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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 24.04.2008
Aktenzeichen: 10 LB 173/07
Rechtsgebiete: RSVO, VO (EWG) Nr. 3886/92


Vorschriften:

RSVO § 5
VO (EWG) Nr. 3886/92 Art. 14
VO (EWG) Nr. 3886/92 Art. 59 Buchst. b
Zu den Anforderungen, die an den Altersnachweis für die Rinder-Sonderprämie (2. Altersklasse) zu stellen sind.
Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung einer höheren Rinder-Sonderprämie für das Jahr 1995.

Er bewirtschaftet in der Gemeinde D., Landkreis E. F., einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Rinderhaltung. Er reichte am 11. Januar 1995 die Beteiligungserklärung im Rahmen der Gewährung einer Sonderprämie für männliche Rinder für das Jahr 1995 sowie eine Kopie seines Bestandsverzeichnisses (Blatt 1 bis 10) bei der Landwirtschaftskammer Hannover - Kreisstelle G. - ein. Hierin erklärte er, er beabsichtige in 1995 für 90 männliche Rinder Sonderprämie zu beantragen. Weiter gab er u.a. die verbindliche Erklärung ab, dass alle männlichen Rinder seines Bestandes mit Geburtsdatum, Zugangsdatum, Abgangsdatum, Vorbesitzer, Abnehmer und ihrer Ohrmarkennummer in einem Bestandsverzeichnis aufgelistet seien.

Am 5. April 1995, 29. Juni 1995, 31. August 1995, 12. Oktober 1995, 9. November 1995, 21. November 1995 und 28. Dezember 1995 stellte er Anträge auf Gewährung einer Sonderprämie für männliche Rinder. Das Amt für Agrarstruktur H. bewilligte daraufhin mit Bescheid vom 15. Dezember 1995 eine Vorschusszahlung auf die Sonderprämie für Rindfleischerzeuger 1995 in Höhe von 9.153,- DM. Mit Bescheid vom 8. Juli 1996 über die Abschlusszahlung der Sonderprämie für Rindfleischerzeuger bewilligte das Amt für Agrarstruktur H. dem Kläger eine Sonderprämie einschließlich Ergänzungsbetrag (Abschlusszahlung) in Höhe von 14.954,51 DM, wobei es für 26 Tiere wegen Überschreitens der Altersgrenze, fehlender Altersnachweise für Tiere der zweiten Altersklasse oder als Folge der Sanktion eines anderen Tieres eine Sonderprämie ablehnte bzw. kürzte.

Der Kläger erhob am 19. Juli 1996 Widerspruch, soweit das Amt für 19 männliche Rinder eine Sonderprämie (einschließlich Ergänzungsbeträge) abgelehnt und infolgedessen die Sonderprämie für andere männliche Rinder gekürzt hatte. Die Versagung der Prämie wegen des Fehlens des Altersnachweises sei rechtswidrig. Anhand der beigebrachten Belege und Unterlagen, insbesondere durch das Stallbuch, habe er das Alter der Tiere nachgewiesen. Die Form des Altersnachweises sei rechtlich nicht näher vorgeschrieben.

Soweit das Amt mit dem angegriffenen Bescheid für drei männliche Rinder, die älter als 22 Monate waren, eine Sonderprämie für die erste Altersgruppe abgelehnt hatte, nahm der Kläger seinen Widerspruch mit Schriftsatz vom 15. Januar 2002 zurück.

Die Bezirksregierung Lüneburg wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 31. Oktober 2003 zurück. Nach Artikel 4b Absatz 1 und 2 der Verordnung (EWG) Nr. 805/68 könnten Erzeuger, die in ihrem Betrieb männliche Rinder hielten, auf Antrag eine Sonderprämie erhalten. Die Prämie für die zweite Altersklasse könne aber nur gewährt werden, wenn das Tier bei der Schlachtung im Inland, der Ausfuhr in ein Drittland oder der Versendung in einen Mitgliedstaat mindestens 23 Monate alt gewesen sei. Nach § 11 MOG habe der Antragsteller nachzuweisen, dass alle Prämienvoraussetzungen erfüllt seien. Daher habe er den Altersnachweis zu erbringen. Die Behörde müsse in die Lage versetzt werden, über einzureichende Belege die Angaben zum Alter überprüfen zu können. Die Belege hierzu müssten eindeutig sein, um auszuschließen, dass Zuwendungen zu Unrecht gewährt werden. Aus diesem Grunde müssten für die Gewährung der Prämie der zweiten Altersklasse, in dem Fall, dass die Tiere zugekauft worden seien, über das Bestandsverzeichnis hinaus weitere Altersnachweise vorgelegt werden. Das Niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten habe festgelegt, welche Unterlagen als Altersnachweis anerkannt werden könnten. Für zugekaufte Tiere könne der Originalzukaufsbeleg vom Kälbererzeuger oder Viehhändler mit Zukaufsdatum und Ohrmarkennummer insoweit als Altersnachweis anerkannt werden, als das Zukaufsdatum dann als Geburtsdatum gelte. Solle nicht erst das Zukaufsdatum als Geburtsdatum anerkannt werden, müsse zusätzlich eine zeitnah zur Rechnung vom Kälbererzeuger erstellte Bescheinigung mit Geburtsdaten und Ohrmarkennummern vorgelegt werden. Nur wenn das Rind direkt vom Kälbererzeuger zugekauft worden sei, könne der Kälbererzeuger das Geburtsdatum in der Rechnung bescheinigen. Die vom Kläger beigebrachten Unterlagen könnten als Altersnachweise für die sechzehn genannten Tiere nicht anerkannt werden. Dies gelte insbesondere für das Bestandsverzeichnis und das Stallbuch des Klägers, weil dort lediglich die von einem Dritten stammenden Geburtsdaten eingetragen seien. Eine Anerkennung des Bestandsverzeichnisses als Altersnachweis sei nur möglich, wenn es sich um Tiere aus eigener Nachzucht handele und das Bestandsverzeichnis bereits in den Vorjahren der Landwirtschaftskammer vorgelegen habe. Im vorliegenden Fall handele es sich jedoch ausschließlich um zugekaufte Tiere und das Bestandsverzeichnis sei erstmals mit der Beteiligungserklärung 1995 vorgelegt worden. Auf Grund des fehlenden Altersnachweises sei die Sonderprämie für die genannten Tiere nach Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 zu versagen und in Bezug auf die anderen prämienfähigen Tiere zu kürzen. Hinsichtlich der Einzelheiten zum fehlenden Altersnachweis sowie zu den Kürzungen der Sonderprämie wird auf den Widerspruchsbescheid verwiesen.

