Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 11.06.2008
Aktenzeichen: 13 LC 583/04
Rechtsgebiete: KiStRG, KiStVO


Vorschriften:

KiStRG § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 4
KiStVO
Die Einführung eines besonderen Kirchgelds bei glaubensverschiedenen Ehegatten durch einen erst während des Veranlagungszeitraums wirksam werdenden Landeskirchensteuerbeschluss ist nach den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Maßstäben einer unechten Rückwirkung bzw. tatbestandlichen Rückanknüpfung zu beurteilen. Eine Abgrenzung zwischen zulässiger und unzulässiger Rückwirkung anhand eines "dispositionsbestimmten Rückwirkungsbegriffs" ist demgegenüber nicht vorzunehmen, weil die glaubensbezogene Entscheidung, Mitglied einer Kirche zu sein, keine (wirtschaftliche) Disposition darstellt (wie BFH, Urt. v. 21.12.2005 - I R 44/05 -, u. v. 19.10.2005 - I R 76/04 -, jew. zit. nach juris).
Tatbestand:

Die Kläger wenden sich gegen die Heranziehung zu einem besonderen Kirchgeld für das Jahr 2000.

Die Kläger sind miteinander verheiratet. Die Klägerin zu 1.) ist Mitglied der Ev.-luth. Landeskirche Hannover. Der Kläger zu 2.) gehört keiner steuererhebenden Kirche oder sonstigen Religionsgemeinschaft an. Mit Bescheid vom 21. März 2002 setzte das Finanzamt Winsen/Luhe gegenüber den Klägern im Wege der gemeinsamen Veranlagung die Einkommenssteuer, den Solidaritätszuschlag und zusätzlich die Kirchensteuer für die Klägerin zu 1.) für das Jahr 2000 fest. Der der Festsetzung zugrunde gelegte Gesamtbetrag der Einkünfte belief sich für den Kläger zu 2.) auf 261.033,-- DM, für die Klägerin zu 1.) auf 0,-- DM. Auf Basis eines zu versteuernden Einkommens in Höhe von 233.115,-- DM für beide Kläger wurde für die Klägerin zu 1.) ein Betrag in Höhe von 1.800,-- DM als "Kirchensteuer/Kirchgeld lt/rf(ev)" festgesetzt.

Gegen den Steuerbescheid legten die Kläger mit Schreiben vom 2. April 2002 Widerspruch hinsichtlich der festgesetzten Kirchensteuer ein. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29. Januar 2003 zurück.

Die Kläger haben am 27. Februar 2003 Klage erhoben.

Sie haben beantragt,

den Steuerbescheid des Finanzamtes Winsen vom 21. März 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 29. Januar 2003 aufzuheben, soweit für das Steuerjahr 2000 ein besonderes Kirchgeld i.H.v. 1.800,-- DM festgesetzt worden ist.

Weiterhin haben sie beantragt,

das Verfahren gemäß Art. 100 GG dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen,

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 20. Oktober 2004 der Klage teilweise stattgegeben und die angegriffenen Bescheide insoweit aufgehoben, als gegen die Klägerin zu 1.) ein den Betrag von 1.350,-- DM übersteigendes besonderes Kirchgeld festgesetzt wurde. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Klage des Klägers zu 2.) sei mangels Verletzung in eigenen Rechten unzulässig, weil das besondere Kirchgeld nur gegen die Klägerin zu 1.) festgesetzt worden sei. Die wirtschaftliche Beeinträchtigung des Klägers zu 2.) als Folge der Verpflichtung seiner Ehefrau, das Kirchgeld zu bezahlen, reiche nicht aus, um eine Klagebefugnis zu begründen. In Bezug auf die Klage der Klägerin zu 1.) hat sich das Verwaltungsgericht der Argumentation des Verwaltungsgerichts Göttingen im Urteil vom 17. Juni 2004 - 4 A 14/03 - (n.v.) angeschlossen. In Anknüpfung daran hat es die Erhebung des besonderen Kirchgeldes erst ab dem 1. April 2000 als rechtmäßig angesehen, weil der der Kirchgelderhebung zugrunde liegende Landeskirchensteuerbeschluss vom 26. November 1999 nach seiner Genehmigung erst am 29. März 2000 veröffentlicht worden sei und die Kirchgelderhebung erst ab dem 1. April 2000 ohne Rückwirkung erfolgt sei. Die Voraussetzungen für die Vorlage des Verfahrens an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 GG in Bezug auf die Frage der grundsätzlichen Möglichkeit der Erhebung eines besonderen Kirchgeldes hat das Verwaltungsgericht demgegenüber verneint. Die von den Klägern für verfassungsrechtlich problematisch gehaltenen Fragen seien in der Rechtsprechung geklärt. Das Verwaltungsgericht hat die Berufung zugelassen, weil die Entscheidung wegen der Frage der eventuellen Rückwirkung der maßgeblichen Steuervorschriften grundsätzliche Bedeutung habe.

