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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 23.11.2006
Aktenzeichen: 11 LC 80/06
Rechtsgebiete: BPfllV, Nds. HKG, TPG


Vorschriften:

BPfllV § 7 Abs. 1 Nr. 2
Nds. HKG § 14a
Nds. HKG § 14a Abs. 6
Nds. HKG § 8 Abs. 2
TPG § 8 Abs. 3 S. 4
Die bei der Nds. Ärztekammer angesiedelte Lebendspendekommission (§ 8 Abs. 3 TPG iVm § 14a Nds. HKG) kann für ihre Gutachtertätigkeit eine Gebühr gem. § 8 Abs. 2 Nds. HKG erheben.
Gründe:

Die Klägerin ist ein Universitäts-Krankenhaus, das u. a. auch Transplantationen vornimmt. Bevor eine Transplantation erfolgt, ist nach § 8 Abs. 3 Transplantationsgesetz die gutachterliche Stellungnahme einer Lebendspendekommission dazu einzuholen, ob die beabsichtigte Organspende freiwillig erfolgt und ob das Organ nicht Gegenstand verbotenen Handeltreibens ist.

Das Gesetz über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen (Transplantationsgesetz - TPG - v. 5.11.1997 - BGBl. I S. 2631; zuletzt geändert durch Art. 14 der Verordnung vom 25.11.2003 - BGBl. I S. 2304) trat zum 1. Dezember 1997 in Kraft. Soweit in § 8 Abs. 3 TPG die Einrichtung einer Kommission durch Landesrecht vorgesehen wurde, trat diese Bestimmung allerdings erst zum 1. Dezember 1999 in Kraft.

§ 8 Abs. 3 Satz 4 TPG regelt:

"Das Nähere, insbesondere zur Zusammensetzung der Kommission, zum Verfahren und zur Finanzierung, wird durch Landesrecht bestimmt."

In Niedersachsen wurde wie auch in anderen Bundesländern beschlossen, die "Lebendspendekommission" bei der Ärztekammer einzurichten. Das Nds. Kammergesetz für Heilberufe vom 19. Juni 1996 (Nds. GVBl. S. 259 - Nds. HKG) wurde daher geändert und ein neuer § 14 a (Lebendspendekommission) eingefügt (vgl. Gesetz zur Änderung des Nds. HKG und zur Errichtung einer Psychotherapeutenkammer vom 16. Dezember 1999 - Nds. GVBl. 1999, 423). § 14 a bestimmt u. a.:

"1. Bei der Ärztekammer Niedersachsen wird die "Lebendspendekommission des Landes Niedersachsen" errichtet, die aus ... Personen ... besteht. ...

....

6. Die Ärztekammer Niedersachsen kann mit den Einrichtungen Verträge über die Kostenerstattung schließen. Soweit die Kosten nicht von Dritten getragen werden, erstattet sie das Land."

In den Gesetzesmaterialien heißt es, die Festsetzung und Auszahlung der Entschädigung für die Kommissionsmitglieder und etwa anzuhörende Zeugen/Sachverständige erfolge durch die Ärztekammer Niedersachsen. Diese sei ihrerseits berechtigt, die entstandenen Kosten den antragstellenden Einrichtungen (Transplantationszentren) in Rechnung zu stellen. Für die Einrichtungen (Transplantationszentren) wären die Kosten pflegesatzfähig gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 der Verordnung zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Bundespflegesatzverordnung - BPflV) in der Fassung des Gesetzes vom 19.12.1998 (BGBl I S. 3853 S. 52). Letztlich seien die Kosten also von den Kostenträgern (Krankenkassen) derjenigen Person zu tragen, der das Organ übertragen werden solle. Das Land hafte lediglich subsidiär. Weiter heißt es in der Gesetzesbegründung:

"Derzeit werden auf Bundesebene die Kostentragungsmodalitäten durch die Krankenkassen geprüft. Soweit die Kosten nicht von Dritten, namentlich der Krankenkassenseite, getragen werden, erstattet sie das Land" (vgl. LT-Drs. 14/986 S. 4, 7)

§ 7 Abs. 1 Nr. 2 BPflV in der bis Ende 1999 geltenden Fassung bestimmte

"Zu den pflegesatzfähigen Kosten gehören auch ... Kosten der Organbereitstellung für Transplantationen, wenn diese nicht gesondert vergütet wird."