Der Kläger hat am 1. Dezember 2003 Klage erhoben. Er ist den Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid unter Wiederholung seines wesentlichen Vorbringens aus dem Widerspruchsverfahren entgegengetreten: Er habe die betreffenden Tiere im Kalenderjahr 1993 ordnungsgemäß gekennzeichnet und ein Bestandsverzeichnis kontinuierlich geführt. Bei der Antragsprüfung könne als Geburtsdatum eines Tieres nicht auf das Datum des Zukaufs abgestellt werden. Tatsächlich seien Kälber am Tag der Lieferung mindestens 10 Tage alt gewesen. Im Übrigen habe er seit 1985 kontinuierlich ein Stallbuch geführt. Es enthalte alle Details wie Ohrmarkenummern, Liefer- und Geburtsdaten sowie die Kaufpreise der Tiere. In Verbindung mit dem Bestandsverzeichnis und den Einkaufsbelegen sei das Stallbuch ein geeignetes Beweismittel, um das Alter der Tiere zu bestimmen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, ihm über den bewilligten Umfang hinaus weitere Sonderprämien für männliche Rinder - 2. Altersklasse - zuzüglich Extensivierungsprämie in Höhe von 3.243,42 EUR zu bewilligen, und den Bescheid des Amtes für Agrarstruktur H. vom 8. Juli 1996 und den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Lüneburg vom 31. Oktober 2003, soweit diese dem Begehren entgegenstehen, aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat zur Begründung auf die Ausführungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid verwiesen.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben und die Beklagte verpflichtet, dem Kläger Sonderprämie für männliche Rinder für das Jahr 1995 - 2. Altersklasse - zuzüglich Extensivierungsprämie über den bewilligten Umfang hinaus in Höhe von weiteren 3.243,42 EUR zu bewilligen, und die angefochtenen Bescheide aufgehoben, soweit sie dem entgegenstehen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Ein Antragsteller habe die näher dargelegten Prämienvoraussetzungen für die Gewährung der Sonderprämie für männliche Rinder nach § 11 MOG nachzuweisen. Wie der Nachweis im Einzelnen zu führen sei, regelten das nationale Recht und das Gemeinschaftsrecht nicht ausdrücklich. Die Behörde habe deshalb nach den §§ 24, 26 VwVfG unter Berücksichtigung aller für den Einzelfall bedeutsamen Umstände zu entscheiden. Der Kläger habe einen ausreichenden Nachweis für das erforderliche Mindestalter von 23 Monaten für die Antragstiere der 2. Altersklasse für das Antragsjahr 1995 erbracht. Insbesondere komme hierbei auch dem zur Gerichtsakte gereichten Stallbuch ein Beweiswert zu. Nach dem im Widerspruchsbescheid genannten Erlass des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten könne bei zugekauften Tieren der Originalzukaufsbeleg vom Kälbererzeuger oder Viehhändler mit Zukaufsdatum und Angaben der Ohrmarkennummer als Altersnachweis anerkannt werden. Als Geburtsdatum gelte dabei das Zukaufsdatum. Solle nicht erst das Zukaufsdatum als Geburtsdatum anerkannt werden, müsse eine zeitnah zur Rechnung vom Kälbererzeuger erstellte Bescheinigung mit Geburtsdaten und Ohrmarkennummern dem Verkaufsbeleg beiliegen. Erfolge der Zukauf direkt vom Kälbererzeuger, so könne der Erzeuger das Geburtsdatum in der Rechnung bescheinigen. Auch könne ein Bestandsverzeichnis als Altersnachweis anerkannt werden, wenn es lückenlos und kontinuierlich geführt worden sei und dieses etwa durch eine bei einer Dienststelle vorliegende Kopie aus früheren Antragsverfahren nachweisbar sei. Ein ausreichender Nachweis für das erforderliche Mindestalter von 23 Monaten für die Antragstiere der 2. Altersklasse könne bei Zweifelsfällen auch durch ein fortlaufend geführtes Stallbuch erbracht werden. Voraussetzung für die Berücksichtigung eines Stallbuches sei aber, dass die Aufzeichnungen nicht nachträglich angefertigt worden seien und es sich dabei nicht um eine später zusammenhängend geschriebene Aufstellung handele, die einen unmittelbaren zeitlichen Bezug zur Geburt der Antragstiere - bzw. zu ihrem Zugang kurz nach der Geburt - nicht mehr habe. Der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung die Führung des Stallbuches für die fragliche Zeit plausibel erläutert. Er habe seine Buchungsweise im Zusammenhang mit den Zu- und Abgängen dargelegt und näher erklärt, weshalb bei den Eintragungen nicht immer streng auf die chronologische Reihenfolge geachtet worden sei. Die Kammer sei zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger das Stallbuch über Jahre hinweg gewissenhaft und zuverlässig auf dem laufenden Stand gehalten habe, so dass die darin enthaltenen Angaben als Beleg verwertet werden könnten. Die Überprüfung der für die streitig gebliebenen Prämien maßgeblichen Eintragungen des Stallbuches und ihr Vergleich mit dem in der mündlichen Verhandlung gleichfalls vorgelegten Original des Bestandsverzeichnisses habe ergeben, dass die Antragsangaben des Klägers als hinreichend nachgewiesen anzusehen seien. Die noch im Widerspruchsverfahren bestehenden Zweifel habe der Kläger anhand des Stallbuches und mit ergänzenden Erläuterungen einzelner in den Akten enthaltener Belege ausräumen können.