Die Beklagte hat am 26. November 2004 gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berufung eingelegt, soweit der Klage hinsichtlich eines Betrages von 450,- DM wegen der für vom Verwaltungsgericht für unzulässig gehaltenen Rückwirkung der Steuervorschriften stattgegeben worden ist. Zur Begründung hat sie ausgeführt: Das Verwaltungsgericht überspanne die rechtsstaatlichen Anforderungen an eine zulässige Rückwirkung von Veranlagungssteuern. Bei jahresbezogenen Abgaben berühre es regelmäßig nicht die Rechtmäßigkeit der Rechtsgrundlagen für die Steuerpflicht, wenn diese erst während des Veranlagungszeitraums wirksam würden. Es läge vielmehr nur eine unechte Rückwirkung vor, die grundsätzlich zulässig sei. Vertrauensschutz erfordere nicht die Einschränkung von Normen, wenn der steuerliche Sachverhalt bei Wirksamwerden der Abgabennorm noch nicht vollständig abgeschossen sei. Das sei in Bezug auf die Veranlagung zur Kirchensteuer der Fall. Das Verwaltungsgericht nehme demgegenüber im Spannungsfeld zwischen dem Vertrauensschutz einerseits und dem Interesse an einer zeitnahen Durchsetzung von für geboten erachteten steuerrechtlichen Neuregelungen andererseits unzutreffend den Standpunkt ein, dass auf den spätest denkbaren Zeitpunkt, nämlich den der Wirksamkeit der Neuregelung, abzustellen sei. Die Einführung des besonderen Kirchgeldes sei auch von sachlichen Gründen getragen. Das besondere Kirchgeld stabilisiere in Zeiten zurückgehender Kirchensteuern vom Einkommen die Kirchensteuereinnahmen der Landeskirche und beteilige im Sinne größerer Belastungsgleichheit weitere Kirchenmitglieder an der Finanzierung. Die Betroffenen hätten im Vertrauen auf die bisherigen Rechtslage auch keine Dispositionen getroffen. Die Klägerin zu 1. habe lediglich ihre Kirchenmitgliedschaft unverändert aufrechterhalten. Die Sicherstellung der kirchlichen Finanzierungsbasis sei verfassungsrechtlich geschützt und habe bei einer unechten Rückwirkung Vorrang vor den Erwartungen der Kirchenmitglieder in den Fortbestand bisher günstigerer Regelungen. Selbst bei der Annahme einer echten Rückwirkung wäre der Landeskirchensteuerbeschluss als rechtmäßig anzusehen. Es fehle an einer dispositionsbezogenen Vertrauensgrundlage. Spätestens mit der Genehmigung des Landeskirchensteuerbeschlusses durch das Kultusministerium am 9. Februar 2000 entfalle ein etwaiges Vertrauen in den Fortbestand bisher günstigerer Regelungen. Bereits zuvor, nämlich mit dem Beschluss der Landessynode über die Landeskirchensteuer vom 26. November 1999 habe das zu erwartende Ergebnis des Rechtssetzungsverfahrens über die Einführung des besonderen Kirchgeldes offen zu Tage gelegen. Kriterium für den Wegfall des Vertrauensschutzes sei, dass mit dem in öffentlicher Sitzung gefassten Beschluss der 22. Landessynode vom 26. November 1999 über die Landeskirchensteuer für das Haushaltsjahr 2000 das besondere Kirchgeld eingeführt worden sei. Das Verwaltungsgericht habe strengere Anforderungen gestellt, als diejenigen, die für Bundesgesetze und kommunale Satzungen Geltung beanspruchten. Diese Maßstäbe müssten aufgrund des verfassungsrechtlichen Schutzes des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts erst recht für die kirchliche Normsetzung gelten. Auch der staatliche Genehmigungsvorbehalt ändere daran nichts, da mit der Änderung der bestehenden Rechtslage nach der in öffentlicher Sitzung des zuständigen Organs erfolgten Beschlussfassung habe gerechnet werden rechnen müssen. Die staatliche Genehmigungsbehörde könne zudem nur die Wirksamkeit des Landeskirchensteuerbeschlusses verhindern, wenn dieser mit höherrangigen rechtlichen Vorgaben nicht vereinbar sei. Weiterhin sei die Einführung des besonderen Kirchgeldes auch in der Medienöffentlichkeit noch vor der Beschlussfassung am 26. November 1999 begleitet worden. Ein wesentlicher Schritt zur Einführung des besonderen Kirchgeldes sei im Übrigen bereits dadurch erfolgt, dass das Land die kirchengesetzliche Rechtsgrundlage für die Einführung des besonderen Kirchgeldes in Niedersachsen mit Verfügung vom 2. November 1999 genehmigt und bekannt gemacht habe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 20. Oktober 2004 zu ändern und die Klage auch insoweit abzuweisen, als der Steuerbescheid des Finanzamtes Winsen vom 21. März 2002 und der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 29. Januar 2003 aufgehoben worden sind.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die Beiakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben, soweit sie sich gegen die Erhebung eines besonderen Kirchgeldes für das Jahr 2000 in Höhe eines Betrages von 450,- DM (Zeitraum vom 1. Januar 2000 bis zum 31. März 2000) richtet. Die Klage der Klägerin zu 1.) ist vielmehr auch insoweit unbegründet, da der Steuerbescheid des Finanzamts Winsen vom 21. März 2002 und der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 29. Januar 2003 insgesamt rechtmäßig sind und daher die Klägerin zu 1.) nicht in ihren Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1.

