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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 10.01.2008
Aktenzeichen: 5 LA 102/04
Rechtsgebiete: PolNLVO


Vorschriften:

PolNLVO F. 1996 § 30
Zu den Anforderungen an die Plausibilität von Beurteilungen.
Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung, mit dem der Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) geltend macht, hat keinen Erfolg.

Ernstliche Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind zu bejahen, wenn bei der Überprüfung im Zulassungsverfahren, also aufgrund der Begründung des Zulassungsantrages und der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts, gewichtige gegen die Richtigkeit der Entscheidung sprechende Gründe zutage treten, aus denen sich ergibt, dass ein Erfolg der erstrebten Berufung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg. Das ist der Fall, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, Beschl. v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458). Die Richtigkeitszweifel müssen sich auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zur Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 27.3.1997 - 12 M 1731/97 -, NVwZ 1997, 1225; Beschl. v. 31.8.2007 - 5 LA 260/07 -; BVerwG, Beschl. v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 -, DVBl. 2004, 838).

Die in der streitgegenständlichen Beurteilung enthaltenen Leistungsmerkmale sind vom Zweitbeurteiler einmal mit der Wertungsstufe 5, zehnmal mit der Wertungsstufe 4 und neunmal mit der Wertungsstufe 3 bewertet worden, wobei er fünf Merkmale der Wertungsstufe 4 und drei Merkmale der Wertungsstufe 3 gewichtet hat. Im Ergebnis ist der Zweitbeurteiler - abweichend von dem Gesamturteil des Erstbeurteilers - zu dem Gesamturteil der Wertungsstufe 3 ("entspricht den Anforderungen") gekommen. Soweit der Zweitbeurteiler im Vergleich zum Erstbeurteiler zwei gewichtete Leistungsmerkmale um jeweils eine Wertungsstufe von 4 auf 3 herabgesetzt und die Gewichtung eines Merkmals gestrichen hat, hat der Kläger dies nicht zum Gegenstand seines Zulassungsvorbringens gemacht.

Nach der Rechtsprechung des Senats erfordert das Gebot, bei der Erstellung der Beurteilung von einem richtigen Sachverhalt auszugehen und allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe zu beachten, ausgehend von zutreffenden Tatsachen und Werturteilen nachvollziehbar darzulegen, aus welchem Grunde der betroffene Beamte das ihm durch die dienstliche Beurteilung erteilte Gesamturteil erhalten hat (vgl.: Nds. OVG, Urt. v. 30.5.2007 - 5 LB 95/05 -; Beschl. v. 5.12.2007 - 5 LA 159/04 -). Dabei ist zu beachten, dass I. Nr. 5.4 Abs. 2 der Beurteilungsrichtlinien für den Polizeivollzugsdienst des Landes Niedersachsen vom 4. Januar 1996 (Nds. MBl. 1996, S. 169) - BRLPol - bestimmt, dass die Gesamtbewertung der einzelnen Leistungsmerkmale unter Berücksichtigung der Bedeutung dieser Leistungsmerkmale für den jeweiligen Dienstposten zu bilden ist und eine gemäß I. Nr. 5.3 Abs. 2 Satz 3 BRLPol vorgenommene Gewichtung der Leistungsmerkmale gerade im Hinblick auf deren Bedeutungsgehalt für den jeweiligen Dienstposten zu erfolgen hat. Demzufolge hindern zwar überwiegend hohe Bewertungen gewichteter Leistungsmerkmale ebenso wie eine etwas größere Anzahl von im Vergleich zum Gesamturteil höher bewerteten Einzelmerkmalen den Zweitbeurteiler nicht schlechthin daran, eine weniger günstige Gesamtbewertung zu bilden. Das erfordert dann aber einen nicht unerheblichen Begründungsaufwand in Auseinandersetzung mit dem individuellen Leistungsbild des Beurteilten, die nicht durch den Hinweis auf eine in Beurteilerkonferenzen aufgestellte Rangreihe ersetzt werden kann (vgl.: Nds. OVG, Urt. v. 30.5.2007 - 5 LC 44/06 -, zitiert nach juris Langtext, Rn. 39).

Gemessen hieran hat der Kläger mit seinem Zulassungsvorbringen die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, das Gesamturteil des Zweitbeurteilers sei nunmehr hinreichend plausibel begründet, nicht schlüssig in Frage gestellt. Sein Einwand, allein der Hinweis in der Stellungnahme des Zweitbeurteilers vom 18. Juni 2001 auf die Beachtung eines strengen Maßstabes innerhalb der Vergleichsgruppe der Ämter A 11 in einem engen Richtwertrahmen stelle keine plausible Begründung für das niedrigere Gesamturteil dar, denn es sei davon auszugehen, dass er diesen Maßstab bereits bei der Bewertung der Einzelmerkmale angewandt habe, greift nicht durch. Es bestehen keine durchgreifenden Bedenken, dass der Zweitbeurteiler nicht nur bei der Bewertung der einzelnen Leistungsmerkmale, sondern darüber hinaus auch bei der Festlegung des Gesamturteils den sich aus der Vergleichsgruppe ergebenden Maßstab anlegt, wobei mit einer nachvollziehbaren und plausiblen Begründung auch ein von dem Gewicht der Bewertung der einzelnen Leistungsmerkmale abweichendes Gesamturteil gebildet werden kann.

