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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 22.12.2008
Aktenzeichen: 1 MN 194/08
Rechtsgebiete: BauGB, VwGO


Vorschriften:

BauGB § 1 Abs. 7
VwGO § 47 Abs. 6
Zur Zulässigkeit eines Sondergebietes "Wohnen mit Pferden" in der Nachbarschaft eines Schweinehaltungsbetriebes im Außenbereich.
Gründe:

Die Antragstellerin wendet sich gegen den Bebauungsplan Nr. 81.4 "Mühlenbachtal" der Antragsgegnerin, der in einem Halbkreis um ihren landwirtschaftlichen Hof (A. straße 34) herum, auf dem 1943 Mastschweine gehalten werden, ein Sondergebiet "Wohnen mit Pferdehaltung" festsetzt.

Der Bebauungsplan sieht westlich angrenzend an vorhandene Bebauung zunächst Allgemeines Wohngebiet vor und geht dann nach Westen in die Sondergebiete 1 und 2 über, die halbkreisförmig um den westlich außerhalb des Plangebiets liegenden Hof angeordnet sind. Diesen Baugebieten vorgelagert ist eine öffentliche Grünfläche, für die zugleich Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft festgesetzt sind. Im (dem Hof am nächsten gelegenen) Sondergebiet 2 sind nach der textlichen Festsetzung Nr. 2 bauliche Anlagen zur Pferde- oder Ponyhaltung (insbesondere Stall, befestigte Auslauffläche) in Verbindung mit einem Wohngebäude im Sondergebiet 1 und Nebenanlagen zulässig, soweit diese der Pferde- und Ponyhaltung dienen, und im Sondergebiet 1 Wohngebäude in Verbindung mit baulichen Anlagen zur Haltung von Pferden im Sondergebiet 2 sowie Stellplätze, Garagen und Nebenanlagen.

Im Zusammenhang mit einer Bauvoranfrage für den Neubau eines Mastschweinstalles (1.100 Plätze) hatte der Landkreis Vechta im Jahr 2001 eine Immissionsbeurteilung vorgenommen. Diese kam zu dem Ergebnis, dass der erforderliche Abstand nach der VDI-Richtlinie 3471 290 m betrage, wenn die Anlage nach dem Stand der Technik betrieben werde und nicht mehr als 1.500 Ferkel- und 1.460 Mastschweineplätze eingerichtet würden. Für eine Erweiterung der Anlage auf 1.943 Mastplätze unter Fortfall der Ferkelzucht ermittelte der Landkreis Vechta den nach der VDI-Richtlinie erforderlichen Abstand auf 300 m. Ein weiterer Betrieb im Norden des jetzigen Plangebietes (B. Straße 80) wurde gleichfalls untersucht.

Gegen die Planung erhob die Antragstellerin unter dem 12. Juni 2006 Einwendungen und machte geltend, dass angemessene Entwicklungsmöglichkeiten für ihren Hof nur gewahrt blieben, wenn für Wohnbebauung ein Radius von 350 m erhalten bliebe. Nunmehr solle dieser Abstand auf bis zu 300 m verkürzt werden und das Sondergebiet für die Pferdehaltung sogar noch enger heranrücken. Das führe dazu, dass neue Stallbauten auf ihrem Hof allenfalls dann noch zulässig wären, wenn auch die Altanlagen mit teuren Filtern versehen würden. Dieses Zurückdrängen landwirtschaftlicher Belange könne nur gerechtfertigt sein, wenn die Antragsgegnerin keine andere Möglichkeit hätte, zu angemessenen Bedingungen Wohngrundstücke auszuweisen. Das sei aber nicht der Fall; es gebe noch große Flächen, die für eine Bebauung in Betracht kämen.

Mit ihrem Normenkontrolleilantrag macht die Antragstellerin geltend, dass die Belange der Land- und Forstwirtschaft nicht angemessen abgewogen worden seien. Die Planbegründung nehme dazu nur kurz unter Ziff. 3.2.4 dahingehend Stellung, dass keine hinreichend konkreten Entwicklungsplanungen von landwirtschaftlichen Betrieben vorlägen. Es werde deshalb zugrunde gelegt, dass keine Betriebserweiterungen geplant seien. Dabei habe die Antragsgegnerin unberücksichtigt gelassen, dass ihr Betrieb in den 20 letzten Jahren den Tierbestand immer weiter aufgestockt habe; dafür seien neue Ställe gebaut worden. Letztmalig sei das 2002 geschehen. Es sei mehrfach - auch schon bei vorangegangenen Bauleitplanverfahren - schriftlich und mündlich vorgetragen worden, dass dies nicht der Endpunkt der Entwicklung des Hofes sei.