Rechtliche Grundlagen für die Erhebung des besonderen Kirchgeldes für das Haushaltsjahr 2000 sind das Kirchensteuerrahmengesetz - KiStRG - i. d. F. vom 10. Juli 1986 (Nds. GVBl. 1986, 281), das Kirchengesetz der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen über die Erhebung von Kirchensteuern in den evangelischen Landeskirchen (Gemeinsame Kirchensteuerordnung) - KiStO ev - vom 14. Juli 1972 (Nds. MBl. 1973 S. 314) i. d. F. der Änderung vom 6. Oktober 1999 (Bek. d. MK v. 2. November 1999, Nds. MBl. 1999, S. 717) sowie der Beschluss der Beklagten über die Landeskirchensteuer für das Haushaltsjahr 2000 vom 26. November 1999 - Landeskirchensteuerbeschluss 2000 - der vom Kultusministerium - MK - im Einvernehmen mit dem Finanzministerium genehmigt und durch Bek. d. MK vom 9. Februar 2000 - veröffentlicht im Nds. MBl. 2000, S. 169 am 29. März 2000 - bekannt gemacht wurde.

a) Nach § 2 Abs. 1 S. 1 KiStRG können die Landeskirchen, Diözesen, die anderen Religionsgemeinschaften, Kirchengemeinden und Kirchengemeindeverbände von ihren Angehörigen auf Grund eigener Steuerordnungen Kirchensteuern der in Satz 2 dieser Vorschrift aufgeführten Kirchensteuerarten erheben. § 2 Satz 2 Nr. 4 KiStRG sah in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung die Möglichkeit der Erhebung eines Kirchgeldes in festen oder gestaffelten Beträgen vor. Durch Art. 1 Nr. 1 Buchst. a) des Gesetzes zur Änderung des Kirchensteuerrahmengesetzes vom 14. Dezember 2001 wurde § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KiStRG um die Formulierung

"... insbesondere auch als Kirchgeld von Kirchenangehörigen, deren Ehegatte einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft nicht angehört (besonderes Kirchgeld)"

ergänzt und somit erstmalig die Erhebung eines besonderen Kirchgeldes ausdrücklich gesetzlich verankert. Außerdem wurde durch Art. 1 Nr. 2 Buchst. c) des Änderungsgesetzes § 7 KiStRG um den jetzigen Absatz 6 ergänzt, der eine konkrete Regelung zur Bemessungsgrundlage für das besondere Kirchgeld (Verweisung auf § 51a EStG) enthält, wonach das zu versteuernde Einkommen nach denselben Regeln berechnet werden soll, welches der Ermittlung der Kirchensteuer zugrunde liegt, die sich nach einem Prozentsatz der Einkommensteuer richtet (vgl. dazu auch die Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung zu Art. 1 Nr. 2 Buchst. c), LT-Drs. 14/2831, S. 8). Nach Art. 2 Satz 1 des Änderungsgesetzes vom 14. Dezember 2001 war ein Inkrafttreten dieser Änderungen mit Wirkung vom 1. Januar 2001 für Veranlagungszeiträume ab 2001 vorgesehen.

Bereits vor den vorstehend beschriebenen Änderungen des KiStRG wurde durch Verordnung mit Gesetzeskraft des Rates der Konföderation evangelischer Kirchen die Gemeinsame Kirchensteuerordnung geändert und in § 2 Abs. 1 Nummer 5 KiStVO ev mit Wirkung vom 25. November 1999 die Erhebung von

"...Kirchgeld, wenn der Ehegatte einer steuererhebenden Kirche nicht angehört"

kirchengesetzlich verankert. Rechtliche Bedenken gegen diese Änderung bestehen aufgrund des Umstandes, dass eine entsprechende Konkretisierung im Kirchensteuerrahmengesetz erst später vorgenommen wurde, nicht. Die Änderung im Kirchensteuerrahmengesetz sollte nämlich nicht die Erhebung eines besonderen Kirchgeldes der hier streitgegenständlichen Art erstmalig ermöglichen. Wäre dies der Fall, wäre die Regelung eines besonderen Kirchgeldes im Kirchenrecht erst ab 2001 möglich gewesen. Die Änderung des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KiStRG hatte indessen nur klarstellenden Charakter. In der Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung (LT-Drs. 14/2831, S. 6f) wird insoweit ausgeführt:

"Nach dem geltenden Recht sind die Kirchen berechtigt, neben dem allgemeinen Kirchgeld ein besonderes Kirchgeld von Kirchenangehörigen zu erheben, deren Ehegatte einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft nicht angehört. Durch die Ergänzung des § 2 Abs. 1 Nr. 4 KiStRG wird dies aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit nochmals ausdrücklich klargestellt. Die weitere Ausgestaltung des besonderen Kirchgelds obliegt den Kirchen im Rahmen ihrer Regelungskompetenz."

Nach Auffassung des Gesetzgebers war mithin auch bereits vor der ausdrücklichen Regelung im Kirchensteuerrahmengesetz die Erhebung eines besonderen Kirchgeldes aufgrund der bis dahin geltenden rahmenrechtlichen Vorschriften möglich. Gegen diese Einschätzung bestehen keine Bedenken. Aus dem Umstand, dass sich der Gesetzgeber auf Anregung der kirchensteuererhebenden Religionsgemeinschaften für eine konkretere gesetzliche Verankerung des besonderen Kirchgeldes entschlossen hat, kann nämlich nicht geschlossen werden, dass ohne diese Regelung die Erhebung eines besonderen Kirchgeldes nicht in Betracht kam. Zwar fehlte bis zum Inkrafttreten des Änderungsgesetzes vom 14. Dezember 2001 eine explizite Regelung zur Erhebung des besonderen Kirchgeldes in glaubensverschiedenen Ehen ebenso wie eine konkrete Regelung zur Bemessungsgrundlage für den hier streitigen Veranlagungszeitraum des Jahres 2000. Dennoch reichte es aus, dass bereits vor Inkrafttreten des Änderungsgesetzes rahmenrechtlich die Erhebung eines Kirchgeldes in festen oder gestaffelten Beträgen vorgesehen war. Durch weitere rahmenrechtliche Vorgaben, die bereits vor Inkrafttreten des Änderungsgesetzes galten, war nämlich bereits die Möglichkeit der Erhebung eines besonderen Kirchgeldes hinreichend bestimmt geregelt. So bestimmte etwa § 2 Abs. 6 KiStRG bereits in der ursprünglichen Fassung, dass die in § 2 Abs. 1 Nr. 4 KiStRG bezeichnete Kirchensteuer nur von einem Kirchenangehörigen erhoben werden darf, der selbst oder dessen Ehegatte eigene Einnahmen oder eigenes Vermögen hat. Zudem war in § 5 Abs. 4 KiStRG bereits in der ursprünglichen Fassung geregelt, dass die Kirchensteuer, die als Kirchgeld erhoben wird, grundsätzlich mit Beginn des Kalenderjahres entsteht, für das die Kirchensteuer erhoben wird und dass bei Erhebung in Sätzen, die nach Maßgabe des Einkommens gestaffelt sind, die Regelungen für die Kirchensteuer, die als Steuer vom Einkommen erhoben wird, entsprechend gelten. Die weiteren Detailregelungen waren nach alter Rechtslage in zulässiger Weise dem Kirchenrecht überlassen.

b) Die Erhebung des besonderen Kirchgeldes von der Klägerin zu 1.) entspricht den vorstehend skizzierten gesetzlichen und kirchengesetzlichen Regelungen und dem diese Regelungen konkretisierenden Landeskirchensteuerbeschluss vom 26. November 1999 für das Haushaltsjahr 2000; die Steuerschuld entstand mit Ablauf des 31. Dezember 2000.

Nach Nr. II des Landeskirchensteuerbeschlusses erhebt die Beklagte von den Kirchenmitgliedern, deren Ehegatte einer steuererhebenden Kirche nicht angehört, ein besonderes Kirchgeld, sofern die Ehegatten nach dem Einkommensteuergesetz zusammen veranlagt werden. Für das nach dem gemeinsam zu versteuernden Einkommen zu bemessende Kirchgeld ist eine Staffelung vorgesehen, als deren untere Grenze ein gemeinsam zu versteuerndes Einkommen von 54.001 DM (Kirchgeld i. H. v. 216,00 DM) und als obere Grenze ein Einkommen ab 400.000 DM (Kirchgeld i. H. v. von 4.500,00 DM) festgelegt ist. Bei einem Einkommen zwischen 200.000,00 DM und 249.999,00 DM ist ein Kirchgeld in Höhe von 1.800,00 DM vorgesehen, das in dem streitgegenständlichen Steuerbescheid auch festgesetzt wurde. Die im Landeskirchensteuerbeschluss vorgesehene staffelweise Erhebung war - wie dargelegt - auch bereits vor Inkrafttreten des Änderungsgesetzes des Kirchensteuerrahmengesetzes vom 14. Dezember 2001 möglich.

