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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 21.12.2007
Aktenzeichen: 12 ME 299/07
Rechtsgebiete: 4. BImSchV, BImSchG, Richtlinie VDJ 3745


Vorschriften:

4. BImSchV Ziff. 10.18
BImSchG § 5
BImSchG § 6
Richtlinie VDJ 3745
Lärmimmissionen eines nicht in einem geschlossenen Raum betriebenen Schießstandes.
Gründe:

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Antragsteller vorläufiger Rechtsschutz gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu gewähren ist, die der Antragsgegner dem beigeladenen Schützenverein unter Anordnung der sofortigen Vollziehung für die Errichtung (den Umbau) und den Betrieb einer Schießanlage erteilt hat.

Der Antragsteller bewohnt ein auf dem Hofgrundstück F. Straße G. in H., Ortsteil I., gelegenes Wohnhaus. Auf dem westlich angrenzenden Grundstück F. Straße J. befindet sich ein Gebäude- und Anlagenkomplex, der einen Bewirtungsteil mit Saal und Kegelbahnen und die von dem Beigeladenen betriebene Schießanlage enthält. Die Schießanlage befindet sich ca. 30 m von dem Wohnhaus des Antragstellers entfernt. Die F. Straße verläuft östlich der Ortsgrenze der Stadt H. und ist beidseitig bebaut. Im geltenden Flächennutzungsplan der Stadt H. sind die Grundstücke F. Straße J. und G. sowie die bebauten Grundstücke beidseits der F. Straße in der näheren Umgebung als gemischte Baufläche dargestellt. Einen Bebauungsplan gibt es für dieses Gebiet nicht. In ihrer ursprünglichen Form bestand die Schießanlage des Beigeladenen aus einem Luftgewehrstand sowie einem Schießstand mit 50-m-Bahnen im westlichen und einem Schießstand mit 25-m-Bahnen (Pistolenstand) im östlichen Bereich der Anlage. Die Schießstände mit den 25-m-Bahnen und den 50-m-Bahnen waren an ihren Seiten durch Mauern umfasst und wiesen eine Bedachung nicht auf.

Nach behördlicher Schließung der Schießstände im offenen Bereich im Jahre 2004 beauftragte der Beigeladene das K. GmbH (L.) mit der Erstellung eines schalltechnischen Gutachtens zum Nachweis einer Einhaltung der Immissionsrichtwerte nach der TA Lärm an der umliegenden Wohnbebauung bzw. der Erarbeitung von Vorschlägen für immissionsmindernde Maßnahmen. Das Gutachten des L. vom 5. November 2004 gelangt ausgehend von den seinerzeitigen regelmäßigen Betriebszeiten der Anlage (dienstags von 16.00 bis 21.00 Uhr, samstags von 14.30 bis 18.00 Uhr und sonntags von 10.00 bis 12.00 Uhr) sowie unter Berücksichtigung der jeweiligen Emissionen von in der Schießanlage verwandten Langwaffen und Pistolen sowie der aus ihnen abgegebenen Anzahl von Schüssen bei einer guten Standauslastung zu dem Ergebnis, dass die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.1 c) der TA Lärm für Dorf- und Mischgebiete von 60 dB(A) am Tag (6.00 bis 22.00 Uhr) und 45 dB(A) in der Nacht (22.00 bis 6.00 Uhr) in der Umgebung der Anlage - insbesondere am Wohnhaus des Antragstellers - deutlich überschritten wurden. Durch eine zumutbare Reduzierung der Schusszahlen und Einschränkung der Schießzeiten seien die Pegelüberschreitungen nicht zu beseitigen. Gleiches gelte für eine Abdeckung lediglich der 25-m-Bahnen des Pistolenstandes bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung des Betriebes auf den 50-m-Bahnen. Der Immissionsbeitrag des Pistolenstandes am Gesamtpegel sei relativ zu gering, um eine nennenswerte Pegelminderung zu erreichen. Bei uneingeschränktem Betrieb der Schießanlage sei eine Einhaltung der Immissionsrichtwerte nur gewährleistet, wenn alle nach oben offenen Schießbahnen mit einer geschlossenen Dachkonstruktion versehen würden.