Durch das Gesundheitsreformgesetz 2000 (v. 22.12.1999, BGBl. I S. 2626, 2650 - dort Art. 5 Nr. 2 a) ist § 7 Abs. 1 Nr. 2 BPflV um folgenden Satzteil ergänzt worden:

" hierzu gehören bei Lebendspenden auch die Kosten der gutachterlichen Stellungnahme nach § 8 Abs. 3 Satz 2 des Transplantationsgesetzes."

In Niedersachsen kam es zwischen der Beklagten und den drei Transplantationszentren zu keiner vertraglichen Einigung. Hintergrund war, dass die Kosten von den Beteiligten zwar als pflegesatzfähig angesehen wurden, die niedersächsischen Krankenkassen jedoch eine Erstattung/Übernahme dieser Kosten ablehnten. Die Beklagte hat daraufhin eine Satzung beschlossen und in Art. 1 für die Erstberatung durch die Lebendspendekommission ab Januar 2003 eine Gebühr von 405,-- Euro festgesetzt. Gemäß Art. 2 sollte die Gebühr auch (schon) für den Zeitraum ab 2000 erhoben werden. Art. 2 wurde Rückwirkung ab 1. Januar 2002 beigelegt (GA Bl. 20). Die Gebührenordnung wurde Anfang 2003 veröffentlicht (Nds. Ärzteblatt 2/2003 S. 51).

Im vorliegenden Fall erstattete die Lebendspendekommission nach Anhörung des Organspenders am 6. Dezember 2002 das beantragte Gutachten. Hindernisse für die beabsichtigte Transplantation wurden nicht festgestellt.

Mit Bescheid vom 14. März 2003 setzte die Beklagte für die Erstellung des Gutachtens entsprechend ihrer Gebührenordnung in Verbindung mit dem Niedersächsischen Kammergesetz für Heilberufe (HKG) eine Gebühr in Höhe von 405,-- Euro fest. Die Klägerin legte Widerspruch ein. Diesen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 2004 zurück.

Daraufhin hat die Klägerin Klage erhoben. Sie vertritt die Auffassung, die Beklagte sei zur Gebührenerhebung nicht berechtigt. Zum einen sei die Tätigkeit der Lebendspendekommission schon nicht der Ärztekammer zuzurechnen; denn die Kommission sei dort lediglich "eingerichtet"; das Nds. HKG greife daher gar nicht ein. Zum anderen enthalte das Nds. HKG - selbst wenn man es für anwendbar halte - keine Rechtsgrundlage für die Gebührenerhebung. Auf die allgemeine Regelung in § 8 Nds. HKG könne nicht zurückgegriffen werden, denn die Lebendspendekommission sei ausschließlich in § 14 a Nds. HKG geregelt. Für eine etwaige Zahlungspflicht sei daher allein § 14 a Abs. 6 Satz 1 Nds. HKG die spezielle Grundlage. Danach könnten Zahlungen nur aufgrund eines Vertrages mit den Transplantationszentren gefordert worden. Da ein derartiger Vertrag nicht vorliege, sei die Klägerin nicht zahlungspflichtig. Im Übrigen könnten die Gebühren auch nicht durch Verwaltungsakt erhoben werden. Bei der Tätigkeit der Kommission handele es sich nämlich nicht um originäre Zuständigkeiten der Ärztekammer, vielmehr sei die Einrichtung der Kommission dem übertragenen Wirkungskreis zuzurechnen. Da die Krankenkassen nach wie vor nicht bereit seien, die entsprechenden Beträge zu übernehmen, müsse das Land gemäß § 14 a Abs. 6 Satz 2 HKG unmittelbar gegenüber der Beklagten die Kosten erstatten. Im Übrigen liege eine unzulässige Rückwirkung vor; denn die Satzung sei erst im Februar 2003 veröffentlicht worden, beziehe aber auch Gutachten der Kommission aus dem Zeitraum ab 2000 (hier von Dezember 2002) mit ein.

