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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 05.06.2007
Aktenzeichen: 11 LC 88/06
Rechtsgebiete: AufenthG, AuslG


Vorschriften:

AufenthG § 66 Abs. 1
AufenthG § 66 Abs. 2
AufenthG § 67
AufenthG § 68
AuslG § 82 Abs. 1
AuslG § 82 Abs. 2
AuslG § 83
AuslG § 84
Es ist zulässig, die Verpflichtung zur Übernahme der Kosten für den Lebensunterhalt nach § 84 AuslG (jetzt § 68 AufenthG) mit der Verpflichtung zur Übernahme der Ausreisekosten nach §§ 82 Abs. 2 und 83 Abs. 1 AuslG (jetzt §§ 66 Abs. 2 und 67 Abs. 1 AufenthG) zu verbinden. Eine derartige Verpflichtungserklärung (vgl. das bundesweit verwendete Formular mit der Artikel-Nr. 10150 der Bundesdruckerei) muss aber hinreichend bestimmt sein (hier verneint).

Die zuständige Ausländerbehörde hat bei atypischen Gegebenheiten bereits im Stadium des Heranziehungsverfahrens Ermessenserwägungen darüber anzustellen, ob und in welchem Umfang der Verpflichtungsgeber in Anspruch genommen werden soll.


NIEDERSÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT LÜNEBURG BESCHLUSS

Aktenz.: 11 LC 88/06

Datum: 05.06.2007

Gründe:

Nachdem die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 31. Mai 2007 den Bescheid der Bezirksregierung Braunschweig vom 8. Mai 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. Januar 2004 zurückgenommen hatte, haben die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Damit ist das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und das angefochtene Urteil für unwirksam zu erklären (§ 173 VwGO i. V. m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO in entsprechender Anwendung).

Die gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu treffende Kostenentscheidung fällt zu Lasten der Beklagten aus. Denn ihre Berufung gegen das angefochtene Urteil, mit dem der Klage der Klägerin auf Aufhebung des genannten Bescheides stattgegeben worden war, wäre voraussichtlich erfolglos geblieben. Dafür sind folgende Erwägungen maßgebend:

Streitgegenstand war die Heranziehung der Klägerin, einer mongolischen Staatsangehörigen, zu den Kosten der Abschiebung einer Frau T. - ebenfalls eine mongolische Staatsangehörige - am 23. April 2001 in Höhe von 8.031,88 Euro, wovon allein 7.113,03 Euro auf die 116 Tage dauernde Abschiebungshaft entfielen. Die Klägerin hatte am 1. September 1999 gegenüber dem Landratsamt {B.} eine Verpflichtungserklärung in einem bundesweit verwendeten Formular (Bundesdruckerei Artikel Nr. 10150) unterzeichnet. Darin verpflichtete sie sich, für Frau T. "ab Einreise 3 Wochen nach § 84 des Ausländergesetzes die Kosten für den Lebensunterhalt und nach §§ 82 und 83 des Ausländergesetzes die Kosten für die Ausreise o. g. Ausländers/in zu tragen". Frau T. reiste am 23. April 2000 mit einem bis zum 14. Mai 2000 befristeten sog. Schengen-Visum in das Bundesgebiet ein. Am 27. Dezember 2000 wurde Frau T. nach einem Ladendiebstahl in {C.} festgenommen. Im Rahmen der darauf durchgeführten Ermittlungen wurde festgestellt, dass sie unter verschiedenen Alias-Namen im Bundesgebiet aufgetreten war. Außerdem hatte sie im Jahre 1997 - ebenfalls unter einem Alias-Namen - erfolglos ein Asylverfahren betrieben. In diesem Zusammenhang war sie der Aufnahmeeinrichtung Braunschweig zugewiesen worden. Die Bezirksregierung Braunschweig ersuchte die Ausländerbehörde der Stadt {C.} unter dem 28. Dezember 2000, die Abschiebung von Frau T. im Wege der Amtshilfe durchzuführen.

Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ist nach den Vorschriften des Ausländergesetzes zu beurteilen. Das während des Klageverfahrens am 1. Januar 2005 in Kraft getretene Aufenthaltsgesetz ist vorliegend nicht anwendbar (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.6.2005 - 1 C 11.04 -, BVerwGE 123, 382 = InfAuslR 2005, 481 = DVBl. 2006, 51). Im Übrigen haben sich die maßgeblichen Vorschriften, soweit sie hier einschlägig sind, nicht geändert (vgl. §§ 66 Abs. 1 und 2, 67 und 68 sowie § 71 AufenthG).

Nach § 82 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 AuslG haftet für Kosten, die durch die Abschiebung eines Ausländers entstehen, neben dem Ausländer auch derjenige, der sich gegenüber der Ausländerbehörde verpflichtet hat, für die Ausreisekosten des Ausländers aufzukommen. Zu den Kosten der Abschiebung gehören gemäß § 83 Abs. 1 Nr. 2 AuslG auch die Kosten für die Abschiebungshaft.

Nach Auffassung des Senats hat sich die Klägerin durch ihre Erklärung vom 1. September 1999 nicht wirksam verpflichtet, für die Ausreisekosten von Frau T. aufzukommen. Zwar ist es grundsätzlich zulässig, die Verpflichtung zur Übernahme der Kosten für den Lebensunterhalt nach § 84 AuslG, die hier nicht im Streit ist, mit der Verpflichtung zur Übernahme der Ausreisekosten nach §§ 82 Abs. 2 und 83 Abs. 1 AuslG zu verbinden (vgl. etwa OVG NRW, Beschl. v. 3.7.2006 - 18 A 148/05 -, juris; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.2.2006 - 11 S 1857/05 -). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 24.11.1998 - 1 C 33.97 -, BVerwGE 108, 1 = InfAuslR 1999, 182 = DVBl. 1999, 537) stellt eine derartige Verpflichtungserklärung eine einseitige und empfangsbedürftige öffentlich-rechtliche (einem Schuldversprechen im Sinne von § 780 BGB vergleichbare) Willenserklärung zugunsten eines Dritten dar. Inhalt und Umfang (auch in zeitlicher Hinsicht) der jeweiligen konkreten Verpflichtungserklärung sind nach Maßgabe der allgemeinen Grundsätze der §§ 133 und 157 BGB anhand aller erkennbaren Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Es ist allgemein anerkannt, dass die Verpflichtungserklärung aus rechtsstaatlichen Gründen wie jede rechtsgeschäftliche Willenserklärung hinreichend bestimmt sein muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.1998 a. a. O.; Funke-Kaiser, GK-AufenthG, Stand: April 2005, § 68 Rdnr. 14; Hailbronner, AuslR, Stand: Januar 2005, § 68 AufenthG Rdnr. 8; Renner, AuslR, 8. Aufl., § 68 AufenthG, Rdnr. 5). Denn mit der Abgabe von Verpflichtungserklärungen der vorliegenden Art sind typischerweise erhebliche und oftmals nicht ohne weiteres abschätzbare wirtschaftliche Risiken für den Verpflichtungsgeber verbunden. Diesem muss vor Abgabe einer derartigen Erklärung unmissverständlich vor Augen geführt werden, worauf er sich einlässt. Zwar ist bei der Auslegung einer Willenserklärung grundsätzlich auf den Empfängerhorizont abzustellen (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.9.1996 - 2 C 39.95 -, BVerwGE 102, 81), doch kann es sich anders verhalten, wenn eine Erklärung in einem Formular des Erklärungsempfängers abgegeben wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.2.2006, a. a. O.; Funke-Kaiser, a. a. O., Rdnr. 17). In einem solchen Fall kommt es jedenfalls auch darauf an, wie der Erklärende die Eintragungen in dem Formular verstanden hat, wobei Zweifel zu Lasten des Formularverwenders gehen (vgl. VGH. Bad.-Württ., Urt. v. 27.2.2006, a. a. O., m. w. N.).

