. (P.) vom November 2004 (Beiakte B Seite 14) beschreibt den Bereich J. als einen "stadtgeschichtlich gewachsenen Versorgungsbereich", "dem in Ergänzung zum innerstädtischen Geschäfts- und Dienstleistungszentrum wichtige Funktionen im Rahmen der wohnungsnahen Versorgung des Ortsteils J. zukommen" mit einem Bestand von 27 Einzelhandelsläden und 11 leer stehenden Ladeneinheiten. In dem Bereich entlang der "Hauptstraße" bis zur Einmündung in die Stader Straße sind nach einer von der Beklagten eingereichten grafischen Darstellung 13 Einzelhandels- und Ladenhandwerksbetriebe sowie 6 leer stehende Ladeneinheiten untergebracht. Das im November 2004 erstellte Gutachten "P." betont, dass es sich um eine auf die Grundversorgung ausgerichtete Ergänzungsfunktion handele. Zudem gehe aus der großen Zahl leer stehender Ladeneinheit hervor, dass die Einzelhandelsstruktur einem starken Bedeutungsverlust unterworfen sei und private Dienstleistungsbetriebe zunehmend die Angebotsstruktur bestimmten. Neben diesem ursprünglichen Bereich von J. ist das derzeit in Planung befindliche "O. -Vorhaben" zu berücksichtigen. Das "N. -Vorhaben" spiele in diesem Zusammenhang eine allenfalls untergeordnete Rolle, da es dem Ortskern nicht zugerechnet werde und mit einer Realisierung offensichtlich nicht mehr gerechnet werde. Ein Ausbau des Einzelhandels- und Dienstleistungszentrums im Ortskern J. selbst kommt nach dem erwähnten Gutachten "P." mangels flächenmäßiger Erweiterungsmöglichkeiten nicht in Betracht. Eine Stabilisierung der "von einer wirtschaftlichen Erosion bedrohten Einzelhandelsfunktion des Ortskerns" und eine Weiterentwicklung durch Ansiedlung großflächiger Betriebsformen in der Nähe des Ortskerns (wie O. -Projekt) seien zu empfehlen. Das "Nahversorgungszentrum" J. insgesamt wird in diesem Gutachten als so genanntes B-Zentrum bezeichnet, das als städtebaulich integrierte, aber untergeordnete Geschäftslage vorrangig für die wohnungsnahe Versorgung eines Ortsteils mit Waren und Dienstleistungen des täglichen Lebens beschrieben wird. Für ein derartiges B-Zentrum seien unterhalb einer Mindestzahl von fünf Betrieben mit einer Mindestfläche von 700 m² Verkaufsfläche die Standards für funktionsfähige Nahversorgungsstrukturen nicht gewährleistet (P. -Gutachten aaO, Seite 21). Durch Hinzutreten des "O. -Vorhabens" sieht das Gutachten die Stabilisierung als Nahversorgungszentrum (B-Zentrum) durchaus gewährleistet, wobei allerdings eine Magnetwirkung des "O. -Vorhabens" auf den ursprünglichen Ortskern von J. eher skeptisch betrachtet wird.

Das Gutachten untersucht die Auswirkungen der Ansiedlung des "O. -Vorhabens" auf den bestehenden Versorgungsbereich von J. und prognostiziert einen Umsatzverlust von etwa 17 % für den Bereich J. (Seite 17 aaO). Zwar seien gewisse Verbundeffekte erkennbar. Diese aber würden im Zusammenhang mit den Umsatzumverteilungseffekten eher zu einer Betriebsgefährdung führen als zu einer Stärkung des derzeit vorhandenen Bereichs entlang der Hauptstraße. Insgesamt werde allerdings durch die Errichtung eines Einzelhandelsbetriebs mit der Größe des "O. -Projektes" eine Aufwertung des Nahversorgungsbereichs J. zu erwarten sein, weil die vorhandenen Ladeneinheiten mit ihrer allzu geringen Größe keine Zukunft hätten und auf Grund der baulichen Strukturen des dicht bebauten Ortskerns auch keine Erweiterungsmöglichkeiten vorhanden seien.