Der Beigeladene entschloss sich im Folgenden dazu, zunächst nur eine Lärmsanierung des Pistolenstandes vorzunehmen und den Schießstand mit den 50-m-Bahnen weiterhin außer Betrieb zu lassen. Unter dem 29. Juni 2005 erteilte ihm die Stadt H. als untere Bauaufsichtsbehörde eine Baugenehmigung für die Dacheindeckung des Pistolenstandes sowie für die Errichtung einer Schallschutzwand. Die Wirksamkeit dieser Immissionsminderungsmaßnahme beurteilte das L. in einem Gutachten vom 8. Juni 2006. Das Gutachten bezieht sich auf neun im Einzelnen bezeichnete Kaliber, die auf den 25-m-Bahnen des Pistolenstandes zum Einsatz kommen können. Es gelangt zu dem Ergebnis, dass - bezogen auf das Wohnhaus des Antragstellers - die am Tage nach Nr. 6.1 c) der TA Lärm in Dorf- und Mischgebieten maximal zulässigen kurzzeitigen Geräuschspitzen von 90 dB(A) um mehr als 20 dB(A) unterschritten werden, während in der Nachtzeit lediglich die leisesten drei der verwandten Kaliber die maximal zulässigen kurzzeitigen Geräuschspitzen von 65 dB(A) unterschreiten. Weiterhin berechnet das Gutachten unter Berücksichtigung der Richtlinie VDI 3745 (Beurteilung von Schießgeräuschimmissionen, Mai 1993) für jedes der im Einzelnen bezeichneten Grundkaliber die maximalen Schusszahlen, die tagsüber abgegeben werden dürfen, bevor der Immissionsrichtwert von 60 dB(A) erreicht wird (zwischen 1293 Schuss für .357 Magnum, Gebrauchsladung und 31857 Schuss für .22 lfB).

Der Antragsteller griff die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 29. Juni 2005 nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens mit der Klage an (anhängig bei dem Verwaltungsgericht unter dem Aktenzeichen 4 A 4180/06) und suchte um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach. Mit Beschluss vom 17. Januar 2007 (Aktenzeichen: 4 B 5359/06) verpflichtete das Verwaltungsgericht die Stadt H. im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO, dem Beigeladenen die Nutzung des Pistolenstandes vorläufig zu untersagen. Der Beigeladene sei bei der Durchführung des Bauvorhabens in wesentlicher Beziehung von der erteilten Baugenehmigung abgewichen. Die Stadt H. habe eine Baugenehmigung für einen Schießstand für Handfeuerwaffen in geschlossenen Räumen erteilen wollen, da es anderenfalls nach § 1 der 4. BImSchV i. V. m. Ziff. 10.18 Sp. 2 des Anhanges zu dieser Verordnung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedurft habe. Der Beigeladene habe jedoch durch den ins Werk gesetzten Umbau des Pistolenstandes eine geschlossene Anlage nicht hergestellt, da zwischen dem aufsteigenden Mauerwerk und der Dachkonstruktion ein ca. 10 cm breiter Spalt vorhanden sei, der der Belüftung der Anlage diene. Der Antragsteller habe einen Anspruch darauf, dass die Stadt H. den Schießbetrieb auf der derzeit nicht genehmigten Anlage nach § 89 Abs. 1 NBauO untersage. Das nach dieser Norm bestehende bauaufsichtliche Ermessen sei auf Null reduziert, da die Gleichwertigkeit der ins Werk gesetzten Konstruktion mit einer geschlossenen Anlage bisher nicht nachgewiesen worden sei. Im Hinblick auf das nur ca. 30 m von dem Schießstand entfernte Wohnhaus des Antragstellers sei von einer besonderen Lästigkeit des impulsartig hohen Lärmpegels der einzelnen Schüsse auszugehen. Ob eine Ausnutzung der Beurteilungspegel durch Festlegung von Maximalschusszahlen dem Gebot der nachbarlichen Rücksichtnahme entspreche, erscheine fraglich, zumal es technisch möglich und durch die erteilte Baugenehmigung vorgegeben sei, den Schießstand komplett zu schließen. Durch die Umrechnung auf den nach der TA Lärm grundsätzlich maßgeblichen Beurteilungspegel ergäben sich für die zugelassenen Schießzeiten ausgesprochen hohe Schusszahlen. Eine offene Schießanlage für Handfeuerwaffen dürfte in einem faktischen Misch- oder Dorfgebiet bereits typbezogen kaum zulässig sein. Die Kammer neige dazu, auch den rückwärtigen Bereich des Baugrundstücks, in dem sich der Pistolenstand befinde, als Teil der geschlossenen Ortslage im Sinne des § 34 BauGB anzusehen.