Die Klägerin hat beantragt,

den Gebührenbescheid der Beklagten vom 14. März 2003 und deren Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2004 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt unter Wiederholung ihrer Ausführungen im Vorverfahren vor: Die Lebendspendekommission sei nicht lediglich bei der Ärztekammer "angesiedelt". Die Aufgaben seien vielmehr durch die Einfügung von § 14 a Nds. HKG der Ärztekammer übertragen worden. Der Name "Lebendspendekommission des Landes Niedersachsen" mache lediglich deutlich, dass diese Einrichtung nur einmal im Land Niedersachsen vorhanden sei. Da eine vertragliche Regelung nicht zustande gekommen sei, sei gem. § 8 Abs. 2 Nds. HKG eine Gebührensatzung erlassen worden. § 14 a Abs. 6 Satz 1 Nds. HKG schließe eine Gebührenerhebung nicht aus. Andernfalls könnten sich Einrichtungen ihrer Kostenerstattung dadurch entziehen, dass sie keine Verträge abschlössen. § 14 a Abs. 6 Satz 2 Nds. KHG begründe lediglich eine subsidiäre Haftung des Landes. Grundsätzlich bleibe das Krankenhaus (Transplantationszentrum) kostenpflichtig, das die Lebendspendekommission in Anspruch nehme. Die rückwirkende Geltung der Satzung sei nicht zu beanstanden; denn die Klägerin habe mit der Erhebung von Gebühren rechnen müssen.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Es hat im Wesentlichen die Auffassung vertreten, Rechtsgrundlage der Heranziehung sei § 8 Abs. 2 Nds. HKG in Verbindung mit der Gebührensatzung der Beklagten. Die Lebendspendekommission sei eine Einrichtung der Beklagten, für die die Beklagte gemäß § 8 Abs. 2 Nds. HKG Gebühren erheben dürfe. Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 4 Nds. HKG i. V. m. § 5 Abs. 1 Satz 1 NVwKG sei das jeweilige Transplantationszentrum als Kostenschuldner anzusehen, da es Anlass zur Amtshandlung gegeben habe. Diese Rechtslage entspreche derjenigen in anderen Bundesländern. Die Klägerin genieße als ein nach kaufmännischen Grundsätzen handelndes Universitäts-Krankenhaus keine persönliche Gebührenbefreiung. § 14 a Abs. 6 Satz 1 HKG stehe der Gebührenerhebung nicht entgegen. Die Vorschrift beinhalte eine Ermächtigung zum Vertragsabschluss. Ziel dieser Vorschrift sei aber nicht, es einer Partei durch Verweigerung des Vertragsabschlusses zu ermöglichen, sich ihrer Kostenpflicht zu entziehen. Dem gesetzgeberischen Willen habe es vielmehr entsprochen, mit den Kosten die antragstellende Einrichtung zu belasten. Die Vorschrift des § 14 a Abs. 6 Satz 2 HKG begründe lediglich eine subsidiäre Ausfallhaftung des Landes, die der Entstehung der Gebührenschuld als solcher nicht entgegengehalten werden könne. Dritter i. S. d. § 14 a Abs. 6 Satz 2 HKG seien u. a. die Krankenkassen. Zu den pflegesatzfähigen Kosten gehörten nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 der Bundespflegesatzverordnung (idF des Gesundheitsreformgesetzes 2000 v. 22. 12. 1999 (BGBl. I S. 2626, 2650) ausdrücklich auch die Kosten der gutachterlichen Stellungnahmen bei Transplantationen. Der Bundesgesetzgeber habe mithin die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass diese Kosten in den Pflegesatz mit aufgenommen und über die Pflegesätze von den Krankenkassen getragen würden. Von dieser Rechtslage sei der niedersächsische Gesetzgeber bei Ausgestaltung der Kostenvorschrift des § 14 a Abs. 6 HKG ausgegangen. Wenn die Klägerin von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch mache (gemacht habe), falle das in ihre Sphäre. Bedenken gegen die Höhe der Gebühr seien weder ersichtlich noch konkret vorgetragen. Im Vergleich mit den Gebühren aus anderen Bundesländern sei die Gebühr nicht als zu hoch anzusehen. Die Satzung habe auch rückwirkend erlassen werden können. Ausnahmsweise sei nämlich eine echte Rückwirkung zulässig, wenn der Betroffene mit einer entsprechenden Regelung rechnen müsse. Das sei vorliegend der Fall. Die Klägerin habe bei Anrufung der Lebendspendekommission im Dezember 2002 nicht davon ausgehen können, dass sie für die Anforderung des Gutachtens keine Gegenleistung erbringen müsse. Bereits seit 1999 sei der Klägerin bekannt gewesen, dass die jeweils antragstellende Einrichtung die Kosten der Kommission tragen solle; denn die Klägerin sei zu dem entsprechenden Gesetzesentwurf angehört worden. Darüber hinaus sei eine echte Rückwirkung auch dann zulässig, wenn nur ein Bagatellschaden verursacht werde. Das sei der Fall. Die Klägerin könne die von ihr geforderten Kosten nämlich bereits bei den Krankenkassen (dem Grunde nach) geltend machen, gegebenenfalls habe sie auch einen Erstattungsanspruch gegenüber der Organempfängerin. Subsidiär sei zudem gemäß § 14 a Abs. 6 Satz 2 HKG die Ausfallhaftung des Landes begründet. Ein Schaden der Klägerin durch die (echte) Rückwirkung erschöpfe sich deshalb allenfalls in einem geringfügigen Zinsverlust.

