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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 19.10.2009
Aktenzeichen: 13 LA 182/08
Rechtsgebiete: GG, KiStRG


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 6 Abs. 1
KiStRG § 7
Eine Bemessung der Kirchensteuer in glaubensverschiedenen Ehen, die im Falle der einkommensteuerrechtlichen Zusammenveranlagung auf die jeweils auf die Ehegatten entfallenden Einkommensteueranteile nach Maßgabe einer fiktiven getrennten Veranlagung als Bemessungsgrundlage abstellt, widerspricht nicht dem Grundsatz einer Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und ist deshalb verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dem Gesetzgeber steht es im Rahmen seines weiten Gestaltungsspielraums vielmehr grundsätzlich frei, bei der steuerrechtlichen Zurechnung der Einkommensanteile der Ehegatten auf das Halbteilungsprinzip oder auf das Individualisierungsprinzip oder auf eine Zwischenlösung abzustellen,
Gründe:

I.

Der Kläger, der in einer glaubensverschiedenen Ehe lebt - er selbst ist Mitglied der evangelisch-lutherischen Kirche, seine Ehefrau gehört keiner Religionsgemeinschaft an - und den weit überwiegenden Anteil des Einkommens der zusammen veranlagten Ehegatten erzielt, wendet sich gegen die Höhe der für 2005 erhobenen Kirchensteuer (2.637,36 EUR). Er will berücksichtigt wissen, dass für den gedachten spiegelbildlichen Fall der glaubensverschiedenen Ehe, in dem nicht er selbst, sondern ausschließlich seine Ehefrau Kirchenmitglied wäre, ein vergleichsweise geringeres besonderes Kirchgeld (840,-- EUR) erhoben würde. Auch sieht der Kläger eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung im Vergleich zu einem konfessionsgleichen Ehepaar mit gleichen Einkommensverhältnissen. Bei der Kirchensteuer müsse berücksichtigt werden, dass seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit durch den zu erbringenden Ehegattenunterhalt geschmälert werde. Möglich sei dies beispielsweise durch die Anrechung eines fiktiven "negativen Kirchgeldes" auf die Kirchensteuerschuld. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die vom Kläger geforderte Berücksichtigung des Ehegattenunterhalts etwa in Gestalt eines "negativen Kirchgeldes" zwar denkbar, aber verfassungsrechtlich nicht geboten sei. Es sei ausreichend, dass sich die Ehe im Grundsatz auswirke, was durch den bei der Kirchensteuer fortwirkenden Splittingvorteil bei der Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer gewährleistet sei. Dagegen richtet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung.

II.

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Die Zulassung der Berufung setzt nach § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO voraus, dass einer der in § 124 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe dargelegt ist und vorliegt. Eine hinreichende Darlegung nach § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO erfordert, dass in der Begründung des Zulassungsantrags im Einzelnen unter konkreter Auseinandersetzung mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ausgeführt wird, weshalb der benannte Zulassungsgrund erfüllt sein soll. Zwar ist bei den Darlegungserfordernissen zu beachten, dass sie nicht in einer Weise ausgelegt und angewendet werden, welche die Beschreitung des eröffneten (Teil-)Rechtswegs in einer unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert (BVerfG, 2. Kammer des 2. Senats, Beschl. v. 12.03.2008 - 2 BvR 378/05 -; BVerfG, 2. Kammer des 1. Senats, Beschl. v. 24.01.2007 - 1 BvR 382/05 -; BVerfG, 1. Kammer des 2. Senats, Beschl. v. 21.01.2000 - 2 BvR 2125/97 -, jeweils zit. nach juris). Erforderlich sind aber qualifizierte, ins Einzelne gehende, fallbezogene und aus sich heraus verständliche, auf den jeweiligen Zulassungsgrund bezogene und geordnete Ausführungen, die sich mit der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage einer eigenständigen Sichtung und Durchdringung des Prozessstoffes auseinandersetzen.

