Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 24.03.2003
Aktenzeichen: 1 LB 3571/01
Rechtsgebiete: BauGB, Vogelschutz-Richtlinie


Vorschriften:

BauGB § 1 VI
BauGB § 35 I Nr. 6
BauGB § 35 III 1 Nr. 5
BauGb § 35 III 3
Vogelschutz-Richtlinie 4
1. Unterliegt die Wirksamkeit der Änderung eines Flächennutzungsplanes der Inzidentprüfung, hat der Planbetroffene Anspruch darauf, dass nicht nur die von ihm geltend gemachten eigenen Belange, sondern auch sonstige öffentliche und prvate Belange gerecht abgewogen werden.

2. Reduziert die Gemeinde zwei dargestellte Flächen für Windenergie durch Änderung des Flächennutzungsplanes auf einen Standort, wird dieser umfassende Anspruch auf Abwägung nicht dadurch in Frage gestellt, dass nach dem Beschluss über die Änderung des Flächennutzungsplans die Windenergieanlagen an dem dargestellten Standort nach Erteilung bestandskräftiger Baugenehmigungen bereits errichtet wurden.

3. Stellt die Gemeinde nach Abwägung der beachtlichen Belange zwei Gebiete für die Windenergienutzung dar, muss sie, will sie einen Standort aufheben, erneut in die Abwägung der für und gegen die beiden Flächen sprechenden Belange eintreten. Im Einzelfall kann dabei die hohe avifaunistische Wertigkeit eines Standorts von besonderem Gewicht sein.

4. Es ist fraglich, ob eine vorübergehend als Spülfeld für Hafenschlick dienende Fläche, die gegenwärtig als Nahrungsplatz für einzelne schützenswerte Vogelarten geignet ist, zu den "zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebieten" im Sinne von Art. 4 Vogelschutz-Richtlinie zählt.

5. Einem in einer Konzentrationszone für Windenergie geplanten Vorhaben der Errichtung von zwei Windenergieanlagen kann der öffentliche Belang des Vogelschutzes als Unterfall des Naturschutzes gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegenstehen ( hier verneint).


Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Verpflichtung der Beklagten, ihr einen Bauvorbescheid zur Errichtung von zwei Windenergieanlagen zu erteilen.

Mit Bauantrag vom 12. Dezember 1996 begehrte die Klägerin die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung von fünf Windenergieanlagen mit einer Leistung von jeweils 1,5 MW auf den Flurstücken 30 und 31 der Flur 9 sowie 31, 41, 21 und 14 der Flur 6 der Gemarkung D.. Diese Flurstücke im östlichen Stadtgebiet der Beklagten liegen im Bereich "E. F.", der neben dem am G. gelegenen "H. I." im am 3. März 1995 bekannt gemachten Flächennutzungsplan - 16. Änderung - der Beklagten als Sondergebiet "Windenergienutzung" dargestellt war. Die Beklagte bezog sich bei der Darstellung auf das Landes-Raumordnungsprogramm 1994 Teil II (GVBl S. 317) - LROP -, in dem unter Ziffer C.3.5 Energie 05 ausgeführt wird, dass in den Regionalen Raumordnungsprogrammen Vorrangstandorte für Windenergienutzung mindestens in einem Umfang festzulegen seien, der u.a. für das Stadtgebiet der Beklagten eine Leistung von 30 MW ermögliche.

Mit Bescheid vom 23. Dezember 1996 und Ergänzungsbescheiden vom 27. Dezember 1996 bzw. 30. Januar 1997 lehnte die Beklagte den Bauantrag ab. Sie führte aus: Das Vorhaben sei planungsrechtlich unzulässig, da das Baugrundstück nicht ausreichend beplant sei. Die Bezirksregierung J. habe bei der Genehmigung der 16. Änderung des Flächennutzungsplanes mit Schreiben vom 7. Februar 1995 darauf hingewiesen, dass die Änderung in Bezug auf die Bewältigung der Eingriffe in Natur und Landschaft defizitär sei und deshalb der Ausgleich in einem nachfolgenden Bebauungsplan- bzw. Vorhaben- und Erschließungsplanverfahren stattzufinden habe. Den dagegen gerichteten Widerspruch der Klägerin wies die Bezirksregierung J. mit Widerspruchsbescheid vom 12. August 1997 und der Begründung zurück, die Beklagte habe ihr Einvernehmen zu dem Vorhaben der Klägerin versagt.

Die Klägerin hat am 12. September 1997 Klage erhoben. Im Klageverfahren hat der Rat der Beklagten am 17. September 1998 beschlossen, den Flächennutzungsplan erneut zu ändern (21. Änderung). Der Rat hat die Darstellung der Sondergebietsfläche Windenergienutzung im Bereich des E. F. aufgehoben. Am 3. Dezember 1998 hat der Rat den Vorhaben- und Erschließungsplan für den Windpark H. I. (VEP D 133 H. I.) beschlossen.

Zur Begründung der Klage hat die Klägerin vorgetragen, dass die 21. Änderung des Flächennutzungsplanes unter beachtlichen Abwägungsfehlern leide und deshalb keine Konzentrationswirkung entfalte. Im Zuge der Änderung hätten die beiden Standorte für Windenergie einer Eignungsprüfung unterzogen werden müssen. Dabei hätte die Beklagte feststellen müssen, dass der Standort E. F. für eine Windenergienutzung besser geeignet sei. Bei dem Bereich H. I. handele es sich um ein faktisches EU-Vogelschutzgebiet, das wegen seiner hohen avifaunistischen Sensibilität für eine Windenergienutzung ausscheide. Durch den geplanten Windpark im H. I. entstünde zudem eine Barriere zwischen der Important Bird Area - IBA - "K. L." und der Special Protection Area (SPA) "G." und der jenseits des G. gelegenen IBA "M.". Demgegenüber werfe die Fläche E. F. aus Sicht des Natur- und Landschaftsschutzes keine oder weniger Probleme auf. Bei Rastvögeln habe sie lediglich lokale Bedeutung, auch für Brutvögel stelle die Konzentrationsfläche E. F. den unbedeutenderen Standort dar.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23. Dezember 1996 in der Fassung der Bescheide vom 27. Dezember 1996 und 30. Januar 1997 sowie des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung J. vom 12. August 1997 zu verpflichten, ihr eine Baugenehmigung zur Errichtung von fünf Windenergieanlagen Enercon 66/1500 kW gemäß dem Antrag vom 12. Dezember 1996 zu erteilen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat erwidert: Die geplanten fünf Windenergieanlagen seien am Standort E. F. wegen des Entgegenstehens von Belangen des Natur- und Landschaftsschutzes nicht genehmigungsfähig. Die Darstellung des nach der 21. Änderung des Flächennutzungsplanes verbliebenen Standortes H. I. sperre das Vorhaben der Klägerin. Die Aufhebung des Standortes E. F. als gegenteiliger Akt zu seiner Ausweisung berühre keine naturschutzrechtlichen Belange. Vielmehr werde mit dem Verzicht auf den Standort an dieser Stelle der Naturschutz verbessert. Der Klägerin sei es verwehrt, die Aufhebung des Vorrangstandortes H. I. zu verlangen. Durch die Ausweisung werde sie nicht unmittelbar in geschützten Rechtspositionen betroffen.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 14. Dezember 2000 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Darstellung eines Sondergebietes H. I. in der 21. Änderung des Flächennutzungsplanes stehe dem Vorhaben der Klägerin entgegen. Diese Planung, mit der der Standort E. F. aufgehoben worden sei, leide nicht an beachtlichen Abwägungsfehlern. Es sei nicht zu beanstanden, dass die Beklagte dem Standort H. I. den Vorrang eingeräumt habe. Mit der Verkleinerung der Flächen, die für die Windenergienutzung dargestellt seien, verringere sich die Beeinträchtigung von Natur und Landschaft im Stadtgebiet. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, im Rahmen der Abwägung einen Vergleich zwischen den Standorten E. F. und H. I. vorzunehmen. Wenn beide Standorte grundsätzlich für die Darstellung als Fläche zur Windenergienutzung geeignet seien, liege es im gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Planungsermessen der Beklagten, sich für einen der Standorte zu entscheiden. Für den H. I. spreche, dass diese Fläche größer sei und intensiver für die Windenergie genutzt werden könne. Die Prüfung des Abwägungsergebnisses sei auf die Frage reduziert, ob mit dem H. I. ein objektiv ungeeigneter Standort für Windenergieanlagen beibehalten worden sei. Die Klägerin könne im Rahmen der hier vorzunehmenden Inzidentkontrolle nur verlangen, dass eine gerechte Abwägung ihrer eigenen Interessen vorgenommen werde. Belange des Naturschutzes stünden der Darstellung des H. N. nicht entgegen. Zum Zeitpunkt der 16. Änderung des Flächennutzungsplanes hätten keine durchgreifenden Gesichtspunkte für das Bestehen eines faktischen Vogelschutzgebietes im H. I. vorgelegen.