Hiergegen führt die Beklagte die vom Senat zugelassene Berufung. Sie vertieft ihr bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor: Der Kläger habe den notwendigen Nachweis über das für die Prämiengewährung erforderliche Mindestalter von 23 Monaten nicht durch das Stallbuch geführt. Dieses Stallbuch stelle weder ein fortlaufend geführtes Register dar, sei nicht streng chronologisch geführt worden und enthalte nicht alle erforderlichen Angaben vergleichbar den Pflichtangaben in einem Bestandsverzeichnis. Im Hinblick auf das Vorbringen der Beklagten zum fehlenden Altersnachweis hinsichtlich der einzelnen Tiere verweist der Senat auf die mit Schriftsatz vom 24. September 2007 eingereichte Berufungsbegründung.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er trägt ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen vor: Er führe seit 1985 ein Stallbuch, in das er Ohrmarken-Nummer, Gewicht, Herkunft und Geburt des Tieres eingetragen habe. Er sei dabei nicht streng chronologisch vorgegangen, sondern er habe entweder "stoßweise" auf Basis gesammelter Belege oder "ad hoc" bei Zugang des betreffenden Tieres die Eintragungen in das Stallbuch vorgenommen. Bei der Übertragung der Daten habe er nicht streng auf die Reihenfolge des Zugangs der Tiere geachtet. Die Belegdaten habe er so wie sie gekommen seien, in das Stallbuch übernommen. Gerade diese Art der Führung des Stallbuches belege die Authentizität und die besondere Beweisqualität seines Stallbuches. Wäre es "fein säuberlich" erstellt worden, dürfte eher die Vermutung einer nachträglichen Erstellung angebracht sein. Auch aus der Art der Führung des Bestandsverzeichnisses dürften nachteilige Schlüsse nicht gezogen werden. Die diesbezüglichen Anforderungen im Jahr 1995 seien im Vergleich zu den späteren Jahren noch gering gewesen. Im Antragsjahr 1995 hätten nach dem Gemeinschaftsrecht besondere Vorgaben über das Führen eines Bestandsverzeichnisses nicht bestanden, deren Nichtbeachtung prämienrelevant gewesen wäre. Deshalb könne nicht der Auffassung der Beklagten gefolgt werden, dem Bestandsverzeichnis fehle wegen seiner nicht ordnungsgemäßen Führung die Beweistauglichkeit. Hinsichtlich der Anforderungen an den Altersnachweis hätte die Behörde durch die Verwaltungspraxis in den Jahren 1992 bis 1994 einen Vertrauenstatbestand geschaffen. In dieser Situation höhere Anforderungen an den Nachweis zu stellen, sei als widersprüchliches Verhalten zu werten. Deshalb seien die Anforderungen an die Nachweisprüfung auf die Praxis der Vorjahre zu beschränken. Zumindest sei auf die Plausibilität der Angaben abzustellen. Zeitnahe Erklärungen, Originalbelege etc. seien nicht zu fordern. Im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers zum Altersnachweis der im Einzelnen aufgeführten Tiere verweist der Senat auf die Berufungserwiderung des Klägers.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Vorbringen der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen; er ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.

Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte zu Unrecht verpflichtet, dem Kläger über die mit den angefochtenen Bescheiden bewilligte Sonderprämie für männliche Rinder (einschließlich Ergänzungsbeträge) für das Jahr 1995 hinaus Sonderprämie in Höhe von 3.243,42 EUR zu bewilligen. Der Kläger hat einen weitergehenden Anspruch auf Sonderprämie für männliche Rinder (einschließlich Ergänzungsbeträge) für das Jahr 1995 nicht; insoweit ist die ablehnende Entscheidung des Amtes für Agrarstruktur H. rechtmäßig (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Nach Art. 4b der Verordnung (EWG) Nr. 805/68 des Rates vom 27. Juni 1968 über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch (ABl. Nr. L 148 S. 24) in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 2066/92 des Rats vom 30. Juni 1992 (ABl. Nr. L 215 S. 49) können Erzeuger, die in ihrem Betrieb männliche Rinder halten, auf Antrag eine Sonderprämie für höchstens 90 Tiere der in Absatz 2 genannten Altersklassen erhalten. Die Sonderprämie wird höchstens zweimal im Leben jedes männlichen Rindes gezahlt, und zwar zum ersten Mal nach Erreichen eines Alters von 10 Monaten und zum zweiten Mal nach Erreichen eines Alters von 22 Monaten (Art. 4b Abs. 2 Verordnung (EWG) Nr. 805/68). Mit der Verordnung (EWG) Nr. 3886/92 der Kommission vom 23. Dezember 1992 (ABl. Nr. L 391 S. 20) sind Durchführungsvorschriften für die Prämienregelung gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 805/68 erlassen worden, deren Regelungen unbeschadet der Vorschriften für das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 des Rates vom 27. November 1992 zur Einführung eines integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen (ABl. Nr. L 355 S. 1) und der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 der Kommission vom 23. Dezember 1992 mit Durchführungsbestimmungen zum integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen (ABl. Nr. L 391 S. 36) gelten. Nach Art. 8 Verordnung (EWG) Nr. 3886/92 in Verbindung mit § 12 Rinder- und Schafprämien-Verordnung vom 5. Februar 1993 (BGBl. I S. 200) - RSVO - in der dem vorliegenden Rechtsstreit zugrunde zu legenden 4. Verordnung zur Änderung der Rinder- und Schafprämien-Verordnung vom 17. Dezember 1994 (BGBl. I S. 3846) wird die Sonderprämie für männliche Rinder als Schlachtprämie für die erste Altersklasse und für die erste und zweite Altersklasse zusammen gewährt.