Nach diesen Feststellungen scheidet eine Bewertung des Bereichs der Hauptstraße als "zentraler Versorgungsbereich" aus, weil es an den erforderlichen Strukturen und der Ausstrahlungswirkung über den Nahbereich hinaus fehlt. Die Annahme, der Kernbereich von J. sei kein "zentraler Versorgungsbereich" und würde es selbst dann nicht, wenn man ihn zusammen mit dem hinzutretenden "O. -Vorhaben" betrachten würde und dürfte, bestätigt sich bei Betrachtung der örtlichen Gegebenheiten: Das "O. -Gelände" liegt optisch getrennt etwa 200 m entfernt von dem südlichen Ende der Hauptstraße, die sich nach Norden zieht. Selbst wenn der historische "Versorgungsbereich" von J. - noch - als solcher bestünde, würde er mit dem "O. -Vorhaben" nicht "einen" Bereich und damit "einen" "zentralen Versorgungsbereich" bilden können. Das (P. -)Gutachten empfiehlt für das "O. -Vorhaben" eine Reduzierung der Verkaufsfläche auf 3.500 bis 4.000 m², um die Umverteilungsquote zu Lasten der Innenstadt von B. (nördlich der Bahnlinie) auf unter 10 % zu senken und zusätzlich das Angebot auf nahversorgungsrelevante Waren zu beschränken, um die zentrentypischen Waren in der Innenstadt nicht durch weitere Umsatzumverteilungseffekte zu gefährden. Das Gutachten selbst geht also davon aus, dass für das "O. -Vorhaben" - unabhängig davon, ob ein Einzelhandelsvorhaben allein einen Versorgungsbereich in diesem Sinne darstellen kann - durch Reduzierung des Warenangebotes auf nicht zentrentypische Angebote gerade die Entstehung eines in seinem Angebot einem zentralen Versorgungsbereich entsprechenden Nebenzentrums vermieden werden soll.

Auch aus der Begründung des Entwurfs zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan für das "O. -Objekt" geht hervor, dass, um der Innenstadt keine wesentliche Konkurrenz zu bieten, ein Warensortiment aufgenommen werden soll, das nach der P. -Studie innenstadtverträglich ist. Zwar sollen - auch - Verbundeffekte mit dem Ortsteilzentrum J. entstehen, jedoch ist Letzteres nicht der Hauptzweck des vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Der Schwerpunkt soll im Lebensmittelbereich liegen. Die angeschlossenen Fachmärkte sollen ergänzende nahversorgungsrelevante Sortimente vorhalten, durch die keine wesentlichen Auswirkungen auf die Angebotsstrukturen in der Innenstadt zu befürchten sind. Die Beklagte will mit dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan keinen Einkaufsbereich für J. schaffen mit einem über die unmittelbare Umgebung hinausgehenden Einzugsbereich und einem Sortiment, das dem anerkannten Zentrum in der Innenstadt von B. Konkurrenz bieten könnte. Geht man also davon aus, dass nach den Vorstellungen der Beklagten, wie sie im Bebauungsplanentwurf niedergelegt sind, mit dem "O. -Gelände" kein für ihre "City" schädliches "Nebenzentrum" entstehen soll, erübrigt sich hier die Beantwortung der Frage danach, ob ein bislang nur geplantes Objekt in die Untersuchungen im Rahmen des § 34 Abs. 3 BauGB einbezogen werden kann oder muss, weil ein Verbrauchermarkt allein keinen Versorgungsbereich darstellen und es auf dessen Einzugsbereich, mag er auch im Hinblick auf seine Größe auf einen über die unmittelbare Umgebung hinausgehenden Bereich angewiesen sein, nicht ankommen kann. Dass eine solche kumulierte Betrachtung mit bislang nur geplanten Vorhaben unzulässig ist, wird weiter unten dargelegt.

