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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 03.12.2003
Aktenzeichen: 13 LA 213/03
Rechtsgebiete: AO, GrStG


Vorschriften:

AO § 163
AO § 227
GrStG § 33
Der Leerstand von Wohn- und/oder Gewerberäumen führt zu keinem Erlass der Grundsteuer nach § 33 GrStG, wenn der Leerstand aufgrund der Marktverhältnisse strukturell bedingt ist und das Fehlen der Mieternachfrage alle Vermieter im jeweiligen Gemeindegebiet vergleichbar trifft.

Ein Rückgriff auf die §§ 163, 227 AO wegen sachlicher Unbilligkeit scheidet ebenfalls aus.


Gründe:

Der Antrag bleibt erfolglos. Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht gegeben. Der Senat hat weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr.1 VwGO) noch kommt der Rechtssache eine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Entscheidungserhebliche Verfahrensfehler im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO vermag der Senat ebenfalls nicht zu erkennen.

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschl. v. 10.2.1994 - 8 B 229.93 -, KStZ 1995, 34/35 m.w.N.) ist bereits geklärt, dass nach der gesetzlichen Konzeption der Grundsteuer als einer ertragsunabhängigen Real- oder Objektsteuer, die nicht nach Ertragsmerkmalen, sondern nach dem Grundstückswert (Einheitswert) erhoben wird und deshalb auch bei ertraglosen Grundstücken anfällt, nur in bestimmten Ausnahmefällen Ertragsminderungen zu einem Erlass nach § 33 GrStG führen können, die von erkennbar vorübergehender Natur sind. Wirft ein Grundstück auf Dauer einen geringeren Ertrag ab als andere Grundstücke, sind Umstände gegeben, die die Situation dieses Grundstücks nicht als im Vergleich zu anderen Grundstücken atypisch erscheinen, sondern auf seine abweichende Beschaffenheit schließen lassen. "Minderungen" dieser Art führen nicht zur Anwendbarkeit des § 33 GrStG. Ihnen muss vielmehr auf der Bewertungsebene Rechnung getragen werden (vgl. § 88 BewG). Der Ausnahmecharakter der Erlassregelung hat im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz zur Folge, dass der Erlassanspruch auf solche Fälle beschränkt ist, bei denen der geringe Ertrag eines Grundstücks auf vorübergehend vorliegende Umstände zurückzuführen ist, die im Vergleich zu den vom Gesetz erfassten Fällen atypisch sind (BVerwG, Urt. v. 3. 5. 1991 - 8 C 13/ 89 -, NVwZ-RR 1992, 93; Urt. v. 4. 4. 2001 - 11 C 12/00 -, NVwZ 2001, 1415; vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 13. 12. 2001, DÖV 2002, 580). Die Veränderungen der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse und andere wertbeeinflussende Umstände, die in die Hauptfeststellung des Einheitswerts eingehen, scheiden damit als Erlassgrund nach § 33 GrStG aus. Deshalb kann der allgemeine und dauerhafte Leerstand von Wohn- und/oder Gewerberäumen aufgrund der jeweiligen Marktverhältnisse einen Erlass nicht begründen. Damit wird auch dem Umstand Rechnung getragen, dass ein strukturell bedingtes Fehlen der Mieternachfrage alle Vermieter im jeweiligen Gemeindegebiet vergleichbar trifft und eine Sonderbelastung im Einzelfall nicht durch den Grundsteuererlass korrigiert werden kann.

Danach hat das Verwaltungsgericht zu Recht erkannt, dass die bereits seit April 1996 für das Grundstück "C. D." erheblich reduzierten Mieteinnahmen des Klägers nicht auf außergewöhnlichen Umständen vorübergehender Art beruhen, sondern der auch noch im Jahr 2002 andauernde weitgehende Leerstand der Lagerhallen nachhaltig und dauerhaft strukturell bedingt ist. Der Vortrag des Klägers, dass die Zahl der Mietinteressenten für das Grundstück im Jahr 2002 spürbar gestiegen und mit einer Verbesserung der Mietsituation kurzfristig zu rechnen sei, rechtfertigt es in Anbetracht der Umstände des vorliegenden Falles nicht, von einer nur vorübergehenden Ertragsminderung auszugehen. Für die Frage, ob Veränderungen der Verhältnisse nicht mehr nur als zufällige und vorübergehende Erscheinungen eingestuft werden können, bietet der hier bereits erreichte Zeitabstand von sechs Jahren, in dem grundsätzlich die Einheitswerte festgestellt werden (§ 21 Abs. 1 BewG), einen wesentlichen Anhalt. Dass das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang auf der Grundlage seiner insoweit maßgeblichen materiellrechtlichen Beurteilung eine weitere Sachverhaltsaufklärung hätte betreiben müssen, drängt sich nicht auf, zumal der Kläger in der mündlichen Verhandlung anwaltlich vertreten war und hierauf gerichtete Beweisanträge hätte stellen können.

Im übrigen obliegt es dem Kläger als Steuerpflichtigem, bei einem Leerstand seiner Mietobjekte über mehrere Jahre dem Finanzamt eine die Vermietbarkeit erschwerende oder verhindernde Beschaffenheit des Grundstücks, die hier vor allem in dessen ungünstigem Zuschnitt und einer erschwerten Zugänglichkeit der Lagerflächen bestehen soll, darzulegen und auf eine sachgerechte Bewertung seines Grundstücks im Wege der Wertfortschreibung im Sachwertverfahren hinzuwirken (vgl. § 88 Abs. 2 BewG). Darauf hat die Beklagte in ihrer Antragserwiderung zu Recht hingewiesen. Der insoweit ablehnende, aber anfechtbare Bescheid des Finanzamtes E. vom 23. Juni 2003, der nach seiner Begründung maßgeblich darauf abstellt, dass im Sachwertverfahren die vom Kläger offenbar bisher nur geltend gemachten Verluste an Mieteinnahmen unerheblich seien, kann nicht zu einem Erlassgrund nach § 33 GrStG führen. Denn diese Ausnahmeregelung lässt im Hinblick auf das Gebot der Abgabengleichheit einen Erlass nur zu, um Sachverhalten Rechnung zu tragen, die sich vorübergehend als atypische Sonderfälle darstellen. Davon kann hier trotz erheblich geminderter Mieterträge des Klägers nicht ausgegangen werden.

Das Verwaltungsgericht hat ferner zutreffend erkannt, dass in den Fällen eines geltend gemachten Grundsteuererlasses nach § 33 GrStG ein Rückgriff auf die §§ 163, 227 AO wegen sachlicher Unbilligkeit ausscheidet. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschl. v. 10.2.1994 - 8 B 229.93 -, aaO) ist geklärt und es entspricht auch allgemeiner Ansicht, dass in den §§ 32, 33 GrStG die (Ausnahme-) Fälle der sachlichen Unbilligkeit der Grundsteuererhebung wegen Ertraglosigkeit abschließend geregelt sind und daneben nur noch der allgemeine persönliche Billigkeitserlaß nach §§ 163, 227 AO in Betracht kommt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 13. 12. 2001 - 2 S 1450/01 - aaO). Persönliche Unbilligkeitsgründe hat der Kläger nicht geltend gemacht.



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