Für die Bemessung des um ihren Hof herum mit den Baufestsetzungen im Sondergebiet 1 eingehaltenen Radius von 300 m sei auf der Basis der VDI 3471 zu Unrecht eine Erhebung der Landwirtschaftskammer Weser-Ems aus dem Jahr 2000 zugrunde gelegt worden, die nur im Hinblick auf die Betriebserweiterung im Jahr 2002 korrigiert worden sei. Die wegen der überschneidenden Radien landwirtschaftlicher Vollerwerbsbetriebe zwingend erforderliche Geruchsbegutachtung nach der GIRL sei unterlassen worden, obwohl die Wohnbebauung in der Hauptwindrichtung liege.

Die Ausweisung der Sondergebiete stelle einen Etikettenschwindel dar. Tatsächlich werde damit die Wohnnutzung in den Schutzradius der landwirtschaftlichen Betriebe ausgedehnt, weil die Gartennutzung in das SO 2-Gebiet hineinreichen werde. Ob eine Sondergebietsfestsetzung "Wohnen mit Pferdehaltung" nach § 11 BauNVO überhaupt zulässig sei, sei zweifelhaft. An einer wesentlichen Unterscheidung von anderen Baugebieten fehle es.

Die Antragsgegnerin hält dem entgegen, dass die Antragstellerin nur ihr Interesse geltend gemacht habe, sich alle wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten offen zu halten. Konkrete Betriebsplanungen habe sie nicht dargelegt. Bei einer Ausweitung der Schweinehaltung werde der Landkreis ohnehin eine Emissionsminderung durch Filteranlagen zur Auflage machen, so dass die Entwicklung des Betriebes unabhängig von der Wohngebietsplanung möglich, allerdings von entsprechender Nachrüstung abhängig sei. Mehr sei bei der Abwägung nicht zu berücksichtigen gewesen.

Eine Begutachtung nach der GIRL sei mangels Überlappung der Emissionskreise der beiden dem Plangebiet benachbarten Betriebe nicht erforderlich gewesen. Nach den Berechnungen der Landwirtschaftskammer falle das Plangebiet nicht in den Abstandsradius des nördlich gelegenen Betriebes; dieser liege auch nicht in der Hauptwindrichtung. Im Abstandsradius des Betriebes der Antragstellerin liege nur das Sondergebiet 2 mit Anlagen zur Pony- und Pferdehaltung, das keinen besonderen Schutzanspruch habe. Auch die anschließende Wohnbebauung im Sondergebiet 1 genieße wegen der Nachbarschaft zur Pferdehaltung nur einen geminderten Schutzanspruch. Wohnnutzung mit dem Schutzanspruch eines Allgemeinen Wohngebiets schließe sich erst in einer Entfernung von ca. 340 m zum Emissionsmittelpunkt an. Die Anwendung der VDI-Richtlinien unter Verzicht auf ein Geruchsgutachten nach der GIRL sei in Abstimmung mit dem Landkreis erfolgt; die anderen beteiligten Stellen hätten ebenfalls keine fachlichen Einwände gehabt.

Eine Sondergebietsausweisung sei hier zulässig, weil mit einer "normalen" Baugebietsfestsetzung die vorgesehene Nutzungsgliederung nicht hätte erreicht werden können.

Der Antrag ist zulässig. Seiner Statthaftigkeit steht nicht entgegen, dass die Hauptsache noch nicht anhängig ist. Im Wesentlichen herrscht Übereinstimmung darin, dass ein Eilantrag nach § 47 Abs. 6 VwGO schon vor der Antragstellung zur Hauptsache gestellt werden darf (vgl. z.B. Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 47 Rdnr. 386; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, § 47 Rdnr. 156; Posser/Wolf, VwGO, 2008, § 47 Rdnr. 89). Der Senat stellt nur darauf ab, ob der Normenkontrollantrag noch rechtzeitig gestellt werden kann (Beschl. v. 10.8.2006 - 1 MN 146/06 -, Vnb). Das ist hier der Fall, weil die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO noch nicht abgelaufen ist. Auch der Umstand, dass der konkrete Antrag hier auf eine noch nicht anhängige Hauptsache Bezug nimmt, macht den Antrag entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht unzulässig. Sollte die Hauptsache nicht zeitnah und rechtzeitig anhängig gemacht werden, könnte eine stattgebende Entscheidung unaufwändig wieder geändert werden.

Der Antrag hat jedoch keinen Erfolg.

Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Wegen der weitreichenden Folgen, die die Aussetzung eines Bebauungsplanes für diejenigen regelmäßig hat, welche seine Festsetzungen auszunutzen gewillt sind, ist bei der Prüfung der Voraussetzungen für eine Aussetzung ein strenger Maßstab anzulegen. Ein schwerer Nachteil in dem oben genannten Sinn liegt nur vor, wenn rechtlich geschützte Interessen eines Antragstellers in ganz besonderem Maße beeinträchtigt oder ihm außergewöhnliche Opfer abverlangt werden (vgl. Erichsen/ Scherzberg, DVBl. 1987, 168, 174 mwN.). Aus "anderen wichtigen Gründen" ist der Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung erst dann geboten, wenn der Normenkontrollantrag mit großer Wahrscheinlichkeit Erfolg haben wird (vgl. Beschlüsse des Senats v. 21.3.1988 - 1 D 6/87 -, BRS 48 Nr. 30, u. v. 30.8.2001 - 1 MN 2456/01 -, NVwZ 2002, 109). Denn das Gewicht dieser Gründe muss ungefähr dem des schweren Nachteils entsprechen. Beides liegt hier nicht vor.

Ein schwerer Nachteil ist hier schon deshalb nicht ersichtlich, weil die Antragstellerin das Argument der Antragsgegnerin nicht entkräftet hat, jede Betriebsausweitung werde unabhängig von dem Bebauungsplan dazu führen, dass der Landkreis Vechta als Genehmigungsbehörde aus der Sicht des Immissionsschutzrechts für den gesamten Betrieb höhere Anforderungen stellen werde als bisher. Der Bebauungsplan wäre dann nicht kausal für die möglichen technischen und finanziellen Hürden, die mit einer Betriebsausweitung verbunden wären.

Gegenwärtig sind auch die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht günstig.

Der Vorwurf, die Sondergebietsausweisung stelle einen Etikettenschwindel dar, trifft nicht zu. "Wohnen mit Pferdehaltung" ist keine Nutzungsart, die mit der Festsetzung eines Allgemeinen Wohngebiets oder eines Dorfgebiets (erst recht eines Mischgebiets) verwirklicht werden könnte. Der Senat hat bereits mit Urteil vom 5. April 2001 (- 1 K 2758/00 -, BauR 2001, 1546 = NdsRpfl 2001, 378) angemerkt, eine Nutzung, die auf Wohnen mit Pferdehaltung hinaus laufe, müsse wohl als Sondergebiet festgesetzt werden. Daran ist festzuhalten:

Nach einhelliger Meinung entspricht die Haltung von Pferden nicht der Eigenart eines allgemeinen Wohngebiets (VGH Mannheim, Urt. v. 10.10.2003 - 5 S 1692/02 -, VBlBW 2004, 181; auch nicht eines Mischgebiets: OVG Lüneburg, Urt. v. 25.7.1988 - 1 A 46/87 -, BauR 1989, 63; vgl. im Übrigen Beschl. d. Sen. v. 17.12.2001 - 1 MA 3241/01 -, v. 6.2.2008 - 1 LA 182/06 - u. v. 19.11.2008 - 1 ME 233/08 -; OVG Lüneburg, Beschl. v. 28.3.2002 - 9 MB 43/02 -, Veröffentlichung dieser Entscheidungen nicht bekannt; VGH Mannheim, Beschl. v. 16.5.1990 - 3 S 218/90 -, juris; OVG Saarland, Beschl. v. 19.9.2007 - 2 B 355/07 -, BauR 2007, 2112 (Leitsatz); BVerwG, Beschl. v. 27.11.1990 - 4 B 147.90 -, juris). In Betracht kommt allenfalls die Zulassung einer untergeordneten Nebenanlage im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO (OVG Lüneburg, Urt. v. 25.7.1988 - 1 A 46/87 -, BauR 1989, 63), vor allem in Randlagen des Wohngebiets. Hier soll die Pferdehaltung jedoch gleichgewichtiger Bestandteil des fraglichen Gebiets sein; das ist in einem allgemeinen Wohngebiet nicht möglich.