1.

Der von der Klägerin geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist nicht hinreichend dargelegt bzw. liegt nicht vor. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils setzen voraus, dass gegen dessen Richtigkeit gewichtige Gründe sprechen. Das ist regelmäßig der Fall, wenn ein die Entscheidung tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.06.2000 - 1 BvR 830/00 -; BVerwG, Beschl. v. 10.03.2004 - 7 AV 4/03 -, jeweils zit. nach juris). Da das Erfordernis der ernstlichen Zweifel auch auf die Ergebnisrichtigkeit abstellt, dürfen sich die Zweifel indessen nicht ausschließlich auf die vom Verwaltungsgericht gegebene Begründung beziehen, sondern es ist zusätzlich das Ergebnis, zu dem das Verwaltungsgericht gelangt ist, mit in den Blick zu nehmen. Für die Zulassung der Berufung wegen des Vorliegens ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.03.2004 - 7 AV 4/03 -, a.a.O.).

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend einen Verstoß des § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 b KiStRG in der für den Veranlagungszeitraum 2005 maßgeblichen Fassung vom 14. Dezember 2001 (Nds. GVBl. S. 760) gegen die sich aus Art. 3 Abs. 1, 6 Abs. 1 GG ergebenden Maßstäbe für eine Besteuerung von Ehegatten nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verneint. Mit der Begründung seines Zulassungsantrags hat der Kläger diese Einschätzung des Verwaltungsgerichts nicht mit schlüssigen Gegenargumenten derart in Frage zu stellen vermocht, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit von einer Änderung der angefochtenen Entscheidung im Berufungsverfahren auszugehen wäre. Vielmehr widerspricht eine Bemessung der Kirchensteuer in glaubensverschiedenen Ehen, die im Falle der einkommensteuerrechtlichen Zusammenveranlagung auf die jeweils auf die Ehegatten entfallenden Einkommensteueranteile nach Maßgabe einer fiktiven getrennten Veranlagung als Bemessungsgrundlage abstellt, nicht dem Grundsatz einer Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und ist deshalb verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dem Gesetzgeber steht es im Rahmen seines weiten Gestaltungsspielraums grundsätzlich frei, bei der steuerrechtlichen Zurechnung der Einkommensanteile auf das Halbteilungsprinzip oder auf das Individualisierungsprinzip oder auf eine Zwischenlösung abzustellen. Im Einzelnen:

a) Der Regelung des § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 b KiStRG (jetzt: § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 KiStRG) entsprechende Bestimmungen, wonach in glaubensverschiedenen Ehen im Falle der Zusammenveranlagung die Kirchensteuer des der Kirche angehörenden Ehegatten aus dem Teil der Einkommensteuer erhoben wird, der auf diesen Ehegatten entfällt, existieren in mehreren Bundesländern und sind - insbesondere in der finanzgerichtlichen - Rechtsprechung bereits mehrfach bestätigt worden (vgl. etwa BFH, Beschl. v. 27.04.2000 - I B 92/99 - und Beschl. v. 08.04.1997 - I R 68/96 -, jew. zit. nach juris, zum bayerischen Kirchensteuerrecht; Urt. v. 11.02.1998 - I R 41/97 -, juris, zum nordrhein-westfälischen Kirchensteuerrecht). Dabei hat der Bundesfinanzhof auch verschiedene Modalitäten zur Berechnung des auf den jeweiligen Ehegatten entfallenden Einkommensteueranteils gebilligt. Andererseits hat er aber auch eine Regelung des nordrhein-westfälischen Kirchensteuerrechts für unbedenklich gehalten, nach der bei konfessionsverschiedenen Ehen die Kirchensteuer nach der Hälfte der für beide Ehegatten festgesetzten Einkommensteuer bemessen wird (BFH, Urt. v. 15.03.1995 - I R 85/94 -, juris). Damit ist in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs eine Bandbreite gesetzlicher Regelungen skizziert und jeweils als verfassungsgemäß angesehen worden, die bei Ehegatteneinkommen entweder auf das Halbteilungsprinzip oder das Individualisierungsprinzip oder aber auf eine dazwischen liegende Lösung abstellen (vgl. dazu insbesondere die zusammenfassende Darstellung im Beschl. d. BFH v. 27.04.2000 - I B 92/99 -, juris Rdnr. 9 - 10). Einen den Landesgesetzgebern und den Religionsgemeinschaften eingeräumten Gestaltungsfreiraum bei der Ausgestaltung der Kirchensteuern hat auch das Bundesverwaltungsgericht betont (Urt. v. 20.08.2008 - 9 C 9/07 -, juris, zur Nichtanrechnung von Verlustvorträgen bei der Kirchensteuer unter Verweisung auf BVerfG, Beschl. v. 04.12.2002 - 2 BvR 400/98 u.a. -, BVerfGE 107, 27). Innerhalb dieses Spielraums von Gestaltungsmöglichkeiten bewegt sich ersichtlich auch die Regelung des niedersächsischen Kirchensteuerrechts, wonach im Falle der Zusammenveranlagung bei glaubensverschiedenen Ehen die Verteilung der Einkommensteueranteile auf die Ehegatten anhand einer fiktiven getrennten Veranlagung vorgenommen wird.