Am 29. März 2007 stellte der Beigeladene bei dem Antragsgegner einen Antrag auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für den durchgeführten Umbau des Pistolenstandes. Neben den Schallimmissionsgutachten des L. vom 5. November 2004 und 8. Juni 2006 legte er eine ergänzende Stellungnahme dieses Instituts vom 22. Februar 2007 vor, die sich mit der in dem Gutachten vom 8. Juni 2006 nicht behandelten Frage eines an die geänderten Gegebenheiten angepassten Schießplanes bei dem Betrieb der Anlage befasst. In der Stellungnahme wird ausgeführt, dass der dem Gutachten vom 5. November 2004 zugrundeliegende Schießplan vier großkalibrige Langwaffen enthalten habe, die auf der nunmehr allein zur Verfügung stehenden 25-m-Bahn nicht eingesetzt würden. Bei Verwendung von kleineren Kalibern könne der seinerzeitige Schießplan in keinem Fall zu einer Überschreitung des maßgeblichen Immissionsrichtwertes führen. Weiterhin legte der Beigeladene als separaten Bestandteil der Antragsunterlagen die in dem Gutachten des L. vom 8. Juni 2006 enthaltene Tabelle mit den einzelnen Grundkalibern zugeordneten maximalen Schusszahlen, die im Hinblick auf den während der Tageszeit geltenden Immissionsrichtwert von 60 dB(A) nicht überschritten werden dürften, vor. Hierzu führte er aus, dass nicht aufgeführte Zwischenkaliber bei der Berechnung der maximalen Gesamtbelastung dem nächst höheren Kaliber zugeschlagen würden, so dass die Gesamtbelastung nicht überschritten werde. Die Trainingstage und Trainingszeiten würden nach der Wiederaufnahme des Schießbetriebes durch eine Mitgliederversammlung beschlossen und bekanntgegeben.

Mit Bescheid vom 3. Mai 2007 erteilte der Antragsgegner dem Beigeladenen auf der Grundlage der §§ 4, 10, 19 BImSchG i. V. m. § 1 der 4. BImSchV und Ziff. 10.18 Spalte 2 des Anhanges zu dieser Verordnung die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der beschriebenen Schießanlage. Die vorgelegten Antragsunterlagen einschließlich der durch das L. erstatteten Gutachten wurden zum Bestandteil der Genehmigung erklärt. Weitere Nebenbestimmungen beziehen sich auf die Pflicht zur Einhaltung der im einzelnen bezeichneten Immissionsrichtwerte der TA Lärm für Misch- und Dorfgebiete außerhalb und innerhalb von Gebäuden (Nr. 1.4), die Einhaltung von - im Einzelnen nicht genannten - Schießzeiten (Nr. 1.7), die Führung eines Betriebstagebuches (Nr. 1.8), den Ausschluss sog. seltener Ereignisse gemäß Nr. 7.2 der TA Lärm für den Regelbetrieb (Nr. 1.11) sowie die Anordnung des Nachweises durch eine anerkannte Messstelle nach § 26 BImSchG über die Einhaltung der Immissionsrichtwerte vor Inbetriebnahme der Schießanlage (Nr. 1.12). Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 14. Mai 2007 legte der Antragsteller Widerspruch gegen die dem Beigeladenen erteilte Genehmigung vom 3. Mai 2007 ein. Auf Antrag des Beigeladenen ordnete der Antragsgegner unter dem 4. Juni 2007 gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung der Genehmigung an und verwies zur Begründung u. a. auf das existenzielle Interesse des Beigeladenen an einer kurzfristigen Ausnutzung der erteilten Genehmigung. Nachdem der Antragsgegner den Widerspruch des Antragstellers mit Bescheid vom 20. Juni 2007 zurückgewiesen hatte, hat dieser am 2. Juli 2007 Klage erhoben (bei dem Verwaltungsgericht anhängig unter dem Aktenzeichen 5 A 1839/07).