Hiergegen richtet sich die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Klärungsbedürftigkeit zugelassene Berufung der Klägerin.

Im Berufungsverfahren wiederholt die Klägerin ihren bisherigen Vortrag und führt vertiefend aus, auch aus dem Urteil des erkennenden Gerichts vom 10. Februar 2000 (3 K 432/98 - juris) ergebe sich, dass die Beklagte nicht berechtigt sei, Gebühren zu erheben. Zudem sei sie hinsichtlich eines etwaigen Vertragsabschlusses nicht in zureichendem Maße in die Verhandlungen einbezogen worden. Im Übrigen reiche nach dem Wortlaut des § 14 a Abs. 6 S. 2 Nds. HKG bereits die bloße Tatsache der Nichtzahlung des Dritten (hier der Krankenkassen) aus, um eine Zahlungspflicht des Landes zu begründen. Dies werde auch dadurch bestätigt, dass § 14 a Abs. 6 Satz 2 HKG im Jahr 2006 neu gefasst sei (vgl. Gesetz zur Änderung des Kammergesetzes für die Heilberufe und zur Aufhebung von Rechtsvorschriften vom 18.05.2006 - Nds. GVBl. 2006, 209, Art. 1 Nr. 3) und nunmehr laute:

"Soweit die Kosten nicht von Dritten zu tragen sind, erstattet sie das Land."

Die Krankenkassen hätten die Kosten nicht übernommen. Für das Jahr 2006 sei dieses ausdrücklich noch einmal von der AOK bestätigt worden. Schließlich bestünden auch Bedenken gegen die Höhe der Gebühren. Soweit sich die Satzung auf den Zeitraum vor ihrer Veröffentlichung erstrecke, liege eine unzulässige Rückwirkung vor.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem Klagantrag erster Instanz zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie führt im Wesentlichen aus: Es könne dahinstehen, ob die Ärztekammer durch die Lebendspendekommission Aufgaben des eigenen oder des übertragenen Wirkungskreises wahrnehme. Da der Gesetzgeber die Aufgaben der Lebendspendekommission bei der Ärztekammer angesiedelt habe, könne diese auch Gebühren erheben, soweit es nicht zu einer vertraglichen Einigung komme. Es gebe in Niedersachsen drei Transplantationszentren. Diese seien zusammen mit ihrer Dachorganisation zu Vertragsverhandlungen eingeladen worden. Die Klägerin habe den Termin nicht wahrgenommen. Die beiden größeren Einrichtungen (Med. Hochschule Hannover und Nephrologisches Zentrum Hann.-Münden) seien zu Vertragsabschlüssen nicht bereit gewesen. Daher sei es sinnvoll gewesen, für alle drei Zentren eine Gebühr festzusetzen. Die Regelung in § 14 a Abs. 6 Satz 2 Nds. HKG greife nur ein, wenn kein Dritter rechtlich zur Kostenübernahme verpflichtet sei. Dieses werde durch die zwischenzeitlich erfolgte Änderung des § 14 a Abs. 6 Satz 2 lediglich klargestellt. Die Gebührenhöhe entspreche den Beträgen in den anderen Ländern. Die der Satzung beigemessene Rückwirkung sei zulässig.

Das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Frauen und Familie hatte im Mai 2004 der Klägerin u. a. mitgeteilt, eine Kostentragung durch das Land Niedersachsen komme nicht in Betracht. Gegebenenfalls sei eine Klage gegen die Krankenkassen in Betracht zu ziehen. Der Bund habe durch die entsprechende Änderung der Bundespflegesatzverordnung ausdrücklich die Kosten der gutachterlichen Stellungnahme als pflegesatzwirksam angesehen habe. Durch bloßes Nichtzahlen könnten sich die Krankenkassen ihrer Zahlungsverpflichtung nicht entziehen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat mit zutreffenden Gründen die Klage abgewiesen. Der angefochtene Gebührenbescheid der Beklagten ist rechtmäßig.