b) Dem Kläger geht es demgegenüber ersichtlich um eine stärkere Betonung des steuerrechtlichen subjektiven Nettoprinzips (vgl. dazu etwa BVerwG, Urt. v. 20.08.2008 - 9 C 9/07 -, juris, Rdnr. 22, sowie BVerfG, Beschl. v. 04.12.2002 - 2 BvR 400/98 u.a. -, juris, Rdnr. 54) in der Weise, dass der von ihm zu erbringende Ehegattenunterhalt bei der Bemessung der Kirchensteuer im Falle der Zusammenveranlagung kirchensteuermindernd berücksichtigt wird. Das Verwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang indessen zutreffend ausgeführt, dass es im Hinblick auf das Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (vgl. dazu etwa BVerfG, Beschl. v. 19.08.2002 - 2 BvR 443/01 -, juris) ausreicht, dass sich die Ehe bereits durch die Inanspruchnahme eines Splittingvorteils bei der Einkommensteuer und demzufolge bei der als Annexsteuer zu erhebenden Kirchensteuer auswirkt. Eine weiter gehende Begünstigung aufgrund der Verpflichtung von Ehegatten zum gegenseitigen Ehegattenunterhalt nach §§ 1360, 1360a BGB musste der Gesetzgeber für die Kirchensteuer nicht vorsehen. Auch im Einkommensteuerrecht selbst werden die Verpflichtungen aus §§ 1360, 1360a BGB bei Zusammenveranlagung lediglich beim damit verbundenen Splittingvorteil berücksichtigt. Der Ehegattenunterhalt wirkt sich aber nicht dergestalt aus, dass er von vornherein bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens von den Einkünften - ganz oder teilweise - in Abzug zu bringen wäre. Eine solche Ausgestaltung des steuerrechtlichen subjektiven Nettoprinzips schwebt dem Kläger letztlich vor. Der Gesetzgeber ist aber verfassungsrechtlich weder bei der Einkommensteuer noch bei der als Annex zu erhebenden Kirchensteuer verfassungsrechtlich zu einer solchen Ausgestaltung verpflichtet.

c) Auch die vom Kläger gebildeten Vergleichsfälle zu verschiedenen Konstellationen der Kirchensteuererhebung führen nicht zur Annahme eines Verstoßes gegen das aus dem Gleichheitsgrundsatz resultierende Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und das Gebot der Folgerichtigkeit (vgl. dazu etwa BVerwG, Urt. v. 20.08.2008 - 9 C 9/07 -, juris, Rdnr. 19, m.w.N.) Insbesondere kann der Kläger nicht aus einem Vergleich seiner Situation mit den sich ergebenden Belastungen bei konfessionsgleichen Ehen und bei der Erhebung eines besonderen Kirchgeldes einen solchen Gleichheitsverstoß ableiten.

