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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 24.01.2008
Aktenzeichen: 5 LA 406/03
Rechtsgebiete: VwGO, EZulV, GG


Vorschriften:

VwGO § 8 Abs. 2
VwGO § 113 Abs. 4
EZulV § 23 b
EZulV § 5 Abs. 2
GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 33 Abs. 5
Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten.
Gründe:

Der Kläger ist Führer eines Polizeiküstenbootes und wendet sich mit einem Antrag auf Zulassung der Berufung gegen die Abweisung seiner Klage, mit der er erstrebt, dass ihm - entgegen § 5 Abs. 2 der Erschwerniszulagenverordnung (EZulV) - eine Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten ungekürzt auch für solche Zeiträume gewährt wird, für die er Anspruch auf eine Bordzulage hat.

Die von der beklagten Behörde als Berichtigung angeregte Änderung des Rubrums dahingehend, dass nicht sie selbst, sondern die sie tragende Körperschaft als Beklagter zu führen sei, ist nicht vorzunehmen. Denn kraft seiner Dispositionsbefugnis über den Streitgegenstand hat der Kläger ausdrücklich die gerichtliche Aufhebung des Bescheides und des Widerspruchsbescheides begehrt, durch die sein Anliegen abgelehnt wurde. Damit ist ein Verwaltungsakt angefochten (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO), und die Klage gemäß den §§ 78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO; 8 Abs. 2 AG VwGO gegen die Landesbehörde zu richten, die den Ausgangsbescheid erlassen hat, wobei das Begehren nach einer daneben verlangten Leistung gemäß § 113 Abs. 4 VwGO dieser Behörde gegenüber mit verfolgt werden kann (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 30. 5. 2007 - 5 LC 44/06 -, Juris, Rn. 29 des Langtextes).

Der Zulassungsantrag des Klägers bleibt ohne Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 bzw. Nr. 3 VwGO), nicht hinreichend dargelegt sind (vgl. § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn auf Grund der Begründung des Zulassungsantrags und der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts gewichtige gegen die Richtigkeit der Entscheidung sprechende Gründe zutage treten, aus denen sich ergibt, dass ein Erfolg der erstrebten Berufung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg. Das ist der Fall, wenn ein tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, Beschl. v. 23. 6. 2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458 [1459]). Die Richtigkeitszweifel müssen sich allerdings auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (Nds. OVG, Beschl. v. 27. 3. 1997 - 12 M 1731/97-, NVwZ 1997, 1225 [1228]; Beschl. v. 23. 8. 2007 - 5 LA 123/06 -; BVerwG, Beschl. v. 10. 3. 2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, DVBl. 2004, 838 [839]). Um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils darzulegen, muss sich der Zulassungsantragsteller substanziell mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen (Happ, in: Eyermann, VwGO, Kommentar, 12. Aufl. 2006, Rn. 63 zu § 124a). Welche Anforderungen an Umfang und Dichte seiner Darlegung zu stellen sind, hängt deshalb auch von der Intensität ab, mit der die Entscheidung des Verwaltungsgerichts begründet worden ist (vgl. Happ, a. a. O., Rn. 64 zu § 124a, m. w. N.). Ist das angegriffene Urteil auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, müssen hinsichtlich aller dieser Begründungen Zulassungsgründe hinreichend dargelegt werden (Bader, in: Bader u. a., VwGO, 4. Aufl. 2007, Rn. 81 zu § 124a, m. w. N.). Den insoweit im vorliegenden Falle zu stellenden Anforderungen genügt die Begründung des Zulassungsantrages des Klägers nicht.

Ohne Erfolg rügt der Kläger sinngemäß, die Vorinstanz hätte davon ausgehen müssen, dass § 5 Abs. 2 EZulV seinen Anspruch auf amtsangemessene Alimentation verfassungswidrig einschränke.