Keinen Zweifeln unterliegt hingegen die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass der Bereich J. nicht dem nördlich der Bahnlinie liegenden Innenstadtbereich von B. als zentraler Versorgungsbereich zuzurechnen ist, weil die Bahnstrecke beide Bereiche signifikant trennt und den dafür erforderlichen tatsächlichen Zusammenhang verhindert. Entsprechend wird in allen Gutachten dieser Bereich auch bei der Betrachtung der Auswirkungen sowohl des klägerischen als auch des "O. -Vorhabens" auf die Innenstadt nicht mit einbezogen.

2.) Entscheidungserheblich ist deshalb die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage der Schädlichkeit der Auswirkungen des klägerischen Vorhabens auf die Innenstadt und - sofern man dort ein Nebenzentrum als gegeben ansehe - auf den Bereich J. sowie die Frage, ob den Auswirkungen des "H. -Vorhabens" die Auswirkungen des bislang noch nicht realisierten "O. -Vorhabens" hinzuzurechnen sind, d. h. die Gesamtauswirkungen auf die Innenstadt zu beurteilen und für die Frage der Schädlichkeit des klägerischen Vorhabens zu berücksichtigen sind. All diese Fragen sind zum Nachteil der Beklagten zu beantworten.

Für die Frage, wann die Auswirkungen eines nach § 34 Abs. 1 BauGB zulässigen Betriebs schon schädlich sind und deshalb nach § 34 Abs. 3 BauGB seiner Ansiedlung entgegenstehen, kann ein Vergleich mit § 2 Abs. 2 BauGB weiterhelfen. § 2 Abs. 2 BauGB löst eine "Abstimmungspflicht" aus, während § 34 Abs. 3 BauGB ein konkretes nach § 34 Abs. 1 zulässiges Innenbereichsvorhaben ausschließt, also unmittelbar und ohne Verhandlungsspielraum wirkt (vgl. Beschl. d. Sen. v. 30.11.2005 - 1 ME 172/05 -, ZfBR 2006, 168 m. Nachw.). Daraus folgt, dass die Auswirkungen in letzterem Fall gravierender sein müssen. Lösen im Allgemeinen (Faustformel) erst Umsatzeinbußen von 10 % einen Abstimmungsbedarf aus, muss die Schwelle für die unmittelbare Wirkung des Verbots aus § 34 Abs. 3 BauGB ("dürfen keine schädlichen Auswirkungen ausgehen") höher liegen. Dieses Ergebnis wird indirekt bestätigt durch das Gutachten, das im Rahmen der Planungen für das "O. -Vorhaben" von der Beklagten eingeholt wurde und das empfiehlt, die Größe des "O. -Vorhabens" einzuschränken, um den Umsatzverlust für die Innenstadt auf die "unschädliche Höhe" von nur 10 % zu begrenzen (Seite 70 u. 77 des Gutachtens aaO). Vom Bundesverwaltungsgericht (aaO) werden schädliche Auswirkungen im Sinne des § 34 Abs. 3 BauGB als so nachhaltige Funktionsstörungen definiert, dass die Standortgemeinde ihren Versorgungsauftrag generell oder hinsichtlich einzelner Branchen nicht mehr selbst wahrnehmen kann. Das Oberverwaltungsgericht Münster will die Feststellung der städtebaulichen Auswirkungen nicht allein ableiten aus Umsatzumverteilungen, wie sie durch entsprechende Gutachten prognostiziert werden, sondern - weil es sich um baurechtliche Fragen handele - anhand eines Vergleichs der Verkaufsflächen (OVG Münster, Urt. v. 11.12.2006, aaO). Diese Art der Vorgehensweise hat das Bundesverwaltungsgericht (aaO) als eine von mehreren möglichen akzeptiert. Die Prognose schädlicher Auswirkungen müsse auf baurechtlich relevante Angaben in den Bauvorlagen der mitgelieferten Sortimentsbeschreibungen aufbauen. Dementsprechend seien darauf beruhende Versuche, Kriterien zusammenzustellen, mit deren Hilfe geeignete entsprechende Feststellungen getroffen werden sollen, zu akzeptieren. Dazu gehörten auch der Abstand zwischen dem zu genehmigenden Vorhaben und dem betroffenen zentralen Versorgungsbereich, dessen mögliche "Vorschädigung" bzw. die Gefährdung eines dort vorhandenen Magnetbetriebs. Diese und die Bewertung der Verkaufsflächengröße müssten in einer Art Zusammenschau ausgewertet werden. Ohne sich zur unteren Grenze der Schädlichkeit äußern zu müssen, hat das Bundesverwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass Schaden nicht erst der Verlust eines Rechtsguts sei, sondern jeder Nachteil, und die Grenze der Schädlichkeit nicht mit Unzumutbarkeit gleichzusetzen sei. In Fällen weniger eindeutiger Relationen in Bezug auf die Verkaufsflächen sowie die Branchen sei der Rückgriff auf ein Gutachten und die Entscheidung im Einzelfall unumgänglich. Schädlichkeit sei anzunehmen, wenn eine Funktionsstörung eintrete und ein Versorgungsbereich seinen Versorgungsauftrag nicht mehr in substantieller Weise wahrnehmen könne. Werde durch einen Kaufkraftabfluss von 10 % bereits die wirtschaftliche Möglichkeit der im zentralen Versorgungsbereich vorhandenen Betriebe so weit beeinträchtigt, dass Funktionsstörungen einträten, durch die Schließungen nicht mehr wirtschaftlich zu betreibender Unternehmen herbeigeführt würden, sei die Grenze zur Schädlichkeit bereits überschritten. Kann dies im Einzelfall unter besonderen Bedingungen so sein, ist im "Normalfall" bei einem Abfluss von 10 % des Umsatzes damit dann also noch nicht zu rechnen.