Rechtsgrundlage ist § 8 Abs. 2 Nds. HKG i. V. m. Art. 1 § 1 und § 2 Nr. 3 der im Februar 2003 veröffentlichten Gebührensatzung der Beklagten vom 19. Dezember 2002 (Nds. Ärzteblatt 2003, Nr. 2 S. 51); denn die Errichtung der Lebendspendekommission ist ausdrücklich der Beklagten übertragen worden (a). Dieses hat zur Folge, dass die Beklagte gem. § 8 Nds. HKG Gebühren erheben kann (b). § 14 a Nds. HKG schließt dieses nicht aus (c). Bedenken gegen die Gebührenhöhe bestehen nicht (d). Die Heranziehung der Klägerin ist nicht wegen unzulässiger Rückwirkung der Satzung rechtswidrig.

a) Die Lebendspendekommission ist eine Einrichtung der Beklagten. Nicht erforderlich ist, dass die Errichtung dieser Kommission ausdrücklich in § 9 Nds. HKG, der die einzelnen Aufgaben der Kammer aufzählt, neu mit aufgenommen wurde. Der Landesgesetzgeber hat nämlich durch die Einfügung von § 14 a in das Niedersächsische HKG hinreichend deutlich gemacht, dass die Lebendspendekommission eine Einrichtung der Beklagten ist. Es war zudem der erklärte Wille des Gesetzgebers, die Aufgaben der Lebendspendekommission der Ärztekammer zu übertragen (vgl. LT-Drs. 14/986 S. 3). Unabhängig davon wird die Einrichtung der Kommission sowohl von § 9 Abs. 1 Nr. 2 als auch von Nr. 5 Nds. HKG erfasst. Es gehört nämlich zum einen zu den (von der Ärztekammer zu überwachenden) Berufspflichten der Ärzte (Nr. 2) , nur eine freiwillige Organspende anzunehmen. Darüber hinaus ist die Klägerin im weitesten Sinne auch als "Behörde" (Nr. 6) anzusehen.

Das von der Klägerin angeführte Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (vom 10.02.2000 - 3 K 432/98 -) ist auf den vorliegenden Fall nicht zu übertragen. Die Sachverhalte sind nicht vergleichbar. In jenem Verfahren wurde der Landwirtschaftskammer die Befugnis abgesprochen, von Nichtmitgliedern Gebühren im Zusammenhang mit der Klärschlammbeseitigung zu erheben. Im vorliegenden Verfahren bezieht sich die Gebührenerhebung dagegen zumindest materiell-rechtlich auf Handlungen von Ärzten, also von Mitgliedern der Ärztekammer. Darüber hinaus war die Aufgabe, für die in jenem Verfahren Gebühren erhoben wurden (Prüfung der Verwertung und der Aufbringung von Klärschlamm auf landwirtschaftlichen Flächen), nicht ausdrücklich den Landwirtschaftskammern übertragen worden; im vorliegenden Verfahren ist die Einrichtung einer Lebendspendekommission bei der Ärztekammer jedoch ausdrücklich in § 14 a Nds. HKG geregelt.

b) § 8 Abs. 2 Nds. HKG sieht vor, dass für die Benutzung von Einrichtungen sowie für besondere Leistungen Gebühren zu erheben und gegebenenfalls Auslagen zu erstatten sind, dass diese Gebühren durch Satzung festzusetzen sind und die Vorschriften des niedersächsischen Verwaltungskostengesetzes entsprechend gelten. Da es sich bei der Beklagten um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts handelt (§ 1 Abs. 2 Nds. HKG), kann diese die Gebühren durch Verwaltungsakt anfordern.

c) § 14 a Abs. 6 Satz 1 Nds. HKG steht einer Gebührenerhebung nach § 8 Abs. 2 Nds. HKG nicht entgegen. Diese Vorschrift enthält - worauf bereits das Verwaltungsgericht hingewiesen hat - lediglich eine Ermächtigung zum Vertragsabschluss. Sie schließt eine Gebührenerhebung dagegen nicht aus. Anderenfalls könnte sich die Klägerin, die nach § 5 Abs. 1 Satz 1 NVwKG zur Zahlung verpflichtet ist, weil sie Anlass zu der Amtshandlung gegeben hat, durch eine bloße Verweigerung des Vertragsabschlusses ihrer Kostenpflicht entziehen. Aus den Gesetzesmaterialien (LT-Drs. 14/986 S. 4) wird ebenfalls deutlich, dass der Gesetzgeber von einer Zahlungspflicht der Transplantationszentren ausgegangen ist (ebenso Höfling TPG, 2002 § 8 Rdn. 135), wobei diese allerdings die Möglichkeit der Refinanzierung über die Pflegesätze haben sollten. Die landesrechtlichen Regelungen der übrigen Bundesländer (vgl. hierzu BA A Bl. 20 f.) gehen ebenfalls von einer Zahlungspflicht der Transplantationszentren aus.

