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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 23.07.2003
Aktenzeichen: 4 LC 523/02
Rechtsgebiete: BSHG


Vorschriften:

BSHG § 68
BSHG § 88 III 1
Es bedeutet für einen älteren, heimpflegebedürftigen Menschen eine Härte, wenn die Hilfe zur Pflege von dem Einsatz eines für Begräbnis und Grabpflege angesparten Vermögens abhängig gemacht wird.
Tatbestand:

Die am 4. Oktober 1913 geborene Klägerin begehrt die Verpflichtung der Beklagten zur Übernahme ungedeckter Heimkosten.

Sie lebt seit dem 17. September 1999 im Altenzentrum B. in C.. Bis zu ihrer Heimaufnahme lebte sie in ihrer eigenen Wohnung und wurde von ihrer Tochter betreut. Am 8. Juli 1999 trat sie ihrer Tochter einen von ihr am 7. November 1996 gekauften Sparkassenbrief der Sparkasse C. mit einem Nennwert von 20.000,-- DM (= 10.225,84 Euro) und einem Zinssatz von 6 % ab. Am 1. September 1999 schloss die Klägerin mit dem Bestattungsinstitut D. GmbH in C. einen Bestattungsvorsorge-Treuhandvertrag "über ihre dereinstige Bestattung und/oder das Grabmahl und die Grabpflege" und leistete am 28. September 1999 von ihrem Girokonto bei der Stadtsparkasse C. die vereinbarte Vertragssumme von 8.050,-- DM (= 4.15,90 Euro) an den Treuhänder, die E. F. Treuhand AG.

Bis zum 31. Dezember 1999 zahlte sie die mit dem Heimaufenthalt verbundenen Kosten aus eigenen Mitteln. Am 21. Februar 2000 beantragte sie die Übernahme der Kosten durch Leistungen der Sozialhilfe. Sie verfügte im Januar 2000 über ein Sparkonto bei der Stadtsparkasse C. mit einem Guthaben von 4.500,-- DM sowie ein Girokonto bei der Stadtsparkasse C., auf welchem ihre Renten (Alters- und Witwenrente) eingingen und von dort an das Altenzentrum G. überwiesen wurden. Das Girokonto wurde am 23. Oktober 2000 aufgelöst. Nach den vorgelegten Rechnungen des H. beliefen sich die Heimkosten (ohne Investitionsfolgekosten) für die Monate Januar bis März 2000 auf jeweils 5.632,32 DM und für die Monate April 2000 bis Juni 2001 auf jeweils 5.496,28 DM. Die Klägerin bezog in der Zeit von Januar bis Juni 2000 ein Renteneinkommen in Höhe von 1.444,15 DM (= 738,38 Euro) und von Juli 2000 bis Februar 2001 in Höhe von monatlich 1.459,19 DM (=746,07 Euro). Die Pflegekasse der Klägerin zahlte monatlich 2.800,-- DM (1.431,62 Euro) an das B. auf die Heimkosten.

Am 12. März 2001 überwies die Tochter der Klägerin 10.288,44 DM an das B., wobei sie auf dem Überweisungsauftrag die Rechnungsnummer 104114 angab. In der entsprechenden Rechnung des H. vom 8. März 2001 wird ausgeführt, dass es sich bei dem Betrag in Höhe von 10.288,44 DM um den bewohnerbezogenen Aufwendungszuschuss für das Jahr 2000/2001 handele.

Am 20. Februar 2002 überwies der Schwiegersohn der Klägerin 4.965,44 Euro (= 9.711,56 DM) auf die Heimkosten an das B.. Auf dem Überweisungsträger ist handschriftlich vermerkt: "Rest vom Sparbrief, insgesamt DM 20.000".

Mit Bescheid vom 20. Dezember 2000 lehnte die Landeshauptstadt Hannover die beantragte Übernahme der Heimkosten mit der Begründung ab, ihre Überprüfung habe ergeben, dass die Klägerin über Vermögen verfüge, das über der Vermögensfreigrenze von 4.500,-- DM liege. Hierzu gehöre auch der Bestattungsvorsorgevertrag. Gründe dafür, dieses Vermögen nicht einzusetzen, seien nicht erkennbar.