Daraus ergibt sich hier: Aus der wirtschaftlichen Sicht der Gutachter ist ein Kaufkraftabfluss von bis zu 10 % noch als innenstadtverträglich hinzunehmen (P. -Gutachten). Existenzgefährdende Auswirkungen sind danach jedenfalls bis zu dieser Schwelle ausgeschlossen. Dies nehmen die Gutachter von P. auch hinsichtlich des von der Beklagten besonders hervorgehobenen Magnetbetriebs (Marktkauf) für den periodischen Bedarf im südlichen Innenstadtbereich an, der durch die Errichtung eines Warenhauses mit Lebensmittelverbrauchermarkt besonders betroffen ist (P. -Gutachten, Seite 77 aaO).

Bislang nicht problematisiert in Rechtsprechung und Literatur ist die Frage, ob bei der Feststellung der Schädlichkeit der Auswirkungen allein auf die Umsatzumverteilungen zurückgegriffen werden kann, darf oder muss, die durch das zu beurteilende Vorhaben allein hervorgerufen werden, oder ob - wie das vorliegend die Beklagte und die Beigeladenen zu 2) bis 4) tun - auch auf die zu erwartenden zusätzlichen Umverteilungen durch ein zwar projektiertes, aber noch nicht realisiertes weiteres Vorhaben vergleichbarer Art zurückgegriffen werden kann. Bei der Betrachtung der Auswirkungen ist es allerdings nur systemgerecht, wenn im Rahmen des § 34 BauGB allein auf das "Vorhandene" abgestellt wird und damit die zu prognostizierenden Umsatzumverteilungen, die sich aus der Kumulation mit weiteren bislang nur geplanten Vorhaben ergeben können, außer Betracht gelassen werden. Denn bei der Anwendung des § 34 BauGB ist nur auf das abzustellen, was schon "da ist". Zudem würde die Berücksichtigung der Auswirkungen nur geplanter Vorhaben, deren Realisierung von der planenden Gemeinde im Übrigen beeinflusst wird, im Ergebnis einer Veränderungssperre für die Gebiete gleichkommen, für die nach § 34 die Möglichkeit der Bebauung besteht und die Gemeinde gerade keine Bauleitplanung beabsichtigt. Die Gemeinde hätte es so in der Hand, dem Eigentümer eines Innenbereichsgrundstücks mit Hinweis auf § 34 Abs. 3 BauGB und laufende Planverfahren die nach § 34 Abs. 1 BauGB zulässige Bebauung vorzuenthalten, ohne an die in § 17 Abs. 1 und 2 BauGB genannten Fristen gebunden und nach deren Ablauf zur Entschädigung verpflichtet zu sein. Das ist mit § 34 Abs. 3 BauGB und Art. 14 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren. Eine Abwehrmöglichkeit stünde dem Eigentümer des Innenbereichsgrundstücks nicht zu Gebote; denn Bebauungspläne für dritte Grundstücke könnte er erst nach deren Bekanntmachung attackieren. Will die Gemeinde ein solches Ziel erreichen, muss sie sich schon dazu