§ 14 a Abs. 6 Satz 2 Nds. HKG a. F. steht der Gebührenerhebung ebenfalls nicht entgegen. Allerdings spricht der damalige Wortlaut ("Soweit die Kosten nicht von Dritten getragen werden, erstattet sie das Land") zunächst für die Auffassung der Klägerin. Der Wortlaut knüpft nämlich allein an die Tatsache der Nichtzahlung an. Er stellt mithin nicht auf die rechtliche Verpflichtung zur Zahlung ab. Auch haben sich die Krankenkassen in der Vergangenheit geweigert, die bei der Lebendspendekommission entstandenen Kosten zu tragen. Wenn die ursprüngliche niedersächsische Regelung auch nicht besonders klar war und in den entsprechenden landesrechtlichen Regelungen der anderen Bundesländer teilweise konkretere Bestimmungen enthalten sind, so ist nach Sinn und Zweck der Vorschrift gleichwohl davon auszugehen, dass maßgeblich für die Einstandspflicht des Landes sein soll, ob der Dritte zu Recht eine Kostentragung ablehnt.

Zum einen gilt nämlich generell der Grundsatz, dass eine Partei sich durch bloße Verweigerung des Vertragsabschlusses nicht einer bestehenden Kostenpflicht entziehen kann. Zum anderen ist für das Verständnis von § 14 a Abs. 6 Satz 2 Nds. HKG a. F. von Bedeutung, dass zeitgleich mit der Beratung des niedersächsischen Landtages über die Einfügung von § 14a Nds. HKG (die wesentlichen Beratungen fanden Mitte bis Ende 1999 statt) im Bundestag eine Änderung von § 7 Abs. 1 Nr. 2 der Bundespflegesatzverordnung beraten wurde. § 7 Abs. 1 Nr. 2 der 1999 noch geltenden Bundespflegesatzverordnung (in der Fassung des Gesetzes vom 19.12.1998, BGBl. I S. 3853, 52) regelte nicht eindeutig, dass auch die Kosten der Lebendspendekommission pflegesatzfähig seien. Als pflegesatzfähige Kosten wurden vielmehr allgemein die "Kosten der Organbereitstellung für Transplantationen" genannt. Zwar hat der niedersächsische Gesetzgeber die bei der Lebendspendekommission entstehenden Kosten als pflegesatzfähig angesehen. Die niedersächsische Krankenhausgesellschaft vertrat bei ihrer Anhörung (zur Einfügung des § 14 a) aber z. B. die Auffassung, die Finanzierung sei ausschließlich über Landesmittel zu gewährleisten, weil es der Hauptzweck der Kommission sei, unerwünschten Organhandel zu unterbinden und dieses eine besonders wichtige Aufgabe der staatlichen Gemeinschaft darstelle (LT-Drs. 14/986 S. 4). Die Klägerin sprach sich ebenso dafür aus, Spender und Empfänger nicht mit den Kosten zu belasten (LT-Drs. 14/986 S. 8). Da zu jenem Zeitpunkt noch nicht endgültig vorherzusehen war, wie die Frage, ob die Kosten der Lebendspendekommission in den Pflegesatz einfließen können, durch den Bund entschieden wird, dürfte in § 14 a Nds. HKG die ergänzende Haftung des Landes eingeführt worden sein, um auf diese Weise sicherzustellen, dass zumindest weder Ärztekammer noch die Einrichtung die Kosten der Kommission tragen müssen. Tatsächlich ist dann am 22. Dezember 1999 § 7 der Bundespflegesatzverordnung geändert und vom Bundesgesetzgeber klargestellt worden, dass auch die Kosten der gutachterlichen Stellungnahme pflegesatzfähig sind (vgl. Art. 5 Nr. 2 a des Gesundheitsreformgesetzes 2000 v. 22.12.1999, BGBl. I S. 2626/2650). Zu diesem Zeitpunkt war allerdings bereits durch das Änderungsgesetz vom 16. Dezember 1999 § 14 a Nds. HKG eingefügt worden. Die (gleichsam vorsorgliche) in § 14 a Abs. 6 Satz 2 Nds. HKG festgelegte Einstandspflicht des Landes ging damit von Anfang an ins Leere.

