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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 17.07.2007
Aktenzeichen: 11 LB 332/03
Rechtsgebiete: AufenthG, GG, Qualifikationsrichtlinie


Vorschriften:

AufenthG § 60 Abs. 1
AufenthG § 60 Abs. 2
AufenthG § 60 Abs. 3
AufenthG § 60 Abs. 4
AufenthG § 60 Abs. 5
AufenthG § 60 Abs. 6
AufenthG § 60 Abs. 7
GG Art. 16 a Abs. 1
Qualifikationsrichtlinie Art. 10 Abs. 1 b
Yeziden sind in der Türkei seit dem Jahr 2003 nicht mehr einer mittelbar staatlichen Gruppenverfolgung wegen ihrer Religionszugehörigkeit ausgesetzt.
NIEDERSÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT LÜNEBURG URTEIL

Aktenz.: 11 LB 332/03

Datum: 17.07.2007

Tatbestand:

Der am 1. Februar 1985 in Ückuyular Köyü (kurdisch: Fekira) im Kreis Besiri (Provinz Batman, ehemals Teil der Provinz Siirt) geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volks- und yezidischer Religionszugehörigkeit.

Der Kläger reiste am 27. Juli 2001 mit einem Visum auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland ein. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 16. August 2001 beantragte er die Anerkennung als Asylberechtigter und machte geltend, dass er wegen seiner yezidischen Religionszugehörigkeit in der Türkei verfolgt werde. Er wohne bei seinem hier lebenden Bruder B., der bereits 1993 eingereist und als Asylberechtigter anerkannt worden sei.

Bei der Anhörung vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Bundesamt) am 20. August 2001 machte er im Wesentlichen folgende Angaben: Er habe sechs Jahre lang die Grundschule besucht, davon drei in seinem Heimatdorf. Nach Schließung dieser Schule sei er zwei Jahre lang in Yenipinar (kurdisch: Keverzo) und ein Jahr lang in Oguz (kurdisch: Shimiz) zur Schule gegangen. Die Schulausbildung habe er etwa einen Monat vor der Ausreise beendet. Es seien jeden Tag Soldaten und Terroristen in ihr Dorf gekommen. Sie hätten nirgendwo hingehen können. Die Soldaten hätten nicht zugelassen, dass sie zur Schule gingen. Auch sei ihr Haus durchsucht worden. Die Dorfschützer hätten sie ebenfalls nicht in Ruhe gelassen. Deshalb habe er die Türkei verlassen müssen.

Seine Eltern lebten mit seiner 14-jährigen Schwester noch in ihrem Heimatdorf. Für ihn sei der Scheich Halil zuständig, der aber in Deutschland ansässig sei. Er habe ihn weder in der Türkei noch bisher in Deutschland gesehen. In religiöser Hinsicht sei er von seinem Vater betreut worden.

Der Kläger legte eine Bescheinigung des Peshimam Cengil (Burgdorf) vom 15. August 2001 vor, wonach er zur Glaubensgemeinschaft der Yeziden gehöre.

Mit Bescheid vom 19. Dezember 2001 lehnte das Bundesamt den Antrag des Klägers auf Anerkennung als Asylberechtigter ab, stellte zugleich fest, dass die Voraussetzungen der §§ 51 Abs. 1 und 53 AuslG nicht vorliegen, forderte ihn unter Fristsetzung zur Ausreise auf und drohte ihm die Abschiebung in die Türkei an. Zur Begründung führte es aus, dass der Kläger sich auf eine mittelbare Gruppenverfolgung der Yeziden in der Türkei nicht berufen könne, da er die Eigenschaft einer religiös geprägten Persönlichkeit nicht besitze. Auch eine individuelle Verfolgung sei seinem Vortrag nicht zu entnehmen.

Der Kläger hat am 8. Januar 2002 Klage erhoben und geltend gemacht: Nach ständiger Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts und anderer Oberverwaltungsgerichte seien glaubensgebundene Yeziden in ihren Hauptsiedlungsgebieten im Südosten der Türkei einer dem türkischen Staat zuzurechnenden Gruppenverfolgung durch die muslimische Bevölkerungsmehrheit ausgesetzt. Seine Familie gehöre zu den glaubensgebundenen Yeziden, was die Asylberechtigung seines Bruders belege. In der von ihm vorgelegten Bescheinigung der Union der Zarathustrischen Yeziden in Celle und Umgebung e.V. vom 13. Januar 2002 werde zudem bestätigt, dass er aus einem rein yezidischen Dorf stamme. Seinen Scheich Halil Erzo habe er zuletzt im Oktober 2001 in Uetze gesehen. Dieser sei mit seiner Familie vor über zehn Jahren nach Deutschland ausgewandert. Er - der Kläger - selbst lebe nach den Verhaltensregeln und Tabus der yezidischen Religion. Aufgrund seines jugendlichen Alters und seiner unterdurchschnittlichen Intelligenz könne von ihm nicht verlangt werden, dass er alle Fragen zu seiner Religion korrekt beantworte.

In seinem Heimatdorf lebten lediglich nur noch 15 Yeziden von einst über 200 yezidischen Einwohnern. Die leerstehenden Häuser seien teilweise von der türkischen Armee zerstört worden, um Unterschlupfmöglichkeiten für eventuelle Terroristen zu beseitigen. Es komme auch immer wieder zu Übergriffen aus der muslimischen Umgebung auf Bewohner seines Heimatdorfes. Sein Onkel G., der seinerzeit Dorfvorsteher von Fekira gewesen sei, sei am 25. Januar 1992 in Batman von Moslems auf offener Straße erschossen worden.

In der mündlichen Verhandlung vom 18. März 2003 hat der Kläger sein Vorbringen wie folgt ergänzt: Sein Scheich Erzo könne bestätigen, dass er ihn - den Kläger - im Alter von sieben Monaten getauft habe. Er bete den Engel Taus e Melek morgens und abends in Richtung Sonne an. Außerdem halte er die Fastenzeit im Dezember ein.

Sein Heimatdorf sei weitgehend zerstört. Türkische Soldaten hätten damals ihre Wohnung durchsucht und Fenster und Türen eingetreten bzw. eingeschlagen. Sie seien fast jeden Tag gekommen. In seinem Heimatdorf lebten noch vier yezidische Familien und die Familie des muslimischen Dorfhirten.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid des Bundesamtes vom 19. Dezember 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen,

hilfsweise festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 53 AuslG vorliegen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 18. März 2003 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Es habe nicht die Überzeugung gewinnen können, dass der Kläger sein Heimatland vor dem Hintergrund einer aktuellen oder mittelbar bevorstehenden politischen Verfolgung verlassen habe. Seine allgemein gehaltenen Angaben zu angeblichen Hausdurchsuchungen und Störungen durch die Dorfschützer ließen ein asylerhebliches individuelles Verfolgungsschicksal nicht erkennen. Dass ihm Soldaten den Schulbesuch verwehrt haben sollen, sei nicht glaubhaft. Er selbst habe erklärt, sechs Jahre lang in drei verschiedenen Dörfern die Schule besucht und einen Monat vor der Ausreise beendet zu haben. Ebenso wenig drohe ihm bei einer Rückkehr in die Türkei mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine mittelbare politische Verfolgung, auch wenn seine yezidische Religionszugehörigkeit unterstellt werde. Insbesondere müsse er nicht unter dem Gesichtspunkt der Gewährleistung des religiösen Existenzminimums damit rechnen, schutzlos Angriffen fundamentalistischer Muslime ausgesetzt zu werden. In der Rechtsprechung der Kammer sei inzwischen geklärt, dass Yeziden verstärkt in die Türkei zurückkehrten und es dort mehrere Orte gebe, in denen sie ohne religiösen Verfolgungsdruck leben und offensichtlich problemlos Schutz durch türkische Behörden erhalten könnten.

Auf den Antrag des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 15. Oktober 2003 die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG) zugelassen.

Der Kläger führt zur Begründung aus:

Auch nach jüngeren Erkenntnisquellen liege weiterhin eine mittelbare religiöse Gruppenverfolgung durch die muslimische Bevölkerungsmehrheit in den angestammten Siedlungsgebieten der Yeziden in der Südosttürkei vor. In seinem Heimatdorf lebten nur noch vier yezidische Familien mit 18 Personen. Davon seien die meisten Ende 50 bis über 70 Jahre alt, während die restlichen Jugendliche bzw. Kinder seien. Außerdem lebe dort die muslimische Familie des Dorfhirten. Demgegenüber habe das Auswärtige Amt in seiner Auskunft vom 3. Februar 2004 an das Verwaltungsgericht Braunschweig die Zahl der dort noch lebenden yezidischen Familien mit sechs angegeben. Dies zeige - wie auch in anderen Fällen -, dass dessen Angaben über die in der Türkei lebenden yezidischen Familien zu hoch gegriffen seien. Der muslimische Dorfhirte sei nur deshalb eingestellt worden, weil nicht genügend junge Yeziden, die diese Aufgabe wahrnehmen könnten, vorhanden seien.

Im Laufe des Berufungsverfahrens hat der Kläger sich u. a. zur Stellungnahme des Yezidischen Forums e.V. (Oldenburg) vom 4. Juli 2006 und zur Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 26. Januar 2007 an den Senat unter Benennung von mehreren Zeugen geäußert sowie den Bericht einer yezidischen Delegation über zwei Besuche im Dorf Magara (kurdisch: Kiwex/Kivag), Kreis Idil (Provinz Mardin), vorgelegt. Darauf wird Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 19. Dezember 2001 zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen,

hilfsweise

festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 bis Abs. 7 AufenthG vorliegen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung angehört. Außerdem hat er die vom Kläger benannten Zeugen I., J. und K. vernommen. Wegen des Ergebnisses wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Die in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel ergeben sich aus der Anlage zu dem gerichtlichen Schreiben vom 19. Juni 2007.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat seine Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht weder ein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16 a Abs. 1 GG noch auf Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG (früher: § 51 Abs. 1 AuslG) zu. Ebenso wenig bestehen Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 2 bis Abs. 7 AufenthG (früher: § 53 AuslG).

I. Der am 27. Juli 2001 im Alter von 16 Jahren aus der Türkei ausgereiste Kläger, der aus dem Yezidendorf Ückuyular Köyü (Kreis Besiri, Provinz Batman) stammt, hat nicht glaubhaft gemacht, dass er in seinem Heimatland einer individuellen Verfolgung ausgesetzt war oder ihm eine solche drohte. Wegen der Begründung verweist der Senat insoweit auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts (S. 4 f. UA), denen der Kläger im Berufungsverfahren nicht entgegengetreten ist. Vielmehr stützt er sein Begehren nur noch auf das Vorliegen einer mittelbar staatlichen Gruppenverfolgung von Yeziden in der Türkei wegen ihrer Religionszugehörigkeit. Auf der anderen Seite hat die Beklagte ihre Zweifel an der Glaubensgebundenheit des Klägers nicht mehr aufrecht erhalten. Ergänzend weist der Senat in diesem Zusammenhang darauf hin, dass an die Kenntnisse von einfachen Yeziden (sog. Muriden) - wie dem Kläger - über ihre Religion ohnehin nicht allzu hohe Anforderungen gestellt werden können (vgl. Senatsurteil v. 24.9.1998 - 11 L 6819/96 -).

II. Der Senat geht aber aufgrund der aktuellen Erkenntnislage in dem nach § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung davon aus, dass eine asylerhebliche Gruppenverfolgung der Yeziden in der Türkei seit etwa dem Jahr 2003 nicht mehr gegeben ist.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die rechtlichen Maßstäbe für die Annahme einer Gruppenverfolgung wie folgt zusammengefasst (vgl. Urt. v. 1.2.2007 - 1 C 24.06 -, NVwZ 2007, 590 = InfAuslR 2007, 211 = AuAS 2007, 68 unter Hinweis auf das Urt. v. 18.7.2006 - 1 C 15.05 -, NVwZ 2006, 1420):

Danach kann sich die Gefahr eigener Verfolgung des Flüchtlings nach § 60 Abs. 1 AufenthG nicht nur aus gegen ihn selbst gerichteten Maßnahmen ergeben (anlassgeprägte Einzelverfolgung), sondern auch aus gegen Dritte gerichtete Maßnahmen, wenn diese Dritten wegen eines asylerheblichen Merkmals verfolgt werden, das er mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet (Gefahr der Gruppenverfolgung). Dabei ist je nach den tatsächlichen Gegebenheiten auch zu berücksichtigen, ob die Verfolgung allein an ein bestimmtes unverfügbares Merkmal wie die Volkszugehörigkeit anknüpft oder ob für die Bildung der verfolgten Gruppe und die Annahme einer individuellen Betroffenheit weitere Umstände oder Indizien hinzutreten müssen. Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung setzt ferner eine bestimmte "Verfolgungsdichte" voraus, welche die "Regelvermutung" eigener Verfolgung rechtfertigt. Hierfür ist die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in asylrechtlich geschützte Rechtsgüter erforderlich, dass es sich dabei nicht mehr nur um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe oder um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt. Die Verfolgungshandlungen müssen vielmehr im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne Weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht. Darüber hinaus gilt auch für die Gruppenverfolgung, dass sie mit Rücksicht auf den allgemeinen Grundsatz der Subsidiarität des Flüchtlingsrechts den Betroffenen einen Schutzanspruch im Ausland nur vermittelt, wenn sie im Herkunftsland landesweit droht, d,h, wenn auch keine innerstaatliche/inländische Fluchtalternativ besteht, die im Falle einer drohenden Rückkehrverfolgung vom Zufluchtsland aus erreichbar sein muss. Diese Grundsätze gelten prinzipiell auch für die private Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure, wie sie nunmehr durch das Zuwanderungsgesetz ausdrücklich als schutzbegründend geregelt ist (§ 60 Abs. 1 Buchst. c AufenthG).

Ob die Voraussetzungen für eine Gruppenverfolgung in einem bestimmten Herkunftsstaat vorliegen, ist von den Tatsachengerichten aufgrund einer wertenden Betrachtung im Sinne der Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung zu entscheiden. Dabei müssen Anzahl und Intensität aller Verfolgungsmaßnahmen möglichst detailliert festgestellt und hinsichtlich der Anknüpfung an ein oder mehrere unverfügbare Merkmale im Sinne von § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG nach ihrer objektiven Gerichtetheit zugeordnet werden. Alle danach gleichgearteten, auf eine nach denselben Merkmalen zusammengesetzte Gruppe bezogenen Verfolgungsmaßnahmen müssen schließlich zur Größe dieser Gruppe in Beziehung gesetzt werden, weil eine bestimmte Anzahl von Eingriffen, die sich für eine kleine Gruppe von Verfolgten bereits als bedrohlich erweist, gegenüber einer großen Gruppe vergleichsweise geringfügig erscheinen kann (Urteil vom 18. Juli 2006, a.a.O. Rn. 24).

Dass diese Anforderungen auch für die Fälle besonders kleiner Gruppen gelten, hat das Bundesverwaltungsgericht im Beschluss vom 5. Januar 2007 - 1 B 59.06 - zu der hier interessierenden Gruppe der Yeziden in der Türkei ausdrücklich noch einmal betont. Dabei ist es von der vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen im Urteil vom 14. Februar 2006 (15 A 2119/02.A, juris) zugrunde gelegten Zahl von 363 Yeziden ausgegangen, die auf Angaben des Yezidischen Forum e.V. (Oldenburg) im Schreiben vom 3. Februar 2006 an Rechtsanwalt Walliczek (Minden) beruhten. Dies gelte - so das Bundesverwaltungsgericht weiter - selbst dann, wenn im Rahmen der wertenden Betrachtung im konkreten Einzelfall gegebenenfalls von "einer weiteren Quantifizierung der Verfolgungsschläge" abgesehen werden könne.

Die genaue Zahl der gegenwärtig dauerhaft in der Türkei lebenden Yeziden ist schwierig festzustellen. Das Auswärtige Amt geht seit dem Lagebericht vom 19. Mai 2004 (S. 26) davon aus, dass im Südosten der Türkei noch ca. 2.000 Yeziden leben (so auch Lagebericht vom 11.1.2007, S. 26 sowie Auskünfte v. 26.1.2007 an Nds. OVG, v. 20.1.2006 an OVG Sachsen-Anhalt u. v. 3.2.2004 an VG Braunschweig). Eine Zahl von 524 ständig in der Türkei lebenden Yeziden zum Stand 30. März 2006 ermittelte das Yezidische Forum e.V. (Oldenburg) in seiner Stellungnahme vom 4. Juli 2006. Allerdings war es noch im Jahr 2004 (Schreiben v. 8.8.2004 an Rechtsanwalt Neuhoff, Osnabrück.) von maximal 150 und im Jahr 2005 (Schreiben v. 3.2.2006 an Rechtsanwalt Walliczek) von 363 Personen ausgegangen. Diese Unterschiede hat das Yezidische Forum damit erklärt, dass es sich bei der Zahl von 150 lediglich um eine Schätzung gehandelt habe und die Zahl 363 deshalb zu niedrig gewesen sei, weil ein Additionsfehler vorgekommen und darüber hinaus versehentlich das Dorf Bozca (kurdisch: Kirbe Belek) im Kreis Viransehir (Provinz Sanli Urfa) mit 103 Yeziden unberücksichtigt geblieben sei. Auch die in F. lebende Europaabgeordnete Feleknas Uca, die yezidische Kurdin ist, gibt die Zahl der in der Türkei lebenden Yeziden mit ca. 500 an; sie stützt sich dabei auf eine Auskunft der Europäischen Kommission (Die Situation der Yeziden in der Türkei v. 23.6.2006, in: Schriften des Europaparlaments). Der Sachverständige Baris, der Yezide ist und aus dem Dorf Isikli (kurdisch: Zewka), Kreis Viransehir, stammt, ist im Gutachten vom 17. April 2006 an das OVG Sachsen-Anhalt aufgrund einer privaten Zählung von Anfang 2006 zu einer Zahl von 375 Yeziden gelangt; an anderer Stelle des Gutachtens spricht er von annähernd 400 Yeziden. In seiner Aufstellung fehlen aber einige yezidisch besiedelte Orte, wie etwa das Dorf Burc (Kreis Viransehir), in dem 40 yezidische Familien (so das Auswärtige Amt) bzw. 93 Yeziden (so das Yezidische Forum) ansässig sein sollen.