Den hiergegen eingelegten Widerspruch vom 9. Januar 2000 wies die Landeshauptstadt Hannover mit Widerspruchsbescheid vom 28. Juni 2001 zurück. Zur Begründung führt sie aus: Die Klägerin müsse vorhandenes Vermögen einsetzen. Zum Zeitpunkt der Heimaufnahme habe sie über ein Vermögen in Höhe von 29.193,71 DM verfügt. Daneben sei der Bestattungsvorsorgevertrag zu berücksichtigen, für den sie 8.050,-- DM geleistet habe. Schenkungsrückforderungsansprüche gegen die Tochter der Klägerin seien hier noch nicht einbezogen. Eine Härte im Sinne des § 88 Abs. 3 BSHG, die gegen eine Verwertung des für den Bestattungsvorsorgevertrag geleisteten Betrages sprechen könne, sei nicht erkennbar.

Die Klägerin hat am 25. Juli 2001 Klage erhoben. Sie hat vorgetragen: Unter Berücksichtigung ihres hohen Alters, ihres Gesundheitszustandes und des Umstandes, dass es sich bei dem aufgrund des Bestattungsvorsorgevertrages geleisteten Betrages gemessen an ihrem bisherigen Lebensstandard um einen angemessenen Betrag handele, könne der Einsatz dieses Vermögens nicht verlangt werden.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid der Landeshauptstadt Hannover von 20. Dezember 2000 in der Form des Widerspruchsbescheides der Landeshauptstadt Hannover vom 28. Juni 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Heimkosten im B. abzüglich des durch ihr Renteneinkommen gedeckten Teils sowie der auf die Heimkosten geleisteten Zahlungen ab Januar 2000 zu übernehmen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Entgegnung hat sie ausgeführt: Nach § 1968 BGB sei der Erbe zur Übernahme der Bestattungskosten verpflichtet. Das daraus folgende finanzielle Risiko werde durch § 15 BSHG abgefedert, durch den dem Erben ein eigener sozialhilferechtlicher Anspruch zugestanden werde. Die Anerkennung von Bestattungsvorsorgeverträgen begünstige somit zunächst den Erben und nicht den Hilfesuchenden. Durch § 15 BSHG werde eine angemessene Bestattung ermöglicht, die der Würde des Menschen ausreichend Rechnung trage. Hinzu komme, dass über den Freibetrag von 4.500,-- DM frei verfügt werden könne. Eine Härte im Sinne des § 88 Abs. 3 BSHG liege deshalb nicht vor. Der Bestattungsvorsorgevertrag sei auch rechtsmissbräuchlich abgeschlossen worden. Dies zeige der zeitliche Zusammenhang mit der Heimaufnahme und der Abtretung des Sparkassenbriefes an ihre Tochter.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 24. September 2002 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die erfolgten Zahlungen seien ausreichend gewesen, um die nicht durch Rentenzahlungen oder Leistungen der Pflegekasse gedeckten Heimkosten für die Zeit von Januar bis einschließlich Juli 2000 zu decken. Für die Zeit ab August 2000 bis Juni 2001 habe die Klägerin keinen Anspruch auf Übernahme der ungedeckten Heimkosten. Sie habe sich selbst durch Kündigung des Bestattungsvorsorgevertrages und Einsatz des dadurch zurückzuerhaltenden Vermögens helfen können. Nach den Vertragsbestimmungen sei der Vertrag kündbar. Die Klägerin könne hierdurch wieder in den Besitz des Vermögens kommen. Es handele sich nur zu einem geringen Teil um Schonvermögen im Sinne des § 88 Abs. 2 BSHG. Ein Härtefall sei nicht gegeben. Zwar rechtfertige das Bedürfnis nach einer würdigen Bestattung ein hierfür angespartes Vermögen in angemessenem Umfang dem Schonvermögen im Sinne des § 88 Abs. 2 BSHG gleichzustellen. Ein Härtefall im Sinne des § 88 Abs. 3 BSHG liege gleichwohl nicht vor. Denn es sei nicht sichergestellt, dass der für den Bestattungsvorsorgevertrag geleistete Betrag tatsächlich für die Bestattung der Klägerin verwendet werde. Der Vertrag sei ohne größere finanzielle Einbußen für die Klägerin kündbar. Allein das Alter der Klägerin schließe einen Sinneswandel hinsichtlich der Verwendung des eingezahlten Betrages nicht aus. Trotz der gewählten Konstruktion der Weggabe des Vermögens an einen Treuhänder sei dessen Anlage im Ergebnis nicht anders zu werten als eine für die Bestattung vorgesehene Geldanlage auf einem Sparbuch. Bereits wegen der Kündbarkeit des Bestattungsvertrages liege ein Härtefall nicht vor. Die Möglichkeit der Kündigung des Vertrages sei für die Klägerin im maßgeblichen Zeitraum ein "bereites Mittel" für die Bedarfsdeckung gewesen. Bezogen auf jeden Monat des Zeitraums von August 2000 bis Juni 2001 übersteige das einzusetzende Vermögen aus dem Bestattungsvorsorgevertrag jeweils den nicht durch anderweitiges Einkommen abgedeckten Teil der Heimkosten. Die aufgelaufenen Heimkosten seien nicht im Sinne einer Bilanzierung von den vorhandenen Vermögenswerten abzuziehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts handele derjenige, der sich weigere, einzusetzendes oder verwertbares Vermögen zur Beseitigung einer sozialhilferechtlichen Notlage einzusetzen insoweit auf eigenes Risiko, als er sich, wenn seine Weigerung sich als ungerechtfertigt erweisen solle, jederzeit auf das Vorhandensein des Vermögensgegenstandes zur Deckung des Bedarfs verweisen lassen müsse.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung.