Nach Art. 5 Abs. 1 Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 muss der Beihilfeantrag "Tiere" unbeschadet der in den Verordnungen für die einzelnen Sektoren enthaltenen Vorschriften alle erforderlichen Informationen enthalten, insbesondere die in dieser Vorschrift ausdrücklich genannten Informationen, etwa die Identifizierungsnummer des Betriebsinhabers sowie die Zahl und Art der Tiere, für die eine Beihilfe beantragt wird. Nach Art. 2 Abs. 1 Verordnung (EWG) Nr. 3886/92 enthält jeder Beihilfeantrag für Tiere neben den Angaben, die im Rahmen des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems vorgesehen sind, zum einen eine Aufschlüsselung der Tiere nach Altersklassen und zum anderen die Verweise auf die amtlichen Begleitdokumente der Tiere, die Gegenstand des Antrags sind. Nach Art. 14 Verordnung (EWG) Nr. 3886/92 muss unbeschadet der im Rahmen des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems vorgesehenen Bestimmungen jedes im Betrieb gehaltene männliche Rind mit seiner Identifizierungsnummer spätestens am dritten Tag nach seinem Eintreffen im Betrieb in das besondere Register des Erzeugers eingetragen werden. Art. 3 Abs. 1 Verordnung (EWG) Nr. 3886/92 ermächtigt die Mitgliedsstaaten, die notwendigen Vorschriften zu erlassen, um sicherzustellen, dass für jedes Tier spätestens von der ersten Prämienbeantragung an ein amtliches Dokument ausgestellt wird. Mit diesem Dokument muss sichergestellt werden, dass je Tier und je Altersklasse nur eine Prämie gewährt wird. Nach Art. 3 Abs. 2 Verordnung (EWG) Nr. 3886/92 in Verbindung mit § 5 RSVO hat der Erzeuger ein Bestandsverzeichnis in der Form einer Globalliste zu führen, in der alle für das amtliche Dokument vorgesehenen Angaben enthalten sind. Dem nach diesen Bestimmungen zu führenden Bestandsverzeichnis kommt mithin für die Gewährung der Sonderprämie und die Überprüfung der Antragsvoraussetzungen sowohl nach dem Gemeinschaftsrecht als auch dem nationalen Recht eine zentrale Bedeutung zu (vgl. Senatsurteile vom 23. Juni 2004 - 10 LB 165/01 -, juris und vom 28. April 2004 - 10 LB 3968/01 -).

Nach Art. 59 Verordnung (EWG) Nr. 3886/92 haben die Mitgliedsstaaten bis zur Anwendung des alphanumerischen Systems für die Identifizierung und geeignete Erfassung der Tiere Sorge zu tragen, für die ein Antrag auf die Sonderprämie gestellt wird. Gegebenenfalls haben sie sich dabei an die Bestimmungen des Art. 7 der Verordnung (EWG) Nr. 714/89 der Kommission vom 20. März 1989 zur Durchführung der Sonderprämienregelung für Rindfleischerzeuger (ABl. Nr. L 78 S. 38) bzw. des Art. 1 Abs. 5 der Verordnung (EWG) Nr. 1244/82 der Kommission vom 19. Mai 1992 zur Durchführung der Prämienregelung für die Erhaltung des Mutterkuhbestandes (ABl. Nr. L 143 S. 20) anzulehnen. Nach Art. 59 Buchst. b Verordnung (EWG) Nr. 3886/92 können die zuständigen Behörden das vom Erzeuger angegebene Alter zugrunde legen, wenn sich das Alter des Tieres anhand von Papieren nicht feststellen lässt. Sie sind jedoch verpflichtet, im Zweifelsfall auch auf andere Informationsquellen zurückzugreifen, insbesondere wenn Anträge auf die Sonderprämie für die zweite Altersklasse nicht kastrierter Rinder gestellt werden.

Nach § 4 RSVO hat der Erzeuger, wenn er die Sonderprämie beantragen will, alle männlichen Tiere, die älter als 30 Tage sind, nach § 19a Abs. 1 bis 3 und 5 der Viehverkehrsverordnung zu kennzeichnen und gemäß § 5 Abs. 1 RSVO ein nach Prämienarten getrenntes Bestandsverzeichnis für die von ihm gehaltenen Tiere zu führen. Das Bestandsverzeichnis muss für jedes Tier mindestens Angaben über die Kennzeichnung nach § 4, beim Ersatz von Ohrmarken die neue Kennzeichnung nach § 4 sowie die Zuordnung der neuen zur verloren gegangenen oder unleserlich gewordenen Kennzeichnung, bei Veränderungen des Bestands die Kennzeichnung der betroffenen Tiere nach § 4 unter Angabe des jeweiligen Datums und der Person, von der die betroffenen Tiere übernommen oder an die sie abgegeben worden sind, und bei männlichen Rindern deren Geburtsdatum und die Angabe, ob sie kastriert sind, enthalten. Das Bestandsverzeichnis ist für das Kalenderjahr zu führen, für das die in § 1 Nr. 1 bis 3 genannten Prämien beantragt werden sollen (§ 5 Abs. 4 RSVO).