aa) Im Rahmen seines weitgehenden Entscheidungsspielraums bei der Ausgestaltung der einzelnen Steuertatbestände und Bemessungsgrundlagen ist der Gesetzgeber nicht gezwungen, für alle denkbaren Vergleichsfälle bei konfessionsgleichen, konfessionsverschiedenen und glaubensverschiedenen Ehen Maßstäbe zu wählen, die im Ergebnis zu identischen Belastungen führen. Vielmehr kann, da die Verhältnisse nicht identisch sind, eine sachgerechte und typisierende Differenzierung erfolgen. Der Kläger kann demzufolge schon deshalb nicht mit der Argumentation durchdringen, ein konfessionsgleiches Ehepaar mit gleichen Einkommensverhältnissen müsse Kirchensteuer in Höhe von 9 % der Einkommensteuer zahlen, so dass in seinem Falle der Kirchenzugehörigkeit nur eines Ehegatten etwa nur der hälftige Betrag dieses gedachten Vergleichsfalls als Kirchensteuer erhoben werden dürfe. Auch aus einem Vergleich mit dem spiegelbildlichen Fall der glaubensverschiedenen Ehe, in dem nicht der Kläger, sondern nur seine Ehefrau Kirchenmitglied wäre, was ein betragsmäßig geringeres besonderes Kirchgeld in Höhe von 840,-- EUR zur Folge hätte, lässt sich keine Verfassungswidrigkeit der Kirchensteuererhebung ableiten. Zwar dürfte dem Gesetzgeber - worauf auch das Verwaltungsgericht hingewiesen hat - die dem Kläger vorschwebende Ausgestaltung grundsätzlich möglich sein; sie mag auch in den vom Kläger angeführten spezifischen Vergleichssituationen sogar zu vordergründig gerechteren Ergebnissen führen. Dem Kläger steht aber ein subjektives Recht auf eine solche "Gerechtigkeitsmaximierung" für alle erdenklichen als Vergleich betrachteten Einzelfälle nicht zu. Bei typisierender Betrachtung lässt sich bei der Ausgestaltung der einzelnen Kirchensteuer- und Kirchgeldtatbestände im Verhältnis zueinander indes kein zu einem Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG führendes Gerechtigkeitsdefizit erkennen. Vielmehr entspricht die Aufteilung der Einkommensteueranteile auf die Ehegatten als Grundlage für die Kirchensteuer der individualisierten Leistungsfähigkeit, was - wie dargestellt - nach der gefestigten Rechtsprechung insbesondere der Finanzgerichtsbarkeit verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist.