Insgesamt lässt sich feststellen, dass eine genaue zahlenmäßige Erfassung der yezidischen Bevölkerung in der Türkei dadurch erschwert wird, dass es Yeziden gibt, die ihren Wohnsitz im Ausland haben, sich aber zeitweilig auch für mehrere Monate in ihrer Heimat aufhalten (vgl. etwa AA, Auskunft v. 26.1.2007 an Nds. OVG). Allein in Deutschland sollen 25.000 bis 50.000 Yeziden leben, vor allem in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen; die größte Gruppe mit ungefähr 5.000 Personen soll sich im Landkreis Celle angesiedelt haben (vgl. Informationszentrum Asyl und Migration: Situation der Yeziden in Syrien und in Deutschland, März 2006, S. 24). Allerdings befinden sich darunter nicht nur Yeziden aus der Türkei, sondern auch aus Irak, Iran, Syrien und Ländern der ehemaligen Sowjetunion wie Georgien und Armenien. Es ist aber unstreitig, dass die meisten der in Deutschland lebenden Yeziden türkischer Herkunft sind. So hat etwa der Zeuge J., der 1. Vorsitzender des Yezidischen Kulturzentrums in Celle und Umgebung ist, bei seiner Vernehmung vor dem Senat angegeben, dass von den ca. 600 Mitgliedsfamilien etwa 80 % aus der Türkei stammten.

Wie der Senat im Grundsatzurteil vom 28. Januar 1993 - 11 L 513/89 - (S. 16 f.) dargelegt hat, befinden sich die traditionellen Siedlungsgebiete der Yeziden in der Türkei vor allem in den südöstlichen Provinzen Mardin (insbesondere in den Kreisen Midyat, Idil, Nusaybin), Batman (insbesondere in den Kreisen Batman und Besiri) und Sanli Urfa (Stadt und Kreis Viransehir). Dort sollen noch in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts ca. 100.000 Yeziden gelebt haben (vgl. Sternberg-Spohr, Gutachten zur Situation der Yezidi-Kurden in der Türkei, Mai 1988). Diese Zahl war bereits aber Anfang der achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts auf 10.000 bzw. 20.000 zurückgegangen (vgl. Sternberg-Spohr, a.a.O.; Deniz/Wießner vor VG Braunschweig am 11.10.1988). In den Folgejahren nahm die yezidische Bevölkerung in der Türkei weiter ab. Nach Schätzung von Sternberg-Spohr (Bestandsaufnahme der Restbevölkerung der Volksgruppe der kurdischen Ezdi in der Süd-Osttürkei, März/Oktober 1993) lebten 1993 eher unter als über 1.000 Yeziden noch in ihren angestammten Siedlungsgebieten. Nach den Feststellungen von Wießner (Auskunft v. 15.7.1996 an Hess.VGH) waren die ehemals yezidisch besiedelten Dörfer in der Osttürkei bis auf wenige Restgruppen, in der Regel ältere Leute, deren Familienangehörige schon in Europa lebten, verlassen. Kizilhan (Die Yeziden, 1997, S. 56) spricht davon, dass bis auf ganz wenige Ausnahmen (einige hundert) alle Yeziden im Exil lebten. Diese Beobachtungen deckten sich mit den Ermittlungen des Auswärtigen Amtes im Lagebericht vom 18. September 1998, wonach im Südosten der Türkei nur noch wenige, vor allem alte Yeziden lebten. Auch im Lagebericht vom 9. Oktober 2002 ist die Rede davon, dass im Südosten der Türkei nur noch wenige Yeziden lebten. Zugleich wird aber erstmals erwähnt, dass Presseberichten zufolge die Zahl der yezidischen Rückkehrer in letzter Zeit zunehme (S. 29 f.). Die genaue Zahl der Rückkehrer ist allerdings nicht bekannt. Während etwa die Europaabgeordnete Uca (a.a.O.) von lediglich 50 Personen spricht, geht das Auswärtige Amt von einem höheren Anteil aus, räumt aber gleichzeitig ein, dass die Betreffenden sich zeitweise (vor allem im Winter) in Deutschland aufhielten (Auskunft v. 26.1.2007 an Nds. OVG). Das Yezidische Forum hält die Rückkehrerzahlen des Auswärtigen Amtes für überhöht und weist darauf hin, dass die Versuche von vorwiegend älteren und männlichen Yeziden, sich in ihrer Heimat wieder anzusiedeln, inzwischen aufgrund der von ihnen erlittenen Gewalterfahrungen und anderer Schwierigkeiten überwiegend gescheitert seien (Anmerkungen v. 20.3.2007 zu der Auskunft des Auswärtigen Amtes v. 26.1.2007, a.a.O.). Einigkeit besteht aber darin, dass die meisten der in der Türkei ansässigen Yeziden, nämlich etwa drei Viertel, im Kreis und in der Stadt Viransehir sowie im Kreis Besiri leben (vgl. AA, Auskünfte v. 26.1.2007 an Nds. OVG u. v. 20.1.2006 an OVG Sachsen-Anhalt; Yezidisches Forum, Schreiben v. 3.2.2006 an Rechtsanwalt Walliczek u. Stellungnahme v. 4.7.2006; Baris, Gutachten v. 17.4.2006 an OVG Sachsen-Anhalt). Allein in der Stadt Viransehir sollen nach der Zählung von Baris (a.a.O.) 74 Yeziden in dem Stadtteil "Yem Mahalle" leben, der auch "Yezidenviertel" genannt werde (Anhörung am 30.4.2003 im Verfahren 1 A 389/02 des VG Hannover). In dem Dorf Ückuyular Köyü (Kreis Besiri), aus dem der Kläger stammt, leben nach Angaben des Yezidischen Forums und des vom Senat angehörten Zeugen I. vier yezidische Familien mit 18 Personen; das Auswärtige Amt geht sogar von sechs yezidischen Familien aus. Eine gewisse Anzahl von Yeziden lebt zudem in Dörfern der Kreise Midyat und Nusaybin, wobei die berichteten Zahlen zwischen ca. 70 (Yezidisches Forum) und 200 (Auswärtiges Amt) liegen.

Letztlich kann die genaue Zahl der im Südosten der Türkei dauerhaft lebenden Yeziden dahinstehen. Selbst wenn man lediglich von 500 bis 600 Personen ausgeht, sind nach Auffassung des Senats die Voraussetzungen für die Annahme einer an die Religion anknüpfenden Gruppenverfolgung nicht (mehr) erfüllt. Nach Auswertung der dazu vorliegenden Erkenntnismittel ist jedenfalls davon auszugehen, dass etwa seit dem Jahr 2003 keine so dicht und eng gestreuten Verfolgungsschläge vorliegen, dass jedes Gruppenmitglied damit rechnen müsste, alsbald in eigener Person getroffen zu werden. Im Übrigen lässt sich nicht feststellen, dass der türkische Staat bei Übergriffen von muslimischen Nachbarn gegen Yeziden grundsätzlich keinen Schutz gewährt.

Religiöse oder religiös motivierte Verfolgung ist allgemeiner Ansicht nach politische Verfolgung im Sinne von Art. 16 a Abs. 1 GG, wenn sie nach Art und Schwere geeignet ist, die Menschenwürde zu verletzen und über das hinausgeht, was die Bewohner des Herkunftsstaates allgemein hinzunehmen haben (vgl. BVerfG, Beschl. v. 2.7.1980 - 1 BvR 147/80 u.a. -, BVerfGE 54, 341, 357; Urt. v. 1.7.1987 - 2 BvR 478/96 u.a. -, BVerfGE 76, 143, 158; BVerwG, Urt. v. 18.2.1986 - 9 C 16.85 -, BVerwGE 74, 31; Marx, Kommentar zum AsylVfG, 6. Aufl., § 1 Rn. 48). Es muss sich um Maßnahmen handeln, die den Gläubigen als religiös geprägte Persönlichkeit ähnlich schwer treffen wie bei Eingriffen in die körperliche Unversehrtheit oder die physische Freiheit, etwa wenn sie ihn seiner religiösen Identität berauben, indem ihm etwa unter Androhung von Strafen für Leib, Leben oder persönlicher Freiheit eine Verleugnung oder gar Preisgabe tragender Inhalte seiner Glaubensüberzeugung zugemutet wird oder er daran gehindert wird, seinen eigenen Glauben, so wie er ihn versteht, im privaten Bereich und zusammen mit anderen Gläubigen zu bekennen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 1.7.1987, a.a.O., S. 158 ff.). Art. 16 a GG (und auch § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG) schützen daher vor Verfolgung im privaten Bereich und damit zumindest das "religiöse Existenzminimum". Allerdings ist der Schutzbereich der Religionsfreiheit durch Art. 10 Abs. 1 b der Richtlinie 2004/83/EG des Rats vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (sog. Qualifikationsrichtlinie) auf die öffentliche Glaubensbetätigung erweitert worden (vgl. OVG des Saarlandes, Beschl. v. 26.3.2007 - 3 A 30/07 -, juris; Nds. OVG, Urt. v. 19.3.2007 - 9 LB 373/06 -; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.11.2006 - A 2 S 1150/04 -, juris; Marx, a.a.O., § 1 Rn. 206). Die Vorgaben dieser Richtlinie, deren Umsetzungsfrist am 10. Oktober 2006 abgelaufen ist, sind solange unmittelbar anzuwenden, bis die noch ausstehende Transformierung in das deutsche Recht erfolgt ist (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.11.2006, a.a.O.).

Religiös oder religiös motivierte Verfolgung kann verschiedene Formen annehmen. Neben der Verletzung der Religionsfreiheit als solcher können zu den asylerheblichen Verfolgungshandlungen auch Angriffe auf Leib, Leben, Freiheit oder Eigentum von religiösen Minderheiten gehören, die nach ihrer erkennbaren Gerichtetheit auf die (andersartige) Glaubenszugehörigkeit zurückzuführen sind (sog. interreligiöse Verfolgung). In diesen Fällen sind die Verfolger zumeist nichtstaatliche Akteure (vgl. Marx, a.a.O., § 1 Rn. 209), deren Verfolgungshandlungen aber dem Staat zuzurechnen sind, wenn er den Betroffenen den ihm an sich möglichen Schutz nicht gewährt. Der erkennende Senat hat für das hier maßgebliche Verhältnis von (strenggläubigen bzw. fundamentalistischen) Moslems zu Yeziden im Grundsatzurteil vom 28. Januar 1993 (a.a.O., S. 18) Folgendes ausgeführt:

Das Verhalten der Moslems gegenüber den Yeziden wird dadurch bestimmt, dass die Religion der Yeziden nicht zu den sog. Buchreligionen gehört, denen der Islam "Duldung" gewährt, was religiösen Schutz bis zur Bekehrung garantiert. Maßgebend ist zudem, dass die Yeziden in den Augen der Moslems vor allem durch ihren Glauben an den neben Gott existierenden und zur Herrschaft über die Welt berufenen Melek Taus die Einzigartigkeit Gottes leugnen, was nach islamischem Gesetz als Sünde gilt, die mit dem Tod bestraft werden muss; wegen der Verehrung des Melek Taus gelten die Yeziden bei den Moslems als Teufelsanbeter. Die gläubigen Moslems nehmen an der Religion der Yeziden aber auch deshalb Anstoß, weil diese nicht - wie der Islam - öffentlich, sondern grundsätzlich geheim ausgeübt wird, weil Melek Taus im Bilde verehrt wird, was im Widerspruch zum Bilderverbot des Koran steht, und weil sie den Verdacht hegen, dass während der geheimen Kulthandlungen der Yeziden sexuelle Orgien stattfinden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats seit dem oben genannten Grundsatzurteil (a.a.O.) waren glaubensgebundene Yeziden in ihren traditionellen Siedlungsgebieten im Südosten der Türkei zumindest seit 1988/89 wegen ihrer Religionszugehörigkeit einer mittelbaren staatlichen Gruppenverfolgung durch die muslimische Bevölkerungsmehrheit ausgesetzt, der sie sich auch nicht durch Ausweichen in andere Landesteile entziehen konnten. Diese Einschätzung stand in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung anderer Oberverwaltungsgerichte. Für den Senat waren dafür folgende Erwägungen maßgeblich: Yeziden seien einer Vielzahl von Übergriffen wie Tötungen, Folterungen, Misshandlungen, Vergewaltigungen, Entführungen, Raub, Ernte- und Viehdiebstahl sowie Aneignung von Land ausgesetzt. Dabei handele es sich größtenteils um politische Verfolgungsmaßnahmen, weil sie nach ihrer erkennbaren Gerichtetheit an die Zugehörigkeit der Opfer zur Glaubensgemeinschaft der Yeziden und der für Moslems daraus resultierenden religiösen Minderwertigkeit und Rechtlosigkeit anknüpften. Die Verfolgungsmaßnahmen seien auch dem türkischen Staat zuzurechnen, weil er nicht bereit sei oder - obwohl er dazu imstande wäre - sich nicht in der Lage sehe, die ihm an sich verfügbaren Mittel einzusetzen, um Yeziden vor Übergriffen zu schützen bzw. Übergriffe gegen Yeziden in gleicher Weise wie solche gegen Moslems zu ahnden. An dieser Rechtsprechung hat das erkennende Gericht bis ins Jahr 2003 hinein festgehalten (vgl. etwa Senatsurt. v. 23.11.2000 - 11 L 1730/00 -; Senatsbeschl. v. 20.5.2003 - 11 LA 51/03 -; Urt. d. 2. Sen. v. 8.5.2002 - 2 L 7534/95 -). Allerdings begann das Verwaltungsgericht Hannover - 1. Kammer - etwa ab dem Jahr 2000 damit, immer mehr Ausnahmen von der Regelvermutung einer Gruppenverfolgung anzunehmen. Dies ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.1.1991 - 2 BvR 902/85 u.a. -, BVerfGE 83, 216; BVerwG, Urt. v. 5.7.1994 - 9 C 158.94 -, BVerwGE 96, 200) dann zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, dass ein einzelner Gruppenzugehöriger (oder eine Familie) von der Gruppenverfolgung aufgrund besonderer Umstände ausgenommen ist. Dies hat das Verwaltungsgericht Hannover für bestimmte yezidisch besiedelte Dörfer in der Türkei zunehmend angenommen, da dort noch zahlreiche Yeziden wohnten, ohne einem asylerheblichen Verfolgungsdruck ausgesetzt zu sein. Spätestens mit Urteil vom 30. April 2003 - 1 A 389/02 - hat es dann eine (vollständige) Abkehr von der Rechtsprechung des Senats vollzogen und ausgeführt, dass im Hinblick auf die inzwischen eingetretene Entwicklung eine flächendeckende Verfolgung der Yeziden in der Türkei nicht mehr angenommen werden könne. Daraufhin hat der Senat auf den Antrag der dortigen Kläger mit Beschluss vom 9. Oktober 2003 die Berufung zugelassen, weil es grundsätzlich klärungsbedürftig sei, ob nicht mehr von einer landesweiten mittelbaren Verfolgung yezidischer Glaubenszugehöriger in der Türkei ausgegangen werden könne. Über jenes Berufungsverfahren (11 LB 324/03) hat der Senat heute ebenfalls entschieden.

Das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht (Urt. v. 29.9.2005 - 1 LB 39/04 -) und das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (Urt. v. 14.2.2006 - 15 A 2119/02.A -) haben unter Änderung ihrer bisherigen Rechtsprechung mittlerweile eine Gruppenverfolgung der Yeziden in der Türkei verneint. Während das Bundesverwaltungsgericht der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das genannte Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts wegen Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht stattgegeben und die Sache zurückverwiesen hat, weil dieses einem Antrag auf Erhebung von Sachverständigenbeweis zu Unrecht nicht nachgegangen sei (Beschl. v. 24.5.2006 - 1 B 128.05 -), hat es die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das genannte Urteil des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen zurückgewiesen (Beschl. v. 5.1.2007 - 1 B 59.06 -), so dass jenes rechtskräftig geworden ist.

Auf den Kläger des vorliegenden Verfahrens ist nicht der normale Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit, sondern der für ihn günstigere Maßstab der hinreichenden Verfolgungssicherheit anzuwenden. Dieser sog. herabgestufte Prognosemaßstab kommt dem Kläger deshalb zugute, weil jedenfalls im Zeitpunkt seiner Ausreise im Juli 2001 nach der damaligen Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (ebenso OVG NRW, Urt. v. 23.7.2003 - 8 A 3920/02.A -) eine mittelbare staatliche Gruppenverfolgung der Yeziden in der Türkei bestand. Da der Kläger seinerzeit in dem Yezidendorf Ückuyular Köyü lebte, ist zu unterstellen, dass er als Angehöriger der yezidischen Glaubensgemeinschaft eine Vorverfolgung erlitten hat (vgl. BVerwG, Beschl. v. 24.5.2006, a.a.O.; Urt. v. 30.4.1996, a.a.O.; Urt. v. 23.2.1988 - 9 C 85.87 -, BVerwGE 79, 79). In Anwendung dieses Maßstabs und unter Auswertung des zur Verfügung stehenden Erkenntnismaterials geht der Senat in Übereinstimmung mit der neueren Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (a.a.O.) und des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts (a.a.O.) davon aus, dass die Voraussetzungen für die Annahme einer Gruppenverfolgung von Yeziden in der Türkei entfallen sind.