Der Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis ist gem. § 5 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 KiStRG mit Ablauf des Veranlagungszeitraums für die Einkommenssteuer, also mit Ablauf des 31. Dezember 2000, entstanden.

2.

Die unter 1. dargestellten Vorschriften, nach denen die Erhebung eines besonderen Kirchgeldes in Höhe von 1800,-- DM gegenüber der Klägerin zu 1.) für das Jahr 2000 vorgesehen war, verstoßen entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht gegen das verfassungsrechtliche Verbot der Rückwirkung von belastenden Gesetzen. Vielmehr ist in Bezug auf den am 26. November 1999 gefassten und am 29. März 2000 veröffentlichten Landeskirchensteuerbeschluss für das Haushaltsjahr 2000 von einer verfassungsrechtlich zulässigen unechten Rückwirkung bzw. einer tatbestandlichen Rückanknüpfung auszugehen. An seiner Auffassung, dass für den Zeitraum vom 1. Januar 2000 bis zum 31. März 2000 aufgrund der Veröffentlichung des genehmigten Landeskirchensteuerbeschlusses erst am 29. März 2000 von einer unzulässigen Rückwirkung auszugehen ist (vgl. Beschl. d. Senats v. 08.12.2003 - 13 ME 298/03 - n.v.; Beschl. v. 10.12.2004 - 13 LA 496/04 -, n.v.) hält der Senat nicht mehr fest.

a) Eine echte Rückwirkung bzw. eine Rückbewirkung von Rechtsfolgen - welche nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Entsch. v. 23.03.1971 - 2 BvL 17/69 - BVerfGE 30, 392 (401)) bei belastenden Gesetzen wegen eines Verstoßes gegen die aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden Prinzipien des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit regelmäßig unzulässig ist - liegt hier nicht vor, sondern lediglich eine unechte Rückwirkung. Eine echte Rückwirkung setzt voraus, dass ein Gesetz nachträglich ändernd in abgeschlossene, der Vergangenheit angehörende Sachverhalte eingreift (BVerfG, Entsch. v. 22.06.1971 - 2 BvL 6/70 -, BVerfGE 31, 222 (225)). Eine unechte Rückwirkung liegt demgegenüber vor, wenn eine Rechtsnorm zwar nicht auf vergangene, aber auch nicht allein auf zukünftige, sondern auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich eine Rechtsposition nachträglich entwertet (BVerfG, Entsch. v. 23.03.1971, a.a.O.). Die Voraussetzungen und die verfassungsrechtlichen Grenzen der unechten Rückwirkung leitet der 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts direkt aus dem im Rechtsstaatsprinzip verankerten Gedanken des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit ab. Der 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts (Beschl. v. 14.05.1986 - 2 BvL 2/83 -, BVerfGE 72, 200 (242 ff)) hat einen terminologisch und dogmatisch anderen Ansatz; er spricht von "tatbestandlicher Rückanknüpfung" und prüft die Problematik im Rahmen der im Einzelfall einschlägigen Grundrechte. Ein Unterschied im sachlichen Ergebnis folgt daraus jedoch im Regelfall nicht. Im Steuerrecht geht das Bundesverfassungsgericht (Beschl. v. 03.12.1997 - 2 BvR 882/97 -, BVerfGE 97, 67 (80)) davon aus, dass sich eine Steuererhöhung für vergangene Veranlagungszeiträume als echte Rückwirkung, eine Steuererhöhung für einen laufenden Veranlagungszeitraum hingegen als unechte Rückwirkung darstellt. Letztere Überlegung wird daraus abgeleitet, dass die Steuer des laufenden Veranlagungszeitraums nach den einfachrechtlichen Vorschriften erst mit dessen Ablauf rechtlich zur Entstehung gelangt. Es wird somit kein abstrakter verfassungsrechtlicher und von den einschlägigen einfachrechtlichen Bestimmungen "abgekoppelter" Maßstab für die Frage angelegt, ob eine echte Rückwirkung bzw. eine Rückbewirkung von Rechtsfolgen oder aber eine unechte Rückwirkung bzw. tatbestandliche Rückanknüpfung vorliegt.