Aus diesen gemeinschaftsrechtlichen und nationalen Vorschriften ergibt sich für Erzeuger, die eine Sonderprämie beantragen wollen, mit hinreichender Deutlichkeit, dass alle über 30 Tage alten männlichen Tiere des Bestandes zu ihrer Identifizierung mit Ohrmarken zu kennzeichnen sind, alle gekennzeichneten männlichen Tiere mit ihrer erstmaligen Kennzeichnung (Ohrmarke) bzw. bei einem Verlust der Ohrmarke mit der neuen Ohrmarke und deren Zuordnung, Veränderungen des Bestands mit dem Datum sowie dem Empfänger oder Lieferanten des Tieres und das Geburtsdatum der männlichen Tiere sowie die Angabe, ob sie kastriert worden sind, in das Bestandsverzeichnis einzutragen sind. Auf diese für ihre Beteiligung am Verfahren auf Gewährung einer Sonderprämie zur Identifizierung und Registrierung zu erfüllenden Voraussetzungen sind die Antragsteller für das hier streitige Jahr in Niedersachsen mit dem Merkblatt für die Gewährung der Sonderprämie für männliche Rinder und der Saisonentzerrungsprämie für Ochsen im Jahre 1995 (Stand: 30. November 1994) hingewiesen worden. Ferner ergibt sich aus dem für die Antragstellung auszufüllenden Formular "Bestandsverzeichnis männliche Rinder: Bullen und Ochsen" welche antragserheblichen und gegebenenfalls vom Antragsteller nach § 11 MOG nachzuweisenden Angaben zu machen sind.

Anspruchsvoraussetzung für die Bewilligung der Sonderprämie ist danach, dass alle im Betrieb gehaltenen männlichen Tiere mit einer fortlaufenden Nummer, ihrer Ohrmarke nach der Viehverkehrsverordnung, dem Tag des Zuganges (Geburt oder Zukauf), ihrer Herkunft (Name und Adresse des Erzeugers), Datum der Geburt bei Zukauf, Art der Nutzung (Bulle oder Ochse), Tag des Abganges (Name und Adresse des Käufers des Tieres) sowie sonstigen Bemerkungen in das Bestandsverzeichnis aufgenommen worden sind.

Neben diesen zur Identifizierung und Registrierung der männlichen Rinder für die Beantragung und Gewährung der Sonderprämie formalen Voraussetzungen bestimmt u.a. Art. 15 Buchst. c Verordnung (EWG) Nr. 3886/92 in materieller Hinsicht, dass der Haltungszeitraum für Tiere, für die ein Antrag für die erste Altersklasse gestellt wird, zwei Monate vor der Schlachtung oder der ersten Vermarktung der Tiere und für Tiere, für die ein Antrag für beide Altersklassen gestellt wird, vier Monate ab dem ersten Tag des 20. Lebensmonats der Tiere beträgt. Daraus folgt, dass ein Anspruch auf die Gewährung einer Sonderprämie für Tiere der ersten und zweiten Altersklasse zusammen nur besteht, wenn sie im Zeitpunkt der Vermarktung - hier Schlachtung - mindestens 23 Monate alt gewesen sind. Diese Prämienvoraussetzungen hat der Antragsteller nach § 11 des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen (MOG) nachzuweisen. Wie der Nachweis im Einzelnen zu führen ist, regeln das nationale Recht und das Gemeinschaftsrecht zwar nicht ausdrücklich. Nach Art. 59 Buchst. b Verordnung (EWG) Nr. 3886/92 können jedoch die zuständigen Behörden das vom Erzeuger angegebene Alter zugrunde legen, wenn sich das Alter des Tieres anhand von Papieren nicht feststellen lässt. Im Zweifelsfall haben die zuständigen Behörden auch auf andere Informationsquellen zurückzugreifen, insbesondere wenn Anträge auf die Sonderprämie für die zweite Altersklasse nicht kastrierter Rinder gestellt werden.

Danach wird entsprechend diesen gemeinschaftsrechtlichen Regelungen der Altersnachweis regelmäßig durch die Altersangabe in einem ordnungsgemäßen, den gemeinschaftsrechtlichen und den nationalen Vorschriften entsprechenden Bestandsverzeichnis geführt, wenn sich das Alter des Tieres anhand von Papieren (z.B. Zuchtbucht) nicht feststellen lässt. Nur in einem Zweifelsfall, der von der zuständigen Behörde zu benennen und zu belegen ist und der sich begründen lässt, nicht durch im Erlasswege generell angeordnete verschärfte Kontrollen, sind die zuständigen Behörden verpflichtet, auf andere Informationsquellen zurückzugreifen. Als solche kommen z.B. im Falle des Zukaufs entsprechende Erklärungen der Kälbererzeuger in Betracht, die wegen des späteren Verlangens der zuständigen Behörde regelmäßig nicht zeitnah zur Geburt der Tiere ausgestellt sein können (vgl. auch Senatsurteil vom 28. April 2004, a.a.O.).