Die Sicherheitslage der Yeziden in der Türkei hat sich nach Auffassung des Senats in den letzten Jahren entscheidungserheblich verbessert. Auch das Yezidische Forum (Schreiben v. 3.2.2006 an Rechtsanwalt Walliczek) räumt ein, dass sich die Situation der Yeziden in ihrer Herkunftsregion im Vergleich zu den Jahren zwischen 1980 und 2000 beruhigt habe. Es weist allerdings einschränkend darauf hin, dass es noch genügend - im Einzelnen bezeichnete - Fälle gebe, die belegten, dass Yeziden in der Türkei nach wie vor nicht verfolgungsfrei leben könnten (Stellungnahme v. 4.7.2006). Dagegen sind nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes (Lagebericht vom 11.1.2007, S. 26) seit mehreren Jahren keine religiös motivierten Übergriffe von Muslimen gegen Yeziden bekannt geworden. Der Senat wird später auf diese unterschiedliche Bewertung näher eingehen. Festzuhalten ist aber schon an dieser Stelle, dass es eine Reihe von Tatsachen und Indizien gibt, die dafür sprechen, dass Yeziden in der Türkei nunmehr vor politischer Verfolgung in ihrer Heimatregion hinreichend sicher sind.

Bereits für den Zeitraum ab dem Jahr 2000 hatte das Verwaltungsgericht Hannover nach Auswertung zahlreicher bei ihm anhängig gewesener Klageverfahren festgestellt, dass einerseits in Deutschland lebende Yeziden vorübergehend oder endgültig in die Türkei zurückgekehrt waren und dass andererseits in der Türkei lebende Yeziden nach einem Besuch von Verwandten in Deutschland wieder in die Türkei zurückgekehrt waren (vgl. dazu d. Urt. v. 30.4.2003 - 1 A 389/02 - nebst Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom selben Tag). Das Verwaltungsgericht hat aus diesem Verhalten den durchaus naheliegenden Schluss gezogen, dass die betreffenden Yeziden selbst ihre Situation in der Türkei nicht mehr als bedrohlich empfanden. Ferner hatte das Gericht erfahren, das in Deutschland verstorbene Yeziden in die Türkei überführt und dort teilweise in Begleitung des Peshimams Kani Cengil nach religiösem Ritus beigesetzt worden waren (a.a.O.). Diese Entwicklung hat sich in der Folgezeit bis heute noch verstärkt. Allein die in der mündlichen Verhandlung des Senats vernommenen drei Zeugen, die in Deutschland lebende Yeziden aus der Türkei sind, haben ihre Heimat im Zeitraum von 2004 bis 2006 viermal (K.) bzw. je einmal (I. und J.) besucht. Die Reisen von in Deutschland lebenden Yeziden in die Türkei dienen u. a. auch dem Zweck der Klärung von eigentumsrechtlichen Fragen. Denn die ihnen gehörenden Ländereien waren teilweise von muslimischen Nachbarn in Besitz genommen und bewirtschaftet worden (vgl. etwa AA, Lagebericht v. 19.5.2004, S. 26). Außerdem halten sich im Bundesgebiet lebende Yeziden, die in der Türkei Grundeigentum haben, zeitweise in ihren Heimatdörfern auf, um ihre Felder zu bestellen und die Ernte einzubringen (vgl. Baris, Gutachten v. 17.4.2006 an OVG Sachsen-Anhalt). Darüber hinaus sind auch Yeziden in ihre Heimat zumindest vorübergehend zurückgekehrt, um ihre zurückgelassenen Häuser instand zu setzen oder neue zu errichten (vgl. dazu etwa die in der Stellungnahme des Yezidischen Forums v. 4.7.2006 unter Nr. 1 und 6 genannten Fälle). Ferner ist auf die im Reisebericht einer yezidischen Delegation aus Deutschland beschriebenen Bemühungen zur Wiederbesiedlung des Dorfs Magara (kurdisch: Kiwex/Kivag), Kreis Idil, Provinz Sirnak, in den Jahren 2005 und 2006 zu verweisen. An diesen Reisen haben 10 (2005) bzw. 11 Personen (2006) teilgenommen.

Nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes (Auskunft v. 26.1.2007, a.a.O.) ist der "Grundbesitzerwerb" durch Yeziden gestiegen. Einem Zeitungsbericht zufolge, der sich u.a. auf die Angaben von türkischen Grundbuch- und Katasterämtern stütze, hätten im Zeitraum von 2001 bis 2006 rund 7.000 Yeziden in der Türkei Immobilien erworben und bereits vorhandene restauriert. Auch hätten sie erfolgreich rechtliche Schritte eingeleitet, um die früher von ihnen bewohnten Häuser und bewirtschafteten Felder zurück zu erhalten. Ob die vom Auswärtigen Amt wiedergegebene Größenordnung stimmt, was das Yezidische Forum in seinen Anmerkungen vom 20. März 2007 zu dieser Auskunft bezweifelt, kann dahinstehen. Jedenfalls ist es unstreitig, dass es Yeziden seit Ende 2001 vermehrt gelungen ist, mit Hilfe von türkischen Behörden und Gerichten ihre Eigentumsrechte durchzusetzen. Beispielhaft seien in diesem Zusammenhang genannt: Das Urteil des erstinstanzlichen Zivilgerichts Batman vom 24. Dezember 2001, mit dem Yeziden die Rückgabe ihrer Häuser in Yolveren (kurdisch: Cineriya) im Kreis Batman, die zwischenzeitlich von Moslems in Besitz genommen worden waren, erreichten (vgl. AA, Auskunft an VG Braunschweig v. 3.2.2004), und die gerichtlich erstrittene Rückgabe des von muslimischen Dorfschützern besetzten yezidischen Dorfes Magara an die yezidischen Eigentümer im Oktober 2004 durch die türkische Armee (vgl. NZZ v. 20.11.2004; Özgür Politika v. 15. u. 18.10.2004; Reisebericht der yezidischen Delegation aus Kiwex; Yezidisches Forum, Stellungnahme v. 4.7.2006). Allerdings räumt auch das Auswärtige Amt (Lagebericht vom 11.1.2007, S. 26) ein, dass noch Probleme bei der (Wieder-)Eintragung von Eigentumsrechten an Grundstücken bestünden, zumal in Teilen dieser Gebiete ein Grundbuchwesen erst im Aufbau begriffen sei.

Die wachsende Zahl von Reisen in die Türkei ist des Weiteren darauf zurückzuführen, dass Yeziden den Wunsch ihrer in Deutschland verstorbenen Angehörigen respektieren, in ihrer Heimat bestattet zu werden. Der Zeuge J. hat bei seiner Vernehmung ausgesagt, dass sich etwa die Hälfte der verstorbenen Mitglieder des Yezidischen Kulturzentrums in Celle und Umgebung in der Türkei habe beerdigen lassen. Zur Unterbringung von Trauergästen aus dem Ausland wurde in Ückuyular Köyü sogar ein sog. "Yezidisches Haus" gebaut, in dem sich auch ein Raum für Trauerfeiern befindet (vgl. Yezidisches Forum, Stellungnahme v. 4.7.2006; AA, Auskunft v. 26.1.2007, a.a.O.; Özgür Politika v. 8.5.2004). Außer in Ückuyular Köyü gibt es mindestens noch an zwei weiteren Orten im Südosten der Türkei yezidische Friedhöfe, nämlich in Magara und Kayirli (kurdisch: Kefnaz) im Kreis Midyat. Der Zeuge K., der aus dem Dorf Kayirli stammt und seit 1988 in Deutschland lebt, hat vor dem Senat erklärt, dass im Jahr 2004 auf dem yezidischen Friedhof in Kayirli seine Tochter und im Jahr 2005 sein Onkel, der ebenfalls in Deutschland gelebt habe, beerdigt worden seien. Einen weiteren Friedhof scheint es in Cilesiz (kurdisch: Mezre) zu geben, da dort der am 23. Juli 2005 in Deutschland verstorbene Peshimam Ismail Deniz beerdigt worden ist (Auskunft der Botschaft Ankara v. 26.10.2005 an das Bundesamt). An dieser Beerdigung sollen auch mehrere yezidische Besucher aus Deutschland teilgenommen haben. Die Botschaft Ankara teilte ferner mit, dass Ismail Deniz sich zuletzt vom 5. bis zum 28. Oktober 2004 in der Türkei aufgehalten habe. Während jenes Besuches hatte er an der Veranstaltung zur Rückgabe des Dorfes Magara an die früheren yezidischen Bewohner teilgenommen, auf der auch offizielle Vertreter des türkischen Staates zugegen waren (vgl. Özgür Politika v. 16.10.2004).

Zudem lässt sich weiterhin feststellen, dass in der Türkei lebende Yeziden, die zu Besuchszwecken in Deutschland waren, wieder in ihre Heimat zurückgekehrt sind. Dies hat auch der Zeuge J. bei seiner Vernehmung bestätigt. Er hat in diesem Zusammenhang die Brüder PQ. erwähnt, die in Besiri den "Verein für soziale Unterstützung und Kultur für Yeziden aus Batman" mitgegründet hatten (vgl. AA, Auskunft v. 26.1.2007, a.a.O.). Nach Angaben von J. haben sich die Brüder PQ. eine Zeit lang in Deutschland aufgehalten, bevor sie vor kurzem wieder in die Türkei zurückgekehrt seien. Auch dies deutet darauf hin, dass die Verhältnisse in ihrer Heimatregion ein verfolgungsfreies Leben zulassen.

Dagegen haben sich die Erwartungen an eine dauerhafte Rückkehr von in Deutschland lebenden Yeziden nur in einem geringen Umfang erfüllt. Während noch im Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 25. August 2003 (S. 31) davon gesprochen worden war, dass Presseberichten zufolge die Zahl der yezidischen Rückkehrer in letzter Zeit zunehme, findet sich bereits im folgenden Lagebericht vom 19. Mai 2004 die Einschränkung, dass dies "auf sehr bescheidenem Niveau" geschehe (S. 26). Im Juli 2003 suchten Mitarbeiter der Deutschen Botschaft Ankara im Rahmen einer Dienstreise, an der offenbar auch Vertreter des Bundesamtes teilnahmen, Orte in den Kreisen Besiri und Viransehir auf (vgl. Türkei-Reisebericht aus dem Südosten, in: Schriften des Bundesamtes - Informationszentrum Asyl und Migration -, September 2003; AA, Auskunft v. 3.2.2004 an VG Braunschweig). Bei Gesprächen mit dortigen Yezidenvertretern wurde ihnen mitgeteilt, dass in die Dörfer Yolveren (kurdisch: Cineriya), Deveboynu (kurdisch: Geduk) und Oguz (kurdisch: Shimiz), alle in der Provinz Batman gelegen, insgesamt 15 Familien zurückgekehrt seien. Eine Ortsbesichtigung in Yolveren habe gezeigt, dass die vier aus Deutschland zurückgekehrten Familien offensichtlich in einem vergleichsweise bescheidenen Wohlstand lebten. Anlässlich des Besuchs im Yezidendorf Burc (Kreis Viransehir), das ebenfalls einen für diese Region vergleichsweise wohlhabenden Eindruck gemacht habe, habe der Dorfvorsteher den Wunsch nach Rückkehr der nach Europa ausgewanderten Yeziden geäußert, gleichzeitig aber darauf hingewiesen, ihm sei nicht bekannt, dass Yeziden aus Deutschland bisher dauerhaft in die Region Viransehir zurückgekehrt seien. Das Auswärtige Amt hat in der Auskunft vom 26. Januar 2007 (a.a.O.) aufgrund von Nachforschungen durch einen Vertrauensanwalt im Herbst 2006 bestätigt, dass in den genannten Dörfern Yolveren, Oguz und Deveboynu Yezidenfamilien, die aus Deutschland zurückgekehrt seien, weiterhin lebten. Wie in anderen Yezidendörfern auch lebten zudem weitere Familien abwechselnd in Deutschland (vor allem im Winter) und im Südosten der Türkei. Einige andere Familien bereiteten die Rückkehr in ihre Heimatorte vor. In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass der Provinzgouverneur von Batman einem Bericht von CNN Türk vom 16. August 2005 zufolge das Dorf Kumgecit (kurdisch: Bozivan) im Kreis Besiri besucht und den nach elf Jahren zurückgekehrten Yezidenfamilien Hilfe zugesagt habe (Auskunft der Botschaft Ankara v. 26.10.2005 an das Bundesamt). Andererseits sollen einzelne Yeziden aus Deutschland, die ursprünglich beabsichtigt hatten, in der Türkei dauerhaft zu bleiben, wieder zurückgekehrt sein (vgl. dazu etwa die Fälle Nr. 1, 6 u. 9 in der Stellungnahme des Yezidischen Forums v. 4.7.2006 sowie die Aussage des Zeugen J., dass ein Onkel von ihm nach einigen Jahren wieder nach Deutschland zurückgekehrt sei).

Dass bisher nur relativ wenige im Ausland lebende Yeziden dauerhaft in ihre Heimat zurückgekehrt sind, ist aber kein Beleg für das Fortbestehen einer Gruppenverfolgung der Yeziden in der Türkei. Denn nach Auffassung des Senats sind dafür keine asylerheblichen Gründe ausschlaggebend.

Auch die Yeziden hatten im Südosten der Türkei unter den dortigen militärischen Auseinandersetzungen zwischen der türkischen Armee und der PKK zu leiden, insbesondere begünstigten diese die Landnahme durch kurdische Moslems (vgl. AA, Lagebericht v. 19.5.2004, S. 26). Aufgrund des seit Anfang 2000 bestehenden Waffenstillstandes beruhigte sich aber die Lage. Allerdings kam es im Juni 2004 zu einem Wiederaufleben der bewaffneten Auseinandersetzungen, die seitdem - mit Unterbrechungen - anhalten (vgl. AA, Lagebericht v. 11.1.2007, S. 20 f.). Die Kampfhandlungen erreichen jedoch nicht die Intensität, mit der sie früher geführt worden waren. Das Wiederaufflammen der Kämpfe hat aber zur Folge, dass in den davon betroffenen Gebieten das Leben unsicherer geworden ist. Dazu gehört beispielsweise auch das Dorf Magara. So heißt es in dem "Reisebericht der yezidischen Delegation aus Kiwex", dass es auch in unmittelbarer Nähe des Ortes zu Auseinandersetzungen zwischen der PKK-Guerilla und der türkischen Armee komme. Die politische Lage in der Gegend sei sehr instabil und es bestehe Lebensgefahr. Wie jüngeren Zeitungsmeldungen zu entnehmen ist, fand noch im Mai 2007 eine Offensive des türkischen Militärs gegen die PKK in der dortigen Region Sirnak statt (Die Welt v. 9.5.2007). Dass die Yeziden angesichts dessen derzeit nicht bereit sind, sich auf Dauer in dieser Gegend anzusiedeln, erscheint nur zu verständlich.

Erschwerend kommt hinzu, dass Rückkehrer auch auf erhebliche soziale und wirtschaftliche Schwierigkeiten stoßen. Die Lebensverhältnisse in der Türkei sind weiterhin durch ein starkes West-Ost-Gefälle geprägt (vgl. AA, Lagebericht v. 11.1.2007, S. 43). Die wirtschaftlichen Bedingungen im Südosten und damit auch in den traditionellen yezidischen Siedlungsgebieten, die noch semifeudal strukturiert und wenig entwickelt sind, sind wesentlich schlechter als im Westen der Türkei; dies gilt auch für die medizinische Versorgung (vgl. AA, Lagebericht v. 11.1.2007, S. 18 f. u. 46).

Dass das Interesse an einer Rückkehr der in Westeuropa lebenden Yeziden in die Türkei offensichtlich gering ist, erklärt sich auch damit, dass die meisten von ihnen schon vor langer Zeit ausgewandert sind und inzwischen in die Gesellschaft ihrer Aufnahmeländer integriert sind. Sie sind in der Regel als Asylberechtigte anerkannt oder verfügen zumindest über ein Bleiberecht. Nach Angaben des Yezidischen Forums (Stellungnahme v. 4.7.2006) ist sogar etwa ein Viertel der in Deutschland lebenden Yeziden eingebürgert. Auch die in der mündlichen Verhandlung des Senats vernommenen drei Zeugen sind im Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit. Dass besonders die jüngeren Familienmitglieder, die in Deutschland geboren oder aufgewachsen sind, keine große Bereitschaft zeigen, im Herkunftsland ihrer Eltern zu leben, ist ebenfalls nachvollziehbar. Darauf weist auch das Yezidische Forum in seinem Schreiben vom 3. Februar 2006 an Rechtsanwalt Walliczek hin.

Ein weiteres Hindernis für eine Wiederansiedlung von Yeziden im Südosten der Türkei stellt der Widerstand von Teilen der dort ansässigen muslimischen Bevölkerung dar. Die Rückkehrer haben mit Schwierigkeiten zu kämpfen, die sich in Schikanen, Einschüchterungsversuchen und gewalttätigen Angriffen äußern. Dabei handelt es sich aber nach Auffassung des Senats jedenfalls nicht vorrangig um Übergriffe, die an die yezidische Religionszugehörigkeit anknüpfen. Vielmehr sind dafür andere Ursachen maßgebend. Im Vordergrund stehen Auseinandersetzungen zwischen Yeziden und benachbarten Moslems über Eigentums- und Besitzfragen. Insbesondere die kurdischen Großgrundbesitzer und Stammesfürsten (sog. Agas) und die mit ihnen verbündeten Dorfschützer, die yezidische Dörfer besetzt und die dazu gehörenden Ländereien bewirtschaftet hatten, stehen der Rückkehr von Yeziden ablehnend gegenüber. Es wird in diesem Zusammenhang berichtet, dass seitens dieser Kräfte auch versucht wird, Rückkehrer durch Androhung von Gewalt zu vertreiben. Ferner darf der soziale Neid nicht unterschätzt werden, der den zum Teil finanziell besser gestellten Rückkehrern entgegenschlägt. Mit ähnlichen Schwierigkeiten haben aber auch andere Rückkehrer, wie etwa die syrisch-orthodoxen Christen im Tur Abdin oder sogar muslimische Kurden, zu kämpfen (vgl. AA, Lagebericht v. 11.1.2007, S. 26; Senatsurt. v. 21.6.2005 - 11 LB 256/02 -).