Hiervon ausgehend war für die Klägerin im Zeitpunkt der Abgabe der Verpflichtungserklärung nicht hinreichend klar, dass sie auch für die Kosten einer zwangsweisen Beendigung des Aufenthalts von Frau T. nach Ablauf des Zeitraums der Haftung für den Lebensunterhalt, der in der Verpflichtungserklärung mit 3 Wochen ab Einreise von Frau T. angegeben war, aufkommen sollte. Das Verwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hingewiesen, dass bei der gewählten Gestaltung des Formulars und dem aufzählenden verbindenden Charakter des Wortes "und" für den Erklärenden nicht deutlich werde, dass die gewählte zeitliche Beschränkung sich allein auf die Kosten für den Lebensunterhalt nach § 84 AuslG beziehen solle. Auch an anderer Stelle des Formulars sei nicht unmissverständlich dargestellt, dass die Verpflichtungserklärung für unterschiedliche Haftungsfälle abgegeben werde und die zeitliche Beschränkung auf 3 Wochen nicht für die Haftung für die Ausreise- oder Abschiebungskosten gelte. Auch der Verwaltungsgerichtshof Bad.-Württ. vertritt im Urteil vom 27. Februar 2006 (a. a. O.) die Auffassung, dass das damals verwendete - bundeseinheitliche - Formular der Verpflichtungserklärung für sich gesehen für den juristischen Laien im Hinblick auf die zeitliche Reichweite der Haftung für die Kosten der Ausreise nicht hinreichend bestimmt sei. Es werde zudem nicht hinreichend deutlich, dass zu den Kosten der Ausreise auch die Kosten einer zwangsweisen Beendigung des Aufenthalts durch Abschiebung gehörten. Während die Kosten des Lebensunterhalts in ihrer Reichweite verständlich umschrieben würden und insbesondere der Unterfall der Kosten bei Pflegebedürftigkeit durch drei wichtige Regelbeispiele veranschaulicht werde, fehle eine vergleichbar deutliche Beschreibung von Art und Umfang der Ausreisekosten. Das einzige dort aufgeführte Beispiel ("z.B. Flugticket") gebe den Haftungsumfang nur sehr unvollständig wieder. Der beschließende Senat teilt diese Bedenken, zumal die Kosten einer Abschiebungshaft, die in dem Formular nicht erwähnt werden, häufig - wie auch hier - den größten Teil der Abschiebungskosten ausmachen.

Der von der Beklagten zitierten abweichenden Rechtsprechung anderer Verwaltungsgerichte (vgl. etwa BayVGH, Urt. v. 30.6.2003 - 24 BV 03.122 -, NVwZ-Beil. 2004, 7 = BayVBl. 2003, 751; VG Hamburg, Gerichtsbesch. v. 24.9.2003 - 7 VG 1147/2003 -) vermag der Senat deshalb nicht zu folgen. Zwar können die Kosten einer Abschiebung nur nach Eintritt der Ausreisepflicht entstehen, mithin außerhalb des Zeitraums, für den das Visum erteilt worden ist. Ebenso ist eine zeitliche Beschränkung der Verpflichtungserklärung auf die Dauer des erteilten Visums mit dem zusätzlich beabsichtigten Zweck der Verpflichtungserklärung, auch die Kosten einer möglichen Abschiebung nicht der Allgemeinheit aufzubürden, grundsätzlich nicht vereinbar. Diese Überlegungen sind aber von der hier maßgeblichen Frage zu trennen, ob die von der Klägerin abgegebene Verpflichtungserklärung dem Gebot der hinreichenden Bestimmtheit genügt. Sollte der 13. Senat des erkennenden Gerichts im Beschluss vom 12. April 2007 - 13 LA 259/06 -, mit dem ein Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt worden ist, eine andere Auffassung vertreten, würde dem der erkennende Senat aus den oben angeführten Gründen nicht folgen können.

Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht die Tatsache, dass die Klägerin durch Unterschrift unter das ihr vorgelegte Formular bekundet hat, sie sei über "den Umfang und die Dauer der Haftung" aufgeklärt worden. Die Verpflichtungserklärung ist keine Urkunde im Sinne der §§ 415 Abs. 1 und 418 Abs. 1 ZPO und vermag deshalb nicht den vollen Beweis der in ihr bezeugten Tatsachen zu begründen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.2.2006, a. a. O.). Daher gelten für die Feststellungen zur Aufklärung der Klägerin durch die Ausländerbehörde über Umfang und Dauer ihrer Haftung die üblichen Regeln zur Darlegungs- und Beweislast, d.h. die einen Erstattungsbescheid erlassende Behörde ist materiell beweisbelastet für die angemessene Erfüllung der Aufklärungspflicht (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.2.2006, a. a. O.). Die Beklagte hat sich mit dieser Frage nicht näher auseinandergesetzt, obwohl die Klägerin eine ausreichende Unterrichtung über die wirtschaftlichen Konsequenzen der Verpflichtungserklärung bestritten hat. Insbesondere hat sie keine Erklärung des Landratsamtes {B.} vorgelegt, wonach die Klägerin konkret darüber aufgeklärt worden ist, dass sie die Kosten der Ausreise von Frau T. auch dann zu tragen habe, wenn diese nach Ablauf der genannten Drei-Wochen-Frist abgeschoben werden müsse und welche Kosten auf sie zukommen könnten. Offenbar ist auch kein Dolmetscher hinzugezogen worden. Dies hätte aber im Interesse des Schutzes der Klägerin, die damals nur über unzureichende Deutschkenntnisse verfügt haben will, vor unübersehbaren wirtschaftlichen Risiken nahe gelegen.

Die Berufung der Beklagten hätte auch aus einem weiteren - selbständig tragenden - Grund voraussichtlich zurückgewiesen werden müssen.

Die Frage, ob die anspruchsberechtigte öffentliche Stelle den zum Kostenersatz Verpflichteten heranzuziehen hat oder unter welchen Voraussetzungen davon (ggf. auch teilweise) abgesehen werden kann, ist zwar in den §§ 82 ff. AuslG (jetzt §§ 66 ff. AufenthG) nicht geregelt. Das Bundesverwaltungsgericht hat aber in seinem Urteil vom 24. November 1998 (a. a. O.) zu dieser Frage Grundsätze entwickelt, die auch hier anzuwenden sind. Die Heranziehung zum Kostenersatz setzt danach unter bestimmten Voraussetzungen eine Ermessensbetätigung der zuständigen Behörde voraus, ob und in welchem Umfang eine Erstattung erfolgen soll. Grundsätzlich gebieten es die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, dass die öffentliche Hand ihr zustehende Geldleistungsansprüche auch durchsetzt. Die Rechtsordnung sieht jedoch regelmäßig vor, dass bei Vorliegen atypischer Gegebenheiten von dieser Regel auch abgewichen werden darf, um bei fehlender oder eingeschränkter Leistungsfähigkeit den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Billigkeit im Einzelfall angemessen Rechnung tragen zu können (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.1998, a. a. O.; Bay. VGH, Urt. v. 15.12.2003 - 24 B 0.31049 -, InfAuslR 2004, 252; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 7.3.2006 - 13 S 155/06 -, InfAuslR 2006, 387; 4. Sen. d. erk. Ger., Beschl. v. 22.2.2000 - 4 L 3101/99 -, FEVS 51, 12). Die Besonderheiten des Einzelfalls sind bereits bei der Geltendmachung der Forderung von rechtlicher Bedeutung und kommen nicht erst im vollstreckungsrechtlichen Verfahren, sei es durch Stundung, Niederschlagung oder Erlass der Forderung, zum Tragen. Demgemäß ist der Verpflichtete im Regelfall zur Erstattung heranzuziehen, ohne dass es weitergehender Ermessenserwägungen bedürfte. Ein Regelfall ist etwa gegeben, wenn die Voraussetzungen der Aufenthaltsgenehmigung, wozu auch die Erteilung eines Visums gehört, einschließlich der finanziellen Belastbarkeit des Verpflichteten im Verwaltungsverfahren voll und individuell geprüft worden sind und nichts dafür spricht, dass die Heranziehung zu einer unzumutbaren Belastung des Verpflichteten führen könnte (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 22.2.2000, a. a. O.; Bay. VGH, Urt. v. 15.12.2003, a. a. O.). Dagegen kann für einen Ausnahmefall sprechen, dass die zuständigen Behörden im Grunde eine Risikoentscheidung getroffen und damit eine Mitverantwortung übernommen haben, in dem sie keine eingehende und sorgfältige, sondern nur eine überschlägige Bonitätsprüfung des Erklärenden vorgenommen haben bzw. auch gar nicht durchführen wollten (vgl. Funke-Kaiser, a. a. O., § 68 AufenthG, Rdnr. 35), was insbesondere bei geplanten Kurzaufenthalten zu Besuchszwecken praktisch häufig der Fall sein wird (vgl. Nr. 84.1.2.5 AuslG-VwV und jetzt Nr. 68.1.2.5 der Vorläufigen Anwendungshinweise des BMI). Ein derartiger Ausnahmefall dürfte hier vorliegen.