Die Klägerin hat am 22. Januar 2001 Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt, dem der Senat mit Beschluss vom 30. Oktober 2001 (1 LA 497/01) stattgegeben hat. Zur Begründung der Berufung trägt die Antragstellerin vor: Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz vom 27. Juli 2001 werde der Klagantrag auf Verpflichtung der Erteilung eines Bauvorbescheides für zwei Windenergieanlagen eingeschränkt. Das Vorhaben sei insoweit teilbar. Ihm stehe die 21. Änderung des Flächennutzungsplanes der Beklagten nicht entgegen. Mit dieser Planung sei ein aus naturschutzfachlicher Sicht überragend besser geeigneterer Standort E. F. zu Gunsten des Standortes H. I. aufgegeben worden. Der H. I. stelle ein faktisches Vogelschutzgebiet dar und hätte deshalb nicht als Standort für einen Windpark ausgewiesen werden dürfen. Nach den gutachterlichen Feststellungen sei das Gebiet des H. N. als geeignetstes Gebiet im Sinne von Art. 4 der Vogelschutzrichtlinie anzusehen, weil es für verschiedene Rastvögel internationale Bedeutung und für sechs weitere Arten als Feuchtgebiet nationale Bedeutung aufweise. Dementsprechend habe die Europäische Kommission unter der Nr. 1997/4360 ein Vertragsverletzungsverfahren wegen der Errichtung des Windparks H. I. eingeleitet. Darüber hinaus grenze der H. I. an avifaunistisch bedeutsame Bereiche an, auf die sich die Errichtung zahlreicher Windenergieanlagen negativ auswirke. Trotz eines Alternativstandortes E. F. habe die Beklagte abwägungsfehlerhaft wirtschaftlichen Belangen und der Möglichkeit, im H. I. einen im Ergebnis völlig unwesentlich höheren Ertrag auf Grund geringfügig besserer Windverhältnisse (in einem Teilbereich) zu erwirtschaften, den Vorzug gegeben.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verpflichten, einen Bauvorbescheid für die Errichtung von zwei Windkraftanlagen vom Typ ENERCON 66/1.500 kW für die im Kartenwerk vom 12. Februar 2003 festgelegten Standorte zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert: Die 21. Änderung des Flächennutzungsplanes sei wirksam. Mit ihr habe sie ein schlüssiges städtebauliches Konzept zur Bewältigung der Frage der Windenergie im Gemeindegebiet umgesetzt. Die Klägerin stütze sich auf Bestimmungen, denen keine drittschützende Wirkung zukomme. Im Rahmen der Inzidentkontrolle des Flächennutzungsplanes könne sie nur verlangen, dass ihre eigenen Belange ordnungsgemäß abgewogen worden seien. Auf eine angeblich fehlerhafte Auswahlentscheidung bei der 21. Änderung des Flächennutzungsplanes könne sie sich auch deshalb nicht berufen, weil die Windenergieanlagen im H. I. bereits errichtet seien und deren Rechtmäßigkeit von der Klägerin wegen der in diesem Bereich aufgestellten vorhabenbezogenen Bebauungspläne und der Erteilung bestandskräftiger Zulassungsentscheidungen nicht mehr in Frage gestellt werden könne. Abgesehen davon sei es konsequent, sich bei der Abwägung im Zuge der 21. Änderung des Flächennutzungsplanes auf die für den Weg zur 16. Änderung maßgeblichen Erwägungen zu beschränken, zumal die ehemalige Planung bis zur Aufhebung des Standortes E. F. nie das Stadium "der Planung auf dem Papier" verlassen habe. Mit der 16. Änderung sei mit dem E. F. ein als Fläche für die Landwirtschaft dargestelltes Gebiet unter Abwägung der naturschutzfachlichen Gesichtspunkte zum Vorrangstandort für Windenergieanlagen aufgewertet worden. Werde dieser Standort nunmehr in seinen ursprünglichen rechtlichen Status zurückversetzt, seien nur jene Belange in den Blick zu nehmen, die damals für die Ausweisung maßgeblich gewesen seien. Mit ihrer naturschutzfachlichen Argumentation verenge die Klägerin darüber hinaus den Blick zu sehr auf einen einzigen von zahlreichen in die Abwägung einzustellenden Belangen. Im Übrigen seien die Belange der Brut- und Rastvögel in die Abwägung der 21. Änderung des Flächennutzungsplanes eingestellt und ordnungsgemäß ihrem Gewicht entsprechend abgearbeitet worden. Ein im Zuge der Aufstellung des Vorhaben- und Erschließungsplanes D 133 Windpark H. I. eingeholtes naturschutzfachliches Gutachten belege, dass es sich bei dem Planbereich H. I. faktisch nicht um ein Vogelschutzgebiet handele. Der Bereich komme für die Ausweisung als geeignetstes Gebiet auch deshalb nicht in Betracht, weil die Attraktivität der Fläche für Rast- und Zugvögel nach Wegfall der zeitlich befristeten Nutzung als Spülfläche deutlich zurückgehen und danach avifaunistisch das Schicksal der früheren Überflutungsflächen im E. F. teilen werde. Dem Vorhaben der Klägerin stehe im Übrigen entgegen, dass der Bereich E. F. selbst erhebliche avifaunistische Bedeutung habe und zudem in der Flugverbindung zwischen Teillebensräumen avifaunistisch bedeutsamer Vogelarten liege.

Der Senat hat im Termin zur mündlichen Verhandlung Beweis erhoben zur avifaunistischen Wertigkeit des Bereichs E. F. und zur Bedeutung des Luftraumes über dieser Fläche als Flugschneise für schützenswerte Vogelarten durch Vernehmung des Sachverständigen Dipl. Biologe Dr. O.. Wegen des Ergebnisses wird auf die Niederschrift zu der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Standstandes wird ergänzend auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Verpflichtungsklage auf Erteilung eines Bauvorbescheides zur Errichtung von zwei Windenergieanlagen mit jeweils 1,5 MW ist zulässig. Die Klägerin hat den Gegenstand des Bauvorbescheides auf die bauplanungsrechtliche Genehmigungsfähigkeit von zwei Windenergieanlagen beschränkt. Die Abarbeitung der Eingriffsregelung nach §§ 18 ff. BNatSchG 2002 soll dem Baugenehmigungsverfahren vorbehalten bleiben. Darin liegt eine zulässige Teilung des zur Prüfung gestellten Vorhabens. Hinsichtlich der anfänglich zur Prüfung gestellten fünf Anlagen ist der Erlass eines Bauvorbescheides nach Änderung des Genehmigungsverfahrens durch das Gesetz zur Umsetzung der UVP-Änderungs-richtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1950) ausgeschlossen. Für die Errichtung von fünf Windenergieanlagen ist nunmehr gemäß § 1 Abs. 1, Satz 1, Abs. 3, § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 iVm Anlage Nr. 1.6 Spalte 2 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen - 4. BImSchV - vom 14. März 1997 (BGBl. I S. 504) in der Fassung des Art. 4 des vorgenannten Gesetzes vom 27. Juli 2001 eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung erforderlich.

Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Erteilung eines Bauvorbescheides zur Errichtung von zwei Windenergieanlagen mit einer Leistung von 1,5 MW auf den von ihr im Kartenwerk vom 12. Februar 2003 festgelegten Standorten im Gebiet des E. F.. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der zwei Windenergieanlagen richtet sich nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB. Es handelt sich um Anlagen, die der Nutzung der Windenergie dienen und im Außenbereich bevorrechtigt zulässig sind. Entgegenstehende öffentliche Belange, die ihre Zulässigkeit in Frage stellen könnten, liegen nicht vor.

Die Darstellung eines Vorrangstandortes für Windenergie an anderer Stelle im Flächennutzungsplan in der Fassung der 21. Änderung steht dem Vorhaben der Klägerin nicht entgegen. Die Reduzierung der Darstellung von bisher zwei Konzentrationszonen für Windenergie im Stadtgebiet der Beklagten auf einen Vorrangstandort im Bereich H. I. unter gleichzeitiger Aufhebung des zweiten Standorts E. F. durch die 21. Änderung des Flächennutzungsplanes wahrt nicht die Erfordernisse des Abwägungsgebotes nach § 1 Abs. 6 BauGB (vgl. zu den Anforderungen: BVerwG, Urt. v. 5.7.1974 - IV C 50.72 -, BVerwGE 45, 309). Die Privilegierung in § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB steht unter einem "Planvorbehalt". Die von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB erfassten Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nrn. 2 bis 6 BauGB sind nicht nur dann unzulässig, wenn ihnen öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB entgegenstehen, sondern auch dann, wenn für sie durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist. Mit dieser Regelung bekommt die Gemeinde ein Instrument an die Hand, die Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nrn. 2 bis 6 BauGB unter Wahrung des gebotenen Außenbereichsschutzes und der durch Art. 28 Abs. 2 GG gewährleisteten Planungshoheit zu kanalisieren oder zu kontingentieren, um so die städtebauliche Entwicklung in ihrem Gemeindegebiet in geordnete Bahnen zu lenken (BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 - 4 C 15.01 - ). Die Darstellung einer Konzentrationszone entfaltet die ihr in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Konzentrationsflächen für den Kiesabbau (Urt. v. 22.5.1987 - 4 C 57.84 -, BVerwGE 77, 300) zugedachte Negativwirkung nur dann, wenn ihr ein schlüssiges Plankonzept zugrunde liegt, das sich auf den gesamten Außenbereich erstreckt. Die gemeindliche Entscheidung muss nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Erwägungen die positive Standortzuweisung getragen wird, sondern auch deutlich machen, welche Gründe es rechtfertigen, den übrigen Planungsraum von Windenergieanlagen freizuhalten. Bei der Prüfung der Standortbedingungen ist die Frage, ob sich diese oder jene Fläche für Zwecke der Windenergienutzung eignet, nur einer der für die Abwägungsentscheidung relevanten Gesichtspunkte. Auch Standorte, die im Vergleich mit der Wahllösung ebenso gut oder besser geeignet erscheinen, dürfen unberücksichtigt bleiben, wenn das Gewicht der entgegenstehenden Belange das an dieser Stelle rechtfertigt (BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 - 4 C 15.01 -). Hieran gemessen ist die Abwägungsentscheidung der Beklagten im Rahmen der 21. Änderung ihres Flächennutzungsplanes mangelhaft. Sie leidet unter einer Fehlgewichtung der naturschutzfachlichen Belange im Vergleich der beiden von der Beklagten in der 16. Änderung des Flächennutzungsplanes als geeignet für eine Darstellung von Windenergiestandorten angesehenen Bereiche E. F. und H. I..

Die Beklagte verweist zu Unrecht, insoweit dem Verwaltungsgericht folgend, darauf, dass es der Klägerin verwehrt sei, im Rahmen der Inzidentprüfung eines Flächennutzungsplanes die Verletzung öffentlicher Belange oder privater Interessen zu rügen, die nicht ihre eigenen sind. Die Beklagte hält dem privilegierten Vorhaben der Klägerin die Konzentrationswirkung der 21. Änderung ihres Flächennutzungsplanes entgegen. Die Klägerin hat deshalb einen Anspruch auf umfassende Inzidentkontrolle dieses Planes. Dies folgt, wie bereits im Zulassungsbeschluss ausgeführt, aus § 1 Abs. 6 BauGB, wonach bei der Aufstellung der Bauleitpläne die öffentlichen und die privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen sind. Mit dem Charakter des Abwägungsgebotes, dem drittschützende Wirkung zukommt (BVerwG, Urt. v. 24.9.1998 - 4 CN 2.98 -, NJW 1999, 592), ist es nicht vereinbar, die Abwägung auf die von der Klägerin geltend gemachten eigenen Belange gegen die für die Planung sprechenden öffentlichen und privaten Belange zu verengen. Auch sonstige gegen die Planung sprechende (öffentliche und private) Belange sind rügefähig (Urt. d. Sen. v. 21.7.1999 - 1 L 5203/96 -, NVwZ 1999, 1358; vgl. auch Schechinger, DVBl. 1991, 1182; a. A. noch BVerwG, Urt. v. 14.2.1975 - IV C 21.74 -, BVerwGE 48, 56 zur Fachplanung). Besonderheiten ergeben sich nicht dadurch, dass hier die Wirksamkeit eines Flächennutzungsplanes inzidenter zur Überprüfung gestellt wird. Für den Bebauungsplan ist die verwaltungsgerichtliche Inzidentprüfung außerhalb des § 47 VwGO anerkannt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 12.9.1989 - 4 B 149.89 -, Buchholz 406.11 Nr. 19; Beschl. v. 26.6.1998 - 4 BN 29.97 -, SächsVBl. 1998, 236). Für den Flächennutzungsplan gilt nichts anderes, der wie der Bebauungsplan am Maßstab des § 1 Abs. 6 BauGB zu messen ist. Dem Umstand, dass der Flächennutzungsplan als Vorstufe der verbindlichen Planung nicht eigenständig angreifbar ist, kommt keine maßgebliche Bedeutung zu. Seine durch § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zugelassene Konzentrationswirkung sperrt hier das Vorhaben der Klägerin unmittelbar, so dass die Möglichkeit bestehen muss, ihn einer Rechtmäßigkeitskontrolle zu unterziehen (vgl. auch W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, 6. Aufl. 1998, § 5, Rdnr. 55). Daran lässt auch das Bundesverwaltungsgericht in der zitierten Entscheidung vom 17. Dezember 2002 - 4 C 15.01 - keinen Zweifel.

