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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 08.10.2008
Aktenzeichen: 4 OA 510/07
Rechtsgebiete: VV-RVG


Vorschriften:

VV-RVG Nr. 2400
VV-RVG Nr. 2600 ff.
VV-RVG Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1
1. Das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz enthält keine Bestimmung, nach der die durch die Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 VV-RVG vorgeschriebene teilweise Anrechnung der wegen desselben Gegenstandes entstandenen Geschäftsgebühr nach den Nrn. 2400 bis 2403 auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens zu unterbleiben hat, wenn dem Kläger für das gerichtliche Verfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet worden ist.

2. Voraussetzung für das Entstehen von Gebühren im Rahmen der Beratungshilfe nach Nrn. 2600 ff. VV-RVG anstelle der Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV-RVG ist nicht, dass ein Anspruch auf Beratungshilfe bestanden hat, sondern dass die anwaltliche Vertretung im Verwaltungsverfahren auch tatsächlich im Rahmen der Beratungshilfe erfolgt ist.


Gründe:

Die Beschwerde des Klägers gegen den erstinstanzlichen Beschluss ist zulässig, aber unbegründet. Denn das Verwaltungsgericht hat die Erinnerung des Klägers gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 7. Februar 2007 zu Recht zurückgewiesen, weil der Prozessbevollmächtigten des Klägers die geltend gemachte höhere Vergütung nicht zusteht.

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die auf die Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - VV-RVG - gestützte Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, auf die von der Prozessbevollmächtigten des Klägers geltend gemachte Verfahrensgebühr eine für das vorangegangene Verwaltungsverfahren entstandene Geschäftsgebühr nach der Nr. 2400 (seit dem 1.7.2006 Nr. 2300) VV-RVG zur Hälfte anzurechnen, nicht zu beanstanden ist (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 28.3.2008 - 10 OA 143/07 - m.w.N. zur obergerichtlichen Rechtsprechung). Der von dem Kläger dagegen erhobene Einwand, die Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV-RVG sei wegen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht anwendbar, ist unzutreffend. Das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz enthält keine Bestimmung, nach der die durch die o. g. Vorbemerkung vorgeschriebene teilweise Anrechnung der wegen desselben Gegenstandes entstandenen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens zu unterbleiben hat, wenn - wie im vorliegenden Fall - für das gerichtliche Verfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet worden ist (Bay. VGH, Beschl. v. 9.5.2000 - 12 C 6.65 -).

Der weitere Einwand des Klägers, es bestehe kein Anspruch auf eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV-RVG, da er einen Anspruch auf Bewilligung von Beratungshilfe gehabt habe, so dass eine Anrechnung nicht erfolgen könne, ist ebenfalls nicht geeignet, seiner Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen. § 44 Satz 1 RVG bestimmt zwar, dass der Rechtsanwalt für die Tätigkeit im Rahmen der Beratungshilfe eine Gebühr nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz aus der Landeskasse erhält, soweit nicht für die Tätigkeit in Beratungsstellen nach § 3 Abs. 1 des Beratungshilfegesetzes besondere Vereinbarungen getroffen sind. Dementsprechend regelt die Vorbemerkung 2.6 VV-RVG, dass Gebühren im Rahmen der Beratungshilfe ausschließlich nach dem 6. Abschnitt, d.h. den Nrn. 2600 bis 2608, entstehen. Voraussetzung für das Entstehen dieser Gebühren anstelle der Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV-RVG ist aber nicht, dass ein Anspruch auf Beratungshilfe bestanden hat, sondern dass die anwaltliche Vertretung im Verwaltungsverfahren auch tatsächlich im Rahmen der Beratungshilfe erfolgt ist (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 28.3.2008 - 10 OA 143/07 -; Gerold/Schmidt, RVG, 18. Aufl., § 44 Rdn. 2; Riedel/Sußbauer, RVG, 9. Aufl., § 44 Rdn. 3 ff.), wofür im vorliegenden Verfahren keine Anhaltspunkte bestehen. Das Verwaltungsgericht hat im erstinstanzlichen Beschluss ausdrücklich hervorgehoben, dass nicht ersichtlich ist, dass dem Kläger tatsächlich und ausschließlich Beratungshilfe gewährt worden ist. Aus den Ausführungen des Klägers zur Begründung der Erinnerung gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle und der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Beschluss ergibt sich nichts anderes. Daher kann nicht davon ausgegangen werden, dass anstelle einer Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV-RVG eine Beratungshilfegebühr nach Nrn. 2600 ff. VV-RVG, die nicht anrechnungsfähig ist, zur Entstehung gelangt ist.

Der Kläger kann schließlich auch nicht mit Erfolg einwenden, dass seine Prozessbevollmächtigte keine Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV-RVG erhalten habe. Denn die teilweise Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens setzt nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 VV-RVG lediglich deren Entstehung voraus. Dass sie gezahlt oder verlangt worden ist, ist für die Anrechnung rechtlich unerheblich.

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