entschließen, das bisherige Innenbereichsgrundstück - beispielsweise mit dem Ziel der Sortimentsbeschränkung - zu überplanen. Lässt man daher das O. -Vorhaben außer Betracht, erübrigt sich auch die dann zwangsläufig weiter zu stellende Frage, wie sich derartige Vorhaben gegenseitig beeinflussen und sich diese gegenseitige Beeinflussung wiederum auf die zu erwartenden Einflüsse auf den zu betrachtenden zentralen Versorgungsbereich auswirken.

Das bedeutet für die Frage nach "seiner Schädlichkeit", dass es allein auf die Auswirkungen des Vorhabens der Klägerin auf den Innenstadtbereich der Beklagten ankommt. Diese bewegen sich nach den Gutachten in einem Bereich von bis zu 10 % Verlust des dort anzunehmenden Umsatzes zugunsten des Vorhabens der Klägerin. Das Gutachten "Q. -S." (Beiakte A), das vom Förderverein Altstadt B. e.V. im Jahr 2005 eingeholt worden ist, prognostiziert für den Innenstadtbereich von B. durch den Markteintritt des "O. -Projektes" eine Veränderung von minus 18,3 %, die sich durch den zusätzlichen Markteintritt des "H. -Projektes" (in der "großen Variante") auf minus 31,8 % erhöhen würde (Seite 69 aaO). Dieses Gutachten kann hier jedoch schon deshalb nicht zugrunde gelegt werden, weil es eine unzutreffende Prämisse hat. Es betrachtet das klägerische Vorhaben nämlich nicht in der hier allein ausschlaggebenden kleinen Variante I, sondern in der Variante II mit 7.200 m² Fläche. Ein weiterer methodischer Mangel besteht darin, dass es das klägerische Vorhaben der O. -Planung nachordnet und nur im Zusammenhang mit dieser würdigt. Das ist nach den vorstehenden Ausführungen aus Rechtsgründen unzutreffend; § 34 BauGB stellt auch in seinem Absatz 3 nur auf das ab, "was da ist". Der Vertreter der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung selbst darauf hingewiesen, es gehe methodisch nicht an, die Auswirkungen des klägerischen Vorhabens auf die Innenstadt B. durch schlichte Subtraktion des Umsatzabzugspotentials (von 18,3%), welches das Q. -S. -Gutachten dem O. -Vorhaben zumisst, von den befürchteten/errechneten Gesamteinbußen von 31,8% zu ermitteln. Das ist in der mündlichen Verhandlung ohne Widerspruch geblieben und methodisch wohl auch zutreffend; denn das voraussichtliche Marktgeschehen lässt sich mit so einfachen Rechenoperationen wie schlichter Addition oder Subtraktion nicht ermitteln. Daher ist das Q. -S. -Gutachten nicht geeignet, die hier maßgebliche Frage nach Ausmaß und möglicher Schädlichkeit der (allein) dem klägerischen Vorhaben zuzurechnenden Umsatzverschiebungen beantworten zu helfen.