Nach diesen Maßstäben liegt in Bezug auf das streitgegenständliche Jahr 2000 aufgrund des § 5 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 KiStRG eine unechte Rückwirkung bzw. tatbestand-liche Rückanknüpfung des am 29. März 2000 veröffentlichten Landeskirchensteuerbeschlusses vom 26. November 1999 vor. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Beschlusses war nämlich der nach den maßgeblichen einfachrechtlichen Vorschriften geltende steuerrechtliche Veranlagungszeitraum - das Jahr 2000 - noch nicht abgeschlossen und somit der steuerrechtliche Tatbestand noch nicht vollendet.

b) Eine unechte Rückwirkung wird in der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich für zulässig gehalten (Beschl. v. 13.05.1986 - 1 BvR 99/85 -, BVerfGE 72, 175 (196)). Anderes gilt zunächst dann, wenn das Gesetz einen Eingriff vornimmt, mit dem der Betroffene nicht zu rechnen brauchte, den er also bei seinen Dispositionen nicht berücksichtigen konnte; das bloße Vertrauen auf den Fortbestand einer Rechtsnorm reicht allerdings nicht aus, da der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz nicht soweit geht, "dem Staatsbürger jegliche Enttäuschung zu ersparen" (BVerfG, Beschl. v. 13.05.1986, a.a.O.; Beschl. v. 28.11.1984 - 1 BvR 1157/82 -, BVerfGE 68, 287 (307)). Diese Überlegung gilt insbesondere auch im Abgabenrecht. Spezifisch für dieses Rechtsgebiet hat der 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts (Beschl. v. 14.05.1986 - 2 BvL 2/83 -, a.a.O.) zum Ausdruck gebracht, dass die bloße Erwartung, das geltende Steuerrecht werde fortbestehen, selbst dann nicht geschützt ist, wenn die Betroffenen bei ihren Dispositionen von den bisherigen niedrigeren Steuersätzen ausgegangen sind. Allgemeiner ausgedrückt ist es im Hinblick auf Art. 20 Abs. 3 GG grundsätzlich unbedenklich, wenn der Gesetzgeber während eines Veranlagungszeitraums eine solche Bestimmung in Kraft setzt und zugleich bestimmt, dass sie mit Wirkung von Beginn des Veranlagungszeitraums gelten soll ("unechte" Rückwirkung; "tatbestandliche Rückanknüpfung"). In der letztgenannten Situation darf das steuerbegründende oder -erhöhende Gesetz regelmäßig auch diejenigen Sachverhalte erfassen, die auf einer vor ihrem Inkrafttreten getätigten Disposition des Steuerpflichtigen beruhen (BFH, Urt. v. 08.11.2006 - I R 69, 70/05 -, juris). Demzufolge wäre hier von einer zulässigen unechten Rückwirkung bzw. tatbestandlichen Rückanknüpfung auszugehen.

c) Nach der zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu "Verschonungssubventionen" im Schiffsbau (Beschl. v. 30.12.1997, a.a.O.) ist in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung jedoch die Diskussion über die Zulässigkeit von rückwirkenden Gesetzen im Steuerrecht erneut aufgenommen worden. Es wird die Frage erörtert, ob die Grenze zwischen zulässiger und unzulässiger Rückwirkung im Bereich der Steuergesetze auf der Grundlage eines "dispositionsbestimmten Rückwirkungsbegriffs" neu zu bestimmen sei. In einem Vorlagebeschluss vom 16. Dezember 2003 (IX R 46/02, juris) an das Bundesverfassungsgericht hat der IX. Senat des Bundesfinanzhofs die Meinung vertreten, dass in den Fällen "tatbestandlicher Rückanknüpfung" ("unechter" Rückwirkung) nicht jegliche steuerbegründende oder -erhöhende Gesetzesänderung als zulässig anzusehen sei. Vielmehr bedürfe es auch in einer solchen Konstellation einer Abwägung zwischen dem durch eine Disposition betätigten Vertrauen des Bürgers in den Fortbestand des geltenden Rechts einerseits und dem Änderungsinteresse des Staates andererseits. Noch weiter geht der XI. Senat des Bundesfinanzhofs. Er vertritt die Meinung, dass die Verkündung des Änderungsgesetzes derjenige Zeitpunkt sei, "bis zu dem das Vertrauen des Steuerpflichtigen in die alte Rechtslage nach den Grundsätzen einer echten Rückwirkung schutzwürdig ist" (Beschl. v. 02.08.2006 - XI R 34/02 -, juris).

Der für Kirchensteuer zuständige 1. Senat des Bundesfinanzhofs (Urt. v. 19.10.2005 - I R 76/04 -, juris) hat diese Diskussion aufgegriffen und im Hinblick auf die Einführung des besonderen Kirchgeldes in Nordrhein-Westfalen rückwirkend zum 1. Januar 2001 aber letztlich offen gelassen, weil auch unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des IX. Senats des Bundesfinanzhofs davon auszugehen sei, dass die rückwirkende Einführung des besonderen Kirchgeldes nicht gegen Art. 20 Abs. 3 GG verstoße. Er hat zu der Konstellation, in der der Kirchensteuerbeschluss noch im Jahr 2000 gefasst wurde, allerdings erst im Oktober 2001 veröffentlicht wurde, unter anderem ausgeführt (Urt. v. 19.10.2005 - I R 76/04 -, juris):