Der weitere Einwand der Beklagten, die Klägerin könne sich nicht mit Erfolg auf eine fehlerhafte Auswahlentscheidung bei der 21. Änderung des Flächennutzungsplanes berufen, weil die Windenergieanlagen im H. I. bereits errichtet seien und deshalb die von ihr in diesem Bereich aufgestellten vorhabenbezogenen Bebauungspläne und die Erteilung bestandskräftiger Zulassungsentscheidungen nicht mehr in Frage gestellt werden könnten, greift nicht durch. Die Klägerin stellt mit ihrer Klage nicht die Rechtmäßigkeit des Vorhaben- und Erschließungsplanes D 133 im Bereich des H. N. und die Baugenehmigung für die inzwischen errichteten Windenergieanlagen in Frage. Sie möchte für zwei Windenergieanlagen ein eigenes Baurecht an einem anderen Standort erstreiten. Ob ihr dies gelingt, hängt u.a. von der Wirksamkeit der 21. Änderung des Flächennutzungsplanes ab. Dessen Prüfung kann nicht mit dem Argument abgeschnitten werden, mit der vollzogenen Auswahlentscheidung der Flächennutzungsplanänderung seien vollendete Tatsachen geschaffen worden. Für die Wirksamkeit der Abwägungsentscheidung ist auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bauleitplan abzustellen (§ 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB). Maßgeblich ist also die Rechtslage bei Entscheidung des Rates der Antragsgegnerin über die 21. Änderung des Flächennutzungsplanes am 17. September 1998.

Die Beklagte meint weiter, einem Planbetroffenen sei es verwehrt, sich auf die Unwirksamkeit des Flächennutzungsplanes, der lediglich ein Verwaltungsprogramm mit einzelnen Außenwirkungen (§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB) darstelle, mit der Begründung zu berufen, Alternativstandorte seien nicht richtig abgewogen. Diese Auffassung begegnet gerade unter dem von der Beklagten selbst aufgezeigten § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Flächenauswahl spielt bei der Entscheidung der Gemeinde, Konzentrationsflächen für die Windenergienutzung darzustellen, eine wichtige, wenn nicht sogar die entscheidende Rolle. Die Gemeinde ist nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 17. Dezember 2002, - 4 C 15.01 -, verpflichtet, in substantieller Weise Raum für die Windenergienutzung zu schaffen. Mit einer bloßen "Feigenblatt"-Planung, die auf eine verkappte Verhinderungsplanung hinausläuft, darf sie es nicht bewenden lassen. Die Eignungsfrage verschiedener Suchräume ist einer der für die Abwägungsentscheidung relevanten Gesichtspunkte. Deshalb bleibt es dem Planbetroffenen unbenommen zu rügen, ein bestimmter Standort hätte wegen des Gewichts der der Darstellung der ausgewählten Konzentrationszone entgegenstehenden Belange berücksichtigt werden müssen.

Die Klägerin rügt zu Recht, dass der Rat der Beklagten in rechtswidriger Weise bei seiner Abwägungsentscheidung, den Standort des E. F. aufzuheben, die im Vergleich zwischen den Standorten E. F. und H. I. deutlich höhere naturschutzfachliche Wertigkeit des H. N. ausgeblendet und damit eine auf die Abwägungsentscheidung durchschlagende Fehlgewichtung der abwägungsbeachtlichen Belange vorgenommen hat. Die Beklagte stellt sich in ihrer Berufungserwiderung vom 15. Januar 2002 auf den Standpunkt, die Aufhebung des Standortes E. F. unterliege als actus contrarius der Darstellung dieser Fläche als Sondergebiet für die Windenergienutzung in der 16. Änderung des Flächennutzungsplanes einer pauschaleren, auf die für die Darstellung des Standortes maßgeblichen Erwägungen beschränkten Betrachtung. Im Rahmen der 16. Änderung sei - bezogen auf die Eingriffe in Natur und Landschaft - lediglich der E. F. in den Blick genommen und eine von der Ausweisung des H. N. als Vorrangstandort völlig unabhängige Abwägung durchgeführt worden. Für diese letztgenannte Ansicht finden sich in den Planaufstellungsunterlagen zur 16. Änderung keine greifbaren Anhaltspunkte. Das Bundesverwaltungsgericht hat in der bereits zitierten Entscheidung vom 17. Dezember 2002, - 4 C 15.01 - betont, dass die Untersuchung von für die Windenergienutzung in Betracht kommenden Standorten von einer Abwägungsoffenheit gekennzeichnet sein muss. Dem trägt das Verfahren zur 16. Änderung des Flächennutzungsplanes Rechnung.

Es diente ausweislich der Ziele der Planung (vgl. S. 2 des Erläuterungsberichts) dazu, die Standorte für Windenergieparks festzulegen. Den weiteren Ausführungen des Erläuterungsberichts ist zu entnehmen, dass die Beklagte unter Beachtung der raumordnerischen Vorgabe, Windenergienutzung mit einer Gesamtleistung von mindestens 30 MW zu ermöglichen, nach Abwägung von naturschutzfachlichen Belangen die beiden Bereiche des H. N. und E. F. als geeignete Standorte für Windenergienutzung angesehen hat. Entgegen der Auffassung der Beklagten lassen sich beide Standorte somit nicht isoliert betrachten. Die Abwägungsentscheidung der Beklagten bezog sich auf beide Flächen.

Daran anknüpfend ist Gegenstand des Verfahrens der 21. Änderung des Flächennutzungsplanes nicht allein die nur noch einer eingeschränkten Abwägung unterliegende Aufhebung des Standortes E. F.. Dafür mag zwar die Wortwahl in dem Beschluss des Verwaltungsausschusses des Rates der Antragsgegnerin vom 16. Dezember 1996 zur Aufstellung des Flächennutzungsplanes in der Fassung seiner 21. Änderung sprechen, wonach die Änderung zur Aufhebung des Vorrangstandortes für Windenergienutzung im E. F. durchgeführt werde. Eine vergleichbare Formulierung enthält Seite 3 des Erläuterungsberichts zum Flächennutzungsplan - 21. Änderung -. Dem Erläuterungsbericht lässt sich aber an anderer Stelle entnehmen, dass die Beklagte nicht von vornherein - also nicht mehr abwägungsoffen - den Standort E. F. aufgeben wollte, sondern erst nach einer Vor- und Nachteile beider Standorte abwägenden Entscheidung. Auf Seite 2 des Erläuterungsberichts werden die Aufnahmekapazitäten der beiden Standorte bei Einsatz von 1,5 MW-Windenergie-anlagen gegenüber gestellt. Weiter heißt es auf Seite 3 und Seite 6, der Standort H. I. sei auf Grund der besseren Windhöffigkeit geeigneter. Als weiteren Gesichtspunkt führt die Beklagte auf Seite 7 des Erläuterungsberichts an, mit der 21. Änderung könne ein geringerer Eingriff in Natur und Landschaft als durch die 16. Änderung erreicht werden. Diese Sichtweise, in die Abwägung sei eingestellt worden, was nach Lage der Dinge einzustellen war, nimmt letztlich auch die Beklagte in ihrer Berufungserwiderung auf Seite 10 ein, indem sie ausführt, es stehe außer Zweifel, dass sie im Zuge der 21. Änderung des Flächennutzungsplanes die Belange des Naturschutzes und hier insbesondere die schützenswerten Belange von Brut- und Rastvögeln im H. I. in ihre Abwägung eingestellt habe.