Sie trägt u.a. vor: Das für den Bestattungsvorsorgevertrag aufgewendete Vermögen sei nicht einzusetzen. Sie habe nicht die Absicht, den Bestattungsvorsorgevertrag zu kündigen. Anhaltspunkte, die eine solche Annahme rechtfertigen könnten, lägen auch nicht vor. Sie habe den Bestattungsvorsorgevertrag mit der ausdrücklichen Erklärung unterzeichnet, so bestattet werden zu wollen, wie ihr Mann. Hierbei handele es sich um eine angemessene, ihrem Lebensstandard entsprechende Bestattung. Der Einsatz des Vermögens stelle deshalb eine Härte im Sinne des § 88 Abs. 3 BSHG dar.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides der Landeshauptstadt Hannover vom 20. Dezember 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Landeshauptstadt Hannover vom 28. Juni 2001 zu verpflichten, ihre durch das Renteneinkommen und die Leistungen der Pflegekasse nicht gedeckten Heimkosten für die Zeit vom 1. August 2000 bis zum 28. Juni 2001 zu übernehmen.

Die Beklage beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie entgegnet: Im Zeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheides am 28. Juni 2001 habe ein sozialhilferechtlicher Bedarf bezüglich der Kostenregulierung des Heimaufenthalts der Klägerin nicht bestanden. Die Tochter der Klägerin habe den aus dem ihr übertragenen Sparkassenbrief resultierenden Restbetrag in Höhe von 9.711,56 DM erst am 20. Februar 2002 überwiesen. Daneben sei immer noch das Guthaben in Höhe von 8.050,-- DM aus dem Bestattungsvorsorgevertrag vorhanden. Hierbei handele es sich um einzusetzendes Vermögen. Eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung werde durch den Einsatz dieses Vermögens nicht wesentlich erschwert. Soweit die Klägerin ausführe, sie beabsichtige nicht, den Bestattungsvorsorgevertrag zu kündigen, sei dies wohl darauf zurückzuführen, dass sie den freiwerdenden Betrag dann zur Deckung der Heimkosten einsetzen müsse.

Mit Urteil vom 10. Dezember 2002 (Az.: 3 A 1148/01) hat das Verwaltungsgericht Hannover der auf die Gewährung eines bewohnerbezogenen Aufwendungszuschusses gerichteten Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte zur Gewährung des Zuschusses ab dem 1. August 2000 verpflichtet. Es hat entschieden, dass der Bestattungsvorsorgevertrag nicht einzusetzendes Vermögen sei. Das Urteil ist rechtskräftig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Sie hat einen Anspruch auf Übernahme der durch ihr Renteneinkommen und die Leistungen der Pflegekasse nicht gedeckten Heimkosten für die Zeit vom 1. August 2000 bis zum 28. Juni 2001 im Rahmen der Hilfe zur Pflege gemäß § 68 BSHG.