Der Verpflichtungserklärung der Klägerin vom 1. September 1999 ist zu entnehmen, dass das Landratsamt {B.} auf eine Prüfung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Klägerin verzichtet hat. Denn die entsprechende Rubrik in dem Formular der Verpflichtungserklärung ("Stellungnahme der Ausländerbehörde/Auslandsvertretung: Die finanzielle Leistungsfähigkeit des/der Verpflichtungserklärenden wurde nachgewiesen/glaubhaft gemacht") ist durchgestrichen. Dies lässt darauf schließen, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin und ihrer Familie nicht geprüft worden sind. Die Beklagte hat Gegenteiliges auch nicht behauptet. Der Verzicht auf eine derartige Prüfung mag im Hinblick auf den von Frau T. beabsichtigten Kurzaufenthalt von 3 Wochen aus verwaltungsökonomischen Gründen insoweit gerechtfertigt sein, als die Verpflichtung zur Übernahme der Kosten für den Lebensunterhalt nach § 84 AuslG betroffen ist. Denn dabei handelt es sich um einen genau umrissenen und zudem verhältnismäßíg kurzen Zeitraum. Anders dürfte aber die Frage einer Haftung für die Kosten einer Abschiebung nach § 82 Abs. 1 und 2 AuslG zu beurteilen sein. Würde man sich nämlich der Auffassung der Beklagten insoweit anschließen, wäre die Haftung bezüglich der Ausreisekosten zeitlich nicht absehbar, was zu einer unzumutbaren finanziellen Belastung des Verpflichteten führen könnte. Wenn schon vor der Abgabe/Entgegennahme der Verpflichtungserklärung die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin und ihrer Familie nicht geprüft wurden, hätte dies aber spätestens im Rahmen der Ermessensentscheidung über die Erstattung der für Frau T. entstandenen Abschiebekosten nachgeholt werden müssen. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil Abschiebekosten in Höhe von 8.031,88 Euro entstanden sind, die auch von einem normal verdienenden Verpflichtungsschuldner nicht ohne weiteres aufzubringen sind. Dies erforderte deshalb eine genaue Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin und ihrer Familie. Dies ist unterblieben. Angesichts der Tatsache, dass die Klägerin Hausfrau ist und nicht über eigene Einkünfte verfügt, ihr Ehemann im Jahr 2005 ein Nettoeinkommen von ca. 1.200,-- bis 1.300,-- Euro erzielt hat, mit dem der Lebensunterhalt der gesamten Familie, zu der auch 3 minderjährige Kinder gehörten, bestritten werden muss, erscheint es unwahrscheinlich, dass sie eine Forderung von 8.031,88 Euro in absehbarer Zeit begleichen kann. Da sich die Beklagte mit diesem Aspekt nicht auseinandergesetzt hat, obwohl dies angesichts der vorliegenden Besonderheiten nahe lag, war der angefochtene Bescheid auch aus diesem Grund aller Wahrscheinlichkeit nach rechtswidrig.

Billigkeitserwägungen hätten sich darüber hinaus auch deshalb angeboten, weil die Klägerin unwidersprochen vorgetragen hat, dass sie von Frau T. getäuscht worden sei und mit deren Fehlverhalten in keiner Weise habe rechnen können.

Ende der Entscheidung

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