Diese Abwägung ist fehlerhaft, weil sich die Beklagte im Vergleich der an beiden Standorten E. F. und H. I. zu erwartenden Eingriffe in Natur und Landschaft trotz der deutlich höheren avifaunistischen Wertigkeit des Bereichs H. I. für die Beibehaltung dieses Standortes entschieden hat. Die Klägerin vertritt die Auffassung, der H. I. stelle auf Grund seiner herausragenden Bedeutung als Brut- und Rastplatz für verschiedene Vogelarten ein faktisches Vogelschutzgebiet im Sinne der Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (79/409/EWG) - Vogelschutz-Richtlinie - (ABl EG Nr. L 103/1 v. 25.4.1979) dar und hätte deshalb nicht als Windparkstandort ausgewiesen werden dürfen. Der in der 21. Änderung des Flächennutzungsplanes dargestellte Bereich des H. N. grenze zudem an avifaunistisch bedeutsame Bereiche, die durch die Errichtung von Windenergieanlagen beeinträchtigt würden. Diese Frage muss im vorliegenden Verfahren nicht abschließend entschieden werden. Denn auch unterhalb der Schwelle, die die Annahme eines faktischen Vogelschutzgebietes rechtfertigt, ist die naturschutzfachliche Wertigkeit des H. N. im Vergleich zum E. F. erheblich höher.

Es ist zweifelhaft, ob der H. I. die Voraussetzungen eines faktischen Vogelschutzgebietes erfüllt. Faktische Vogelschutzgebiete unterliegen dem unmittelbaren Schutz der Vogelschutz-Richtlinie (vgl. zu den rechtlichen Grundlagen: Urt. des Senats vom 14.9.2000 - 1 L 2153/99 -, NuR 2001, 333, ZfBR 2001, 208). Die Vogelschutz-Richtlinie bezweckt den Schutz, die Pflege und Wiederherstellung einer ausreichenden Vielfalt und einer ausreichenden Flächengröße (Lebensräume) für die Erhaltung aller im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten wild lebenden Vogelarten (Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 Vogelschutz-Richtlinie). Nach Art. 4 Abs. 4 Satz 1 Vogelschutz-Richtlinie sind Beeinträchtigungen und Störungen der Lebensräume und Vogelarten in den geschützten Gebieten zu vermeiden. Für die in Anhang I der Vogelschutzrichtlinie aufgeführten Vogelarten sind besondere Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Insbesondere haben die Mitgliedstaaten die für die Erhaltung dieser Arten "zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete" zu Schutzgebieten zu erklären (Art. 4 Abs. 1 Satz 1 und 4 Vogelschutz-Richtlinie). Die Mitgliedstaaten haben bei der Frage, welche Gebiete nach ornithologischen Kriterien für die Erhaltung der in Anhang I der Vogelschutz-Richtlinie aufgeführten Vogelarten zahlen- und flächenmäßig am geeignetsten sind, einen fachlichen Beurteilungsspielraum (EuGH, Urt. vom 2.8.1993 - C 355/90 -, NuR 1994, 521; Urt. des Senats vom 14.9.2000 - 1 L 2153/99 -, a. a. O.). Zu den Bewertungskriterien gehören neben Seltenheit, Empfindlichkeit und Gefährdung einer Vogelart u.a. die Populationsdichte und Artendiversität eines Gebiets, sein Entwicklungspotenzial und seine Netzverknüpfung (Kohärenz) sowie die Erhaltungsperspektiven der bedrohten Art (BVerwG, Urt. vom 14.11.2002 - 4 A 15.02 -).

Hieran gemessen steht die Eigenschaft des H. N. als "geeignetstes Gebiet" nicht außer Zweifel.

Die im Zuge des Verfahrens zur Aufstellung des Vorhaben- und Erschließungsplanes D 133 eingeholte Umweltverträglichkeitsstudie des Ingenieurbüros P. und Q. vom Mai 1997 gelangt zwar unter Auswertung verschiedener Kartierungen und Beobachtungen über den Vogelbestand im H. I. zu dem Ergebnis (vgl. S. 53), dass für 10 Arten die Mindestzahlen zur Anerkennung als Feuchtgebiet lokaler Bedeutung, für 8 weitere die Mindestzahlen als Feuchtgebiet regionaler Bedeutung, für 6 weitere Arten als Feuchtgebiet nationaler Bedeutung und für Säbelschnäbler und Goldregenpfeifer die zur Anerkennung als Feuchtgebiet internationaler Bedeutung notwendigen Mindestzahlen vorlägen. Zudem werde für eine Ackerfläche direkt westlich an die Spülfelder angrenzend die zur Anerkennung als Feuchtgebiet nationaler Bedeutung notwendige Zahl als Rastplatz für Goldregenpfeifer erreicht. Die Gastvogelzahlen von Spießente, Sandregenpfeifer, Großem Brachvogel, Rotschenkel, Alpenstrandläufer und Säbelschnäbler erreichten sogar internationale Bedeutung. Die Zahlen von fünf weiteren Arten (Pfeifente, Stockente, Reiherente, Knutt sowie Zwergstrandläufer) erreichten lokale Bedeutung. Diese Angaben belegten eine hohe allgemeine Wertigkeit dieser Region für die Avifauna, aus der sich mit Unterzeichnung der Ramsar-Konvention eine Verpflichtung zum Schutz der jeweiligen Flächen ableite. Darüber hinaus ergebe sich durch die unmittelbare Nähe zum Nationalpark und zum Naturschutzgebiet G., zu denen auch funktionelle Beziehungen bestünden, eine hohe Wertigkeit des Gebietes.

Diese festgestellte hohe avifaunistische Wertigkeit der Fläche des H. N. führt aber nicht zwingend zu der Annahme eines faktischen Vogelschutzgebietes. Die Beklagte hat auf die von der Bezirksregierung J. im Verfahren zur Aufstellung des Vorhaben- und Erschließungsplanes D 133 mit Schreiben vom 23. April 1998 geäußerten Bedenken gegen die Festsetzung eines Windparkstandortes im H. I. von dem Ingenieurbüro P. und Q. weiter untersuchen lassen, ob das Gebiet selbst einen so wichtigen Lebensraum von bedrohten Vogelarten des Anhangs I der Vogelschutz-Richtlinie oder ein so wichtiges Gebiet für Zugvogelarten darstelle, so dass es als besonderes Schutzgebiet nach Art. 4 der Vogelschutzrichtlinie anzusehen sei. Das beauftragte Ingenieurbüro verneint diese Frage in seinem Gutachten vom 11. Juni 1998. Maßgeblicher Gesichtspunkt für die Annahme, der H. I. zähle nicht zu den "geeignetsten Gebieten", ist dass die von verschiedenen schutzwürdigen Vogelarten als Nahrungsquelle genutzten Spülfelder im H. I. nicht auf Dauer angelegt sind, sondern nur noch zeitlich begrenzt betrieben werden sollen.