Bereits am 11. Juni 2007 hat der Antragsteller um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Dem Eilantrag hat das Verwaltungsgericht mit dem hier angefochtenen Beschluss vom 16. Juli 2007 stattgegeben, weil die dem Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung voraussichtlich rechtswidrig sei und Nachbarrechte des Antragstellers verletze. Zum einen bestünden bereits erhebliche Zweifel daran, dass die Genehmigung im Sinne der §§ 3, 5 BImSchG ausreichende Vorkehrungen zum Schutz der Anwohner vor unzumutbaren Lärmimmissionen vorsehe. Zwar werde die Einhaltung der für das Wohnhaus des Antragstellers maßgeblichen Immissionsrichtwerte nach der TA Lärm vorgegeben, es fehle jedoch an einer hinreichend bestimmten Regelung darüber, wie diese Richtwerte einzuhalten seien. Die Genehmigung selbst enthalte keine ausdrückliche Bestimmung über die möglichen Schießzeiten, die Schusszahlen, die verwendbaren Waffen und Kaliber sowie die baulichen Anforderungen im Pistolenschießstand, sondern verweise hierzu lediglich auf die Antragsunterlagen, insbesondere die im Laufe der vorangegangenen Verfahren vorgelegten Gutachten des L.. Diese Gutachten gingen jedoch von unterschiedlichen Betriebsmodalitäten aus und sähen insoweit unterschiedliche Maßnahmen zur Reduzierung der Lärmimmissionen vor. Insgesamt möge zwar aufgrund eines gründlichen Studiums der Genehmigungsakten letztlich bestimmbar sein, welcher Betriebsmodus zur Einhaltung der Lärmimmissionsrichtwerte beachtet werden müsse. Nach § 37 VwVfG seien Auflagen jedoch so zu fassen, dass sie auch für einen drittbetroffenen Beteiligten vollständig, klar und eindeutig seien. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung sei - zum anderen - voraussichtlich auch deshalb rechtswidrig, weil hier selbst dann, wenn die Immissionsrichtwerte nach dem Ergebnis einer auf der Grundlage der Richtlinie VDI 3745 i. V. m. der TA Lärm angestellten Berechnung nicht überschritten würden, eine atypische Situation bestehe, die ein Abweichen von den Bewertungskriterien der genannten Regelwerke gebiete. Das Verwaltungsgericht schließt sich insoweit der in dem vorhergehenden Beschluss vom 17. Januar 2007 (Aktenzeichen: 4 B 5359/06) vertretenen Einschätzung an, dass der impulsartige hohe Lärmpegel der in der nur 30 m von dem Wohnhaus des Antragstellers entfernten Schießanlage abgegebenen Schüsse besonders lästig sei. Die einzelnen Schüsse erreichten Pegelwerte von bis zu 68,6 dB(A). Durch die Berechnung nach der Richtlinie VDI 3745 ergäben sich ausgesprochen hohe Schusszahlen von beispielsweise 1293 Schuss mit einer Pistole des Fabrikats Magnum (Kaliber .357, Gebrauchsladung). Daraus folge, dass das Wohngrundstück des Antragstellers bis zu 1293 Mal am Tag einem impulsartigen Lärmpegel ausgesetzt sei, der für sich betrachtet den zulässigen Immissionsrichtwert von tagsüber 60 dB(A) überschreite. Die sei schlechterdings unzumutbar. Angesichts dieser Sachlage erscheine es zwingend, dass der Pistolenstand komplett umschlossen und erforderlichenfalls mit weiteren Schalldämmmaßnahmen versehen werde.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Zwischen den Beteiligten ist entsprechend der von dem Verwaltungsgericht vertretenen Einschätzung unstreitig (geworden), dass der Schießstand des Beigeladenen nicht im Sinne der Nr. 10.18, Sp. 2 des Anhanges zu § 1 der 4. BImSchV in geschlossenen Räumen betrieben wird und deshalb einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach §§ 4, 19 BImSchG bedarf. Der Senat sieht im jetzigen Stand des Verfahrens keinen Anlass zu einer anderen Bewertung. Ausgehend hiervon ist auf Grund des Beschwerdevortrages des Antragsgegners, der nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den Rahmen der Überprüfung des angefochtenen Beschlusses durch den Senat bildet, eine Änderung dieses Beschlusses nicht veranlasst.