Lediglich zur Klarstellung (LT-Drs. 15/2385 S. 11) ist durch das Gesetz zur Änderung des Kammergesetzes für die Heilberufe und zur Aufhebung von Rechtsvorschriften vom 18. Mai 2006 (Nds. GVBl. 2006 S. 209, Art. 1 Nr. 3) der Wortlaut des § 14 a Abs. 6 S. 2 Nds. HKG dahin geändert worden, dass für eine Kostenpflicht des Landes maßgeblich ist, ob "Kosten nicht von Dritten zu tragen sind".

Unerheblich ist, aus welchen Gründen die Klägerin es unterlassen hat, von der seit 2000 in der Bundespflegesatzverordnung ausdrücklich geregelten Möglichkeit Gebrauch zu machen, die Kosten für die Inanspruchnahme der Lebendspendekommission bei den Verhandlungen mit den Krankenkassen in den Pflegesatz einzubeziehen. Dies fällt in ihren Verantwortungsbereich. Gegebenenfalls hätte sie hinsichtlich der Gutachterkosten auf eine Sonderentgeltvereinbarung mit den Krankenkassen (vgl. § 11 BPflV) drängen können (hierzu allgemein: Tuschen/Quaas, Bundespflegesatzverordnung, 5. Aufl., 2001, S. 46, 240) oder sie hätte sich eine Nachverhandlung der Pflegesätze im Hinblick auf noch zu erwartende Gutachterkosten vorbehalten müssen. Sollten die Gebühren für die Lebendspendekommission dagegen als sogenannte Organ-Beschaffungs-Pauschalen in den vereinbarten Fallpauschalen für Transplantationen bereits mit enthalten (gewesen) sein (vgl. hierzu Stellungnahme des sächsischen Staatsministeriums für Soziales v. 07.08.2002 - BA A Bl. 34 und Eckpunkte-Papier des Nds. MFAS v. 5.1.1999 - BA A Bl. 66), müsste sich die Klägerin daran festhalten lassen, dieser Regelung zugestimmt zu haben.

Die Klägerin kann nicht geltend machen, sie hätte einen Vertragsabschluss nicht verweigert, die Beklagte sei jedoch gar nicht an sie herangetreten. Nach den vorliegenden Unterlagen ist die Klägerin im Januar 2002 von der Beklagten zu einem Gespräch über die Regelung der Kosten eingeladen worden, hat diesen Termin aber nicht wahrgenommen. Die gemeinsame Dachorganisation (Nds. Krankenhausgesellschaft) hatte zudem im April 2002 mitgeteilt, dass die Transplantationszentren generell der Auffassung seien, die Kosten nicht tragen zu müssen. Vor diesem Hintergrund war die Beklagte nicht verpflichtet, nochmals Vertragsverhandlungen mit der Klägerin aufzunehmen.

d) Substantiierte Bedenken gegen die Höhe der Gebühr hat die Klägerin nicht vorgetragen. Die Beklagte hat die Gebühr über eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft errechnen lassen. In dem entsprechenden Gutachten vom Oktober 2001 hat dieses die Kosten der Beratung durch die Lebendspendekommission mit (793,-- DM =) 405,-- Euro pro Fall angesetzt. Honorare für Gutachter sind darin nicht enthalten. In dem Gutachten wird vielmehr empfohlen, die Kosten für etwa anzuhörende Gutachter gegebenenfalls über einen Auslagenersatz geltend zu machen. Dass in dem Gutachten die Kosten für 2001 teilweise geschätzt wurden, ist nicht zu beanstanden, weil noch keine zureichenden Erfahrungswerte vorlagen. Die Angaben aus dem Jahre 2000 konnten nicht ohne weiteres übernommen werden, weil sich die Reisekostenberechnung ab 2001 verändert hatte.

Allerdings wird in dem Gutachten empfohlen, nach Abschluss eines Haushaltsjahres erneut die Kosten zu überprüfen, weil bislang nur wenige Erfahrungswerte vorlägen. Da das Gutachten im Oktober 2001 erstellt wurde, kann es aber zumindest für die Gebühren des Jahres 2003, um die es im vorliegenden Fall geht, noch zugrunde gelegt werden.