Im Übrigen ist festzustellen, dass Yeziden in der Türkei mittlerweile verstärkt mit effektivem staatlichen Schutz rechnen können. So haben beispielsweise - wie bereits dargestellt - yezidische Grundeigentümer in Yolveren Ende 2001 ihre Eigentumsrechte mit gerichtlicher Hilfe durchgesetzt und haben türkische Behörden im Oktober 2004 die widerrechtliche Inbesitznahme des Dorfes Magara durch Dorfschützer beendet. Darüber hinaus machen aber selbst einige der von dem Kläger und dem Yezidischen Forum angeführten Fälle deutlich, dass staatliche Stellen im Unterschied zu früher Anzeigen und Strafanträge von Yeziden entgegennehmen und Ermittlungen aufnehmen und dass auch ein wirksamer Rechtsschutz durch Gerichte grundsätzlich gewährleistet ist. Dass gegen muslimische Beschuldigte eingeleitete strafrechtliche Verfahren mitunter mangels Beweises eingestellt werden oder auch zivilgerichtliche Urteile manchmal wegen Beweisschwierigkeiten zu Ungunsten von Yeziden ausfallen, ist kein Grund, an der staatlichen Schutzbereitschaft zu zweifeln. Abgesehen davon ist es keiner staatlichen Ordnungsmacht - auch in Westeuropa - möglich, einen lückenlosen Schutz vor Unrecht und Gewalt zu garantieren (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.1.1991, a.a.O.).

Zur Verbesserung der Lage der Yeziden haben auch die in den letzten Jahren in der Türkei allgemein festzustellenden politischen und rechtlichen Veränderungen wesentlich beigetragen. Bei den Parlamentswahlen vom 3. November 2002 errang die konservative, gemäßigt islamische AKP (Gerechtigkeits- und Aufbaupartei) unter ihrem Vorsitzenden Erdogan, der später Ministerpräsident wurde, die absolute Mehrheit der Parlamentssitze. Der schon von der Vorgängerregierung eingeleitete Reformkurs wurde mit einer Vielzahl von Verfassungs- und Gesetzesänderungen fortgeführt mit dem Ziel, die Voraussetzungen für eine Aufnahme der Türkei in die Europäische Union zu erfüllen. Dazu gehören auch die Wahrung der Menschenrechte und der Schutz von religiösen und ethnischen Minderheiten. Die eingeleiteten Justizreformen haben die Rechtsstaatlichkeit gestärkt. Allerdings wird seit Anfang 2005 eine stagnierende Entwicklung in manchen Bereichen beklagt. Insbesondere werden bei der Umsetzung der Reformen nur mäßige Fortschritte erzielt. Der erforderliche Mentalitätswechsel hat noch nicht alle Teile der türkischen Sicherheitskräfte, Verwaltung und Justiz vollständig erfasst. Die türkische Regierung setzt sich aber durch Erlasse und personelle Maßnahmen nachdrücklich dafür ein, die sachgerechte Anwendung der Gesetze auch in entlegenen Teilen des Staatsgebietes sicherzustellen. Im Rahmen dieses Bestrebens sind die türkischen Staatsorgane zunehmend bereit und in der Lage, verfolgte Minderheiten und auch die Yeziden gegen Übergriffe Dritter zu schützen (vgl. zum Vorstehenden AA, Lagebericht v. 11.1.2007, S. 5, 7 u. 10). Dass derartige Maßnahmen auch deshalb ergriffen werden, um das Ansehen der Türkei im Ausland und die Chancen auf einen EU-Beitritt nicht zu gefährden, vermag die Ernsthaftigkeit dieser Politik nicht in Frage zu stellen. Soweit der Kläger und das Yezidische Forum demgegenüber bezweifeln, dass rechtsstaatliche Verfahrensweisen in der Türkei die Regel seien und insbesondere Yeziden ausreichenden Schutz bei Behörden und Gerichten fänden, vermag der Senat diesem pauschalen Vorwurf nicht zu folgen.

Ebenso wenig gibt es tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass die auch in der Türkei in Teilbereichen zu beobachtende Reislamisierung zu einer Zunahme von asylerheblichen Übergriffen auf Yeziden geführt hat. Zwar versteht sich die Regierungspartei AKP als konservativ-islamisch, doch liegen über staatliche Repressionsmaßnahmen gegen Angehörige anderer Glaubensgemeinschaften keine Erkenntnisse vor; ebenso ist die individuelle Religionsausübung im Allgemeinen gewährleistet (vgl. AA, Lagebericht v. 11.1.2007, S. 5, 14 u. 23 ff.). Seit April 2006 ist auch die Angabe der Religionszugehörigkeit in personenbezogenen Papieren wie dem Personalausweis nicht mehr vorgeschrieben (AA, Lagebericht v. 11.1.2007, S. 25). Dagegen fehlt einigen nicht-muslimischen Minderheiten - wie syrisch-orthodoxen Christen und Yeziden - noch immer die rechtliche Anerkennung als Religionsgemeinschaft (vgl. NZZ v. 20.11.2006). Auch sind in letzter Zeit religiös motivierte Anschläge gegen christliche Glaubensangehörige in der Türkei verübt worden. Die Täter gehörten der extremen rechten Szene an, in der sich nationalistische und islamistische Ideen miteinander verbinden. Es lässt sich aber nicht feststellen, dass die türkische Regierung diesen Tendenzen Vorschub leistet oder sie toleriert. Nach den Morden an drei Angestellten eines christlichen Bibelverlags in Malatya Mitte April 2007 erklärte Ministerpräsident Erdogan: "Wir haben 36 verschiedene Völker und andere Religionen und Identitäten, die respektiert werden müssen". Auch Vertreter von ethnischen und religiösen Minderheiten sowie liberale Intellektuelle bestätigen, dass die AKP die Türkei nicht islamisiere, sondern modernisiere und sie mit weitreichenden Reformen an die EU heranführe; die Islamisten seien an den äußersten Rand gedrängt worden (vgl. zum Vorstehenden Die Zeit v. 10.5.2007). Nach alledem erscheint die Befürchtung, dass ein erstarkender Islamismus zu einer Verschlechterung der Situation der Yeziden in der Türkei beitragen könne, nicht berechtigt zu sein.

Die Annahme einer asylerheblichen Gruppenverfolgung der Yeziden in der Türkei lässt sich auch nicht auf die Vorfälle aus den Jahren 2002 bis 2006 stützen, wie sie von dem Yezidischen Forum (Stellungnahme v. 4.7.2006), dem Sachverständigen Baris (Gutachten v. 17.4.2006 an OVG Sachsen-Anhalt) und dem Kläger des vorliegenden Verfahrens im Einzelnen geschildert worden sind.

Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen befasste sich in seinem Urteil vom 14. Februar 2006 (a.a.O.) mit dem Schreiben des Yezidischen Forums vom 3. Februar 2006 an Rechtsanwalt Walliczek und führte dazu aus, dass von den dort angegebenen Übergriffen auf Yeziden lediglich vier nach Ort, Zeit und den betroffenen Personen näher konkretisiert würden; im Übrigen werde pauschal - ohne irgendwelche weiteren Einzelheiten - auf weitere Fälle vergleichbarer Art Bezug genommen, denen nachgegangen werde. Das Yezidische Forum hat daraufhin die Stellungnahme vom 4. Juli 2006 verfasst, mit der neben den bereits geschilderten und vom OVG NRW (a.a.O.) behandelten vier Fällen die behaupteten fünf weiteren Übergriffe gegen Yeziden präzisiert und darüber hinaus zwei zusätzliche Vorfälle benannt wurden. Diese Stellungnahme des Yezidischen Forums nahm der Senat im Berufungsverfahren 11 LB 14/06 zum Anlass, das Auswärtige Amt mit Beweisbeschluss vom 17. Juli 2006 um Erteilung einer Auskunft zu ersuchen. Zu der hierauf erteilten Auskunft vom 26. Januar 2007 haben sich das Yezidische Forum (Anmerkungen v. 20.3.2007) und der Kläger des vorliegenden Verfahrens (u.a. im Schriftsatz v. 16.3.2007) eingehend geäußert. In beiden Stellungnahmen werden der Auskunft des Auswärtigen Amtes verschiedene Mängel und Fehleinschätzungen vorgeworfen. Das Auswärtige Amt hat sich dazu auf Ersuchen des Senats am 3. Mai 2007 wie folgt geäußert: Die Auskunft vom 26. Januar 2007 beruhe auf umfangreichen und intensiven Ermittlungen eines Vertrauensanwalts zu den behaupteten Geschehnissen vor Ort. Aufgrund einer Vielzahl der in der Vergangenheit von diesem Vertrauensanwalt durchgeführten Ermittlungen zu Stellungnahmen für deutsche Verwaltungsgerichte und Behörden auch zu anderen asylrelevanten Sachverhalten bestünden keine Zweifel an der Richtigkeit und Objektivität der auch in diesem Fall recherchierten Angaben. Von einer nochmaligen Äußerung bzw. inhaltlichen Bewertung werde daher abgesehen. Bevor der Senat sich im Einzelnen mit dem vom Yezidischen Forum mitgeteilten Vorfällen auseinandersetzt, soll zu dem Beweiswert von Erkenntnismitteln allgemein und im konkreten Fall Stellung genommen werden.

Auskünfte des Auswärtigen Amtes haben nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. etwa Urt. v. 22.1.1985 - 9 C 52.83 -, InfAuslR 1985, 147 = DVBl. 1985, 577; Beschl. v. 31.7.1985 - 9 B 71.85 -, InfAuslR 1986, 74 = NJW 1986, 3221) allgemein einen hohen Beweiswert. Auch nach Einschätzung des Bundesverfassungsgerichts kommen sie den tatsächlichen Verhältnissen wohl am nächsten, zumal sie vom Bemühen um Objektivität gekennzeichnet seien (Beschl. v. 23.2.1993 - 1 BvR 990/82 -, BVerfGE 63, 197, 213 f.). Lageberichte und Auskünfte des Auswärtigen Amtes stellen daher eine wesentliche tatsächliche Entscheidungsgrundlage im Asylprozess dar. Welche Schlüsse aus den Stellungnahmen des Auswärtigen Amtes zu ziehen sind, ist dagegen eine Frage der gerichtlichen Sachverhalts- und Beweiswürdigung, im Rahmen derer die zu dem jeweiligen Herkunftsland vorliegenden, gegebenenfalls auch einander (teilweise) widersprechenden Erkenntnismittel der verschiedenen Institutionen, Organisationen und Personen zu gewichten und rechtlich zu bewerten sind. Allerdings sind die Tatsachengerichte ausnahmsweise zu näherer Prüfung einer Auskunft des Auswärtigen Amtes verpflichtet, wenn durch ganz bestimmte Anhaltspunkte belegte Zweifel an der Zuverlässigkeit der in der Auskunft verwerteten Informationen erkennbar sind (vgl. BVerwG, Beschl. v. 31.8.2006 - 1 B 24.06 -; Beschl. v. 31.7.1985, a.a.O.). Die Aussagekraft von Gutachten und Stellungnahmen anderer Stellen kann dadurch geschmälert sein, dass sie bestimmte Interessen vertreten oder in Gegnerschaft zur Regierung des betreffenden Herkunftslandes stehen und deshalb die erforderliche Objektivität und Distanz ganz oder teilweise vermissen lassen (vgl. etwa Schenk, in: Hailbronner, AuslR, vor § 74 AsylVfG Rn. 102 u. 110; Dürig, Beweismaß und Beweislast im Asylrecht, 1990, S. 7). So ist bei den vorliegenden Stellungnahmen des Yezidischen Forums zu bedenken, dass es sich um einen Zusammenschluss von Yeziden aus Oldenburg und Umgebung in Gestalt eines eingetragenen Vereins handelt, dessen Ziel "die Aufrechterhaltung und Weitervermittlung der religiösen und kulturellen Inhalte sowie Werte und Bräuche unter yezidischen Gesellschaftsformen in der Diaspora" ist (vgl. die Internetveröffentlichung unter www.yezidi.org/28.98.html). Von daher ist die Gefahr einer interessenorientierten Betrachtungsweise nicht auszuschließen. Die außerdem zur Beurteilung einer Gruppenverfolgung der Yeziden in der Türkei herangezogenen gutachterlichen Stellungnahmen des Sachverständigen Baris, der - wie bereits erwähnt - der yezidischen Glaubensgemeinschaft angehört, sind ebenfalls unter diesem Aspekt kritisch zu überprüfen. Zweifel an der Unparteilichkeit des Gutachters lassen sich aber auch aus anderen Umständen herleiten. Das Verwaltungsgericht Hannover hat Baris im Verfahren 1 A 389/02 (Berufungsverfahren 11 LB 324/03) in der mündlichen Verhandlung vom 30. April 2003 ausführlich aufgrund eines Fragenkatalogs angehört (vgl. die Niederschrift v. 30.4.2003 mit Anhang). Die Befragung hat ergeben, dass die Feststellungen von Baris regelmäßig ohne ausreichende Kontrollrecherche auf den Angaben von Zeugen beruhen, die er für vertrauenswürdig hält, im erheblichen Umfang sogar auf Berichten von Zeugen vom Hörensagen. Das Verwaltungsgericht hat anhand mehrerer - und dem Sachverständigen vorgehaltener - Beispiele nachvollziehbar belegt, dass dieser in der Vergangenheit zu krassen Fehldarstellungen und -beurteilungen gekommen ist. Zum anderen fehlt Baris zumindest teilweise die gebotene sachliche Distanz zu den ihm gestellten Beweisthemen. So spricht er etwa im Gutachten vom 17. April 2006 an das OVG Sachsen-Anhalt davon, dass Yeziden "gegenwärtig kontinuierlich mit Billigung und tendenzieller Zustimmung des türkischen Staates seitens der moslemischen Mehrheitsbevölkerung sowohl ethnisch als auch wegen ihrer religiösen Sonderstellung verfolgt werden" (S. 10) und führt dies außer auf kurdischen Fundamentalismus auch auf "türkischen Rassismus" zurück, wobei dieser Verfolgung und Verachtung ein "eindeutiges Spezifikum des Erscheinungsbildes" inne wohne, "das auch in anderen rassistischen und faschistischen Gesellschaften zu beobachten" sei (S. 11). Dass es sich dabei nicht um einen einmaligen verbalen Ausrutscher handelt, wird dadurch bestätigt, dass er an einer anderen Stelle des Gutachtens (S. 12) die "verheerende Verfolgungsdichte der yezidischen Glaubensgemeinschaft durch die fanatisch-muslimische Majorität mit Duldung der türkischen Sicherheits- und Verwaltungsbehörden" beklagt. In diesen Ausführungen kommt seine prinzipielle Gegnerschaft zum türkischen Staat und seine schon vom Verwaltungsgericht Hannover festgestellte Neigung, Umstände, die nicht in sein Weltbild passen, zu ignorieren oder einseitig zu interpretieren, zum Ausdruck. Diese Voreingenommenheit verstärken die Zweifel an seiner Fähigkeit zu einer objektiven und differenzierten Betrachtungsweise. Ähnlich verhält es sich mit seiner Kritik an kurdischen Organisationen. So schreibt er zu deren Aufrufen zur Rückkehr in die Türkei, dies geschehe seines Erachtens "aus parteipolitischen Erwägungen, um die Yeziden für sich zu gewinnen"; dieses Motiv habe "allerdings mit der Realität des Landes nichts zu tun, vielmehr wohne diesem Umgang ausschließlich ein propagandistischer Charakter inne" (Anhang 2 zum Gutachten v. 17.4.2006 an OVG Sachsen-Anhalt, S. 6). Diese fragwürdige Vermischung von Fakten und subjektiven Mutmaßungen lässt sich nur schwerlich mit der Stellung eines zur Unparteilichkeit verpflichteten Sachverständigen vereinbaren. Gleichwohl bedeuten die vom Senat aufgezeigten Bedenken nicht zwangsläufig, dass die gutachtlichen Stellungnahmen von Baris in Gänze unbrauchbar sind. Vielmehr muss auch insoweit im Vergleich mit anderen Erkenntnisquellen ermittelt werden, welche Darstellung des jeweiligen Einzelfalls am ehesten den realen Verhältnissen entsprechen könnte. Insgesamt ist aber festzuhalten, dass den Gutachten von Baris aus den dargelegten Gründen nur ein begrenzter Beweiswert beizumessen ist.

Hiervon ausgehend kann nicht festgestellt werden, dass die in den Lageberichten und Auskünften des Auswärtigen Amtes zur Situation der Yeziden in der Türkei mitgeteilten Informationen durch anders lautende Erkenntnisse des Yezidischen Forums, von Baris und des Klägers ernsthaft erschüttert worden sind. Auch wenn die Aussagen des Auswärtigen Amtes in einigen Punkten unklar, widersprüchlich, beschönigend oder übertrieben sein sollten, würde dies den Beweiswert seiner Stellungnahmen insgesamt nicht in entscheidungserheblicher Weise beeinträchtigen.

Insbesondere vermag der Senat die vom Yezidischen Forum und dem Kläger generell geäußerte Kritik an der Aussagekraft der Stellungnahmen des Auswärtigen Amtes zu der Lage der Yeziden in der Türkei nicht zu teilen. Ihr Vorwurf, die Auskünfte des Auswärtigen Amtes beruhten weitgehend auf einseitigen Angaben türkischer Behörden sowie auf unzutreffenden Informationen durch nicht glaubwürdige Gewährsleute bzw. falsch wiedergegebener Äußerungen von Yeziden, greift nicht durch.