Die übrigen Gutachten führen zu einem der Berufungsführerin nachteiligen Ergebnis. Das von der Stadt B. eingeholte Gutachten (M. Blatt 392/389 Beiakte I) kommt zu einer Umverteilungswirkung zu Gunsten des Vorhabens der Klägerin im zentralen Innenstadtbereich zwischen 7,1 % und 7,5 %. Das von der Klägerin eingeholte Gutachten differenziert für die Hochrechnungen bezüglich der Umsatzumverteilung nach den verschiedenen Warengruppen mit dem Ergebnis (Seite 59 f. = Blatt 135 f. Beiakte I), dass bei der Warengruppe für den periodischen Bedarf für die Innenstadt mit einer Umsatzumverteilung von 8,6 % bis 9,5 % zu rechnen ist, während bei einer Gesamtbetrachtung eine Umsatzverteilung in Höhe von rund 3,9 % bis 4,3 % errechnet wird. Der darauf basierenden Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichts, eine schädliche Wirkung auf den Innenstadtbereich sei dem nicht zu entnehmen, hält die Beklagte ohne Erfolg entgegen, dass gerade im periodischen Bereich in der Innenstadt mit Marktkauf ein Magnetbetrieb angesiedelt sei, der naturgemäß die stärksten Einbußen erfahren werde und durch dessen Weggang dann in der Folge die gesamte Innenstadt leiden könne, weil diese auf den Magnetbetrieb angewiesen sei. In diesem Zusammenhang muss jedoch berücksichtigt werden, dass die Auswirkungen des klägerischen Vorhabens selbst diesen Magnetbetrieb im Falle einer Einzelbetrachtung nur in einem Ausmaß "schädigen" würden, das allein für diesen noch hinnehmbar wäre. Ernsthafte Auswirkungen sind für diesen Betrieb erst dann zu erwarten, wenn zusätzlich das "O. -Vorhaben" südlich der Bahnlinie realisiert wird, das die Versorgung des südlichen Stadtgebietes übernehmen soll und damit ein Einzugsbereich, der gut die Hälfte des Stadtbereichs ausmacht, für den Magnetbetrieb in der Innenstadt entfallen würde, mit entsprechend größeren Auswirkungen für diesen (vgl. P. -Gutachten, aaO). Auch der Vergleich der Verkaufsflächen insbesondere für den periodischen Bedarf in der Innenstadt mit 7.760 m² gegenüber dem Vorhaben der Klägerin in der kleinen Variante mit 4.000 m² Verkaufsfläche und 600 m² Kassenzone, wovon die Hälfte auf den Lebensmittelbereich entfallen soll, belegt nicht eine Wirkung, die eine "nachhaltige Funktionsstörung nach sich ziehen würde".