bb) Betrachtet man insbesondere den vom Kläger zur Begründung seines Zulassungsantrags besonders hervorgehobenen Vergleich zwischen einer konfessionsgleichen mit einer glaubensverschiedenen Ehe mit jeweils einem alleinverdienenden Ehemann und Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer, so ergibt sich, dass der Gesetzgeber eine sachgerechte und den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Typisierung vorgenommen hat. Um den Vergleich im Sinne des Klägers besonders anschaulich zu machen, lässt sich diese Situation noch dadurch zuspitzen, dass ein Kirchenaustritt der nichtverdienenden Ehefrau zugrunde gelegt wird. In dem Veranlagungsjahr, in dem sich der Kirchenaustritt auswirkt, kommt es nach den in Niedersachsen geltenden Bestimmungen bei dem dann eintretenden Wechsel der Bemessungsgrundlagen von § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 b KiStRG zu § 7 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 b KiStRG (jetzt: von § 7 Abs. 3 Nr. 2 zu § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 KiStRG) keineswegs zu einer Halbierung der Kirchensteuerlast, sondern zu keinerlei Veränderung bei der Höhe der Kirchensteuer. Dies dürfte der dem Kläger vorschwebenden Systematik diametral entgegenstehen; unter Zugrundelegung seiner Vorstellungen müsste sich wegen der Berücksichtigung der gegenseitigen Unterhaltspflichten konsequenterweise eine Halbierung der Kirchensteuerlast gegenüber dem Vorjahr ergeben. Dass sich nach geltendem Recht keine Änderung ergibt, beruht indessen darauf, dass sich der Gesetzgeber bei der Bemessungsgrundlage für glaubensverschiedene Ehen im Falle der Zusammenveranlagung für das Individualisierungsprinzip entschieden hat und gerade nicht jedem Ehegatten die Hälfte des gemeinsamen Einkommens bzw. der Einkommensteuer zurechnet. Dies ist auch nicht gleichheitswidrig. Stellt man sich nämlich die Situation vor, in der der Ehemann 70 %, die Ehefrau hingegen 30 % des gemeinsamen Einkommens erzielen und die Ehefrau aus der Kirche austritt, erscheint es gerade nicht naheliegend, dass sich eine Reduzierung der Kirchensteuerlast um die Hälfte ergibt, sondern in einer Größenordnung von 30 %. Der Gesetzgeber hat sich im Grundsatz gerade für dieses Modell entschieden, indem er die unterschiedliche Einkommensverteilung bei der Kirchensteuererhebung in einer glaubensverschiedenen - bzw. um im "zugespitzten" Beispiel zu bleiben: einer glaubensverschieden gewordenen - Ehe fortwirken lässt und die Kirchensteuer nach den jeweils auf den in der Kirche verbliebenen Ehegatten entfallenden Teil der gemeinsamen Einkommensteuer bemisst. Die Konsequenz dieses Systems ist, dass beim Kirchenaustritt eines nichtverdienenden Ehegatten in einer Alleinverdienerehe keine Änderung der Kirchensteuerhöhe eintritt. Für beide systematischen Ansätze - Halbierung im Falle des Kirchenaustritts einerseits und Ausrichtung am Einkommen des in der Kirche verbleibenden Ehegatten andererseits - lassen sich Gerechtigkeitserwägungen anführen. Es stehen sich letztlich das generell bei der gemeinsamen Besteuerung von Ehegatten in Betracht kommende Individualisierungsprinzip und das Halbteilungsprinzip gegenüber. Welchem Prinzip der Gesetzgeber bei der Besteuerung den Vorzug gibt, unterliegt indessen seinem Gestaltungsermessen.

2.

Eine Zulassung der Berufung wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) kommt nicht in Betracht. Es fehlt dem Zulassungsvorbringen bereits an einer Darlegung, worin die besonderen rechtlichen Schwierigkeiten begründet sein sollen. Ein - vom Kläger wohl gewollter - Verweis auf die Ausführungen zur Begründung des Zulassungsgrundes der - nach Auffassung des Senats gerade nicht gegebenen - ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils reicht insoweit nicht aus.

3.

Die Berufung kann auch nicht wegen der vom Kläger geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zugelassen werden. Grundsätzliche Bedeutung weist eine Rechtsstreitigkeit dann auf, wenn sie eine rechtliche oder tatsächliche Frage aufwirft, die für die Berufungsinstanz entscheidungserheblich ist und im Sinne der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung einer Klärung bedarf. Die klärungsbedürftige Frage muss dabei mit Auswirkungen über den Einzelfall hinaus in verallgemeinerungsfähiger Form beantwortet werden können (vgl. Kopp/Schenke: VwGO-Kommentar, 15. Aufl. § 124 Rdn. 10; Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, VwGO-Kommentar, 4. Auflage, § 124 Rdnr. 43; jeweils m.w.N.). Der Kläger legt zum einen schon nicht hinreichend dar, welche Rechtsfrage eine grundsätzliche Bedeutung haben soll. Zum anderen sind die vom Kläger - bei der Begründung des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO - umrissenen Fragen bereits als geklärt anzusehen, wie sich aus den Ausführungen zu 1. ergibt. Dass es keine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu der im vorliegenden Fall aufgeworfenen Problematik der Ausgestaltung der Besteuerungsgrundlagen bei glaubensverschiedenen Ehen gibt, hat entgegen der Auffassung des Klägers keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache zur Folge. Vielmehr liegt zu der Thematik Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs vor, auf deren Grundlage sich die hier aufgeworfenen Fragen ohne weiteres lösen lassen, ohne dass es der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf.