Die Klägerin begehrt die Verpflichtung der Beklagten zur Übernahme der ungedeckten Heimkosten (nunmehr) erst ab dem 1. August 2000. Nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichts, denen die Beklagte nicht durchgreifend entgegengetreten ist und denen sich der Senat anschließt, waren die in der Vergangenheit geleisteten Zahlungen (u.a. resultierend aus Leistungen aus dem an die Tochter der Klägerin abgetretenen Sparbrief) auf die Heimkosten ausreichend, um die durch Rentenzahlungen und Leistungen der Pflegekasse nicht gedeckten Heimkosten für die Zeit von Januar bis einschließlich Juli 2000 zu decken. Das ab dem 1. August 2000 allein noch zur Verfügung stehende und durch den Bestattungsvorsorgevertrag gebundene Vermögen in Höhe von 8.050,-- DM braucht die Klägerin entgegen der Auffassung der Beklagten und des Verwaltungsgerichts nicht einzusetzen, weil der Einsatz dieses Vermögens eine Härte im Sinne des § 88 Abs. 3 BSHG bedeuten würde.

Nach § 88 Abs. 3 Satz 1 BSHG darf die Sozialhilfe nicht vom Einsatz von Vermögen abhängig gemacht werden, wenn dies für den Hilfesuchenden eine Härte bedeuten würde. Grundsätzlich setzt eine solche Härte eine Fallgestaltung voraus, die nach den Leitvorstellungen des § 88 Abs. 2 BSHG vom Vermögenseinsatz frei bleiben soll, aber wegen ihrer Atypik nicht von der Aufzählung des § 88 Abs. 2 BSHG erfasst werden konnte (BVerwG, Urt. v. 29. April 1993 - 5 C 12.90 - BVerwGE 92, 254). Leitgedanke dieser Bestimmungen über den Vermögenseinsatz ist es zu gewährleisten, dass dem Hilfeempfänger ein gewisser Spielraum in seiner wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit erhalten bleibt. § 88 Abs. 3 Satz 2 BSHG regelt hierzu beispielhaft, dass eine Härte bei der Hilfe in besonderen Lebenslagen vor allem dann anzunehmen ist, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde. Die Vorschriften über das Schonvermögen sollen gewährleisten, dass die Sozialhilfe die vorhandenen wesentlichen Lebensgrundlagen nicht beeinträchtigt. Die Sozialhilfe soll nicht zu einem wirtschaftlichen Ausverkauf und zu einer nachhaltigen sozialen Herabstufung führen. Zu berücksichtigen ist auch, dass die genannte Vorschrift sich nicht auf den Schutz wirtschaftlicher Interessen beschränkt, sondern auch immaterielle Werte wie den Besitz von Familien- und Erbstücken im Sinne des Abs. 2 Nr. 5 und von Gegenständen, die zur Befriedigung geistiger, besonders wissenschaftlicher und künstlerischer Bedürfnisse im Sinne des Abs. 2 Nr. 6 der genannten Vorschrift schützt (vgl. OVG Berlin, Urt. v. 28. Mai 1998 - 6 B 20.95 - FEVS 49, 218, 223).

Das Bedürfnis der Klägerin, entsprechend ihren persönlichen Wünschen ebenso bestattet zu werden wie ihr vorverstorbener Ehemann, ist keineswegs geringer einzuschätzen als das Interesse von Hilfesuchenden, denen § 88 Abs. 2 BSHG Schutz vor der Verwertung von Gegenständen wegen deren immateriellen Wertes bietet (vgl. OVG Berlin, Urt. v. 28. Mai 1998, a.a.O.). Das Verwaltungsgericht führt dementsprechend auch zunächst zutreffend aus, dass die Vorstellungen über Tod und Bestattung zum Kern der Persönlichkeit gehören und für viele Menschen - gerade im Alter - herausragende Bedeutung haben. Der Wunsch der Klägerin hat deshalb einen unmittelbaren Bezug zum allgemeinen, durch Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Persönlichkeitsrecht. Entgegen der in der Rechtsprechung teilweise vertretenen Auffassung handelt es sich vorliegend auch um die Deckung eines bereits zu Lebzeiten bestehenden Bedarfs. Denn die Klägerin hat durch die von ihr gewählte Vorgehensweise auf ihre gegenwärtige Lebenssituation reagiert und entsprechende Vorkehrungen für ihre Bestattung getroffen (a.A. VG Minden, Urt. v. 9. August 1999 - 6 K 4252/98-, NVwZ-RR 2000,167). Anhaltspunkte dafür, dass die hierfür getroffenen Aufwendungen sich nicht in einem angemessenen finanziellen Rahmen halten, liegen nicht vor. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die in § 88 Abs. 3 BSHG als denkbarer Härtefall ausdrücklich genannte Erschwerung einer angemessenen Alterssicherung ebenfalls für die Klägerin spricht. Denn sie muss lediglich wegen der besonders hohen und mit durchschnittlichen Alterseinkünften nicht zu deckenden Pflegekosten Leistungen der Sozialhilfe in Anspruch nehmen. Gerade diese besondere Notlage, der die überwiegende Mehrheit der Menschen unkalkulierbar ausgesetzt werden kann, gibt Anlass, den Grundgedanken der Vermögensschutzvorschriften heranzuziehen, dass die Sozialhilfe nicht zu einer nachhaltigen sozialen Herbstufung führen soll (vgl. OVG Berlin, Urt. v. 28. Mai 1998, a.a.O.). Im Falle der Klägerin ist deshalb zu berücksichtigen, dass sie vor ihrer Heimaufnahme am 17. September 1999 in ihrer eigenen Wohnung unabhängig von Leistungen der Sozialhilfe lebte. Ferner hat sie auch die ersten Monate ihres Heimaufenthalts aus eigenen Mitteln finanziert.