Die Spülfelder im H. I. dienen seit 1990 der Aufnahme des Schlickes aus dem Emder Hafen. Zu diesem Zweck wurde die vormals vorhandene Ackerfläche mit einer für die Avifauna wenig attraktiven Monostruktur eingedeicht und sukzessive aufgespült. Nach der in dem Gutachten vom 11. Juni 1998 wiedergegebenen Auskunft des Niedersächsischen Hafenamtes sollen die Felder noch etwa 20 Jahre betrieben werden. Die Spülfelder sind zwar an sich als Nahrungsflächen für die im Gutachten näher aufgeführten Vogelarten (u. a. Blaukehlchen, Säbelschnäbler und Goldregenpfeifer) wegen des Entstehens ebener, offener und freier Schlick- und Schlammflächen mit feuchtem bis nassem Charakter gut geeignet. Voraussetzung ist jedoch eine regelmäßige Bespülung, weil die Flächen sonst abtrocknen und wieder eine die genannten Vogelarten vertreibende Vegetationsentwicklung einsetzt. Diesen Anforderungen genügen immer nur einige gerade bespülte Felder. Von den 167 ha der als Spülfläche eingerichteten Fläche werden jährlich räumlich wechselnd max. 18 - 36 ha in Abhängigkeit von der zu beseitigenden Schlickmenge im Emder Hafen und den zur Verfügung stehenden Geldmitteln bespült. Zudem ist die Bespülung - auch aus Gründen der Kapazität - zeitlich befristet. Dem hält die Kommission der Europäischen Gemeinschaften in ihrer Stellungnahme vom 17. Dezember 2002 im Vertragsverletzungsverfahren 1997/4360 gegen die Bundesrepublik Deutschland u.a. wegen Verstoßes gegen die Vogelschutzrichtlinie entgegen, dass die Bundesrepublik Deutschland mehrere Special Protection Areas (SPA) mit künstlichen Lebensräumen, (wie z. B. Klärteichen) oder mit Biotopen, die ebenfalls der natürlichen Sukzession unterlägen (z. B. Abbaustellen) und damit möglicherweise ihre Qualität für bestimmte, zum Zeitpunkt der Gebietsmeldung wertgebende Vogelarten verlören, ausgewiesen habe. Es ist aber fraglich, ob der H. I. wegen der dargestellten nur vorübergehenden Eignung als Brut- und Rastbiotop mit Blick auf den fachlichen Beurteilungsspielraum der Mitgliedstaaten flächenmäßig zu den geeignetsten Gebieten" zu rechnen ist. Nur in zweifelsfreien Fällen, in denen ein bestimmtes Gebiet eine herausragende Bedeutung für die Vogelwelt besitzt und Alternativflächen nicht in Betracht kommen, ist der fachlich-konzeptionelle Spielraum des Mitgliedstaates so eingeschränkt, dass eine bestimmte Fläche zwingend ausgewiesen werden muss. Das Vorliegen eines solchen Falles der Ermessensschrumpfung ist nach dem Vorgesagten fraglich.

Unabhängig von der Frage, ob der H. I. ein faktisches Vogelschutzgebiet darstellt, hätte die Beklagte im Rahmen der Abwägung bei der 21. Änderung ihres Flächennutzungsplanes den bereits vorstehend dargestellten Belang der hohen avifaunistischen Wertigkeit des H. N. berücksichtigen müssen. Diese Wertigkeit ist durch die Umweltverträglichkeitsstudie von P. und Q. vom Mai 1997 und durch die von der Klägerin zitierten Studien belegt. Es handelt sich hierbei nicht um einen "Einzelbelang", den die Beklagte mit Hilfe der von ihr in dem Erläuterungsbericht zu der 21. Änderung des Flächennutzungsplanes aufgeführten anderen öffentlichen Belange "wegwägen" konnte. Deren Gewicht ist im Verhältnis zu dem vorgenannten naturschutzfachlichen Belang von untergeordneter Bedeutung.

In naturschutzfachlicher Hinsicht war der Standort H. I. zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 17. September 1998 wegen seiner zu diesem Zeitpunkt umfänglich belegten Bedeutung für die Vogelwelt im Vergleich mit dem E. F. als wesentlich ungeeigneter einzustufen. Bei dem E. F. handelt es sich um ein ehemaliges Überschlickungsgebiet mit ertragreicher Ackernutzung. Nach dem Erläuterungsbericht zur 16. Änderung waren im Änderungsbereich keine nennenswerten Vogelbestände anzutreffen. Das Landschaftsbild ist durch landwirtschaftliche Monokulturen, in Kultivierung befindliche ehemalige Spülfelder und Hochspannungsmasten im näheren Umfeld geprägt. In naturschutzfachlicher Hinsicht haben sich im Zuge der Aufstellung der 21. Änderung des Flächennutzungsplanes im Bereich E. F. anders als im Bereich H. I. keine neuen Erkenntnisse ergeben. Soweit die Beklagte vorträgt, die hohe avifaunistische Wertigkeit des E. R. ergebe sich aus den naturschutzfachlichen Feststellungen des Sachverständigen Dr. O. in seiner schriftlichen Untersuchung aus dem Jahre 2002 "Erfassung rastender Gänse und Schwäne in den Vogelschutzgebieten K., S. und T. -Gebiet (SPA M., U., G., V. und K.) sowie deren Umgebung im Winter 2001/2002", hat das Untersuchungsergebnis des Sachverständigen keinen Erkenntniswert für das Verfahren zur 21. Änderung des Flächennutzungsplanes, weil das Gänse-Monitoring erst im Winter 2001/2002 und daher weit nach dem Satzungsbeschluss vom 17. September 1998 durchgeführt wurde. Erste Beobachtungen hat der Sachverständige nach seinen mündlichen Erläuterungen im Termin zur mündlichen Verhandlung im Winter 1998/99 durchgeführt. Wie weiter unten auszuführen sein wird, belegen die Feststellungen des Sachverständigen auch nicht die These der Beklagten, im Verhältnis zum H. Polder stünden den Windenergieanlagen im E. F. gleichgewichtige naturschutzrechtliche Belange entgegen.

Soweit die Beklagte in dem Erläuterungsbericht zur 21. Änderung ausführt, mit der Aufhebung des Standortes E. F. werde ein geringerer Eingriff in Natur und Landschaft erreicht, verkennt sie, dass eine allein quantitative Betrachtung der für die Windenergienutzung dargestellten Flächen nicht ausreichend ist. Mit dem Standort E. F. wird der in naturschutzfachlicher Hinsicht erheblich konfliktärmere Bereich aufgegeben. Dort sind die Eingriffe in den Naturhaushalt nach eigener Darstellung der Beklagten im Verfahren zur 16. Änderung gering. Die Abwägungsentscheidung muss erkennen lassen, dass die Gemeinde die als Standorte für die Windenergie in Betracht kommenden Suchräume einer qualitativen Bewertung der Eingriffe in Natur und Landschaft unterzogen hat. Anhaltspunkte dafür bietet das Verfahren der 21. Änderung des Flächennutzungsplanes nicht.

Der Gesichtspunkt der besseren Windhöffigkeit des Standortes H. I. trägt die Abwägungsentscheidung der Beklagten angesichts des Gewichts des abwägungsbeachtlichen Belangs der avifaunistischen Sensibilität dieses Gebietes nicht. Der zu erwartende Jahresenergieertrag von 0,0191 MWh/qm für den E. F. entspricht in etwa dem Ertrag von 0,0192 MWh/qm für den östlichen Teil des H. N.. Lediglich im westlichen Teil des H. N. beträgt der Ertrag 0,0232 MWh/qm. Beiden Gebieten wird im gesamten bundesdeutschen Vergleich hinsichtlich der Windhöffigkeit die Eigenschaft von Spitzenstandorten bescheinigt. Angesichts dieser guten erzielbaren Energieausbeute für beide Gebiete fällt die noch etwas bessere Ausnutzbarkeit im westlichen Teil des H. N. nicht nennenswert ins Gewicht.

Die Beklagte kann sich auch nicht auf den Standpunkt zurückziehen, sie habe bei der Abwägung die raumordnerische Vorgabe berücksichtigen müssen, in ihrem Stadtgebiet Vorrangstandorte für Windenergienutzung im Umfang von 30 MW festzulegen. Es muss an dieser Stelle nicht vertieft werden, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Vorgabe des LROP II 1994, dort C. 3.5, 05 Verbindlichkeit beansprucht. Vorgegeben wird der Leistungsumfang für das gesamte Stadtgebiet der Beklagten. Die geeigneten Standorte im Einzelnen festzulegen, ist Aufgabe der Bauleitplanung der Beklagten. Zulässig ist danach auch die Aufteilung der zu erzielenden Leistung von 30 MW auf verschiedene Standorte. Das Argument der Beklagten, sie habe wegen der Übererfüllung der landesplanerischen Zielvorgabe auf Grund der technischen Weiterentwicklung der Windenergieanlagen und deren höherer Leistungsfähigkeit von 1,5 MW (statt 0,5 MW) die Windenergieanlagen auf den Bereich des H. N. konzentrieren wollen, ist daher wegen dessen avifaunistischer Wertigkeit nicht tragfähig. Angesichts der guten Windhöffigkeit kommt der E. F. als zweiter Standort in Betracht.