Abgesehen von der Einordnung als "zentraler Versorgungsbereich" erreicht die Umverteilungsquote zum Nachteil des Bereichs J. ebenfalls nicht eine Höhe von mehr als 10 %. Der Umverteilungseffekt nach Markteintritt des Vorhabens der Klägerin liegt nach dem von der Beklagten eingeholten Gutachten (M. -Gutachten Bl. 358 u. 358 R Beiakte I) im Bereich J. bei einem Verlust von 9,8 %. Für den periodischen Bedarf kommt das Gutachten zu einem negativen Umverteilungseffekt nach Markteintritt des "H. -Vorhabens" von 10,9 % und für das "O. -Vorhaben" von 11,1 % (Bl. 393). Für den Bereich J. erwartet das Gutachten allerdings durch den Eintritt des "O. -Vorhabens" und des "N. -Vorhabens" insgesamt eine Steigerung, was zeigt, dass der in der Berechnung zugrunde gelegte Umsatz in J. erst durch die geplanten, aber noch nicht realisierten Vorhaben großer Einzelhandelsmärkte entstehen wird. Das von der Klägerin vorgelegte Gutachten kommt für den Bereich J. auf eine Umsatzneuverteilung im Bereich von 5 % bis 5,5 %, ohne dass differenziert wird zwischen dem historischen Bereich von J. und dem "O. -Projekt". Das gilt sowohl für die Warengruppen insgesamt als auch für den Bereich des periodischen Bedarfs, für den das Gutachten eine Umverteilung in Höhe von 6,8 % bis 7,5 % errechnet (Bl. 131 bis 133 Beiakte I). Ein Vergleich der Verkaufsflächen in diesem Zusammenhang erübrigt sich schon deshalb, weil derzeit im historischen Bereich von J. ein Lebensmittelmarkt nicht - mehr - vorhanden ist und der Vergleich mit dem "O. -Projekt" allein ausscheidet, weil es sich insoweit nicht um einen Versorgungsbereich handelt.

Das Vorhaben der Klägerin hat schließlich keine Auswirkungen auf die Gebiete der Beigeladenen zu 3) und 4) sowie das Gebiet der Beigeladenen zu 2), welche diese im Hinblick auf § 34 Abs. 3 BauGB abwehren könnten.

Das Verwaltungsgericht hat offen gelassen, ob für die Beigeladene zu 4) überhaupt ein zentraler Versorgungsbereich im Sinne des § 34 Abs. 3 BauGB erkennbar ist. Derzeit bestehen offensichtlich in der Samtgemeinde E. sowie ihren Mitgliedsgemeinden T. und E. ausreichend Kapazitäten für die Nahversorgung. Nach dem Vortrag des Prozessvertreters hat auch über den unmittelbaren dörflichen Nahbereich hinaus die Gemeinde E. eine gewisse Versorgungsfunktion als Grundzentrum für die Ortschaften, die über keinerlei Läden verfügen, wobei die Ladenstruktur außerhalb des Lebensmittelbereichs nicht mehr als zeitgemäß zu bezeichnen sei im Hinblick auf ihre Größe. Dass damit ein "zentraler Versorgungsbereich" gegeben ist, ist unter den oben definierten Anforderungen auszuschließen. Der notwendige Schutz der verbrauchernahen Versorgung bleibt im Rahmen der Bauleitplanung für die Gemeinden gewährleistet.

Unabhängig davon bleibt für das Ausmaß der "Schädigung" festzustellen, dass die für § 34 Abs. 3 BauGB relevante Schädlichkeit nicht erreicht wird. Das Q. -Gutachten (S. 44 u. 49, Beiakte I) rechnet mit einer Erhöhung des Umsatzverlustes von E. durch den Markteintritt des "H. -Vorhabens" gegenüber dem durch das "O. -Projekt" ausgelösten Umsatzverlust, der bereits bei 12 % liegt, auf 13,4 %. Das von der Klägerin eingereichte Gutachten sieht für die Zone III, zu der die Gemeinde E. gehört, mit einer Fahrzeit von etwa 20 Minuten zum "H. -Vorhaben", eine Abschöpfungsleistung von insgesamt 1,6 % vor. Dass für die südlich der die Stadt B. durchschneidenden Bahnlinie liegenden dörflichen Gemeinden ein nur geringer Kaufkraftabfluss durch das "H. -Vorhaben" zu erwarten ist, bestätigt sich bereits durch die geografische Lage. Für die südlich liegenden Gemeinden dürfte Anziehungspunkt eher das "O. -Vorhaben" werden, das für diese leichter erreichbar ist als das jenseits der Bahnlinie liegende Vorhaben, zumal im Stadtbereich nur eine Querung der Bahnlinie vorhanden ist. Da es anders als im Fall umfassender Abwägung aller Belange im Rahmen einer Bauleitplanung im Rahmen der Genehmigung nach § 34 BauGB nur auf die tatsächlich dem konkreten Vorhaben zurechenbaren Auswirkungen ankommt, sind die im südlichen Stadtgebiet alternativ oder zusätzlich zu erwartenden Vorhaben, die sich auf die südlich liegenden Gemeinden erheblich(er) auswirken könnten, nicht in die Betrachtung einzubeziehen. Selbst wenn auf Grund einer "Vorschädigung" der Versorgungsbereiche schon eine geringe Umsatzeinbuße "schädlich" werden kann, würden die hier zu erwartenden Umsatzeinbußen nicht zu einer "Schädlichkeit" im Sinne des § 34 Abs. 3 BauGB führen können.