Der vom Auswärtigen Amt beauftragte Vertrauensanwalt hat - wie aus der Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 26. Januar 2007 (a.a.O.) hervorgeht - bei seinen Recherchen vor Ort nicht nur Vertreter von türkischen Staatsorganen (wie Polizei, Gendarmerie, Landräte, Bürgermeister, Dorfvorsteher, Richter und Staatsanwälte), sondern auch Privatpersonen (etwa kurdische Politiker, Religionsführer, Gewerkschafter, Rechtsanwälte, Menschenrechtler, Yeziden, Freunde von Yeziden, muslimische Bewohner von Nachbardörfern, Geschäftsleute) befragt und zudem auch Verwaltungs- und Gerichtsakten eingesehen. Der Senat sieht keinen berechtigten Anlass, an diesen Angaben zu zweifeln, zumal das Auswärtige Amt mitgeteilt hat, dass es sich bei dem von ihm eingeschalteten Vertrauensanwalt um eine unabhängige, zuverlässige und erfahrene Person handele, die in seinem Auftrag auch bereits in der Vergangenheit in einer Vielzahl von Fällen Ermittlungen zu asylrelevanten Sachverhalten durchgeführt habe. Zudem beruhen die Recherchen des Vertrauensanwalts auf einer viel breiteren Grundlage als die Stellungnahmen des Yezidischen Forums und des Sachverständigen Baris, die selbst angeben, dass ihre Informationen von den betroffenen Yeziden persönlich oder deren Verwandten bzw. Zeugen vom Hörensagen stammten. Dass deren Berichte über die jeweiligen Geschehnisse eher interessenorientiert sind, liegt auf der Hand. Das gilt natürlich auf der anderen Seite auch für Auskünfte von türkischen Behörden, wenn diese nicht gegenrecherchiert werden. Für die Richtigkeit der betreffenden Ermittlungen des vom Auswärtigen Amt eingeschalteten Vertrauensanwalts spricht grundsätzlich eine höhere Gewähr, weil sie sich auf unterschiedliche Erkenntnisquellen stützen und weder die Aussagen von Yeziden noch die Angaben offizieller türkischer Stellen zum alleinigen Maßstab machen. Aber auch hier ist - wie bereits erwähnt - ein Gegenbeweis zulässig, wenn etwa gewichtige und fallbezogene Zweifel an dem Wahrheitsgehalt der der Auskunft des Auswärtigen Amtes zugrunde liegenden Informationen geäußert werden.

In diesem Zusammenhang können sich der Kläger und das Yezidische Forum nicht mit Erfolg darauf berufen, dass zumindest ein Teil der betreffenden Auskünfte des Auswärtigen Amtes auf nicht seriösen Gewährsleuten bzw. Fehlinformationen beruhe. Sie beziehen sich dabei vor allem auf die seit dem Lagebericht vom 19. Mai 2004 durchgängige Feststellung des Auswärtigen Amtes, dass - wie die Befragung einzelner Yeziden ergeben habe - seit mehreren Jahren keine religiös motivierten Übergriffe von Moslems gegen Yeziden bekannt geworden seien. Sie bestreiten in diesem Zusammenhang den Wahrheitsgehalt der in der Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Verwaltungsgericht Braunschweig vom 3. Februar 2004 wiedergegebenen Aussage eines "maßgeblichen Yezidenführers" in Besiri/Batman, in den letzten Jahren habe sich in dieser Region das Verhältnis zwischen den Religionsgruppen erheblich verbessert, und der ebenfalls in dieser Auskunft zitierten Aussage des Dorfvorstehers des Yezidendorfs Burc, weder seien die in dieser Region lebenden Yeziden vertrieben worden noch gebe es Schwierigkeiten mit muslimischen Nachbarn. Auch im Lagebericht vom 11. Januar 2007 weist das Auswärtige Amt darauf hin, dass nach Angaben von Vertretern der Yeziden seit mehreren Jahren keine religiös motivierten Übergriffe von Muslimen gegen Yeziden mehr bekannt geworden seien. Allerdings werden in diesen Stellungnahmen die Namen der betreffenden Auskunftspersonen nicht genannt. Dies ist indes nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts u. a. mit Rücksicht auf den Informantenschutz grundsätzlich zulässig (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.1.1985, a.a.O.; Schenk, a.a.O., vor § 74 Rn. 96 ff.). Die vom Auswärtigen Amt in den Auskünften vom 3. Februar 2004 an das Verwaltungsgericht Braunschweig, vom 20. Januar 2006 an das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt und vom 26. Januar 2007 an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht erwähnten Vertreter von Yeziden dürften gleichwohl aufgrund der in ihnen enthaltenen Zusatzinformationen zumindest teilweise zu identifizieren sein. Darauf weist das Yezidische Forum in seiner Stellungnahme vom 4. Juli 2006 zutreffend hin. Bei dem im "Reisebericht aus dem Südosten" des Bundesamtes vom September 2003 und in der Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 3. Februar 2004 genannten maßgeblichen bzw. führenden Yezidenvertreter aus dem Raum Besiri dürfte es sich um P. handeln. Ein weiterer Informant des Auswärtigen Amtes dürfte dessen Bruder Q. sein, der gemeinsam mit seinem Bruder und weiteren Yeziden den in Besiri ansässigen "Verein für Soziale Unterstützung und Kultur der Yeziden aus Batman" gegründet hat (vgl. Auskunft der Botschaft Ankara v. 26.10.2005 an das Bundesamt; AA, Auskunft v. 26.1.2007, a.a.O.). Der Verein - so die Botschaft Ankara - leiste u. a. Unterstützung bei der Organisation von Beerdigungen von im Ausland verstorbenen Yeziden und sei auch rückkehrwilligen Yeziden behilflich. Das Auswärtige Amt hat in seiner Auskunft vom 26. Januar 2007 (a.a.O.) ferner mitgeteilt, P. werde in der Zeitschrift Aksiyon von April 2006 als bekannter Yezide aus Besiri bezeichnet, der erklärt habe, dass es keine Probleme gebe und alle Einwohner einträchtig zusammenlebten. Das Yezidische Forum hat dazu in seinen Anmerkungen vom 20. März 2007 (und in seiner Stellungnahme v. 4.7.2006) erklärt, dass der Verein lediglich zehn Mitglieder habe und tatsächlich bedeutungslos sei. Eine ähnliche Aussage hat auch der Zeuge J. in der mündlichen Verhandlung des Senats gemacht. Die Brüder PQ., die bekannte Persönlichkeiten in der yezidischen Gesellschaft seien, hätten ihm während ihres Aufenthalts in Deutschland mitgeteilt, dass der Verein heute nur noch auf dem Papier existiere und keine Aktivitäten mehr stattfänden. Der Verein habe ursprünglich u. a. das Ziel verfolgt, die Rückkehr von im Ausland lebenden Yeziden in die Türkei vorzubereiten. Dazu habe es Projekte der Europäischen Union gegeben, mit denen die Rückkehrbereitschaft gefördert werden sollte. An diesen finanziellen Möglichkeiten hätten sie teilhaben wollen. Der Zeuge J. hat bei seiner Vernehmung ferner angegeben, dass er das Haus in Besiri, in dem der Sitz des Yezidenvereins sein solle, bei seiner Reise im Jahr 2004 von außen besichtigt habe. Es habe wie eine Bar oder ein Lokal ausgesehen; nach seinem Eindruck sei dort käuflicher Sex angeboten worden. Später habe er erfahren, dass das Gebäude Ende 2005 zu einem Restaurant umgebaut worden sei. P. habe ihm bei seinem Besuch erzählt, dass er mit dem Verein nichts mehr zu tun haben wolle. Der Zeuge J. hat weiter bekundet dass Q. seit Jahren mit einer Nichtyezidin verheiratet sei. Nach den yezidischen Glaubensregeln hätte er deshalb nicht Vorsitzender eines yezidischen Vereins sein dürfen. Der Senat lässt offen, ob diese Aussagen des Zeugen J. der Wahrheit entsprechen. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, wäre dadurch die Richtigkeit der auf die Brüder PQ. zurückgehenden Informationen des Auswärtigen Amtes in der Sache nicht zwangsläufig in Frage gestellt, zumal die Stellungnahmen des Auswärtigen Amtes zur Situation der Yeziden in der Türkei noch auf weiteren davon unabhängigen Fakten und Befragungen beruhen.

Das Gleiche gilt für das Vorbringen des Yezidischen Forums zu einem weiteren Gewährsmann des Auswärtigen Amtes namens R.. Dieser wurde ausweislich des vom Bundesamt erstellten "Reiseberichtes aus dem Südosten" von September 2003 und der Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 3. Februar 2004 an das Verwaltungsgericht Braunschweig anlässlich eines Besuchs des Yezidendorfes Burc am 22. Juli 2003 befragt. Dabei habe dieser geäußert, dass es eine Vertreibung der in dieser Region lebenden Yeziden bzw. Übergriffe seitens muslimischer Dorfbewohner nicht gegeben habe. Das Yezidische Forum hat demgegenüber eine ins Deutsche übersetzte Erklärung des R. - Gemeindevorsteher des Dorfes Burc - vom 17. April 2006 vorgelegt, in der er sich von den ihm zugeschriebenen Erklärungen distanziert. Darin heißt es, dass die yezidische Bevölkerung als eine religiöse Minderheit jetzt wie zuvor von hier lebenden Angehörigen muslimischer Stämme (Clans) verschiedenen Verfolgungen ausgesetzt sei. Die Verfolgungen und die Ungerechtigkeit gegenüber Yeziden durch Moslems hätten nicht aufgehört. Als Fallbeispiele nennt er die Schläge gegen S. und T.. Diese Vorfälle sind aber nicht geeignet, eine anhaltende Gruppenverfolgung der Yeziden in der Türkei zu belegen (vgl. dazu die späteren Ausführungen des Senats). Darüber hinaus fehlt es an einer plausiblen Erklärung dafür, weshalb das Auswärtige Amt und das Bundesamt Aussagen von R., die er am 22. Juli 2003 gegenüber Vertretern dieser zur Objektivität verpflichteten Behörden gemacht hat, falsch wiedergegeben haben sollen. Es ist eher zu vermuten, dass R. - aus welchen Gründen auch immer - später von seinen ursprünglichen Äußerungen abgerückt ist.

Schließlich kommt es auch nicht darauf an, ob es zutrifft, dass der Dorfvorsteher von Ückuyular - wie das Auswärtige Amt in seiner Auskunft vom 26. Januar 2007 (a.a.O.) mitgeteilt hat - in einer Presseerklärung zur Eröffnung des Yezidenhauses im Juli 2004 erklärt hat, dass insgesamt 25 yezidische Familien in die Dörfer Yolveren, Oguz und Ückuyular zurückgekehrt seien. Der Zeuge I. bestreitet dies unter Berufung auf ein kürzlich geführtes Telefongespräch mit seinem Onkel U., der Dorfvorsteher von Ückuyular ist. Es sei kein Yezidenhaus in Ückuyular, sondern lediglich eine Unterbringungsmöglichkeit für Trauergäste gebaut worden. Es habe weder eine Einweihungszeremonie stattgefunden noch gebe es eine Presseerklärung von ihm. Der Bürgermeister von Besiri habe sie in diesem Zusammenhang auch nicht unterstützt. Die Unterbringungsmöglichkeit sei mit Hilfe von Verwandten aus Deutschland geschaffen worden. Abgesehen davon, dass in der Zeitung "Özgür Politika" vom 8. Mai 2004 berichtet wird, dass der Bürgermeister von Besiri das Projekt eines "yezidischen Hauses" unterstütze, jedoch zugleich erklärt habe, der Haushalt der Stadt Besiri lasse eine Finanzierung des Projekts nicht zu, so dass die yezidischen Organisationen im Ausland dies übernehmen müssten, was auch das Auswärtige Amt in seiner Auskunft vom 26. Januar 2007 (a.a.O.) bestätigt hat, ist es letztlich nicht entscheidungserheblich, ob es eine offizielle Einweihungsveranstaltung und eine amtliche Presseerklärung des Dorfvorstehers von Ückuyular tatsächlich gegeben hat oder nicht. Dass im Ausland lebende Yeziden in die genannten Dörfer im Kreis Besiri zurückgekehrt sind, war schon in der Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 3. Februar 2003 an das Verwaltungsgericht Braunschweig unter Bezugnahme auf Gespräche mit Yeziden berichtet worden. Dass über die Zahl der Rückkehrer (sei es dauerhaft, sei es vorübergehend) Streit besteht, hat der Senat bereits näher dargelegt. Darauf wird verwiesen.

Dies vorausgeschickt, wird im Folgenden zu den Vorfällen, über die in den dem Senat vorliegenden Erkenntnismitteln berichtet wird, näher Stellung genommen. Dabei orientiert sich der Senat an der Reihenfolge der in der Stellungnahme des Yezidischen Forums vom 4. Juli 2006 wiedergegebenen Fälle:

1. Der in Deutschland lebende Yezide V., der aus dem Dorf Dibek (kurdisch: Badibe), Kreis Nusaybin (Provinz Mardin) stammte, war nach übereinstimmenden Berichten im September 2005 in die Türkei eingereist, um sich in seiner Heimat eine Existenz aufzubauen. Er wurde am 2. April 2006 am Rande eines Feldes, das zu Dibek gehört, tot aufgefunden. Die Darstellungen über die Todesursache gehen allerdings auseinander. Während das Yezidische Forum unter Berufung auf Christen aus Dibek behauptet, dass V. von Muslimen aus dem Nachbardorf erschlagen worden sei, die verhindern wollten, dass sich in der Gegend wieder Yeziden ansiedelten, ist er nach Angaben des Auswärtigen Amtes in der Auskunft vom 26. Januar 2007 (a.a.O.), die auf dem Bericht eines von der Staatsanwaltschaft Nusaybin beauftragen gerichtsmedizinischen Instituts beruht, einem Herzversagen erlegen. Der vom Kläger benannte Zeuge K., der im Rahmen seiner journalistischen Tätigkeit wegen des Todes von V. in der Türkei Recherchen angestellt hat, will von einem jungen Christen, der im Nachbardorf von Dibek wohne, ebenfalls erfahren haben, dass V. von Muslimen umgebracht worden sei. Sie hätten offensichtlich etwas dagegen gehabt, dass V. in Dibek ein Haus bauen wollte. Der Zeuge K. hat ferner ausgesagt, dass sein Gesprächspartner ihm die Telefonnummer des Arztes gegeben habe, der die Autopsie erstellt habe. Er - der Zeuge - habe ihn aus Deutschland angerufen und erfahren, dass V. nicht an einem Herzinfarkt gestorben, sondern ermordet worden sei. Nach den Informationen, die er - der Zeuge - von dem jungen Christen erhalten habe, sei sein telefonischer Gesprächspartner auch tatsächlich als Arzt bei dem vom Auswärtigen Amt genannten gerichtsmedizinischen Institut beschäftigt. Der Zeuge K. hat dem Senat ferner Fotos der Leiche von V. vorgelegt, auf denen Gesichtsverletzungen und Blutspuren am Kopf zu sehen sind. Er hat weiter ausgesagt, die entsprechenden Fotos bei einem Besuch in der Türkei einem türkischen Herzspezialisten gezeigt zu haben. Dieser habe ihm erklärt, dass die auf den Fotos sichtbaren Gesichtsverletzungen nicht von einem Schlaganfall bzw. Herzinfarkt herrühren könnten, sondern von Misshandlungen stammten. Der Senat hat aber Zweifel, dass V. wirklich erschlagen worden ist. Zum einen ist es nicht recht verständlich, weshalb ein Arzt, der angeblich die offizielle Autopsie der Leiche von V. gemacht hat, von seinem eigenen Untersuchungsergebnis später in einem privaten Telefongespräch abgerückt sein soll. Zum anderen hält es der Senat aufgrund der vorgelegten Fotos durchaus für möglich, dass sich V. die Kopfverletzungen aufgrund eines durch den Herzinfarkt hervorgerufenen Sturzes zugezogen hat, da neben seiner Leiche ein Felsen zu erkennen ist. Nimmt man alles zusammen, spricht mehr dafür, dass V. eines natürlichen Todes gestorben ist.