Der Antragsgegner macht geltend, entgegen der von dem Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung sei es rechtlich unbedenklich, wenn in einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bzw. in einer Nebenbestimmung zu dieser ein zu erreichendes Ziel - etwa in Gestalt der Einhaltung eines Immissionsrichtwertes - formuliert werde, die Verwirklichung dieses Ziels im Einzelnen hingegen dem Anlagenbetreiber überlassen bleibe. Dementsprechend seien hier dem Beigeladenen die einzuhaltenden Immissionsrichtwerte vorgegeben worden, ohne dass es erforderlich gewesen sei, ihm darüber hinaus detailliert vorzuschreiben, mit welchen baulichen Maßnahmen oder mit welchen Waffen und Schusszahlen garantiert werden könne, dass die vorgegebenen Immissionsrichtwerte nicht überschritten würden. Dem Beigeladenen bleibe überlassen, wie er die Einhaltung der Immissionsrichtwerte bewerkstelligen wolle. Er müsse deren Einhaltung jedoch nach der Nebenbestimmung Nr. 1.12 der Genehmigung vor der eigentlichen Inbetriebnahme der Schießanlage nachweisen. Der Nachweis sei gegenüber ihm, dem Antragsgegner, als Genehmigungsbehörde zu führen. Wesentlicher Bestandteil des Nachweises sei es, alle Rahmenbedingungen des Schießbetriebes - Schusszahlen, Betriebszeiten, verwendete Waffen etc. - festzulegen. Diese Festlegungen würden dann als nachträgliche Anordnungen nach § 17 BImSchG in die Genehmigung mit aufgenommen. Darüber hinaus seien die vorliegenden schalltechnischen Gutachten in die erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung integriert worden. Aus diesen Gutachten ergebe sich auch der vorläufige Schießzeitenplan mit Schusszahlen, verwendbaren Waffen und Kalibern. Die Einhaltung und Kontrolle dieser Vorgaben sei durch die Nebenbestimmungen Nr. 1.7 und 1.8 sichergestellt. Was die von dem Verwaltungsgericht weiterhin angeführte besondere Lästigkeit der impulsartig hohen Lärmpegel der einzelnen Schüsse für die Anwohner anbelange, könne darauf verwiesen werden, dass eben dieser Eigentümlichkeit von Schießgeräuschen durch das besondere Mess- und Beurteilungsverfahren der Richtlinie VDI 3745 - insbesondere durch die Einrechnung eines Zuschlages für die Impulshaltigkeit in Höhe von 16 dB(A) und die Herausfilterung der Zeitabschnitte mit den maximalen Schalldruckpegeln von Schießgeräuschen - Rechnung getragen werde. Auch der geringe Abstand von 30 m zwischen dem Wohnhaus des Antragstellers und der Schießanlage des Beigeladenen stelle insoweit keine atypische Besonderheit dar, da er bereits bei der Berechnung der Beurteilungspegel berücksichtigt worden sei. Schließlich sei die Anlage des beigeladenen Schützenvereins dorfgebietstypisch und deshalb bauplanungsrechtlich zulässig.

Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen des Antragsgegners vermag der Senat zwar Teilen der Begründung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses nicht bzw. nicht uneingeschränkt beizutreten. Hieraus folgt gleichwohl nicht, dass dem Beigeladenen nach dem derzeitigen Sachstand der Betrieb des umgebauten Pistolenstandes durch eine Bestätigung der von dem Antragsgegner angeordneten sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheides vom 3. Mai 2007 vorübergehend (wieder) gestattet werden könnte. Nicht anzuschließen vermag sich der Senat der von dem Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung, der angefochtene Bescheid sei zu unbestimmt. Der Senat hat in seiner immissionsschutzrechtlichen Rechtsprechung entschieden (Beschluss vom 26.6.2007 - 12 LA 14/07 -, RdL 2007, 240 ff.), dass das Bestimmtheitsgebot des § 37 Abs. 1 VwVfG - wie allgemein, so auch in diesem Rechtsgebiet - erfordert, dass der Adressat eines Verwaltungsaktes erkennen kann, was von ihm verlangt wird und dass dem Gebot jedenfalls nicht durch eine bloße Wiederholung des Inhalts einer allgemeinen Gesetzesvorschrift mit gleichen oder anderen Worten genügt wird. Andererseits ist es jedenfalls aus Gründen der formellen Bestimmtheit des Genehmigungsbescheides und vorbehaltlich weitergehender Anforderungen aus materiell-rechtlichen Gründen nicht zu beanstanden, wenn sich die Behörde darauf beschränkt, das zu erreichende Ziel - etwa die Einhaltung eines bestimmten Immissionsrichtwertes unter gleichzeitiger Angabe des anzuwendenden Mess- und Beurteilungsverfahrens sowie der relevanten Immissionsorte - vorzuschreiben. Die Einhaltung der Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. c) der TA Lärm hat der Antragsgegner dem Beigeladenen in der erteilten Genehmigung in eindeutiger Weise aufgegeben.

Unabhängig von der formellen Bestimmtheit einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist jedoch die Frage, welche Maßgaben sie aus materiell-rechtlichen Gründen enthalten muss. Materiell-rechtlich muss u.a. nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG die Erfüllung der Pflichten aus § 5 BImSchG sichergestellt sein. Insbesondere muss sich das zur Genehmigung stehende Vorhaben in Einklang mit der nachbarschützenden Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG befinden, darf also keine danach unzulässigen Einwirkungen auf die Nachbarschaft zur Folge haben. Die Genehmigungsbehörde hat insoweit eine Prognose anzustellen und etwa erforderliche Maßnahmen der Immissionsminderung in dem Genehmigungsbescheid zu verfügen (vgl. hierzu aus der Rechtsprechung des Senats: Urt. v. 26.4.2007 - 12 LB 8/07 -, ZNER 2007, 229, 231 und im Übrigen: Jarass, a.a.O., § 6, Rn. 8 f).

In diesem Zusammenhang hat sich der Antragsgegner im Grundsatz zu Recht auf die von dem Beigeladenen beigebrachten schalltechnischen Gutachten des L. gestützt, die ihrerseits nach den Berechnungs- und Beurteilungsmaßstäben der TA Lärm i.V.m. der nach Nr. A 1.6 des Anhanges zur TA Lärm speziell für die Ermittlung von Schießgeräuschen maßgeblichen Richtlinie VDI 3745 erstellt worden sind. Nach seinem derzeitigen Erkenntnisstand vermag der Senat der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht beizutreten, wegen der impulsartig hohen Lärmpegel der einzelnen Schüsse und der damit verbundenen besonderen Lästigkeit des in nur 30 m Entfernung zum Wohnhaus des Antragstellers stattfindenden Schießbetriebes sei ein Abweichen von den Regelwerken der TA Lärm und der Richtlinie VDI 3745 geboten und der Betrieb des Pistolenstandes schon wegen dieser atypischen Umstände für den Antragsteller ohne vorherige Durchführung weiterer Schalldämmmaßnahmen nicht zumutbar. Zwar ist anerkannt (Feldhaus/Tegeder, in: Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Band 4, Stand: September 2007, B 3.6, Rn 24; Hansmann, in: Landmann/ Rohmer, Umweltrecht, Band II, Stand: Mai 2007, 3.1, Vorb., Rn. 6), dass es atypische Lärmquellen gibt, deren Besonderheiten das Beurteilungsverfahren und die Immissionsrichtwerte der TA Lärm nicht gerecht werden. Die TA Lärm sieht in diesem Sinne in Nr. 3.2.2 selbst vor, dass von der Regelfallprüfung nach Nr. 3.2.1 abzuweichen und eine Sonderfallprüfung durchzuführen ist, wenn besondere Umstände vorliegen, die nach Art und Gewicht wesentlichen Einfluss auf die Beurteilung haben können, ob die Anlage zum Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen relevant beiträgt. Der Antragsgegner weist insoweit jedoch zu Recht darauf hin, dass hier der besonderen Impulshaftigkeit und Lästigkeit der Schießgeräusche bereits durch die Anwendung der speziellen Maßstäbe der Richtlinie VDI 3745 Rechnung getragen worden ist und der geringe Abstand zum Immissionsort ohnehin in die Berechnung des Beurteilungspegels nach der TA Lärm Eingang gefunden hat. Die derart erreichte Objektivierung hintanzustellen, erscheint jedenfalls im Rahmen des Eilverfahrens nicht gerechtfertigt. Gegebenenfalls mag das Verwaltungsgericht in Bezug auf die Zumutbarkeit der von dem Pistolenstand ausgehenden Lärmbelastung im Hauptsacheverfahren eine weitere Aufklärung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens herbeiführen.