"Wohnen mit Pferden" ist auch keine Dorfgebietsnutzung. Ein Dorfgebiet im Sinne des § 5 BauNVO ist nicht durch "ländliches Ambiente" definiert, sonders stellt ein "ländliches Mischgebiet" dar, in dem Landwirtschaftsbetriebe ebenso wie nicht störende Gewerbebetriebe, wie sie traditionell im Dorfgebiet angesiedelt waren, und sonstiges Wohnen zulässig sind. Fehlt nur eine dieser drei Hauptnutzungen, ist die allgemeine Zweckbestimmung des in diesem Sinne definierten Gebietes nicht mehr gewahrt (vgl. Urt. v. 27.10.1993 - 1 K 3/91 -, NVwZ 1995, 284; Urt. v. 22.10.2008 - 1 KN 57/06 -). Gerade die Planung eines eingeschränkten Dorfgebietes zur Schaffung eines "weichen Übergangs" zwischen emissionsträchtigen landwirtschaftlichen Hofstellen und Wohnen würde ihrerseits einen "Etikettenschwindel" darstellen, soweit sie nicht auf ein "ländliches Mischgebiet" ausgerichtet ist (Urt. v. 23.9.1999 - 1 K 5147/97 -, BauR 2000, 523).

Betriebliche Erweiterungsabsichten für den Hof der Antragstellerin brauchte die Antragsgegnerin in die Abwägung nicht mit Vorrang einzustellen. Das Interesse vorhandener landwirtschaftlicher Betriebe an ungestörtem Wirtschaften ist zwar mit besonderem Gewicht in der Abwägung zu berücksichtigen (vgl. OVG Koblenz, Urt. v. 18.6.2008 - 8 C 10128/08 -, juris). Abwägungsbeachtlich ist auch das Bedürfnis nach einer künftigen Betriebsausweitung im Rahmen der normalen Betriebsentwicklung. Das gilt jedoch nicht für eine unklare oder unverbindliche Absichtserklärung oder die Äußerung nur vager Erweiterungsinteressen (zusammenfassend BVerwG, Beschl. v. 5.9.2000 - 4 B 56.00 -, BauR 2001, 83 = NVwZ-RR 2001, 82). Der Senat betrachtet - schärfer formuliert - nur solche Erweiterungsabsichten als abwägungsbeachtlich, die bereits konkret ins Auge gefasst sind oder bei realistischer Betrachtung der vom Landwirt aufzuzeigenden betrieblichen Entwicklungsmöglichkeiten nahe liegen (Urt. v. 15.1.2004 - 1 KN 128/03 -, AgrarR 2004, 328 = NuR 2005, 595).

Auf diese Anforderungen hat sich die Antragstellerin nicht eingestellt. Obwohl sie die Folgen des Heranrückens der Wohnbebauung schon seit längerem vor Augen hatte, ist ihr genereller Einwand, dies schmälere die Möglichkeiten einer Betriebsausweitung, nicht durch Hinweise auf konkrete Erweiterungsszenarien substantiiert worden. Die Antragstellerin hat sich auch nicht zu der Erwägung der Antragsgegnerin verhalten, bei einer Betriebsausweitung träte eine Genehmigungspflicht nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz ein mit der Folge, dass der gesamte Betrieb höheren Anforderungen unterworfen werde.

Der Umstand, dass die Antragsgegnerin keine Beurteilung nach der GIRL vorgenommen hat, ist für sich genommen ebenfalls nicht zu beanstanden. Für nicht nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigungsbedürftige Anlagen ist die GIRL nur sinngemäß heranzuziehen; sie hat gegenüber der Beurteilung nach der VDI-Richtlinie 3471 keinen Vorrang (vgl. ausführlich OVG Lüneburg, Urt. v. 12.11.2008 - 12 LB 17/07 -, Entscheidungsdatenbank und juris; zuvor schon OVG Lüneburg, Urt. v. 17.10.2002 - 1 KN 2406/01 -, RdL 2003, 5 = AgrarR 2004, 15; Beschl. v. 27.6.2007 - 12 LA 14/07 -, RdL 2007, 242; vgl. auch VGH Kassel, Urt. v. 12.11.2007 - 4 N 3204/05 -, AUR 2008, 231). Hier lagen keine Umstände vor, die eine Beurteilung nach der VDI-Richtlinie 3471 als defizitär erscheinen ließen. Insbesondere liegt der zweite in der Nachbarschaft zu berücksichtigende Betrieb nicht offenkundig so nahe, dass sich die Immissionen im Plangebiet zu überlappen drohen.