Den Nachweis, dass die 16 männlichen Rinder, für die das Amt eine Sonderprämie abgelehnt hat, das Mindestalter von 23 Monaten im Zeitpunkt der Schlachtung oder Vermarktung erreicht hatten, hat der Kläger durch das von ihm geführte Bestandsverzeichnis nicht erbracht. Der Kläger hat mit der Beteiligungserklärung und dem Antrag ein Bestandsverzeichnis vorgelegt, das den Anforderungen des § 5 RSVO nicht genügt. Ein Bestandsverzeichnis für alle im Betrieb gehaltenen männlichen Rinder entspricht, wie dargelegt, nur dann den Anforderungen, wie sich insbesondere aus dem auszufüllenden Vordruck selbst ergibt, wenn darin alle männlichen Tiere unter einer fortlaufenden Nummer entsprechend ihrem Zugang in den Betrieb (Geburt oder Zukauf), mit ihrer Ohrmarke, dem Tag der Geburt oder des Zukaufs, ihrer Herkunft, dem Geburtsdatum bei einem Zukauf, Name und Adresse des Kälbererzeugers, der Nutzung (Bulle oder Ochse), dem Tag des Abganges, dem Namen und der Adresse des Käufers sowie sonstigen Bemerkungen z.B., dass ein Tier wegen des Verlustes oder der Unkenntlichkeit der Ohrmarke mit einer neuen Ohrmarke gekennzeichnet worden ist, aufgeführt worden sind. Dabei müssen die Eintragungen in zeitlicher Hinsicht unmittelbar nach dem Zugang des Tieres in den Betrieb (Geburt oder Zukauf) in das Betriebsverzeichnis vorgenommen oder übernommen worden sein. Nach Art. 14 Verordnung (EWG) Nr. 3886/92 muss unbeschadet der im Rahmen des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems vorgesehenen Bestimmungen jedes im Betrieb gehaltene männliche Rind spätestens am dritten Tag nach dem Eintreffen im Betrieb in das besondere Register des Erzeugers eingetragen werden.

Diesen Anforderungen entspricht das vom Kläger vorgelegte Bestandsverzeichnis nicht. Der Kläger hat die o.a. notwendigen Angaben nicht vollständig in das Bestandsverzeichnis eingetragen. Er hat die männlichen Rinder auch nicht unter einer fortlaufenden Nummer in chronologischer Reihenfolge, also entsprechend ihrem Zugang in den Betrieb in das Bestandsverzeichnis aufgenommen. Vielmehr ist der Zugang der aufgelisteten Rinder mit fortschreitender lfd. Nummer in zeitlicher Hinsicht absteigend (vgl. Blatt 1 bis 5 des Bestandsverzeichnisses), wobei der Kläger auch diese - fehlerhafte - Reihenfolge nicht durchgängig eingehalten hat. Ab Blatt 5 (Rückseite) des Bestandsverzeichnisses hat der Kläger die Rinder nicht mehr unter einer lfd. Nummer eingetragen. Hierbei hat er wiederholt Eintragungen nicht entsprechend dem Zugang zeitlich geordnet vorgenommen. Weiter fehlen wiederholt vollständige Geburts- und Zugangsdaten, Angaben zur Herkunft und des Datums des Zukaufs. Die Unregelmäßigkeiten in der Führung des Bestandsverzeichnisses beschränken sich nicht auf die Jahre 1993 bis 1994, sondern betreffen auch die Eintragungen von Rindern, die im Jahr 1995 zugegangen sind. So hat der Kläger die Rinder mit Zugang am 10. und 17. Januar 1995 als lfd. Nr. 35 bis 39 in das Bestandsverzeichnis für 1994 eingetragen. Erst die am 24. Januar 1995 zugegangenen Rinder sind im Bestandsverzeichnisblatt für 1995 beginnend mit der lfd. Nummer 1 vermerkt worden. Auch hat der Kläger die Tiere (lfd. Nr. 20 und 21) nicht stets in der Reihenfolge des Zugangs eingetragen.

Diese Mängel bei der Führung des Bestandsverzeichnisses kann der Kläger nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 23. Juni 2004 - 10 LB 33/03 -, Urteilsabdruck S. 17, und Urteil vom 23. Juni 2004 - 10 LB 165/01 -, juris - Urteilsabdruck S. 13,) nicht mit anderen Nachweisen über die Haltung und das Alter der Tiere im Zeitpunkt der Schlachtung oder Vermarktung kompensieren, denn ein ordnungsgemäß geführtes Bestandsverzeichnis ist - wie Art. 14 VO (EWG) Nr. 3886/92 und § 5 RSVO zu entnehmen ist - materielle Voraussetzung für die Gewährung der Rindersonderprämie. Die vom Kläger beigebrachten Unterlagen mögen zur Führung des Altersnachweises im Einzelfall geeignet sein, wenn ein Bestandsverzeichnis zwar alle erforderlichen Eintragungen aufweist und chronologisch geführt worden ist, gleichwohl an dessen Inhalt und zeitnaher Erstellung Zweifel bestehen. In einem solchen Fall mögen derartige Unterlagen als andere Informationsquellen im Sinne von Art. 59 Buchst. b der VO (EWG) Nr. 3886/92 angesehen werden können, die Zweifel an dem vom Erzeuger angegebenen Alter beseitigen können. Insoweit ist es ohne Belang, dass die Bewilligungspraxis der Agrarverwaltung für die Jahre 1993 und 1994 mit Blick auf den Nachweis des Mindestalters der Rinder weniger streng gewesen ist. Eine unzulässige, rückwirkende Verschärfung der formellen und materiellen Anspruchsvoraussetzungen ist damit nicht verbunden. Nach den nationalen und gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften über die Gewährung einer Sonderprämie für männliche Rinder waren Antragsteller, die die Sonderprämie für die von ihnen vermarkteten männlichen Rinder zusätzlich zum Kaufpreis als öffentliche Leistung erhalten wollten, zu einer lückenlosen Führung eines Bestandsverzeichnisses mit den genannten Angaben verpflichtet. Vom Kläger werden mithin nicht nachträglich Angaben verlangt, zu deren Angabe er nicht schon vorher verpflichtet war (vgl. Senatsurteil vom 23. Juni 2004 - 10 LB 165/01 -, juris und Beschluss des 3. Senats des Gerichts vom 16. Dezember 1998 - 3 L 5301/98 -, n.v.). Folge dieser Unregelmäßigkeit im Zusammenhang mit dem Führen eines Bestandsverzeichnisses ist die Versagung der Sonderprämie (Senatsurteil vom 23. Juni 2004 - 10 LB 33/03 -).