Zweifel, dass entgegen den erstinstanzlichen Feststellungen die in diesem Fall zu stellenden Anforderungen an die Nachvollziehbarkeit der Begründung und Plausibilität des Gesamturteils nicht erfüllt sind, bestehen nicht. Der Zweitbeurteiler hat unter Ziffer 4 seiner Stellungnahme das Gesamturteil nicht allein mit Blick auf den strengen Maßstab der Vergleichsgruppe begründet. Er hat darüber hinaus dargelegt, dass andere in die Vergleichsgruppe einzubeziehende und mit der Wertungsstufe 4 beurteilte Hauptkommissare in Nuancen über einen längeren Zeitraum auf Basis ihrer Erfahrungen bessere Leistungen als der Kläger erbracht hätten und er bei gleich bleibenden Leistungen unter Beachtung der aufgezeigten Steigerungsmöglichkeiten in der nächsten Beurteilung eine höhere Wertungsstufe erreichen könne. Auch sei zu berücksichtigen, dass der Erstbeurteiler, der ein Gesamturteil der Wertungsstufe 4 vergeben habe, nur einen Beamten im Amt A 11 zu beurteilen gehabt habe, mithin ihm die Vergleichsgruppe und deren Einzelnoten nur eingeschränkt zu Verfügung gestanden hätten. Aus diesem Grunde bewerte er die Leistungsmerkmale 1.2 (Initiative) und 1.3.2 (Zusammenarbeit mit Vorgesetzten) als "noch" zur (vom Erstbeurteiler herangezogenen) Wertungsstufe (5 bzw. 4) gehörig. Außerdem sei dem Zweitbeurteiler aus Gesprächen mit anderen Zweitbeurteilern erkennbar geworden, dass der Kläger sein Leistungspotential weiter ausschöpfen könne und den Erfahrungsvorsprung anderer Polizeihauptkommissare alsbald kompensieren könne.

Mit dieser Begründung hat der Zweitbeurteiler sein Gesamturteil nachvollziehbar und plausibel begründet. Der Kläger fasst die Begründung des Zweitbeurteilers unzutreffend zusammen, wenn er meint, der Zweitbeurteiler habe seiner erst geringen Standzeit im Amt maßgebende Bedeutung beigemessen und die Aussage getroffen, dass er bei gleich bleibenden Leistungen in der nächsten Beurteilung (mit einer längeren Standzeit im Amt) eine höhere Leistungsstufe erreichen könne. Wie ausgeführt worden ist, hat der Zweitbeurteiler nicht die Standzeit des Klägers im Amt, sondern die in dieser Zeit erbrachten Leistungen als maßgebliche Grundlage für sein Gesamturteil bewertet. Hierfür spricht zum einen, dass der Zweitbeurteiler das Erreichen einer höheren Wertungsstufe nur dann in Aussicht gestellt hat, wenn der Kläger bei gleich bleibenden Leistungen die ihm in der Beurteilung aufgezeigten Steigerungsmöglichkeiten (insbesondere bei den Merkmalen Selbstständigkeit und Bürgerorientiertes Verhalten, s. Ziffern 1 und 2 der Stellungnahme) in Aussicht gestellt hat. Zum anderen folgt diese Einschätzung unzweifelhaft aus dem letzten Absatz seiner Stellungnahme, wonach dem Kläger bei Nutzung seines Potentials, geringerer Zurückhaltung aufgrund starker Loyalität zu Vorgesetzten und besserer Verdeutlichung seiner individuellen Leistungen höhere Leistungsstufen zu prognostizieren sind. Hiervon ist inhaltlich zutreffend auch das Verwaltungsgericht ausgegangen.

Der Hinweis des Klägers auf das Protokoll der Beurteilerkonferenz der PI C. betreffend die Regelbeurteilungen im gehobenen Dienst zum Stichtag 1. September 2002 für die statusrechtlichen Ämter A 9 bis A 12, wonach beschlossen worden sei, dass diejenigen Beamten, die sich noch nicht so lange im Statusamt A 11 befänden, unter Hinweis auf ihre geringe Diensterfahrung im statusrechtlichen Amt grundsätzlich in der Wertungsstufe 3 einzugruppieren seien, rechtfertigt ebenso wenig die Durchführung eines Berufungsverfahrens unter dem Gesichtspunkt der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Seine - des Klägers - Schlussfolgerung, es spreche eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass ebenso bereits im Hinblick auf die vorliegende Regelbeurteilung verfahren worden sei, was im Berufungsverfahren einer weiteren Überprüfung bedürfe, ist mit Blick auf die dargestellte nachvollziehbare und plausible, auf die Leistungen des Klägers abstellende Begründung des Zweitbeurteilers nicht in schlüssiger Weise dargelegt. Anhaltspunkte, dass der Zweitbeurteiler sich durch Vorgaben der Beurteilerkonferenz in unzulässiger Weise gebunden gefühlt hat, sind zudem nicht ersichtlich. Der Umstand, dass die Beurteilung bereits zweimal aufgehoben worden ist, einmal wegen Zweifel an der zugrunde gelegten Maßstabsbildung und sodann wegen unzureichender Plausibilität des Gesamturteils, lässt nicht als Indiz den Schluss auf eine unzulässige Beschränkung der Beurteilungskompetenzen zu.