Im Übrigen ist bislang weder ersichtlich noch vorgetragen, dass die Gebühr erheblich über den in anderen Bundesländern geforderten Gebühren liegt. Das Gegenteil ist - soweit ersichtlich - der Fall. So beträgt z. B. in Baden-Württemberg die Kostenpauschale 664,-- Euro, in Bayern 900,-- Euro und in Bremen 409,-- Euro festgesetzt.

e) Soweit die Klägerin eine Zahlung der Gebühr auch deswegen verweigert, weil der erst Anfang 2003 veröffentlichten Gebührensatzung eine Rückwirkung bis Anfang 2002 zugemessen worden sei und damit auch die im Dezember 2002 erfolgte Begutachtung nachträglich gebührenpflichtig geworden sei, liegt zwar eine echte Rückwirkung vor. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht jedoch darauf hingewiesen, dass auch eine echte Rückwirkung ausnahmsweise zulässig ist, wenn kein schutzwürdiges Vertrauen vorliegt bzw. nur ein ganz unerheblicher Schaden verursacht wird. So liegt es hier.

Der Klägerin war aufgrund ihrer Anhörung im Gesetzgebungsverfahren zur Einfügung des § 14 a HKG, also seit 1999 bekannt, dass sie mit den Kosten für die Anrufung der Lebendspendekommission belastet werden sollte. Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht in dem von der Klägerin zitierten Urteil vom 19. Dezember 2002 (- 2 C 32.01 - NVwZ-RR 2003, 515 = ZBR 2003, 317) ausgeführt, bei einer Änderung von Verordnungen entfalle der Vertrauensschutz erst mit der Beschlussfassung (durch die Landesregierung); die bloße Ankündigung einer Änderung reiche dagegen nicht aus, um Vertrauensschutz zu beseitigen. Im vorliegenden Fall geht es jedoch nicht um die Änderung schon bestehender Gebühren, sondern um die erstmalige Festsetzung. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (a. a. O.) ist aber ausnahmsweise eine (echte) Rückwirkung möglich, wenn die Rechtslage vorher unklar war oder durch Änderung von Gesetzen in der Weise berührt wurde, dass eine Regelung zwingend erforderlich war. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben. Durch § 8 Abs. 3 TPG hat der Bundesgesetzgeber deutlich gemacht, dass landesrechtliche Regelungen hinsichtlich der Lebendspendekommission zu treffen sind und dass hieran auch Kostenpflichten geknüpft sind. Diese - neue - gesetzliche Vorgabe war der Klägerin - wie dargelegt seit 1999 - bekannt. Mit dem Verwaltungsgericht ist daher davon auszugehen, dass das Vertrauen der Klägerin in eine Kostenfreiheit spätestens seit Ende 1999 (Inkrafttreten des § 14 a Nds. HKG) nicht mehr geschützt ist.

Die Klägerin hätte die Kosten, die sie an die Beklagte zu zahlen hat, aufgrund der Änderung der Bundespflegesatzverordnung zudem von den Krankenkassen einfordern können. Wenn sie das nicht getan hat (oder sich mit den Krankenkassen anders geeinigt hat), geht das zu ihren Lasten. Da sie zumindest die Möglichkeit gehabt hätte, die Kosten in den Pflegesatz einzubeziehen, ist der ihr entstandene finanzielle Verlust nur als gering anzusehen. Bei einem bloßen Bagatellschaden ist aber (ausnahmsweise) ebenfalls eine echte Rückwirkung zulässig (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.10.1996 - 1 BvL 44/92 -, BVerfGE 95, 64).

Da die Beklagte auf Antrag der Klägerin im Dezember 2002 tätig geworden ist, die Satzung sich - wie dargelegt - auch zu Recht Rückwirkung beimessen konnte und diese Rückwirkung auf den 1. Januar 2002 bezogen ist (vgl. Art. 2 § 2 der Gebührensatzung) ist die Heranziehung der Klägerin daher nicht zu beanstanden.

Ob auch für die Jahre 2000 und 2001 Gebühren für die Tätigkeit der Lebendspendekommission erhoben werden können, obgleich die Satzung sich in Art. 2 § 2 Rückwirkung lediglich bis zum 1. Januar 2002 und nicht bis zum 1. Januar 2000 beigelegt hat, dürfte zweifelhaft sein, ist aber nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da es um die Auslegung von Landesrecht geht (vgl. § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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