Somit ist es nach der derzeitigen Einschätzung des Senats zwar nicht unmöglich sicherzustellen, dass jedenfalls nach den Maßgaben der TA Lärm - ergänzt um diejenigen der Richtlinie VDI 3745 - schädliche Umwelteinwirkungen in Gestalt unzumutbarer Lärmimmissionen nicht von dem Pistolenstand des Beigeladenen ausgehen und auf das Wohnhaus des Antragstellers einwirken. Der Antragsgegner hat aber nicht alle in dieser Hinsicht erforderlichen Vorkehrungen in der dem Beigeladenen erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung getroffen.

Abzustellen ist zunächst auf die in Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. c) der TA Lärm für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden für Kern-, Dorf- und Mischgebiete festgelegten Werte von 60 dB(A) am Tag und 45 dB(A) in der Nacht bei zulässigen Überschreitungen durch einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen von bis zu 30 dB(A) am Tag und 20 dB(A) in der Nacht. Denn wenn man davon ausgeht, dass sowohl der Pistolenstand des Beigeladenen als auch die Wohnhäuser in der näheren Umgebung Teil eines Bebauungszusammenhanges im Sinne des § 34 BauGB sind, spricht nach Aktenlage Überwiegendes dafür, dass diese Bebauung den Charakter eines Misch- bzw. Dorfgebietes hat. Die genannten Immissionsrichtwerte wären darüber hinaus auch dann heranzuziehen, wenn sich der streitige Schießstand bereits im Außenbereich befinden sollte (vgl. allgemein: Feldhaus/Tegeder, a.a.O., B 3.6, Rn. 56; Hansmann, a.a.O., 3.1, Nr. 6, Rn. 15).

Der Antragsgegner ist aufgrund der im Antragsverfahren vorgelegten schalltechnischen Gutachten des L. - insbesondere der Begutachtung vom 8. Juni 2006 - in nachvollziehbarer Weise zu der Überzeugung gelangt, dass die bezeichneten Immissionsrichtwerte bezogen auf das Wohnhaus des Antragstellers bei Benutzung bestimmter, in der Größe beschränkter Waffenkaliber und Nichtüberschreitung errechneter Maximalschusszahlen eingehalten werden können. Dementsprechend hat er neben den einzuhaltenden Immissionsrichtwerten durch die zum Bestandteil des Genehmigungsbescheides gewordene, im Antragsverfahren vorgelegte einschlägige Tabelle aus dem Gutachten vom 8. Juni 2006 Grundkaliber und darauf bezogene Maximalschusszahlen festgelegt.