Die von der Beklagten im Erläuterungsbericht zur 21. Änderung des Flächennutzungsplanes als Begründung genannte drohende Überfrachtung des Stadtgebietes mit Windenergieanlagen ist schon deshalb nicht gegeben, weil sich die absolute Zahl der für eine Leistung von 30 MW benötigten Anlagen bei der Inanspruchnahme des E. F. nicht erhöht. Neben dem Standort E. F. mit 21 MW sind die vorhandenen Anlagen der Stadtwerke mit 6,5 MW und privater Investoren mit 4,5 MW zu berücksichtigen.

Die unzureichende Auseinandersetzung mit der durch die Umweltverträglichkeitsstudie von P. und Q. vom Mai 1997 belegten hohen avifaunistischen Wertigkeit des H. N. stellt einen nach § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB offensichtlichen Abwägungsfehler dar, der auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist. Nach § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB sind Abwägungsfehler nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Die Offensichtlichkeit betrifft die Erkennbarkeit des Abwägungsfehlers (vgl. BVerwG, Urt. vom 21.8.1981 - 4 C 57.80 -, DVBl. 1982, 354). Die mangelhafte Bewältigung der naturschutzfachlichen Problematik ergibt sich aus dem Erläuterungsbericht zu der 21. Änderung des Flächennutzungsplanes. Dieser Mangel im Abwägungsvorgang ist auch auf das Ergebnis von Einfluss gewesen. § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB verlangt nicht den Nachweis eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Abwägungsmangel und dem Ergebnis, vielmehr genügt die konkrete Möglichkeit, dass das Ergebnis der Abwägung ohne den Mangel anders ausgefallen wäre (BVerwG, Urt. vom 21.8.1981 - 4 C 57.80 -, a. a. O.). Hätte der Rat der Beklagten näher ins Bewusstsein gerückt, dass die naturschutzfachliche Wertigkeit des H. N. im Vergleich zum E. F. deutlich höher ist, hätte er voraussichtlich anders entschieden/entscheiden müssen.

Auf der Grundlage der Darstellungen des Flächennutzungsplanes in der Fassung seiner 16. Änderung hat die Klägerin einen Anspruch auf Erteilung des begehrten Bauvorbescheides für zwei Windenergieanlagen, weil die vorgesehenen Standorte in dem Bereich des E. R. und damit in dem Sondergebiet für Windenergienutzung liegen. Etwaige Mängel dieses Flächennutzungsplanes unterliegen nach Ablauf der Sieben-Jahresfrist des § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB nicht (mehr) der Inzidentkontrolle. Vor Ablauf dieser Frist sind Mängel der Abwägung nicht geltend gemacht worden.

Dem Vorhaben der Klägerin stehen auch nicht Belange des Naturschutzes gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegen. Auch wenn privilegierte Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB dem Außenbereich vom Grundsatz "planähnlich" zugewiesen sind, sind sie gleichwohl nicht zulässig, wenn ihnen die in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB beispielhaft genannten öffentlichen Belange entgegenstehen (BVerwG, Urt. vom 13.12.2001 - 4 C 3.01 -, DVBl. 2002, 706; Beschl. vom 3.6.1998 - 4 B 6.98 -, BauR 1998, 991). Der Naturschutz gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB ist ein solcher öffentlicher Belang. Die Beklagte macht geltend, dass der E. F. nach den jüngsten Untersuchungsergebnissen des Sachverständigen Dr. O. für die Nahrungssuche verschiedener Gänsearten eine erheblich ornithologische Bedeutung habe. Der E. F. liege zudem in der Flugschneise zwischen Teillebensräumen avifaunistisch bedeutsamer Vogelarten. Diesem Vortrag steht nicht entgegen, dass sich die besondere naturschutzfachliche Wertigkeit des E. R. erst zu einem Zeitpunkt sowohl nach der 16. als auch nach der 21. Änderung des Flächennutzungsplanes der Beklagten herausgestellt haben soll. Die Klägerin verfolgt ein Verpflichtungsbegehren, so dass die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat maßgeblich ist. Erlangt ein als Standort für Windenergieanlagen vorgesehenes Gebiet nach seiner Darstellung als Vorranggebiet für Windenergie herausgehobene naturschutzfachliche Bedeutung, ist dieser Belang in die für den konkreten Einzelfall vorzunehmende Abwägung zwischen dem privilegierten Vorhaben und den berührten öffentlichen Belangen einzustellen. Nach dem Ergebnis der von dem Senat durchgeführten Beweisaufnahme steht fest, dass die Errichtung der zwei geplanten Windenergieanlagen keine Belange des Vogelschutzes als Unterfall des Naturschutzes verletzt.

Der Sachverständige Dr. O. hat im Rahmen seiner Befragung im Verhandlungstermin angegeben, dass er während seiner wöchentlichen Kartierungen im Zuge des Gänse-Monitoring sei 1998/99 im Bereich der vorgesehenen Aufstellungsorte für die beiden Windenergieanlagen keine Gänse am Boden festgestellt hat. Die von dem Gutachter überreichten Vergrößerungen der Abbildungen 4, 7 und 10 seiner Erfassungsstudie aus dem Jahr 2002 veranschaulichen, dass die festgestellten Vorkommen an Bless-, Nonnen- und Graugänsen außerhalb des E. R. liegen. Die nächstgelegene Ansammlung von Graugänsen und Nonnengänsen hat der Sachverständige östlich der Straße Bahnhof W. -X. beobachtet. Dieser Nahrungsplatz liegt so weit vom E. F. entfernt, dass Beeinträchtigungen durch die Windenergieanlagen nicht zu befürchten sind.

Der von der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung überreichte 193 Bericht von Klaus Y. über die Vogel- und Insektenwelt Ostfrieslands stellt dieses Untersuchungsergebnis nicht in Frage. Dort wird eine Zählung von 16.000 Nonnengänsen am 22. Februar 2003 im Emsbereich bei A. -Z. wiedergegeben. Es handelt sich dabei um einen Bereich in Deichnähe - laut Y. rasteten die Vögel "teils auf Grünland binnendeichs/ überwiegend jedoch im Emswatt außendeichs" -, der so weit vom E. F. entfernt ist, dass nachteilige Auswirkungen für Nahrung suchende Gänse durch die geplanten Windenergieanlagen nicht zu erwarten sind.