Soweit die Antragstellerin befürchtet, die Gartennutzung von Grundstücksteilen im Sondergebiet 2 könne dazu führen, dass ihre betriebliche Tätigkeit zusätzlichen Einschränkungen unterworfen werde, reicht hierfür eine schlichte Gartennutzung nicht aus. Etwas anderes könnte allenfalls für "faktische Außenwohnbereiche" gelten. Eine Außenwohnbereichsnutzung zwischen Pferdeställen wäre hier jedoch schon keine plangemäße Nutzung. Im Übrigen ist als Außenwohnbereich nicht jeder Grundstücksteil schutzwürdig, auf dem sich ein Grundstückseigentümer oder andere Grundstücksnutzer häufiger aufhalten. Das Bundesverwaltungsgericht zählt zum Außenwohnbereich die außerhalb von Wohngebäuden vorhandenen Flächen, sofern sie nicht bloß der Verschönerung des Grundstücks dienen, sondern in Ergänzung der Gebäudenutzung für ein Wohnen im Freien geeignet und bestimmt sind; hierzu gehörten Gärten, Terrassen, Balkone und in ähnlicher Weise nutzbare sonstige Außenanlagen (Urt. v. 16.3.2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125, 116, Rdnr. 362). Mit Beschluss vom 9. Oktober 2008 (- 9 PKH 2.08 -) hat das Bundesverwaltungsgericht - im Zusammenhang mit Präklusionsfragen - zudem deutlich gemacht, dass es möglicherweise auf eine weitere Differenzierung nach dem Grad der Wohnhausnähe ankommt:

"Danach ist für die Planfeststellungsbehörde bei einem Hinweis auf "Lärmbelästigungen des Wohngrundstücks" regelmäßig Anlass gegeben, neben den Lärmeinwirkungen auf den Innenwohnbereich auch die Lärmeinwirkungen auf eventuell vorhandene Außenanlagen zur Freizeitgestaltung und Erholung am Wohngebäude wie Terrassen oder Balkone zu untersuchen. Denn diese in der Regel ohne Weiteres erkennbaren Außenanlagen bilden im Allgemeinen das Schwergewicht der Außenwohnnutzung. Unabhängig davon, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Außenwohnnutzung jenseits von Terrassen und Balkonen Schutz genießt, ist die Planfeststellungsbehörde jedenfalls insoweit regelmäßig auf konkrete Angaben der Planbetroffenen angewiesen. Das gilt umso mehr, wenn es sich - wie hier - um ein großes Grundstück handelt. Der Kläger hat im Übrigen selbst im Erörterungstermin nicht auf eine Feuerstelle oder die beabsichtigte künftige Nutzung von Teilen seines Grundstücks als Außenwohnbereich hingewiesen, obwohl der Aspekt der Außenwohnnutzung mit Blick auf Lärmeinwirkungen auf seinen Balkon und auf eine - nach seinen Angaben befestigte - Sitzecke erörtert wurde. Er ist daher mit seinem Vorbringen präkludiert. "

Eine Vorverlagerung von Außenwohnbereichen in das Sondergebiet 2 hinein würde danach zunächst einmal voraussetzen, dass eine wohnhaustypische Nutzung sich durch entsprechende Einrichtungen (befestigter Sitzplatz, Gartenpavillon o.ä.) eindeutig manifestiert. Nicht ausreichend hierfür ist eine mit den Stallungen verbundene Tätigkeit, weil dieser der erforderliche Bezug zum Wohnen fehlt. Zwar zielt der Bebauungsplan gerade auf eine Verbindung zwischen Wohnen und Pferdehaltung ab. Das hat aber keine Rückwirkung auf den Begriff des "Außenwohnbereichs", der gewissermaßen eine Öffnung des Wohnzimmers nach außen meint; im Wohnzimmer hält man keine Pferde.

Selbst wenn aber ein weiter reichendes Verständnis des "Außenwohnbereichs" zugrunde gelegt würde, wäre hier zusätzlich noch nach dem Grad der Schutzwürdigkeit zu differenzieren. Wer selbst Pferde hält, die von Geruch nicht frei sind, und sich insoweit mit Personen gleicher Nutzungsabsicht in einem dafür vorbehaltenen Baugebiet zusammentut, kann und wird nicht erwarten, dass die Umgebung im "Dunstkreis" der Pferdeställe im Übrigen tiergeruchsfrei bleibt. Das gilt schon deshalb, weil der Pferdegeruch die aus größerer Entfernung stammenden Gerüche anderer Tierarten regelmäßig überlagern dürfte. Richtig dürfte auch der Standpunkt der Antragsgegnerin sein, dass selbst der Schutzanspruch im Sondergebiet 1 noch gemindert ist, weil man sich dort bewusst und gewollt auf Emissionen der Pferdehaltung einstellt. Die zuständigen Behörden werden das Heranrücken der Sondergebiete 1 und 2 nach alledem voraussichtlich nicht als Grund für Beschränkungen des Betriebs der Antragstellerin heranziehen können.

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