4.

Die Berufung ist auch nicht wegen der geltend gemachten Abweichung des erstinstanzlichen Urteils von einer Entscheidung eines der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO bezeichneten Gerichte zuzulassen. Eine solche Abweichung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung eines Divergenzgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abweicht bzw. sich dazu in Widerspruch setzt (vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 18.07.2001 - 9 B 23/01 -, juris, Rdnr. 15, m.w.N.; Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll: VwGO, 4. Aufl. § 124 Rdnr. 52; Kopp/Schenke: VwGO, 15. Aufl., § 124 Rdnr. 11). In der Begründung des Zulassungsantrags sind die entscheidungserheblichen abstrakten Rechtssätze, die zueinander in Widerspruch stehen sollen, genau zu bezeichnen.

Der Kläger meint, die Aussage des Bundesverfassungsgerichts in dessen Beschl. v. 19. August 2002 - 2 BvR 443/01 - (juris, Rdnr. 67)

"Entscheidet sich eine Religionsgemeinschaft dafür, die Kirchensteuer gleichsam als Annex zur staatlichen Einkommensteuer auszugestalten, so gewinnt das aus Art. 3 Abs. 1 GG fließende Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auch für die kirchliche Entscheidung Bedeutung"

widerspreche den folgenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts:

"Der Gesetzgeber hat in dieser Richtung vielmehr Gestaltungsfreiheit, und dementsprechend ist auch der kirchliche Gesetzgeber verfassungsrechtlich nicht verpflichtet, bei der Regelung der Kirchensteuer die durch das Vorhandensein einer Ehefrau bedingte Minderung der steuerlichen Leistungsfähigkeit durch Einführung besonderer Abzugsbeträge Rechnung zu tragen."

Die Annahme sich widersprechender abstrakte Rechtssätze käme nur in Betracht, wenn der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu entnehmen wäre, dass der Ehegattenunterhalt bei der Bemessung der Kirchensteuer zu berücksichtigen wäre und das Verwaltungsgericht eine dazu konträre Auffassung vertreten würde. Es lässt sich aber den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts eine entsprechende spezifische Aussage nicht entnehmen. Vielmehr wird in der vom Kläger zitierten Aussage des Bundesverfassungsgerichts lediglich der Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit im Allgemeinen erwähnt. Im Übrigen hat des Verwaltungsgericht auch nicht etwa ausgeführt - wie es vom Kläger dargestellt wird - dass der Ehegattenunterhalt zu einer steuerrechtlich zu berücksichtigenden Minderung der Leistungsfähigkeit führt. Mit der Bezugnahme des Verwaltungsgerichts auf eine "durch das Vorhandensein einer Ehefrau bedingte Minderung der steuerlichen Leistungsfähigkeit" hat es lediglich die Vorstellungen des Klägers aufgegriffen, eine verfassungsrechtlich zwingende Berücksichtigung bei der Kirchensteuer in Gestalt von Abzugsbeträgen aber gerade verneint. Damit hat das Verwaltungsgericht gerade keinen Rechtssatz aufgestellt, der zu einem vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten abstrakten Rechtssatz in Widerspruch stehen würde.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Ende der Entscheidung

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