Diese Maßgaben hängen jedoch gewissermaßen in der Luft, weil es in der Genehmigung an einer Regelung darüber fehlt, zu welchen Zeiten auf dem Pistolenstand mit welchen Waffen bzw. Kalibern geschossen werden darf und wie viele Schüsse aus den Waffen bzw. Kalibern - gegebenenfalls in welchen Kombinationen bei einem sog. gemischten Schießen - zu den jeweiligen Betriebszeiten höchstens abgegeben werden dürfen. Denn ohne eine solche Regelung kann die Einhaltung der Maximalschusszahlen und damit der einschlägigen Immissionsrichtwerte nicht sichergestellt werden. In diesem Zusammenhang geht der Hinweis des Antragsgegners fehl, die Betriebszeiten und der Waffeneinsatz seien in dem Schießplan geregelt, von dem das von der Genehmigung in Bezug genommene Gutachten des L. vom 5. November 2004 ausgehe. Denn der in dem genannten Gutachten angenommene Schießbetrieb bezieht sich auch auf Waffen und Kaliber, die nur auf dem seinerzeit noch betriebenen Schießstand mit den 50-m-Bahnen zum Einsatz kommen konnten. Es findet sich ferner keine Zuordnung von Maximalschusszahlen zu einzelnen Waffen bzw. Kalibern, vor allem nicht für den Fall des Einsatzes verschiedener Arten von ihnen.

Schließlich und vor allem trägt der Antragsgegner im Beschwerdeverfahren selbst vor, er beabsichtige, wesentliche Rahmenbedingungen des Schießbetriebes, wie z.B. Schusszahlen, Betriebszeiten und verwendete Waffen, erst nach Durchführung der in der Nebenbestimmung Nr. 1.12 der Genehmigung vom 3. Mai 2007 angeordneten Kontrollmessung über die Einhaltung der vorgesehenen Immissionsrichtwerte im Rahmen einer nachträglichen Anordnung nach § 17 BImSchG festzulegen. Hiermit verkennt der Antragsgegner, dass er die Einhaltung der Immissionsrichtwerte zum Schutz der Nachbarschaft auf der Grundlage einer durchzuführenden Prognose bereits in der Genehmigung selbst sicherstellen muss und diesen wesentlichen Regelungsbestandteil nicht einer nachträglichen Anordnung, die anderen Zwecken dient, überlassen darf. Ebenso ist die angeordnete Kontrollmessung nur dazu geeignet, die Richtigkeit der gestellten Prognose zu überprüfen; sie kann jedoch nicht dazu dienen, erstmalig wesentliche Grundlagen einer Genehmigungsfähigkeit zu klären. Wenn es dem Antragsgegner, wie er nunmehr vorträgt, darum gegangen wäre, dem Beigeladenen einen Probebetrieb und den Nachweis der Einhaltung der Richtwerte zu ermöglichen, hätten dafür andere, geeignete Mittel zur Verfügung gestanden (vgl. dazu nur Jarass, a.a.O., § 4 Rn. 46).

In Anbetracht dieser wesentlichen Regelungslücke in der von dem Antragsteller angefochtenen Genehmigung des Antragsgegners vom 3. Mai 2007 verbietet es sich, dem Beigeladenen die vorläufigen Ausnutzung dieser Genehmigung zu gestatten.

Ohne dass es hierauf noch entscheidungserheblich ankäme, merkt der Senat an, dass ihm die in dem verwaltungsgerichtlichen Beschluss vom 17. Januar 2007 vertretene Einschätzung, der zur Genehmigung gestellte Pistolenstand sei in einem faktischen Misch- oder Dorfgebiet bereits typbezogen kaum zulässig, nicht ohne Weiteres überzeugend erscheint. Immerhin handelt es sich bei dem Pistolenstand, auch wenn er nach § 1 Abs. 1 der 18. BImSchV (Sportanlagenlärmschutzverordnung) nicht dem Anwendungsbereich dieser Verordnung unterfällt, um eine Anlage für sportliche Zwecke, für die die Einhaltung der einschlägigen Sicherheits- und Lärmschutzanforderungen jedenfalls nicht von vornherein unmöglich ist. In diesem Zusammenhang kann darauf verwiesen werden, dass der für das öffentliche Baurecht zuständige 1. Senat des beschließenden Gerichts die bauplanerische Ausweisung einer - allerdings geschlossenen - Schießanlage auch neben einem allgemeinen Wohngebiet unbeanstandet gelassen hat, sofern sichergestellt werden kann, dass die maßgeblichen Lärmwerte eingehalten werden (Urt. v. 10.12.1999 - 1 K 2295/98 -). Sollte hier noch eine weitere Sachverhaltsklärung erforderlich sein, kann sie im Hauptsacheverfahren erfolgen.

Ende der Entscheidung

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