2. Soweit es um die Situation in dem bereits mehrfach erwähnten Dorf Magara geht, stimmen die Erkenntnisquellen zumindest teilweise überein. Anders als das Auswärtige Amt ist das Yezidische Forum aber der Ansicht, dass das Rückkehrprojekt nach einer Auseinandersetzung mit dem Aga W., dessen Clan das Dorf von 1994 bis Oktober 2004 besetzt hatte, als gescheitert anzusehen sei. Auch der in der Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 26. Januar 2007 (a.a.O.) beschriebene Versuch von in Deutschland lebenden Yeziden, bezahlte Wachen einzusetzen, sei gescheitert. Für diese Behauptung hat das Yezidische Forum jedoch keinen Nachweis erbracht. Allerdings räumt auch das Auswärtige Amt ein, dass das Dorf gegenwärtig unbewohnt sei. In den Jahren 2005 und 2006 sind jedoch - wie aus dem "Reisebericht der yezidischen Delegation aus Kiwex" hervorgeht - ehemalige Einwohner wiederholt nach Magara gefahren, um beispielsweise verlassene Häuser zu renovieren. Diesem Reisebericht ist ferner zu entnehmen, dass der neue Landrat des Kreises Idil sich für die Interessen der Yeziden etwa bei der Regelung von Grundstücksfragen eingesetzt hat, während sein Vorgänger aufgrund des Einflusses des Großgrundbesitzers W. und dessen Dorfschützern die Bearbeitung der bürokratischen Angelegenheiten der Yeziden bewusst blockiert habe. Außerdem ist es unstreitig, dass in Magara weiterhin in Deutschland verstorbene Yeziden beigesetzt werden und an den Trauerfeiern neben den Angehörigen auch muslimische Nachbarn teilnehmen. Über die Zahl der Trauergäste besteht jedoch Uneinigkeit. Während das Auswärtige Amt davon spricht, dass zu den traditionellen Begräbnissen Hunderte, manchmal sogar Tausende von Trauergästen eingeladen würden, hält das Yezidische Forum diese Zahl für weit überhöht. Wie aber aus den weiter vom Auswärtigen Amt in diesem Zusammenhang gemachten Ausführungen hervorgeht, nehmen nicht alle eingeladenen Trauergäste auch an der Beisetzung teil. So sei es die Regel, dass Angehörige von in Europa verstorbenen Yeziden oftmals muslimische Bekannte mit den Bestattungen beauftragten und für Leichenwagen bzw. Krankenwagen und insbesondere für die Bestattungsfeier ca. 2.000 bis 3.000,-- EURO überwiesen. Dieses Geld werde für die Beisetzung und insbesondere für das traditionelle Essen im Rahmen der Trauerfeier verwendet. Demgegenüber weist das Yezidische Forum darauf hin, dass bestenfalls einige Moslems aus der Nachbarschaft eingeladen würden, zu denen früher ausnahmsweise eine Art nachbarschaftliches Verhältnis bestanden habe. "Tausende" zu bewirten wäre schon rein logistisch gesehen nicht möglich. Welche dieser Darstellungen letztlich zutrifft, kann offen bleiben. Denn maßgeblich ist darauf abzustellen, dass Bestattungen von Yeziden in Magara möglich sind, ohne dass muslimische Kurden dem Widerstand entgegensetzten. Dagegen stocken offensichtlich die Bemühungen, in Magara wieder Yeziden dauerhaft anzusiedeln. Dass sich ca. 40 bis 50 Familien - wie das Auswärtige Amt behauptet - auf eine Rückkehr vorbereiten sollen, ist nicht näher belegt. Dem steht gegenwärtig auch entgegen, dass - wie der Senat bereits ausgeführt hat - in der Provinz Sirnak und auch in der Umgebung von Magara wieder Kämpfe zwischen der PKK und der türkischen Armee ausgebrochen sind. Möglicherweise haben die im März 2006 in Magara stattgefundenen Explosionen von Sprengkörpern und der Beschuss der Trinkwasseranlage im Mai 2006 mit diesen bewaffneten Auseinandersetzungen zu tun. Für die Behauptung des Yezidischen Forums, die Dorfschützer des Großgrundbesitzers W. stünden wahrscheinlich dahinter, fehlen konkrete Anhaltspunkte. Soweit das Yezidische Forum weiter angibt, dass es Streit mit dem türkischen Militärkommandanten gebe, der angesichts der Kampfhandlungen mit der PKK verlangt habe, dass Yeziden aus ihrem Grundbesitz Flächen für den Bau neuer Häuser für Dorfschützer abgäben, ist ebenfalls ein asylrechtlicher Hintergrund nicht erkennbar. Denn dies dürfte im Zusammenhang mit den militärischen Auseinandersetzungen im Südosten der Türkei stehen. Außerdem scheint eine Enteignung bisher auch nicht erfolgt zu sein, zumal die yezidischen Grundstückseigentümer dagegen gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen könnten.

3. Nach Angaben des Yezidischen Forums reiste die in Deutschland lebende yezidische Familie X. mit vier Personen im Oktober 2005 in das Dorf Degirmencik (kurdisch: Kulika), Kreis Nusaybin, um besitzrechtliche Fragen zu klären. Diese Familie habe im Jahr 1994 das früher nur von Yeziden bewohnte Dorf verlassen. In der Zwischenzeit bis zu ihrer Rückkehr habe die im Nachbardorf ansässige muslimische Großgrundbesitzerfamilie Y. die Ländereien der Familie X. bewirtschaftet. Diese habe beim Gericht in Nusaybin ein Verfahren auf Herausgabe des Grundstücks eingeleitet. Am 5. Oktober 2005 habe ein Ortstermin stattfinden sollen. Anstelle eines Vertreters des Gerichts und der Gendarmerie seien aber etwa zehn Personen der Y.-Sippe erschienen und hätten auf die Angehörigen der Familie X. und drei sie begleitende Yeziden eingeschlagen und sie zum Teil schwer verletzt. Überliefert seien Sätze wie "Ihr Ungläubige wollt Land? Wir zeigen es euch" und "Wenn ihr hier nicht freiwillig verschwindet, dann werdet ihr Deutschland nur noch als Leichen betreten". Nach dem Vorfall hätten die Yeziden die Gendarmerie informiert, die jedoch nichts gegen die Y. -Sippe unternommen habe. Daraufhin seien die vier Yeziden am 10. Oktober 2005 nach Deutschland zurückgekehrt. Das Auswärtige Amt bestätigt in seiner Auskunft vom 26. Januar 2007 (a.a.O.), dass es am 5. Oktober 2005 zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen Angehörigen der Familien X. und Y. gekommen sei, bei der auf beiden Seiten Personen verletzt worden seien. Die Gendarmerie habe den Vorfall protokolliert und die Staatsanwaltschaft Nusaybin eingeschaltet, die Anklage wegen Körperverletzung gegen die Beteiligten an der Schlägerei erhoben habe. Das Verfahren sei beim Amtsgericht für Strafsachen in Nusaybin anhängig; letzter Verhandlungstermin sei am 6. Dezember 2006 gewesen. Kurz vor der Ortsbesichtigung vom 5. Oktober 2005 hätten die vier Yeziden über eine Rechtsanwältin Anzeige wegen Bedrohung gegen Mitglieder der Familie Y. erstattet; die Strafverfolgung sei aber später mangels Beweises rechtskräftig eingestellt worden. Das Auswärtige Amt hat ferner darauf hingewiesen, dass im Grundbuch die Felder des Dorfes Degirmencik anteilig registriert seien. Unklarheiten wegen zahlreicher Parzellen müssten noch gerichtlich geklärt werden; die Verfahren seien insoweit noch anhängig. Die Familien X. und Y. hätten sich bisher nicht über die Aufteilung der Grundstücke einigen können. Die Ursache der Zwistigkeiten sei darauf zurückzuführen, dass die Yeziden wegen Grundstücksforderungen gerichtlich gegen den Y. -Clan vorgegangen seien, zu dessen Einflussbereich das Dorf Degirmencik gehöre. Das Yezidische Forum hat diese Darstellung des Auswärtigen Amtes in den Anmerkungen vom 20. März 2007 nicht grundlegend in Zweifel gezogen, sondern als Bestätigung für seine Behauptung gesehen, dass Yeziden bei dem Versuch, Grundbesitzansprüche zu realisieren, massive Gewalt von Moslems erführen und letztlich scheiterten. Die muslimischen Großgrundbesitzer betrachteten Yeziden nach wie vor als eine Art Leibeigene. Bei den Reaktionen der Familie Y. handelt es sich aber um Schwierigkeiten, auf die Rückkehrer im Südosten der Türkei allgemein treffen können. Selbst wenn die Gewaltanwendung am 5. Oktober 2005 von Angehörigen der Familie Y. ausgegangen sein sollte, was bisher gerichtlich nicht abschließend geklärt ist, ist nicht erkennbar, dass diese Übergriffe vorrangig religiös motiviert waren. Vielmehr dürfte das Bestreben des Y.-Clans im Vordergrund stehen, den Anspruch der Familie X. auf Rückgabe ihrer Ländereien zu verhindern oder zumindest zu erschweren. Diese Bewertung gilt auch dann, wenn Angehörige der Familie Y. bei diesen Auseinandersetzungen auf die Glaubenszugehörigkeit der Yeziden angespielt haben sollten. Auch das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat in seinem Urteil vom 14. Februar 2006 (a.a.O., S. 20 f. UA) diesen Vorfall als nicht asylrelevant angesehen.

4. Was die Vorgänge im Dorf Sülenli (kurdisch: Axmazot), Kreis Viransehir angeht, steht Aussage gegen Aussage. Das Yezidische Forum berichtet, dass Moslems im November 2005 die Häuser von zwei yezidischen Familien mit Maschinengewehren beschossen hätten. Nach Informationen des Auswärtigen Amtes kommt es in Sülenli aus familiären Gründen hin und wieder zu Fehden zwischen den drei dort lebenden yezidischen Familien; manchmal sei auch ein benachbartes muslimisches Dorf involviert. Diese Handlungen seien aber nicht darauf gerichtet, die Yeziden zu vertreiben. Dem hält das Yezidische Forum entgegen, dass dort nur zwei yezdische Familien lebten, die keine Konflikte untereinander hätten. Wäre dies der Fall gewesen, hätte eine Familie das Dorf verlassen müssen. Auch sei dem Yezidischen Forum kein Fall bekannt, in dem sich Yeziden mit Moslems verbunden hätten, um Yeziden zu vertreiben. Vielmehr versuchten dies die sieben muslimischen Familien, die inzwischen in das Dorf gezogen seien. Diese Behauptung stellt wiederum das Auswärtige Amt in Abrede, da es keine Zeugen oder Indizien gebe, die etwas Derartiges bestätigt hätten. Die Darstellung des Auswärtigen Amtes erscheint nicht von vornherein unrealistisch. Dem Senat ist aus mehreren ausländerrechtlichen Verfahren bekannt, dass zwischen Yeziden durchaus Familienfehden bestehen können, die teilweise sogar mit Gewalt ausgetragen werden. Ebenfalls ist dem Senat bekannt, dass im Kreis Viransehir die Beziehungen zwischen Muslimen und Yeziden enger sind als in anderen yezidischen Siedlungsgebieten (vgl. etwa Urt. v. 24.9.1998 - 11 L 6819/96 -; siehe auch Baris vor VG Hannover, Protokoll v. 30.4.2003 im Verfahren 1 A 389/02). Dort leben viele muslimische Familien, die früher dem religiösen Yezidentum angehört hatten und zwangsislamisiert worden sind. Sollte es zutreffen, dass die nach Sülenli zugezogenen muslimischen Familien die dort lebenden Yeziden schikanieren, müssten diese gegebenenfalls staatliche Hilfe in Anspruch nehmen. Zudem kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass die behaupteten Übergriffe religiös motiviert waren.

5. Das Yezidische Forum behauptet, dass nach der Fertigstellung der Unterbringungsmöglichkeiten für yezidische Trauergäste aus Deutschland in Ückuyular verstärkt Übergriffe auf die noch im Dorf lebenden Yeziden erfolgt seien. Moslems aus dem Nachbardorf Yenipinar hätten die Yeziden in Ückuyular unter Druck gesetzt, damit diese in einem Gerichtsverfahren um Landbesitz zu ihren Gunsten Aussagen machten. Nachdem die Yeziden das verweigert hätten, sei ihnen das Wasser abgedreht worden. Mehrmals seien auch Äcker umgepflügt und im Jahr 2005 sei ein Teil der Ernte der von Yeziden bestellten Felder von Moslems eingefahren worden. Diese Angaben werden vom Auswärtigen Amt bestritten. Zwar habe es mit den Bewohnern des Nachbardorfes Yenipinar Streitigkeiten wegen der Felder gegeben, jedoch nicht in Form von Drohungen, Angriffen oder Ähnlichem. Dies hätten umfangreiche Befragungen von Bewohnern yezidischer Dörfer im Kreis Besiri sowie von Bewohnern der Nachbardörfer ergeben. Auslöser des Konflikts zwischen den beiden Dörfern sei der Streit um ein 50 ha großes Grundstück gewesen. Die streitenden Parteien hätten sich aber mittlerweile geeinigt. Demgegenüber beharrt das Yezidische Forum auf seiner Darstellung, die auf einer persönlichen Befragung der Betroffenen beruhe. Eine "Einigung" habe es erst nach den Vorfällen gegeben. Der Senat hat zu diesen Vorfällen den vom Kläger benannten Zeugen I. vernommen, der bei den Schlichtungsgesprächen über die genannte Grundstücksangelegenheit zugegen war, als er sich über Silvester 2004/2005 in seiner Heimat aufhielt. Er hat bestätigt, dass mit Hilfe der der DTP (ehemals DEHAP) angehörenden Bürgermeister von Städten wie Batman und Besiri eine Einigung erzielt worden sei. Danach hätten die Moslems kein Recht, Yeziden zur Aussage zu zwingen. Außerdem habe für das streitige Grundstück das Vermessungsamt bestellt werden sollen, um herauszufinden, welcher Anteil jeweils den Yeziden und den Moslems zustehe. Leider sei es bisher nicht zu einer Durchführung dieses Auftrags gekommen. Das bedeute im Ergebnis, dass das große Grundstück, das zur Hälfte aus Ackerland und zur Hälfte aus Wiesen bestehe, heute von den Moslems bewirtschaftet werde. Der Zeuge hat aber auch angegeben, dass es schon seit den 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts Streitigkeiten zwischen Moslems aus den umliegenden Dörfern und Yeziden aus Ückuyular über die Eigentumsverhältnisse an Grundstücken in dieser Gegend gebe. Die Yeziden hätten mittlerweile einen Teil ihres Landes an Moslems abgetreten, damit sie in Ruhe gelassen würden. Die verbleibenden Flächen seien aber ausreichend, um die in Ückuyular lebenden yezidischen Familien zu ernähren. An diesen Ausführungen des Zeugen wird deutlich, dass - wie anderenorts auch - hier der Streit um Eigentumsrechte im Vordergrund der Auseinandersetzungen zwischen Moslems und Yeziden steht. Auch hat er bestätigt, dass es zu Schlichtungsversuchen gekommen ist, auch wenn diese nur teilweise Erfolg hatten. Dass die Yeziden nicht auf ihren Ansprüchen bestehen und im Zweifel nachgeben, ist - auch nach Einschätzung des Senats - darauf zurückzuführen, dass sie in Frieden mit ihren muslimischen Nachbarn leben wollen. Diese Kompromissbereitschaft wird dadurch erleichtert, dass die dort lebenden Yeziden größere Ländereien als früher bewirtschaften, da - so der Zeuge weiter - die Felder der im Ausland lebenden Yeziden hinzugekommen seien. Auch hier vermag der Senat Verfolgungsmaßnahmen, die vorrangig an die Zugehörigkeit zur yezidischen Religionsgemeinschaft anknüpfen, nicht zu erkennen. Außerdem sind die dort lebenden Yeziden darauf zu verweisen, gegebenenfalls unter Einschaltung eines Anwalts gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen.

Soweit der Zeuge I. darüber hinaus berichtet hat, dass sein Onkel beim Gericht 14.600 türkische Lira Kaution habe hinterlegen müssen, um zu erreichen, dass im Grundbuch eine Vormerkung zu seinen Gunsten eingetragen werde, handelt es sich um eine zivilrechtliche Streitigkeit, für die ebenfalls ein asylrechtlicher Hintergrund nicht festgestellt werden kann. Dass der Zeuge I. außerdem vor etwa einem Jahr mit Hilfe von Verwandten in Deutschland 20.000,-- EURO gesammelt haben will, um seinem Onkel in Ückuyular zu ermöglichen, ein bereits erworbenes Grundstück gegenüber Machenschaften des Verkäufers zu sichern, lässt ebenso wenig einen religiösen Anknüpfungspunkt erkennen.

6. Nach Angaben des Yezidischen Forum reiste der in Deutschland lebende Yezide Z., der aus dem Yezidendorf Sümer (kurdisch: Denwan) im Kreis Midyat stammt, Anfang 2005 in seine Heimat mit der Absicht, sich an dem Wiederaufbau des leerstehenden Dorfes zu beteiligen. Er sei von Moslems massiv bedroht worden, die sinngemäß erklärt hätten, er solle von seinen Plänen Abstand nehmen, anderenfalls werde er den Ort nicht lebend verlassen. Daraufhin sei Z. wieder nach Deutschland zurückgekehrt. Das Auswärtige Amt hat diese Angaben insofern bestätigt, als Z. ein zweistöckiges Haus habe errichten lassen, in dem er sich mehrere Monate aufgehalten habe. Nachdem in der Nähe seines Hauses Schüsse abgefeuert worden seien, habe er befürchtet, im Rahmen einer Blutracheangelegenheit, der schon sein Bruder in Deutschland zum Opfer gefallen sei, getötet zu werden. Mehrere Personen, z.B. Dorfvorsteher, Mitarbeiter des Landratsamtes und Händler, hätten angegeben, dass Z. wegen seiner Yezidenzugehörigkeit keinerlei Behelligungen ausgesetzt gewesen und von offiziellen Stellen geschützt worden sei. Diese Erklärung des Auswärtigen Amtes ziehen das Yezidische Forum und der Kläger mit der Begründung in Zweifel, es sei nicht nachvollziehbar, dass Z. wieder nach Deutschland zurückgekehrt sei, obwohl dort gerade sein Bruder aus Gründen der Blutrache getötet worden sei. Im Übrigen sei es widersprüchlich, wenn das Auswärtige Amt ausführe, Kaplan sei keinen Behelligungen ausgesetzt gewesen, gleichwohl aber zusätzlich erkläre, dass er von offiziellen Stellen hätte geschützt werden müssen. Das Yezidische Forum und der Kläger halten in diesem Zusammenhang die von dem Auswärtigen Amt eingeholten Erkundigungen auch deshalb nicht für zutreffend, weil man sich generell auf die Auskünfte von türkischen Behörden und hier auch von muslimischen Händlern nicht verlassen könne. Wie aber aus der Auskunft des Auswärtigen Amtes hervorgeht, hat es zusätzlich auch Informationen von unabhängigen Personen zu diesem Vorgang eingeholt. Außerdem kann nicht von vornherein unterstellt werden, dass die Erklärungen von türkischen Behörden und von muslimischen Händlern nicht der Wahrheit entsprechen. Schließlich dürfte es auch nahe liegen, dass sich Z. in Deutschland vor einer Blutrache sicherer fühlt als im Südosten der Türkei. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat in seinem Urteil vom 14. Februar 2006 (S. 20 f. UA) diesen Vorfall ebenfalls nicht für asylrelevant gehalten.