Vor diesem Hintergrund würde der Einsatz des durch den Bestattungsvorsorgevertrag gebundenen Vermögens für die Klägerin eine besondere Härte im Sinne des § 88 Abs. 3 BSHG bedeuten.

Der Senat teilt nicht die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass eine Härte bereits deshalb nicht anzunehmen ist, weil der Bestattungsvorsorgevertrag jederzeit kündbar ist. Allein die Möglichkeit der Kündigung des Vertrages steht der Annahme einer Härte vielmehr nicht entgegen. Denn es liegen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass der Vertrag tatsächlich gekündigt werden soll. Die Klägerin hat im Berufungsverfahren überzeugend dargelegt, dass unter Berücksichtigung ihres Alters von fast 90 Jahren und ihres Gesundheitszustandes eine Kündigung des Vertrages fern liegt. Die bloße Möglichkeit, einen solchen Vertrag zu kündigen, steht der Annahme einer Härte auch deshalb nicht entgegen, weil hierdurch die Vergleichbarkeit mit den in § 88 Abs. 2 BSHG ausdrücklich geschützten immateriellen Werten nicht berührt wird. § 88 Abs. 2 Nr. 5 und 6 BSHG schützt diese immateriellen Werte unabhängig davon, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass die dort genannten Gegenstände (doch) veräußert werden und der den geschützten kleineren Barbetrag des § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG übersteigende Erlös dem Sozialhilfeträger entgegen der Verpflichtung aus § 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB I nicht angezeigt wird. Auch im Übrigen kann ohne das Vorliegen irgendwelcher Anhaltspunkte die Annahme einer Härte i.S.d. § 88 Abs. 3 BSHG nicht deshalb abgelehnt werden, weil eine - niemals völlig auszuschließende - theoretische Möglichkeit der Verwertung geschützter Vermögensgegenstände besteht.

Das Vorbringen der Beklagten im Berufungsverfahren rechtfertigt eine andere Beurteilung nicht. Insbesondere liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, die Klägerin kündige den Vertrag lediglich deshalb nicht, weil sie die freiwerdenden Mittel dann einsetzen müsse, um die Kosten des Heimaufenthalts zu decken. Der Senat sieht keinen Anlass, an dem Vorbringen der Klägerin zu zweifeln, eine Kündigung des Vertrages erfolge nicht, weil ansonsten ihre persönlichen Wünsche und Vorstellungen hinsichtlich einer Bestattung nicht erfüllt werden könnten.

Nach alledem ist die Beklagte verpflichtet, die durch das Renteneinkommen der Klägerin, durch Leistungen der Pflegekasse und durch den bewohnerbezogenen Aufwendungszuschuss nicht gedeckten Heimkosten für die Zeit vom 1. August 2000 bis zum 28. Juni 2001 zu übernehmen. Nur dieser Zeitraum wird durch das hier vorliegende Verfahren erfasst. Anhaltspunkte dafür, dass für nachfolgende Zeiträume eine andere Beurteilung erforderlich wäre, sind jedoch derzeit nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidungen beruhen auf den §§ 154 Abs. 1, 167, 188 Satz 2 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO bestehen nicht.

Ende der Entscheidung

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