Hinzu kommt, dass es sich bei dem genannten Gebiet nicht um einen Nahrungsplatz handelt, den die beobachteten Gänse wegen seiner Geeignetheit als Futterstelle regelmäßig aufsuchen bzw. aufgesucht haben. Der Vogelkundler Y. hat das "bemerkenswerte Massenvorkommen" damit erklärt, dass wochenlang strenges Frostwetter geherrscht habe, die Binnengewässer wie auch die Randbereiche von Ems und Dollart vereist gewesen seien und das Grünland zum Teil nicht grün, sondern wegen der langen trockenen Frostperiode gelb-bräunlich gewesen sei. Der Sachverständige Dr. O. hat bestätigt, dass Ereignisse der vorgenannten Art durch die klimatischen Verhältnisse zu erklären seien. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Tiere den genannten Bereich in der Deichnähe nur ausnahmsweise und deshalb aufgesucht haben, weil die Nahrungsvorräte in anderen Gebieten, beispielsweise im M., erschöpft waren. Da in Frostperioden das Gras nicht nachwächst - nach Angaben von Dr. O. wächst Gras erst bei plus 6 Grad nach -, ist nicht damit zu rechnen, dass die gesichteten Gänse diesen Bereich erneut aufsuchen. Gleiches gilt für die dem E. F. benachbarte Fläche beiderseits der Straße Bahnhof W. -X. (AA. weg), auf der Bauoberrat AB. von der Beklagten nach seinen Schilderungen im Termin zur mündlichen Verhandlung im Februar 2003 erstmals größere Ansammlungen von Gänsen beobachtet hat. Wegen der besonderen klimatischen Verhältnisse in dieser Zeit gehören diese Flächen nicht zu den angestammten Nahrungsrevieren der beobachteten Gänsearten.

Die weiteren Ausführungen von Bauoberrat AB., er habe in dieser Gegend schon immer Vogelzüge gesehen und auch im Bereich westlich des AA. weges (in der Vergangenheit) Vogeltrupps gesichtet, belegen nicht, dass unmittelbar an den E. F. Rastplätze von wenigstens lokaler Bedeutung angrenzen. Die Angaben sind sowohl hinsichtlich der Art als auch hinsichtlich der genauen Zahl der beobachteten Tiere im Wesentlichen unsubstantiiert geblieben. Läge dort ein geeigneter Futterplatz für eine nennenswerte Zahl von Gänsen, hätte der Sachverstände Dr. O. dies bei seinen wöchentlichen Kartierungen seit 1998/99 festgestellt.

Es lässt sich auch nicht feststellen, dass der E. F. als Standort für Windenergieanlagen ungeeignet ist, weil er eine Funktion als Überfluggebiet für Rast- und Gastvögel hat, die ihre Lebensräume in den Bereichen V 6 "M.", V 10 "AC. Deichvorland und Emsmarsch von AD. bis AE." und V 9 "Ostfriesische Meere" haben und zwischen diesen Habitaten zur Erreichung ihrer Rast- bzw. Schlafplätze wechseln. Die genannten Bereiche liegen im Norden (V 9) bzw. Süden (V 6 und V 10) des E. R.. Das Land Niedersachsen hat diese Gebiete als Europäische Vogelschutzgebiete ausgewählt und dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zur Herstellung des Benehmens benannt (vgl. § 33 Abs. 1 BNatSchG 2002). Nach dem Erlass der Bezirksregierung Weser-Ems vom 5. November 2002 zur Aktualisierung der Europäischen Vogelschutzgebiete in Niedersachsen ist die Benehmensherstellung abgeschlossen (vgl. auch die Bekanntmachung des MU vom 23.7.2002 über die Erklärung von Gebieten zu Europäischen Vogelschutzgebieten, NdsMBl. 2002, 717). Ob die nationale Umsetzung durch Bekanntmachung der Europäischen Vogelschutzgebiete im Bundesanzeiger (vgl. § 10 Abs. 6 Nr. 1 BNatSchG 2002) bereits abgeschlossen ist, ist nicht entscheidungserheblich und deshalb nicht beweisbedürftig. Der Senat unterstellt, dass es sich bei den genannten Bereichen V 6, V 9 und V 10 um faktische Vogelschutzgebiete handelt, die dem Rechtsregime des Art. 4 Abs. 4 Vogelschutz-Richtlinie und nicht dem abgeschwächten Schutzregime des Art. 6 Abs. 2 bis 4 der Richtlinie des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Pflanzen (92/43/EWG) - Flora- Fauna- Habitat-Richtlinie (ABl. EG Nr. L 206/7 vom 22.7.1992)) unterliegen, das die in der Vogelschutz-Richtlinie gerade nicht vorgesehene Möglichkeit eröffnet, gebietsbeeinträchtigende Vorhaben auch aus wirtschaftlichen und sozialen Gründen zuzulassen (vgl. BVerwG, Urt. vom 14.11.2002 - 4 A 15.02 -; Urt. vom 19.5.1998 - 4 C 11.96 -, NVwZ 1999, 528). Es liegen keine greifbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass die genannten faktischen Vogelschutzgebiete durch die im E. F. beantragten Windenergieanlagen erheblich beeinträchtigt werden.

Das Schutzregime des Art. 4 Abs. 4 Vogelschutz-Richtlinie erfasst erhebliche Auswirkungen (Beeinträchtigungen). Das gilt allerdings auch für Störungen, die ihre Ursachen außerhalb des Gebietes haben und sich auf das Gebiet auswirken (BVerwG, Urt. vom 19.5.1998 - 4 A 9.97 -, DVBl. 1998, 901). Erhebliche Beeinträchtigungen in diesem Sinne sind durch die Aufstellung von zwei Windenergieanlagen nicht zu erwarten. Der E. F. hat keine Brückenfunktion zwischen den genannten faktischen Vogelschutzgebieten als Flugschneise für zwischen den Nahrungs- und Rastplätzen wechselnde Vögel. Die von der Beklagten zum Beleg angeführte Karte des Ingenieurbüros P. und Q. aus dem Februar 2003 "Vogellebensräume um Emden" (Beiakte O), in der mit einem breiten beidseitigen Pfeil, der den östlichen Teil des E. R. überlagert, eine wichtige Flugverbindung zwischen Teillebensräumen wiedergegeben werden soll, hat keine durchschlagende Aussagekraft. Hierbei handelt es sich um eine rein schematische Darstellung, die nach der Aussage des Sachverständigen Dr. O. im Termin zur mündlichen Verhandlung keine verwertbaren Hinweise für die tatsächliche Flugroute der Vögel enthält. Nach den weiteren Ausführungen des Sachverständigen ist eine Karte über Flugbewegungen "zu einem guten Teil spekulativ", weil nicht bekannt sei, auf welchen Flugbahnen die Tiere zwischen näher oder weiter entfernt liegenden Schlaf- und Nahrungsplätzen wechselten. Beobachtungen darüber, wo genau der Zugkorridor zwischen den faktischen Vogelschutzgebieten V 9 im Norden und V 6 bzw. V 10 im Süden verläuft, hat der Sachverständige für die von ihm erfassten Gänse nicht durchgeführt. Auch der Beklagte hat hierzu keine Erkenntnisse vorgetragen.

Selbst wenn es sich bei dem E. F. um ein potenzielles Überfluggebiet handelte, wären die Auswirkungen auf die benachbarten Teillebensräume schützenswerter Vogelarten als gering einzustufen. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Errichtung von zwei Windenergieanlagen im E. F.. Der Vertreibungseffekt von zwei Anlagen ist deutlich geringer als die Störfunktion eines Windparks mit zahlreichen Anlagen, die unter Umständen wie ein Riegel wirken können. Anders als im Fall des errichteten Windparks im H. I. (vgl. hierzu die Stellungnahme der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 17.12.2002 im Vertragsverletzungsverfahren 1997/4360) steht den überfliegenden Vögeln genügend Ausweichraum beiderseits der geplanten beiden Anlagen zur Verfügung. Der dadurch entstehende Umweg beträgt bei einer Entfernung von 16 km zwischen den nördlich und südlich des E. F. gelegenen faktischen Vogelschutzgebieten nur wenige 100 m. Dadurch entstehen nur geringe energetische Verluste bei den Tieren, die den Bruterfolg nicht in Frage stellen.

Ende der Entscheidung

Zurück