Das Verwaltungsgericht hat verfassungsrechtliche Bedenken gegenüber der in § 5 Abs. 2 EZulV enthaltenen Regelung zum einen unter Hinweis auf den weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Konkretisierung der Verpflichtung zur angemessenen Alimentation der Beamten und auf die hierzu ergangene verfassungsgerichtliche Rechtsprechung verneint. Das zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) gehörende Alimentationsprinzip verpflichtet den Dienstherrn, den Beamten und seine Familie lebenslang angemessen zu alimentieren und ihm nach seinem Dienstrang, nach der mit seinem Amt verbundenen Verantwortung und nach Maßgabe der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Der Beamte muss über ein Nettoeinkommen verfügen, das seine rechtliche und wirtschaftliche Sicherheit gewährleistet und ihm über die Befriedigung der Grundbedürfnisse hinaus ein Minimum an Lebenskomfort ermöglicht. Hierbei hat der Besoldungsgesetzgeber zwar auch die Beanspruchung des Amtsinhabers zu berücksichtigen, es steht ihm aber bei der Konkretisierung der aus Art. 33 Abs. 5 GG resultierenden Pflichten ein weiter Gestaltungsspielraum zu (BVerfG, Beschl. v. 24. 9. 2007 - 2 BvR 1673/03 - u. a., DVBl. 2007, 1435 ff., zitiert nach Juris, Rn. 39 und 40 des Langtextes). Mit der Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten (§ 3 EZulV) wird der Beanspruchung des Amtsinhabers durch besondere Erschwernisse Rechnung getragen, die mit der Dienstzeitregelung verbunden sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 10. 2. 1983 - BVerwG 2 C 20.81 -, Buchholz 235 § 47 BBesG Nr. 1, zitiert nach Juris, Rn. 17 des Langtextes). Diese Zulage verbleibt dem Kläger auch bei Anwendung der beanstandeten Kürzungsregelung des § 5 Abs. 2 EZulV zur Hälfte, wobei ihm für den Zeitraum der Kürzung die Bordzulage (23b EZulV) als weitere Erschwerniszulage zusteht. Es ist mit dem Zulassungsantrag nicht hinreichend dargelegt, dass trotz der zu den übrigen Dienstbezügen hinzutretenden Summe aus einer hälftigen und einer vollen Erschwerniszulage die besondere Beanspruchung des Klägers in ungünstigen Zeiten, zu denen er Dienst an Bord eines in Dienst gestellten seegehenden Schiffes zu leisten hat, besoldungsrechtlich so wenig berücksichtigt sei, dass der weite gesetzgeberische Gestaltungsspielraum als überschritten angesehen werden müsse. Insbesondere ist nicht dargetan, dass der Kläger infolge der beanstandeten Kürzung über kein seinem Amte angemessenes Nettoeinkommen mehr verfüge, welches seine rechtliche und wirtschaftliche Sicherheit gewährleiste und ihm über die Befriedigung der Grundbedürfnisse hinaus ein Minimum an Lebenskomfort ermögliche.

Das Verwaltungsgericht hat einen Verstoß des § 5 Abs. 2 EZulV gegen das Gebot amts-angemessener Alimentation zum anderen mit dem Argument verneint, es sei nicht ersichtlich, dass der Kläger im Vergleich mit einem zu Lande tätigen Polizeibeamten des Einsatz- und Streifendienstes nicht angemessen besoldet werde, zumal er tatsächlich mit der Bordzulage und der um die Hälfte gekürzten Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten in der Regel höhere Erschwerniszulagen bekomme, als ein Kollege, der seine Tätigkeit an Land ausübe. Hiergegen wendet sich der Kläger zwar mit dem Einwand, die Annahme des Verwaltungsgerichts sei "tatsächlich unrichtig", weil Beamte "im Wachdienst an Land" stets besser besoldet seien, da sie neben der Zulage für ihren Dienst zu ungünstigen Zeiten eine Wechselschichtzulage (§ 20 EZulVO) erhielten. Diese Argumentation lässt aber eine mangelnde Auseinandersetzung mit der erstinstanzlichen Entscheidung erkennen. Das Verwaltungsgericht hat seine angegriffene Feststellung nämlich ersichtlich auf einen Vergleich allein zwischen einerseits der Summe aus der Bordzulage und der hälftig gekürzter Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten und andererseits einer ungekürzten Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten bezogen. Es sind keine genügenden Anhaltspunkte dafür aufgezeigt, dass seine unter diesem Blickwinkel getroffene Feststellung tatsächlich unrichtig sein könnte. Vielmehr findet sie sogar im Zulassungsvorbringen des Klägers eine Bestätigung. Dieser macht nämlich selber geltend, dass in seinem Falle der Zustand erreicht sei, dass die Bordzulage durch die Kürzung der Zulage für den Dienst zu ungünstigen Zeiten "nahezu" aufgezehrt werde. Wird aber die Bordzulage nur "nahezu" aufgezehrt, so muss noch ein Betrag übrig bleiben, um den die Summe aus der gemäß § 5 Abs. 2 EZulV hälftig gekürzten Zulage und der Bordzulage die ungekürzte Zulage nach § 3 EZulV überschreitet, die ein Beamter erhält, der in entsprechendem Umfang an Land Dienst zu ungünstigen Zeiten verrichten muss. Die Richtigkeit der richterlichen Tatsachenfeststellung wird daher mit dem Zulassungsantrag nicht schlüssig in Zweifel gezogen.