7. Soweit es um die Schläge gegen T. (Onkel des Sachverständigen Azad Baris) und vier weitere Yeziden bei einem Besuch im Oktober 2004 in der Stadt Viransehir geht, bei denen diese zum Teil schwerwiegende Verletzungen erlitten haben sollen, wird dies auch vom Auswärtigen Amt nicht bestritten. Die Erkenntnismittel stimmen ferner darin überein, dass Auslöser für diese Übergriffe die Weigerung des Sachverständigen Baris war, in einem Gutachten die Yezideneigenschaft von Muslimen im Raum Viransehir zu bescheinigen. Eine asylerhebliche Verfolgung kann deshalb auch hier nicht angenommen werden.

8. Im Hinblick auf den Fall des Yeziden S. aus Bremen ist die Auskunftslage dagegen teilweise nicht einheitlich. Während das Auswärtige Amt in seiner Auskunft vom 26. Januar 2007 (a.a.O.) erklärt, dass S. (im Mai 2004) in Viransehir von einem Mieter tätlich angegriffen worden sei, weil er diesen aufgefordert habe, seine Wohnung zu räumen, behauptet das Yezidische Forum, S. sei in Viransehir auf offener Straße von einer Gruppe von fünf oder sechs jungen Moslems angegriffen und misshandelt worden. Vorausgegangen sei ein Gespräch von S. mit kurdischen Kommunalpolitikern im Parteibüro der DEHAP. S. sei früher in der HEP in Viransehir aktiv gewesen, was auch vom Auswärtigen Amt bestätigt wird. Anlass für das Gespräch seien ständige Übergriffe auf Yeziden durch Angehörige eines muslimischen Dorfschützerclans gewesen. S. habe die Verantwortlichen der DEHAP gebeten, sich dafür einzusetzen, dass sich solche Vorfälle nicht wiederholten. Nachdem S. bei der Polizei Anzeige erstattet habe, sei er von dem Dorfschützerclan, zu dem die Angreifer gehört hätten, massiv unter Druck gesetzt worden. Er habe daraufhin seine Anzeige zurückgenommen und die Türkei verlassen. In seiner Erwiderung vom 20. März 2007 bleibt das Yezidische Forum bei seiner Darstellung und erklärt, dass S. entgegen der Behauptung des Auswärtigen Amtes schon deswegen keinen Streit mit einem Mieter gehabt haben könne, weil er über kein Mietshaus verfüge. Das widerspricht aber auch den Angaben von Baris im Gutachten vom 17. April 2006 an das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt, in dem ausgeführt wird, S. sei von kurdischen Muslimen in der Stadt Viransehir angegriffen und zusammengeschlagen worden, nur weil er die Jahresmiete für sein Haus erhoben habe. Insofern bestehen Zweifel an der abweichenden Darstellung des Yezidischen Forums. Des Weiteren ist das Auswärtige Amt der Behauptung des Yezidischen Forums entgegengetreten, dass S. bedroht worden sei und deshalb die Türkei verlassen habe. Darüber hätten keine Erkenntnisse gewonnen werden können. Unter diesen Umständen kann nicht davon ausgegangen werden, dass S. wegen seiner yezidischen Glaubenszugehörigkeit von Moslems angegriffen und schwer verletzt worden ist.

9. Das Yezidische Forum berichtet, dass der in Deutschland lebende Yezide AB. im Frühjahr 2004 eine große landwirtschaftliche Fläche bei Magaracik (kurdisch:Xanik) im Kreis Nusaybin bewirtschaftet habe. Der in Midyat lebende muslimische Großgrundbesitzer W. und dessen Enkel hätten ihm Ende Mai 2004 zusammen mit weiteren Personen über die Hälfte (insgesamt 57 t) der Ernte mit Gewalt abgenommen. Anschließend hätten ihm zwei Anführer der Dorfschützer aus der Nachbarschaft über Dritte ausrichten lassen, wenn er nicht sofort die Türkei verlasse, "werde seine Mutter weinen". Als er dann noch in seinem Hotel in Nusaybin bemerkt habe, dass ihm zwei Männer folgten und beobachteten, sei er sofort ausgereist. Das Auswärtige Amt teilt in seiner Auskunft vom 26. Januar 2007 (a.a.O.) mit, die Angaben des Yezidischen Forums hätten von keiner Seite bestätigt werden können. Ernteangelegenheiten in dieser Region würden häufig in der Weise geregelt, dass diejenigen, die ihre Felder nicht nutzten, diese verpachteten und dafür 50 % der Ernteerträge erhielten. Da AB. selbst nichts angebaut habe, könnte es sein, dass es sich um einen derartigen Fall gehandelt habe. Es erscheine nicht realistisch, dass bei einem Streit um eine Ernte von 105 t nichts weiter unternommen worden sei. Weder bei der Gendarmerie noch bei der Staatsanwaltschaft existiere eine Anzeige oder ein Vorgang dazu. Auch zu der Behauptung, dass Dorfschützer AB. über Dritte bedroht hätten, ergäben sich keine Anhaltspunkte. Dagegen hält das Yezidische Forum in seiner Erwiderung vom 20. März 2007 die Schilderung des Betroffenen für glaubwürdig. Auch habe Dag selbst auf dem Acker gearbeitet. Yeziden hätten - wie sich gerade in jüngster Zeit gezeigt habe - bei zivilrechtlichen Auseinandersetzungen keine Chance. Abgesehen davon, dass es sich bei der letzten Behauptung erneut um einen pauschalen Vorwurf handelt, hat AB. offenbar nicht einmal versucht, seine Forderung mit Hilfe eines Rechtsanwalts zu realisieren bzw. gegen die betreffenden Mitglieder der W. -Familie eine Anzeige zu erstatten. Im Übrigen hält es der Senat für zweifelhaft, dass eine einzelne Person eine Ernte von insgesamt 105 t Getreide eingefahren haben soll. Dazu fehlen in den Stellungnahmen des Yezidischen Forums jegliche konkreten Angaben. Es ist durchaus vorstellbar, dass AB. die Hilfe von benachbarten Moslems bei der Bestellung der Felder und der Einbringung der Ernte in Anspruch genommen hatte und dafür eine finanzielle Gegenleistung erbringen musste. Es ist - wie der Sachverständige Baris bei seiner Anhörung vor dem Verwaltungsgericht Hannover am 30. April 2003 angegeben hat - im Südosten der Türkei nicht unüblich, dass auch Yeziden Moslems beschäftigen. Letztlich kann dies aber dahinstehen, weil auch bei diesen Vorgängen eine vorrangige Anknüpfung an die yezidische Religionszugehörigkeit nicht zu erkennen ist. Allenfalls könnte ein Machtmissbrauch der Großgrundbesitzerfamilie W. vorliegen. Auch das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen verneint in seinem Urteil vom 14. Februar 2006 (a.a.O., S. 20 f UA) eine Asylrelevanz.

10. Ähnlich verhält es sich mit dem Fall des in Deutschland lebenden Yeziden AC., der nach Angaben des Yezidischen Forums im Juli 2002 (ebenfalls) in das Dorf Magaracik gereist war, um sein Grundeigentum registrieren zu lassen sowie zu erproben, ob er in dem Ort leben und das Land bewirtschaften könne. Als ein Mitglied der Familie W. ihm sinngemäß gesagt habe, wenn er sich noch einmal blicken lasse, werde er nicht lebend herauskommen, sei er sofort abgefahren und nicht wieder in die Türkei zurückgekehrt. Das Auswärtige Amt hat dazu entgegnet, die Behauptung, dass AC. von Angehörigen der W. -Familie bedroht worden sei, treffe nicht zu. Allerdings sei Magaracik ein traditionelles Clan-Dorf und "gehöre" dem Aga W.. Dazu führt das Yezidische Forum aus, diese Angabe des Auswärtigen Amtes zeige die an Leibeigenschaft grenzende soziale Situation der früheren Bewohner des Ortes und die Machtstellung des Großgrundbesitzers W.. Dass in verschiedenen Gebieten im Südosten der Türkei noch semifeudale Strukturen herrschen, ist aber kein Indiz für das Fortbestehen einer mittelbaren Gruppenverfolgung der Yeziden. Denn dabei handelt es sich um tatsächliche Verhältnisse, denen die Bewohner dieser Region allgemein ausgesetzt sind. Im Übrigen vermag der Senat auch hier keinen religiösen Hintergrund zu erkennen. Das Dorf Magaracik war von Moslems in Besitz genommen worden. Da Ortac den Angaben des Yezidischen Forums zufolge dort seinen Landbesitz registrieren lassen wollte und eine Bewirtschaftung beabsichtigte, kam es offenbar zu dem Konflikt mit der dort ansässigen Familie W.. Im Übrigen soll sich dieser Fall bereits im Juli 2002 zugetragen haben, also noch vor der entscheidungserheblichen Änderung der Situation der Yeziden in der Türkei. Wie der Senat bereits dargelegt hat, sind die Voraussetzungen für die Annahme einer mittelbaren Gruppenverfolgung in Übereinstimmung mit dem Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (Urt. v. 14.2.2006, a.a.O.) etwa ab dem Jahr 2003 entfallen.

11. Die verschiedenen Erkenntnisquellen stimmen darin überein, dass im März bzw. Mai 2002 der aus Cilesiz im Kreis Nusaybin stammende yezidische Scheich AD. und seine Ehefrau in der Nähe von Midyat umgebracht worden sind. Während aber das Auswärtige Amt die Vermutung äußert, dass es sich bei der Tat um einen Raubmord handele und nach dem bisherigen Erkenntnissen keine Anhaltspunkte für einen politischen oder religiösen Hintergrund vorlägen, bleibt das yezidische Forum bei seiner Behauptung, die Tat sei von muslimischen Dorfschützern verübt worden, die verhindern wollten, dass AD. die Ländereien bewirtschaftete, die seiner Familie gehörten. Er sei schon kurz vor der Tat von diesen bedroht worden und fast von einem Lastwagen überfahren worden. Das habe er telefonisch seinem in Deutschland lebenden Onkel AE. berichtet. Auch würden sich die religiöse Motivation einer solchen Tat und die Bereicherungsabsicht nicht ausschließen. Die Tötungshemmung gegenüber Yeziden, die als vogelfrei betrachtet würden, sei geringer als gegenüber Moslems. Der Kläger äußert die Befürchtung, dass die genannten Informationsquellen des Auswärtigen Amtes ein Interesse daran hätten, einen Mord mit politischem oder religiösem Hintergrund zu verneinen, um die Übergriffe auf die yezidische Minderheit zu leugnen bzw. zu verharmlosen. Ähnlich lässt sich auch Baris im Gutachten vom 17. April 2006 an das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt ein, der zudem behauptet, zwar sei der Fall bis 2005 ungeklärt geblieben, jedoch wisse man seitdem über die genaue Identität der Täter und ihrer Komplizen Bescheid. Mit einer strafrechtlichen Verfolgung werde nicht mehr gerechnet, denn die zuständigen Behörden hätten daran keinerlei Interesse. Diese Informationen habe er vom Bruder des Ermordeten erhalten. Demgegenüber hat das Auswärtige Amt in seiner Auskunft vom 26. Januar 2007 (a.a.O.) ausgeführt, dass Staatsanwaltschaft und Gendarmerie umfangreich ermittelt hätten, aber bislang ohne konkrete Ergebnisse. Die Ermittlungen seien noch nicht abgeschlossen; einem Dorfschützer sei die Tat aber nicht zur Last gelegt worden. Angesichts dieser widerstreitenden Angaben ist jedenfalls nicht der Nachweis erbracht, dass AD. und seine Ehefrau aus religiösen Gründen umgebracht worden sind. Im Übrigen dürfte es auf diese Frage - wie zuvor auch in Fall 10 - nicht ankommen, weil der Vorfall sich bereits im Jahr 2002 ereignet hat. Dementsprechend hat auch das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen im Urteil vom 14. Februar 2006 (a.a.O., S. 20 UA) hingewiesen, dass dieser Fall für die Bewertung der derzeitigen Gefährdungssituation der yezidischen Gruppenangehörigen nur relativ geringe Bedeutung habe.

12. Über die vorstehend wiedergegebenen Fälle hinaus hat der Kläger des vorliegenden Verfahrens mit Schriftsatz vom 13. Juli 2007 zwei weitere, miteinander im Zusammenhang stehende Vorfälle benannt, die sich am 5. und 16. Oktober 2006 im Dorf Bozca, Kreis Viransehir, zugetragen haben sollen. Er hat dazu auch Unterlagen der Staatsanwaltschaft Viransehir und des Amtsgerichts Viransehir vorgelegt, die der in der mündlichen Verhandlung vernommene Zeuge J. von der betroffenen Familie O. erhalten hat. Der Kläger trägt vor, am 5. Oktober 2006 habe der Moslem AH. den beiden Yeziden AO. und BO. aus Bozca angedroht, er werde sie erschießen bzw. ermorden, wenn sie (vermeintliche) Schulden ihres verstorbenen Vaters CO. nicht bezahlen würden. Die Moslems aus dem Nachbardorf hätten behauptet, CO. einen Lkw mit Linsen im Wert von mehreren Millionen Euro geliefert zu haben. Die beiden Yeziden hätten sich aber geweigert zu zahlen, da sie von irgendwelchen Schulden des Verstorbenen nichts gewusst hätten. Daraufhin seien am 16. Oktober 2006 Angehörige der Familie H. in Bozca erschienen und hätten die drei Yeziden BO., AO. und DO. verprügelt, um ihrer vermeintlichen Forderung Nachdruck zu verleihen. Diese hätten wegen der ihnen zugefügten Körperverletzungen Strafanzeige erstattet. Die Staatsanwaltschaft erhob wegen der Bedrohung auch Anklage gegen AH., doch wurde dieses Verfahren mit Beschluss vom 21. November 2006 eingestellt, weil keine Beweise gegen ihn gefunden worden seien. Dagegen fand in dem Verfahren wegen der Körperverletzungen vom 16. Oktober 2006 eine mündliche Verhandlung vor dem Amtsgericht Viransehir am 22. Januar 2007 statt. Aus dem Verhandlungsprotokoll geht hervor, dass neben zwei Mitgliedern der Familie AK. die drei Yeziden BO., DO. und AO. angeklagt waren. Während diese an der mündlichen Verhandlung teilnahmen, waren die Mitangeklagten H. nicht erschienen. Daraufhin beschloss das Amtsgericht, die beiden Mitglieder der Familie H. mit Gewalt zum Gericht bringen zu lassen. Wie sich aus der Sitzungsniederschrift weiter ergibt, zogen die drei Mitglieder der Familie O. ihre Strafanzeigen zurück, erklärten aber, dass sie ihre Aussagen, die sie bei der Staatsanwaltschaft gemacht hätten, aufrecht erhielten. Das Amtsgericht vertagte die mündliche Verhandlung auf den 5. März 2007.

Der Kläger weist darauf hin, dass die Strafanzeigen nur deshalb zurückgezogen worden seien, weil in der Zwischenzeit moslemische Großgrundbesitzer der Nachbardörfer zwischen den Familien O. und H. vermittelt hätten. Dafür habe die Familie O. einen Betrag von 80.000,-- EURO zahlen müssen, der nur mit Hilfe von verwandten Familien aus Deutschland zu beschaffen gewesen sei. Der Zeuge J. ergänzte dies in der mündlichen Verhandlung dahingehend, dass diese Summe an die muslimischen Großgrundbesitzer für die "Schlichtungsverhandlungen" gezahlt worden sei, aber praktisch ein Schutzgeld darstelle. Dies habe er von der Familie O. erfahren.

Der Senat vermag eine Asylrelevanz dieses Vorgangs jedoch nicht zu erkennen. Es handelt sich vielmehr um private Streitigkeiten zwischen Moslems und Yeziden mit wirtschaftlichem Hintergrund. Dass der türkische Staat auch in diesem Fall grundsätzlich bereit ist, den Yeziden Schutz zu gewähren, wird am Ablauf der strafrechtlichen Verfahren deutlich. Dass ein Ermittlungsverfahren mangels Beweises eingestellt wird, ist auch in Westeuropa nicht unüblich. Die Anordnung der Vorführung gegenüber den zur mündlichen Verhandlung des Amtsgerichts nicht erschienenen Mitangeklagten H. macht andererseits deutlich, dass Muslime keine Sonderbehandlung genießen. Wenn die drei mitangeklagten Angehörigen der Familie O. sich dazu entschlossen haben, die Strafanzeige zurückzuziehen und sich mit der Familie H. anderweitig zu arrangieren, liegt das in ihrem Verantwortungsbereich. Sie hätten stattdessen auch auf einer gerichtlichen Klärung bestehen können. Dies gilt auch insofern, als behauptet wird, dass die angebliche Zahlung von 80.000,-- EURO an die muslimischen Großgrundbesitzer praktisch ein Schutzgeld darstelle.

Soweit es um die grundsätzliche Frage der Zahlung von Schutzgeldern geht, hat das Auswärtige Amt die vom Yezidischen Forum aufgestellte Behauptung, Yeziden müssten regelmäßig an Moslems Erpressungsgelder zahlen, nicht bestätigen können (Auskunft v. 26.1.2007, a.a.O.). Befragungen hierzu bei diversen Stellen bzw. Personen seien negativ verlaufen. Derartige Straftaten seien weder angezeigt worden noch existierten Ermittlungsverfahren. Das Yezidische Forum hat in seinen Anmerkungen vom 20. März 2007 dem Auswärtigen Amt in dieser Hinsicht eine unrealistische Betrachtungsweise vorgeworfen. Auch in westlichen Ländern sei es nicht üblich, dass Schutzgeldforderungen umgehend von den Betroffenen gegenüber Dritten publik gemacht würden. Ebenso wie der Kläger des vorliegenden Verfahrens geht das Yezidische Forum davon aus, dass derartige Erpressungen von den betroffenen Yeziden aus Angst nicht angezeigt würden. In der Türkei gebe es für Yeziden keine Instanz, die in der Lage oder bereit wäre, sie vor Racheakten zu schützen. Dieses allgemeine Misstrauen der Yeziden in die türkischen Behörden und Gerichte vermag der Senat aus den oben angeführten Gründen nicht zu teilen. Jedenfalls kann nach der Auskunft des Auswärtigen Amtes nicht davon ausgegangen werden, dass im Südosten der Türkei lebende Yeziden generell an Moslems Gelder zahlen müssen, um dort unbehelligt leben zu können. Dass dies in Einzelfällen möglicherweise vorgekommen ist, mag zutreffen. Daraus kann aber nicht auf eine weiterhin bestehende Gruppenverfolgung von Yeziden in der Türkei geschlossen werden. Den davon betroffenen Yeziden ist grundsätzlich zuzumuten, sich deswegen an die zuständigen Behörden und Gerichte zu wenden.