" [...] Das Rückwirkungsverbot, das seinen Grund im Vertrauensschutz hat, tritt regelmäßig dort zurück, wo sich ausnahmsweise kein Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte. Das ist u.a. dann der Fall, wenn die Betroffenen schon im Zeitpunkt, auf den die Rückwirkung bezogen wird, nicht mit dem Fortbestand der geltenden Rechtslage rechnen durften. Dasselbe gilt, wenn durch die Rückwirkung ein nur ganz unerheblicher Schaden verursacht wird (vgl. BVerfG-Beschluss vom 25. Mai 1993 1 BvR 1509, 1648/91, BVerfGE 88, 384, 404; vom 15. Oktober 1996 1 BvL 44, 48/92, BVerfGE 95, 64, 87). Im Streitfall ist bereits zweifelhaft, ob im Sinne dieser Rechtsprechung überhaupt eine Vertrauensgrundlage bestand. Da die zuständigen kirchlichen Gremien den hier maßgeblichen Kirchensteuerbeschluss bereits im Jahr 2000 gefasst haben und über die Einführung des besonderen Kirchgelds insbesondere auch in der Tagespresse berichtet worden ist, durften die hiervon betroffenen Kirchensteuerpflichtigen nicht darauf vertrauen, dass sie auch im Streitjahr keine Kirchensteuer würden zahlen müssen. [...] Zudem fehlt es an der erforderlichen Vertrauensbetätigung. Der erkennende Senat geht mit dem FG davon aus, dass das Fortbestehen der Kirchenzugehörigkeit bzw. der nicht erfolgte Kirchenaustritt keine schutzwürdige wirtschaftliche Disposition im Sinne eines dispositionsbezogenen Rückwirkungsbegriffs darstellt. [...]"

In dem der genannten Entscheidung des BFH vorangegangenen Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf (Urt. v. 18.06.2004 - 1 K 6478/02 -, juris) ist zur Frage des dispositionsbezogenen Rückwirkungsbegriffs ausgeführt worden:

"[...] Diese Grundsätze eröffnen nach Auffassung des erkennenden Senates nicht generell einen dispositionsbestimmten Rückwirkungsbegriff, zumal das Gericht in den Gründen zugleich ausdrücklich an der Unterscheidung zwischen echter und unechter Rückwirkung festgehalten hat. Diese Frage kann hier allerdings dahin stehen, weil die Klägerin weder schutzwürdige Dispositionen getroffen noch insoweit auf ein gesetzliches Subventionsangebot reagiert hat. Die Klägerin hat nicht wirtschaftlich disponiert, sondern lediglich ihre Kirchenmitgliedschaft wie in der Vergangenheit auch unverändert aufrecht erhalten. Der Nicht-Austritt vor Inkrafttreten der neuen kirchenrechtlichen Bestimmungen stellt keine Disposition im genannten Sinne dar. Die Annahme, dass ein in glaubensverschiedener Ehe lebendes Kirchenmitglied ohne eigene Einkünfte oder mit lediglich geringen Einkünften in dem Bewusstsein und gerade im Hinblick darauf in der Kirche verbleibt, dass es keine oder allenfalls eine geringe Kirchensteuer in der Form der Zuschlagsteuer zu entrichten habe, erscheint angesichts der Möglichkeit, kirchliche Leistungen entgegen zu nehmen, bereits lebensfremd und lässt sich im vorliegenden Fall nach den Gesamtumständen auch nicht feststellen. Eine Kirchenmitgliedschaft ist regelmäßig religiös begründet oder zumindest auf ein Bestreben gestützt, bestimmte Vorteile (für die Kinder etwa Möglichkeit des Besuchs kirchlicher Kindergärten oder Schulen, der Teilnahme an der Konfirmation; kirchliches Begräbnis) in Anspruch zu nehmen. Zudem wäre ein derartiges Motiv für den Nicht-Austritt aus der Kirche auch nicht schutzwürdig, weil es nicht durch eine Norm mit Lenkungs- und Gestaltungswirkung ausgelöst worden wäre. Das allgemeine Vertrauen, der Steuergesetzgeber werde steuerrechtliche Freiräume für die Zukunft aufrecht erhalten, ist verfassungsrechtlich nicht geschützt. [...]"