Der Einwand des Klägers, die ordnungsgemäße Führung eines Bestandsverzeichnisses sei als solche nicht materielle Voraussetzung für die Gewährung der Rinder-Sonderprämie, greift nicht durch. Er macht im Hinblick hierauf geltend, den Regelungen in Art. 10d Unterabsatz 2 Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2801/1999 der Kommission vom 21. Dezember 1999 (ABl. Nr. L 340 S. 29) und später in Art. 36 Abs. 4 Buchst. b Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 müsse entnommen werden, dass die ordnungsgemäße Führung eines Bestandsverzeichnisses nicht materielle Prämienvoraussetzung sei. In diesen Bestimmungen seien besondere Rechtsfolgen im Falle von Unregelmäßigkeiten in Bezug auf die ordnungsgemäße Führung eines Bestandsverzeichnisses normiert. Wäre die ordnungsgemäße Führung eines Bestandsverzeichnisses materielle Voraussetzung für die Gewährung der Rinder-Sonderprämie, hätte es dieser - insoweit abweichenden - Bestimmungen nicht bedurft.

Ob die ordnungsgemäße Führung eines Bestandsverzeichnisses als materielle Voraussetzungen für die Prämiengewährung anzusehen ist, kann der Senat letztlich offen lassen. Selbst wenn man der Auffassung des Klägers folgen wollte, ist das von ihm vorgelegte Stallbuch nicht geeignet, das Mindestalter der Rinder der 2. Altersklasse von 23 Monaten zum Zeitpunkt der Schlachtung oder Vermarktung der Tiere nachzuweisen.

Angesichts dessen, dass Beihilfen des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft nur dann gewährt werden dürfen, wenn die Voraussetzungen für die Beihilfegewährung nach dem Gemeinschaftsrecht vorliegen, unrechtmäßige Zahlungen zu vermeiden sind und die Agrarverwaltung die Einhaltung der gemeinschaftsrechtlichen Voraussetzungen für die Beihilfengewährung wirksam zu prüfen hat (vgl. 7. Erwägungsgrund der Verordnung (EWG) Nr. 3887/02), müssen die verfügbaren Dokumente und Belege bestimmten Mindestanforderungen genügen, um als Nachweis für bestimmte Beihilfevoraussetzungen anerkannt zu werden.

Danach dürfen die Anforderungen, die an ein vom Betriebsinhaber geführtes Stallbuch zu stellen sind, damit diesem ein Beweiswert zukommt, nicht wesentlich unter denen eines Bestandsverzeichnisses liegen. Dabei ist nicht entscheidungserheblich, ob der um Beihilfen nachsuchende Antragsteller sich ordnungsgemäß verhalten hat, sondern ob anhand der Einhaltung gewisser Mindeststandards, die an die Dokumentation bestimmter Umstände - hier mit Hilfe eines Stallbuches - zu stellen sind, mit hinreichender Verlässlichkeit von der Richtigkeit der Eintragungen ausgegangen werden kann und insoweit Zweifel nicht bestehen.

Dementsprechend kommt einem Stallbuch nur dann Beweiswert zu, wenn es sämtliche Vorgänge vollständig, korrekt und zeitnah dokumentiert. Hingegen ist der Beweiswert eines Stallbuches zu verneinen, wenn berechtigte Zweifel an der Richtigkeit der Eintragungen bestehen oder etwa anzunehmen ist, dass die Aufzeichnungen nur mit Blick auf die Beantragung von Beihilfen nachträglich erstellt worden sind. Aus diesem Grund muss die hinreichende Gewähr bestehen, dass die Eintragungen nicht später ergänzt oder verändert werden können, ohne dass dies nachvollzogen werden kann. Im Hinblick auf den Beweiswert der in einem Stallbuch aufgezeichneten Daten ist weiter von Bedeutung, auf welcher Grundlage diese Daten beruhen, etwa auf Auskünften Dritter, eigenen Feststellungen oder Schätzungen. Beruhen etwa bestimmte Daten nur auf eigenen Schätzungen, so kommt diesen Informationen allenfalls ein geringer oder - wenn es auf die Genauigkeit der Daten ankommt - ein Beweiswert nicht zu.

Nach Maßgabe dessen kann nicht mit der erforderlichen Verlässlichkeit in Bezug auf den Nachweis des für die Prämiengewährung erforderlichen Mindestalters der Rinder im Zeitpunkt ihrer Vermarktung von der Richtigkeit der Aufzeichnungen des Klägers in seinem Stallbuch ausgegangen werden. Das Stallbuch des Klägers ist deshalb als Nachweis letztlich nicht geeignet.