Die aus diesem Grunde gleichzeitig vom Kläger geltend gemachten besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, die einer abschließenden Klärung im Berufungsverfahren bedürften, sind bereits nicht hinreichend dargelegt. Weder benennt er im Einzelnen besondere rechtliche Schwierigkeiten, die mit der Überprüfung der Beurteilung im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Kontrolldichte verbunden sind, noch kann in Bezug auf die entscheidungserheblichen Tatsachenfeststellungen dem Vorbringen des Klägers entnommen werden, inwieweit die Feststellung des der Beurteilung zugrunde liegenden Sachverhalts die Annahme besonderer, den Normalfall erheblich übersteigender tatsächlicher Schwierigkeiten rechtfertigt. Angesichts der vom Verwaltungsgericht zutreffend festgestellten Tatsachen, die nicht den Schluss auf eine unzulässige Bindung des Zweitbeurteilers durch die Beurteilerkonferenz zulassen, hat der Kläger nicht hinreichend dargelegt, dass es im Berufungsverfahren weitergehender Tatsachenfeststellungen insoweit bedarf.

Schließlich ist der Verdacht des Klägers, er habe nur deshalb wiederum die Wertungsstufe 3 erhalten, weil offenbar beruhend auf der im Tagungsprotokoll vom 31. Mai 2001 erwähnten Entscheidung unter Beteiligung des Direktors der Polizei die verbindliche Vorgabe bestanden habe, trotz anerkannter bzw. gerichtlich festgestellter Fehler der beiden früheren Beurteilungen zum gleichen Stichtag das Gesamtergebnis der Wertungsstufe 3 zu halten, nicht geeignet, die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zuzulassen. Das Verwaltungsgericht hat insoweit festgestellt, dass dem Absatz 2 des Protokolls zum Tagesordnungspunkt 4 nur zu entnehmen ist, dass für die gerichtlich verfügten Neubeurteilungen eine Veränderung des (strengen) Maßstabes nicht eintreten werde, woraus sich nicht zwingend schließen lasse, dass die bindende Vorgabe bestehe, die alten Wertungsstufen seien in jedem Einzelfall beizubehalten. Diese Auffassung begegnet ebenfalls keinen durchgreifenden Bedenken. Der von dem Kläger angeführte Protokollauszug ist im Zusammenhang mit dem vorangehenden Absatz zu sehen, wonach Polizeiamtmann D. mitgeteilt hat, dass u. a. von den 47 Verwaltungsgerichtsverfahren betreffend den gehobenen Dienst (Stichtag 1.6.1997) 31 Verfahren abgeschlossen sind. Soweit in diesen Verfahren die Behörde zur Aufhebung und Neuerstellung von Beurteilungen verurteilt worden sei, würden nach einer Entscheidung unter Beteiligung des DirPol keine Maßstabsveränderungen eintreten. Dies kann vor dem Hintergrund, dass die erstmalige Aufhebung der Beurteilung des Klägers zum Stichtag 1. Juni 1997 auf einer unzureichenden Maßstabsbildung beruhte, nur bedeuten, dass die aufgrund der Neubescheidungsverpflichtungen zu erstellenden Beurteilungen eine erneute Maßstabsveränderung nicht nach sich ziehen. Demgegenüber kann auch der Senat dieser Aussage einen darüber hinausgehenden Aussagegehalt, es solle auf jeden Fall bei dem jeweiligen Gesamturteil der durch das Verwaltungsgericht aufgehobenen Beurteilung verbleiben, nicht entnehmen. Darüber hinaus lässt die von dem Zweitbeurteiler in seiner Stellungnahme vom 18. Juni 2001 abgegebene Begründung keine Anhaltspunkte erkennen, dass er das Gesamturteil mit der Wertungsstufe 3 nur deshalb nicht geändert hat, weil er sich durch das Protokoll in unzulässiger Weise gebunden gefühlt hat.

Im Übrigen ist dem Vortrag des Klägers nicht mit der gebotenen Bestimmtheit zu entnehmen, ob er insofern auch den Zulassungsgrund der tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache geltend machen will, sodass es einer Auseinandersetzung hiermit nicht bedarf.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 72 Nr. 1, 1. HS. GKG, 15, 14 Abs. 3 und Abs. 1 Satz 1, 13 Abs. Abs. 1 Satz 2 GKG a. F..

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 72 Nr. 1., 1. HS. GKG, 25 Abs. 3 Satz 2 GKG a. F.).

Ende der Entscheidung

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