Der vorstehend skizzierten Rechtsprechung des 1. Senats des Bundesfinanzhofs und des Finanzgerichts Düsseldorf schließt sich der Senat an. Daraus ergibt sich, dass in Anbetracht des bereits im Jahre 1999 erfolgten Landeskirchensteuerbeschlusses und der ebenfalls im Jahre 1999 erfolgten Änderung der Kirchensteuerordnung zum einen eine Vertrauensgrundlage in Bezug auf das Jahr 2000 bereits nicht mehr vorhanden war. Zum anderen ergibt sich auch keine Notwendigkeit einer Neujustierung zur Frage der Zulässigkeit einer unechten Rückwirkung bzw. tatbestandlichen Rückanknüpfung vor dem Hintergrund eines "dispositionsbestimmten Rückwirkungsbegriffs". Auch der Senat geht davon aus, dass es sich bei der Entscheidung, einer kirchensteuererhebenden Religionsgemeinschaft anzugehören, nicht um eine Disposition wirtschaftlicher Natur handelt, sondern um eine allein glaubensbezogene Entscheidung. Daraus kann indessen nicht abgeleitet werden, dass die Maßstäbe für eine unechte Rückwirkung bzw. tatbestandliche Rückanknüpfung noch strenger wären, als dies im Hinblick auf den "dispositionsbestimmten Rückwirkungsbegriff" diskutiert wird. Die Situation stellt sich vielmehr wie bei einer schlichten Änderung etwa des Einkommensteuergesetzes dar, in der ein Vertrauen in den Fortbestand günstigerer Regelungen gerade nicht schützenswert ist.

d) Soweit der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung die Auffassung vertreten hat, die Erhebung einer Kirchensteuer in Form eines besonderen Kirchgeldes komme erst nach der Veröffentlichung des genehmigten Landeskirchensteuerbeschlusses und somit vorliegend erst ab den 1. April 2000 in Betracht, hält er daran nicht mehr fest. Ebenso folgt er nicht der in die ähnliche Richtung gehenden vom XI. Senat des Bundesfinanzhofs (Beschl. v. 02.08.2006, a.a.O.) geäußerten Auffassung, dass die Verkündung eines Änderungsgesetzes derjenige Zeitpunkt sei, bis zu dem das Vertrauen des Steuerpflichtigen in die alte Rechtslage nach den Grundsätzen einer echten Rückwirkung schutzwürdig sei. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass jedenfalls auf Basis einer Abwägung zwischen den Vertrauensschutzgesichtspunkten einerseits und dem Interesse an der Änderung der Steuerbestimmungen andererseits auch unechte Rückwirkungen in Bezug auf einen Veranlagungszeitraum möglich sein müssen, wobei diese Abwägung mangels Disposition der Steuerschuldner des besonderen Kirchgeldes zu deren Lasten ausgeht. Demgegenüber führt insbesondere das vom Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung angeführte Argument, dass der Landeskirchensteuerbeschluss unter einem Genehmigungsvorbehalt stehe, nicht zu einer Verschiebung des frühestens möglichen Geltungszeitpunktes einer belastenden Steuernorm auf diesen Zeitpunkt. Die Beklagte weist vielmehr zu Recht darauf hin, dass der Genehmigungsvorbehalt beim Steuerpflichtigen nicht die Erwartung entstehen lassen kann, die Steuernorm würde nicht verwirklicht werden. Ein bloßer Genehmigungsvorbehalt ist von seiner Gewichtigkeit nämlich viel geringer zu bewerten, als ansonsten im (staatlichen) Gesetzgebungsverfahren zu erwartende Änderungen eines vom Bundestag gefassten Gesetzesbeschlusses infolge der Beteiligung des Bundesrats bei Bundessteuergesetzen. Auch insoweit wird aber nicht der Zeitpunkt der Beteiligung des Bundesrates als frühestens möglicher Zeitpunkt für ein Inkrafttreten einer belastenden Norm angesehen.

3.

Gegen die Erhebung eines besonderen Kirchgeldes bestehen auch im Übrigen keine rechtlichen Bedenken. Das Bundesverfassungsgericht hat die Erhebung eines besonderen Kirchgeldes als verfassungsrechtlich unbedenklich angesehen (vgl. etwa BVerfG, Beschl. v. 19.08.2002 - 2 BvR 443/01 -, juris; Beschl. v. 23.10.1986 - 2 BvL 7/84 -, BVerfGE 73, 388; Beschl. v. 30.08.1982 - 1 BvR 1109/81 -, juris). Auch der Bundesfinanzhof und das Bundesverwaltungsgericht halten die Erhebung eines besonderen Kirchgeldes in glaubensverschiedenen Ehen für verfassungsrechtlich unbedenklich (BFH, Urt. v. 21.12.2005 - I R 44/05 -, juris, Urt. v. 19.10.2005 - I R 76/04 -, juris; BVerwG, Urt. v. 11.11.1988 - 8 C 10/87 -, juris). Dass gegen das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 21. Dezember 2005 eine Verfassungsbeschwerde (2 BvR 291/06) eingelegt worden ist, über die das Bundesverfassungsgericht noch nicht entschieden hat, führt zu keiner anderen Beurteilung. Auch steht dies einer sachlichen Entscheidung im vorliegenden Verfahren nicht entgegen.

Ende der Entscheidung

Zurück