Zunächst ist festzustellen, dass der Kläger die Daten häufig nicht in der Reihenfolge des Zugangs der Tiere in das Stallbuch eingetragen hat. Weiter hat er Angaben ergänzt oder nachgetragen, wobei nicht festgestellt werden kann, ob dies nicht erst im zeitlichen Zusammenhang mit der Beantragung der Sonderprämie oder früher erfolgt ist. Weiter hat er wiederholt Daten in das Stallbuch eingetragen, die offenkundig vom Kläger geschätzt worden sind - etwa Angaben wie "ca. 4 Wochen alt" oder "Alter ca. 4 - 6 Wochen" - oder die ungenau sind - etwa die Geburtsdaten lediglich mit Nennung von Monat und Jahr (u.a. die abgelehnten Tiere mit den Ohrmarken 35386359, 35399210, 35399209 und 35399208 - lfd. Nr. 23 bis 26 des Stallbuches). So hat der Kläger eingeräumt, dass er im Falle des Zukaufs von Kälbern allgemein von einem Alter von 10 Tagen ausgegangen ist und danach das von ihm angenommene Geburtsdatum in das Stallbuch eingetragen hat. Auch in Bezug auf ältere Rinder hat er angegeben, dass er das Alter der Tiere anhand ihres Gewichts im Zeitpunkt des Zugangs geschätzt hat. Weiter ist festzustellen, dass nicht bei sämtlichen aufgelisteten Rindern die Angaben vollständig sind; häufig sind bestimmte Angaben nur für einzelne Rinder angegeben oder fehlen bei anderen Rindern. Es finden sich auch Korrekturen, die nicht ohne weiteres auch in zeitlicher Hinsicht nachvollziehbar sind (vgl. lfd. Nr. 130 des Stallbuches als Teil einer Gruppe von Rindern, für die der Kläger einheitlich das Geburtsdatum 20.6. eingetragen hat, jedoch bei einem Tier um mehr als drei Wochen rückdatierte sowie Änderung der Ohrmarken-Nr. unter lfd. Nr. 22 des Stallbuches).

Zweifel an der hinreichenden Verlässlichkeit der Aufzeichnungen im Stallbuch ergeben sich ferner daraus, dass sich diese Eintragungen wiederholt nicht mit den Eintragungen des Klägers im Bestandsverzeichnis oder den Daten aus anderen Dokumenten in Einklang bringen lassen. So hat der Kläger im Stallbuch den 27. Januar 1993 als Zugang der Tiere mit den Ohrmarken 35581331, 35581333, 35581334 (lfd. Nr. 73, 76, 77 des Stallbuches) vermerkt. Nach der Rechnung der RWVG vom 31. Januar 1993 sind die Tiere jedoch bereits am 26. Januar 1993 ausgeliefert worden. In dem Stallbuch ist bezogen auf das Tier mit der Ohrmarke 35581344 (lfd. Nr. 90) das Datum "25.2.93" vermerkt worden. In dem Stallbuch des Klägers beziehen sich Angaben ohne den Zusatz "geb." oder außerhalb einer ggf. vorgesehenen Spalte "geboren" auf den Zugang des Tieres. Dieses Tier ist nach den Eintragungen des Bestandsverzeichnisses (lfd. Nr. 93) jedoch am 25. Februar 1993 geboren und erst am 5. März 1993 zugegangen. Im Hinblick auf das Tier mit der Ohrmarke 35398347 hat der Kläger in das Bestandsverzeichnis das Geburtsdatum "5.93" eingetragen, während er im Stallbuch unter lfd. Nr. 36 als Geburtsdatum den "28.5.93" angegeben hat. Zusammenfassend kann den Eintragungen des Klägers in seinem Stallbuch für den Nachweis des Mindestalters der Rinder zum Zeitpunkt ihrer Vermarktung ein Beweiswert nicht zuerkannt werden.

Da der Kläger in Bezug auf die Berechnung der Sonderprämie für die übrigen beantragten Rinder Einwände nicht erhoben hat, kann er bezogen auf die 16 Rinder, die nicht als festgestellt im Sinne des Art. 10 Abs. 2 Unterabsatz 1 Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 gelten, eine Sonderprämie nicht beanspruchen. Die Rechtmäßigkeit der in den angefochtenen Bescheiden festgesetzten Kürzungen des Anspruches auf Sonderprämie für die anderen beantragten Rinder nach Art. 10 Abs. 2 Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 unterliegt auf Grund der festgestellten Unregelmäßigkeiten keinen rechtlichen Bedenken.

Die vom Amt für Agrarstruktur herangezogene Sanktionsregelung des Art. 10 Abs. 2 VO (EWG) Nr. 3887/92 kommt hier auch zur Anwendung, weil die Sanktionsbestimmung in Art. 38 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 auf Grund des zugunsten des Klägers zu beachtenden Günstigkeitsprinzips nach Art. 2 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung (EG, EURATOM) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (ABl. Nr. L 312 S. 1) nicht zur Anwendung kommt. Nach Art. 38 Abs. 2 Unterabsatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 wäre der Kläger auf Grund der festgestellten Unregelmäßigkeiten von der Beihilfegewährung auszuschließen gewesen. Denn von den 81 beantragten Rindern gelten lediglich 62 Rinder als ermittelt im Sinne des Art. 2 Buchst. s Verordnung (EG) Nr. 2419/2001, da bei 19 Rindern Unregelmäßigkeiten (Art. 2 Buchst. h der Verordnung) festgestellt worden sind, so dass sich in Anwendung des Art. 38 Abs. 3 der Verordnung eine Abweichung von mehr als 30 % ergibt.

Ende der Entscheidung

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