Eine andere asylrechtliche Bewertung der Situation der Yeziden in der Türkei ergibt sich auch nicht aus dem Gutachten von Baris an das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt vom 17. April 2006. Der Senat hat bereits näher begründet, weshalb Anlass besteht, an der Sorgfalt der Recherchen und an der Objektivität des Gutachters zu zweifeln.

Baris hat im Anhang dieses Gutachtens eine "Auflistung der mir bekannten Übergriffe und Vorfälle der jüngsten Zeit aus den yezidischen Ansiedlungsgebieten, die aufgrund von Recherchen über die yezidische Restgemeinde im genannten Areal erfasst wurden", erstellt. Ein Teil dieser Fälle deckt sich mit den vom Yezidischen Forum genannten und vom Senat bereits behandelten Ereignissen. Einem anderen Teil seiner Ausführungen muss nicht nachgegangen werden, da er lediglich beschreibt, welche früheren Yezidendörfer heute nicht mehr von Yeziden bewohnt werden bzw. von Muslimen "besetzt" worden sein sollen. Außerdem werden Vorfälle wie die Zerstörung und Schändung von yezidischen Grabstätten und Heiligtümern erwähnt, wozu der Senat später Stellung nehmen wird. Eine Reihe der von ihm wiedergegebenen Fälle betrifft gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Yeziden und Muslimen im Zusammenhang mit Eigentumsfragen und der Bewirtschaftung von Feldern, wobei es zweifelhaft ist, dass die yezidische Religionszugehörigkeit dabei eine maßgebliche Rolle gespielt hat. Stattdessen spricht mehr dafür, dass es sich - wie in den vom Senat bereits behandelten Fällen auch - um wirtschaftliche Konflikte handelte. Als möglicherweise zu berücksichtigende und in den übrigen Erkenntnismitteln nicht aufgeführte Übergriffe verbleiben allenfalls fünf Fälle (so auch VG Minden, Urt. v. 27.4.2007 - 8 KL 2544/06.A -).

Nach Angaben von Baris wurde der deutsche Staatsangehörige AM. im Sommer 2005 von türkischen Sicherheitskräften in Viransehir festgenommen und den ganzen Tag verhört. Ihm gegenüber habe er von Misshandlungen und Diskriminierungen wegen seiner Glaubenszugehörigkeit berichtet. Baris stützt sich dabei aber lediglich auf die Aussage des Betroffenen, ohne diese gegenrecherchiert zu haben. Der Senat hat auch Zweifel, ob sich dieser Fall tatsächlich so zugetragen hat, wie es der Sachverständige darstellt. Da es sich um einen deutschen Staatsangehörigen handelt, wäre zu erwarten gewesen, dass er die ihm widerfahrene Behandlung deutschen Stellen mitteilt. Dies ist aber offensichtlich nicht geschehen, denn dazu gibt es - auch in anderen Erkenntnismitteln - keinerlei Hinweise.

Baris berichtet weiter von einem deutschen Staatsangehörigen yezidischer Herkunft namens AN., der in der Stadt Viransehir von einigen ihm unbekannten muslimischen Männern geschlagen worden sei. Hier wird nicht einmal deutlich, woher Baris die entsprechenden Informationen hat und wann sich dieser Vorfall ereignet haben soll. Ebenso wenig lässt sich feststellen, ob die angeblichen Schläge religiös motiviert waren.

Nach Angaben von Baris wurden im Dezember 2005 AO. und sein Sohn AP. von konvertierten Yeziden und muslimisch-kurdischen Dorfschützern im Dorf Gede Osmin (Provinz Sanli Urfa) angeschossen und ihr Fahrzeug "enteignet". Kurz nach diesem Vorfall habe er AO. im Krankenhaus besucht. Dieser habe ihm erklärt, dass ein Verfahren eingeleitet worden sei, die festgenommenen Täter seien aber nach wenigen Tagen wieder freigelassen worden. Auch hier fehlen tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass die Religionszugehörigkeit von AO. und AP. das maßgebliche Motiv für die Täter war. Es sieht vielmehr nach einem Raubüberfall aus, da auch ihr Fahrzeug angeblich gestohlen worden ist.

Baris berichtet ferner, dass AQ. und seine Ehefrau im Januar 2005 im Dorf Zizex (Provinz Mardin) durch Unbekannte ermordet worden seien. Sie seien Mitglieder der Großfamilie AR. gewesen, der das Dorf Zizex gehöre. In dieser Großfamilie gebe es sowohl muslimische als auch yezidische Kurden. Die Ermordeten zählten zu den Mitgliedern der Familie, die erst vor dem 2. Weltkrieg zum Islam konvertiert seien. Auch hier bleiben die Hintergründe der Tat im Dunkeln. Es ist für den Senat nicht nachvollziehbar, weshalb dieser Fall als Beleg für eine Gruppenverfolgung von Yeziden dienen soll, da die Ermordeten angeblich zum Islam konvertiert waren.

Schließlich weist Baris auf die Verhältnisse im Dorf Gören Köy (kurdisch: Bacin), Kreis Midyat hin, in dem ursprünglich über 300 yezidische Familien gelebt hätten. Gegenwärtig könne sich dort wegen der Stationierung der türkischen Armee und von Dorfschützern niemand niederlassen. Als einige ehemalige yezidische Bewohner das Dorf hätten besuchen wollen, um herauszufinden, ob eine Rückkehrmöglichkeit bestünde, seien sie "vehement bedrängt" und verjagt worden. Dass dieses Verhalten von muslimischen Dorfschützern bzw. Angehörigen der türkischen Armee asylerhebliche Gründe haben könnte, ist der Darstellung von Baris aber nicht zu entnehmen.

Aber selbst wenn einige der vom Yezidischen Forum, von dem Sachverständigen Baris und dem Kläger genannten Fälle entgegen den vorstehenden Ausführungen des Senats asylrelvant sein sollten, zumal sich auch nicht immer eindeutig ermitteln lässt, inwieweit Übergriffe gegen Yeziden überwiegend religiös motiviert sind oder ob sie hauptsächlich einen wirtschaftlichen oder kriminellen Hintergrund haben, würden diese schon von ihrer Anzahl her nicht ausreichen, um die erforderliche Verfolgungsdichte für den hier maßgeblichen Zeitraum von 2003 bis Mitte 2007 zu belegen. Für eine Beruhigung der Lage spricht zudem, dass der letzte in diesem Zusammenhang berichtete Vorfall sich im Oktober 2006 ereignet hat. Wären seitdem weitere Übergriffe gegen Yeziden erfolgt, wäre dies wahrscheinlich auch bekannt geworden. Insbesondere die verschiedenen yezidischen Exilorganisationen haben - wie auch im vorliegenden Verfahren deutlich geworden ist - ein erhebliches Interesse an der Veröffentlichung derartiger Vorfälle, zumal im Ausland lebende Yeziden, die vermehrt in ihre Heimat reisen und auch im Übrigen in Kontakt mit den dort lebenden Verwandten stehen, davon bestimmt erfahren hätten. Ebenso wäre den Menschenrechtsorganisationen, die inzwischen in der Türkei weitgehend frei von staatlichen Einschränkungen arbeiten können (vgl. AA, Lagebericht v. 11.1.2007, S. 5), und den nationalen und internationalen Medien dies vermutlich nicht verborgen geblieben. Außerdem steht die Türkei vor allem im Hinblick auf die Wahrung der Menschenrechte und den Schutz von religiösen Minderheiten während des laufenden Beitrittsprozesses unter ständiger Beobachtung der Europäischen Union. Aus diesen Gründen hält es der Senat auch für unwahrscheinlich, dass es in den Jahren 2003 bis 2006 eine nennenswerte Anzahl von nicht bekannt gewordenen Verfolgungshandlungen (sog. Dunkelziffer) gegeben haben könnte. Auch wenn es sich bei den Yeziden in der Türkei um eine nach den Maßstäben des Bundesverwaltungsgerichts besonders kleine Gruppe handelt, lässt sich nach alledem nicht feststellen, dass die Verfolgungsschläge so zahlreich sind, dass jeder bisher nicht betroffene Yezide konkret befürchten müsste, in absehbarer Zeit selbst betroffen zu werden.

Ebenso wenig kann davon ausgegangen werden, dass Yeziden in der Türkei bei ihrer Religionsausübung unzumutbar behindert werden. Dass das religiöse Existenzminimum im privaten Bereich durch radikale Muslime nachhaltig beeinträchtigt sei, behauptet auch der Kläger nicht. Allerdings sieht das Yezidische Forum (Stellungnahme v. 4.7.2006) eine Verfolgung wegen Religionszugehörigkeit im Sinne des Art. 10 Abs. 1 b der Qualifikationsrichtlinie darin, dass eine gemeinschaftliche und öffentlich sichtbare Ausübung der yezidischen Religion in der Türkei nicht möglich sei. Zwar dehnt diese Vorschrift - wie bereits dargelegt - den Schutz vor religiöser Verfolgung auf die öffentliche Glaubensbetätigung aus. Um die Glaubensausübung im öffentlichen Bereich geht es aber bei den Yeziden gerade nicht (vgl. Nds.OVG, Urt. v. 19.3.2007, a.a.O.). Denn die religiösen Rituale der Yeziden dürfen nicht vor den Augen Ungläubiger praktiziert werden. Der erkennende Senat hat dazu in seinem Grundsatzurteil vom 28. Januar 1993 (a.a.O., S. 17 UA) unter Auswertung der seinerzeit zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel Folgendes ausgeführt:

Kulthandlungen üben die Yeziden mit Ausnahme des privaten Gebets zusammen mit der ihnen kraft Geburt zugeordneten Priester- (Scheich-)Familie aus, der die religiöse Unterweisung und Betreuung der Laien (Muriden) obliegt. Gottesdienste werden in den Wohnungen abgehalten, da Kultbauten mit Ausnahme der Bauten am Grabe des Scheichs Adi, der als Inkarnation des Melek Taus gilt, unbekannt sind. Öffentliche Gebete finden im Freien und nur in Anwesenheit anderer Yeziden statt; dies geschieht bei Sonnenaufgang, während bestimmter Festperioden aber auch zu anderen Tageszeiten. Glaubensinhalte, Kulthandlungen und Festriten halten Yeziden vor Andersgläubigen möglichst geheim. Sie schließen sich als Glaubensgemeinschaft bewusst gegen Andersgläubige ab.

Gotteshäuser gibt es also ebenso wenig wie eigenständige Gebetsräume in anderen Baulichkeiten. Mithin handelt es sich bei der yezidischen Religion von ihrem Wesen her um eine Art "Geheimreligion" (vgl. auch Kizelhan, Die Yeziden, 1979, S. 48 ff. u. 119). Außerdem ist der yezidischen Religion das Bekehren Andersgläubiger und das damit einhergehende öffentliche Missionieren fremd, da die Zugehörigkeit zur yezidischen Glaubensgemeinschaft auf direkter Abstammung von yezidischen Eltern beruht, also nur durch Geburt erworben werden kann. Eine Konversion zum Yezidentum ist deshalb nicht möglich (vgl. hierzu neben Urteil des erkennenden Senats v. 28.1.1993, a.a.O., auch amnesty international, Gutachten v. 16.8.2005 an VG Köln). Es kommt somit aus asylrechtlicher Sicht auch nicht darauf an, dass Moslems im Südosten der Türkei Heiligtümer und Grabstätten der Yeziden beschädigt und zerstört haben sollen. Dass sich darunter keine jüngeren Gräber von Yeziden befunden haben dürften, zeigt sich daran, dass im Ausland verstorbene Yeziden in zunehmendem Maß im Südosten der Türkei beerdigt werden. Sollte eine Beschädigung von Gräbern oder die Störung von Bestattungsritualen ernsthaft drohen, wäre es zu dieser Entwicklung wahrscheinlich nicht gekommen. Auch der Zeuge J., der im Jahr 2004 im Umkreis von 150 km jedes ihm bekannte Dorf im Südosten der Türkei, in dem Yeziden gelebt haben bzw. noch leben, besucht hat, hat Derartiges nicht erwähnt, sondern (lediglich) ausgesagt, dass ältere yezidische Gräber bis zu einer Tiefe von 3 m ausgehoben gewesen seien, wobei er vermute, dass nach Schmuckstücken gesucht worden sei. Heute würden jedenfalls yezidischen Gräbern keinerlei Wertgegenstände beigegeben.

Eine asylerhebliche Verletzung der Religionsausübung von Yeziden im Südosten der Türkei liegt auch nicht darin, dass dort nach Angaben des Yezidischen Forums (Stellungnahme v. 4.7.2006) nur noch wenige Sheiks bzw. Pirs leben. Dabei verkennt der Senat nicht die Bedeutung, die der religiösen Betreuung der Muriden durch Angehörige der yezidischen Priesterstände zukommt. Eine Verletzung des religiösen Existenzminimums liegt aber nur dann vor, wenn die Religionsausübung in ihrem unverzichtbaren Kern durch staatliche oder dem Staat zurechenbare Eingriffe unmöglich gemacht wird. Der Heimatstaat ist nicht zur Gewährleistung einer bestimmten religiösen Infrastruktur verpflichtet. Die vom Yezidischen Forum insoweit geltend gemachten religiösen Beeinträchtigungen beruhen jedoch nicht auf staatlichen oder dem Staat zurechenbaren Eingriffen, sondern sind lediglich die tatsächliche Folge der vergleichsweise geringen Zahl von in der Türkei lebenden Yeziden (so zu Recht OVG NRW, Urt. v. 4.2.2006, a.a.O.; Schl.-Holst. OVG, Urt. v. 29.9.2005, a.a.O.). Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass in den letzten Jahren auch Peshimame aus Deutschland in die Türkei zur Betreuung der dort lebenden Yeziden gereist sind. Darüber hinaus dürfte auch Kontakt zu Angehörigen der yezidischen Priesterstände in den Nachbarländern Irak und Syrien bestehen. Es liegen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass diesen die Einreise in die Türkei verwehrt wird.

Aber selbst wenn man an der Annahme einer mittelbaren Gruppenverfolgung von Yeziden in der Türkei festhalten würde, wäre im Fall des Klägers eine Ausnahme von der Regelvermutung der Gruppenverfolgung zu machen. Denn es ist davon auszugehen, dass er in seinem Heimatdorf Ückuyular verfolgungsfrei leben kann. In diesem Ort wohnen - wie bereits erwähnt - vier yezidische Familien mit 18 Personen und der von den Yeziden eingestellte muslimische Dorfhirte mit seiner Familie. Die dort ansässigen Yeziden betreiben Landwirtschaft und Viehzucht. Wie der Zeuge I. ausgesagt hat, versorgen sie sich selbst, verkaufen aber auch einen Teil der Ernte. Zwar könne man mit den Einnahmen aus der Landwirtschaft nicht reich werden, sich aber in bescheidenem Umfang ernähren. Der Senat sieht deshalb für den Kläger im Falle einer Rückkehr keine Schwierigkeiten, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Auch wäre er vor individueller Verfolgung hinreichend sicher. Es lässt sich nicht feststellen, dass in diesem Dorf und seiner näheren Umgebung asylerhebliche Übergriffe gegen die die dort lebenden Yeziden vorgekommen sind. Bei den vom Zeugen I. unter Berufung auf seinen Onkel U., der Dorfvorsteher von Ückuyular ist, geschilderten Schwierigkeiten (vgl. dazu das in der mündlichen Verhandlung überreichte Protokoll über ein Telefongespräch am 16.7.2007) handelt es sich um Erschwernisse und Nachteile, die unterhalb der Schwelle des Asylerheblichen liegen. Auch der Umstand, dass der Kläger vor seiner Ausreise im Juli 2001 in seiner Heimat keiner persönlichen Verfolgung ausgesetzt war und seine Eltern mit seiner Schwester dort weiterhin wohnen, ist ein Indiz dafür, dass die yezidischen Einwohner von Ückuyular nicht unter Vertreibungsdruck standen bzw. stehen. In diesem Zusammenhang fällt generell auf, dass allein sechs der vom Yezidischen Forum genannten elf Vorfälle sich in den Kreisen Midyat und Nusaybin (Provinz Mardin) zugetragen haben, die aber etwa 70 km von dem Heimatort des Klägers und ca. 150 km von dem weiteren yezidischen Siedlungsgebiet im Kreis Viransehir entfernt sind. Außerdem leben im Raum Midyat/Nusaybin im Unterschied zu den Bereichen Besiri/Batman und Viransehir relativ wenige Yeziden. Es könnte deshalb schon fraglich sein, ob die Vorfälle in Midyat/Nusaybin überhaupt bei der Beurteilung der Situation der Yeziden in ihren übrigen Siedlungsgebieten zu berücksichtigen sind (vgl. dazu etwa BVerfG, Beschl. v. 23.1.1991, a.a.O.). Dies kann aber letztlich dahinstehen.

III. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich zugleich, dass das Begehren des Klägers auf Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 oder des § 60 Abs. 2 bis Abs. 7 AufenthG ebenfalls nicht begründet ist.

Ende der Entscheidung

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