Für D. kann von einem zentralen Versorgungsbereich ausgegangen werden. D. verfügt mit einer Gesamtverkaufsfläche von 19.300 m², die zu 71 % des Umsatzes dem periodischen Bedarf dient, über eine Verkaufsfläche, die bedingt durch die verkehrsgünstige Lage der Ortschaft mehr als nur der Nahversorgung der unmittelbaren Umgebung dient. Nach dem Gutachten, das im Auftrag der Gemeinde D. erstellt wurde (Q. -Analyse, Bl. 231 Beiakte I), ist mit einer Umverteilungsquote in D. durch den Markteintritt des "H. -Vorhabens" für die voll sortierten Supermärkte von 8,5 % zu rechnen. Das Gutachten sieht einen Kaufkraftabfluss aus D. nach B. in Höhe von 9,3 %, der sich durch das Hinzutreten des "H. -Vorhabens" mit der "kleineren Variante" auf 12,4 % erhöhen werde und dies einer Kaufkraftbindung von 5 % für das neue Vorhaben folge. Im periodischen Bedarf sei mit einer Veränderung der Gesamtumsätze von insgesamt 4,4 % zu rechnen (Bl. 216 Beiakte I). Das von der Klägerin eingeholte Gutachten errechnet eine Umverteilungsquote von etwa 2 % (Bl. 333 R Beiakte I). Unabhängig davon, welcher Durchschnittsumsatz für das neue Vorhaben anzunehmen ist, kommen beide Gutachten zu dem Ergebnis, dass die 10 %-Marke in D. nicht oder nicht wesentlich überschritten werden könne. Genügend Anhaltspunkte, dass sich durch das Vorhaben der Klägerin eine Schädigung des zentralen Versorgungsbereichs der Gemeinde D. ergeben könne, die geeignet wäre, einen Funktionsverlust des gesamten Bereichs herbeizuführen, lassen sich auf der Grundlage der vorliegenden Gutachten nicht feststellen. Abgesehen davon, dass die Geschäftslage in D. als stabil bezeichnet werden kann, wie Planungsabsichten der Gemeinde zeigen, ist nicht erkennbar, dass der sich aus dem Raumordnungsrecht, das die Gemeinde D. als Grundzentrum vorsieht, ergebende Versorgungsauftrag gefährdet wäre. Für die Erfüllung dieses Versorgungsauftrags als Grundzentrum ist das vorhandene Angebot an Verkaufsfläche in seinem Umfang sogar schon jetzt recht groß dimensioniert. Das ist zu erklären aus der - günstigen - Lage an Straßen, die vom Umland nach Hamburg und zu Umsatzabfluss vom Mittelzentrum B. nach D. führen. Es liegt nur im Sinne des Raumordnungsprogramms, wenn für das Mittelzentrum B. dieser Kaufkraftabfluss etwas eingedämmt wird, um das Gefüge im Sinne der raumordnerischen Konzeption "wieder zurechtzurücken".

Ende der Entscheidung

Zurück