Selbst wenn man aber das Zulassungsvorbringen des Klägers dahin verstünde, dass nicht die Unrichtigkeit der richterlichen Tatsachenfeststellung, sondern stattdessen geltend gemacht werden soll, die Vorinstanz habe den Rahmen ihrer vergleichenden Betrachtung zu eng gezogen, ist die Begründung des Zulassungsantrages unzureichend. Denn das Verwaltungsgericht hätte die Wechselschichtzulage allenfalls dann in seine Überlegungen einbeziehen müssen, wenn sich der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit denselben Erschwernissen ausgesetzt sähe, für die diese Zulage gewährt wird, und er sie etwa nur im Hinblick auf die Ausschlussregelung des § 20 Abs. 3 Satz 3 EZulV neben der Bordzulage nicht erhalten könnte. Hierzu fehlt es jedoch an entsprechenden Darlegungen.

Soweit der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass § 5 Abs. 2 EZulV gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verstoße, weil ihm vergleichbare Beamte an Land für entsprechende Zeiträumen der Dienstausübung zu ungünstigen Zeiten höhere Bezüge erhielten, ist Letzteres aus denselben Gründen nicht schlüssig dargelegt, aus denen bereits der Angriff auf die entgegenstehende Feststellung des Verwaltungsgerichts erfolglos bleiben muss. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung den Rechtssatz aufgestellt, dass Vorschriften über die Gewährung und Abgrenzung von Zulagen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG nur dann verletzten, wenn sie "evident sachwidrig" seien. Der Kläger setzt sich jedoch insoweit mit den Entscheidungsgründen der Vorinstanz nicht auseinander und rügt weder, dass dieser Rechtssatz unrichtig sei, noch legt er im Einzelnen dar, weshalb die seines Erachtens wohl gegebene Sachwidrigkeit des § 5 Abs. 2 EZulV "evident" sein soll. Eine Ungleichbehandlung gegenüber Bootsführern im Dienst der Bundespolizei hat der Kläger im Übrigen schon deshalb nicht schlüssig dargelegt, weil er selbst einräumt, dass diese ihre Zulagen nach denselben Vorschriften wie er selbst erhielten, sodass sich der Umstand, dass er im Ergebnis weniger Zulagen für Dienst zu ungünstigen Zeiten als sie bekommen mag, nicht nur daraus ergibt, sondern auch dadurch rechtfertigt, dass er infolge seltenerer mehrtägiger Streifenfahrten weniger Dienst zu ungünstigen Zeiten leisten muss.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn sie eine grundsätzliche, fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, die im allgemeinen Interesse der Klärung bedarf. Das ist nur dann zu bejahen, wenn die Klärung der Frage durch die im erstrebten Berufungsverfahren zu erwartende Entscheidung zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder für eine bedeutsame Fortentwicklung des Rechts geboten erscheint (Nds. OVG, Beschl. v. 9. 10. 2007 - 5 LA 237/05 -). An der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage fehlt es, wenn sie sich unschwer aus dem Gesetz oder auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung beantworten lässt (Hess. VGH, Beschl. v. 22. 10. 2002 - 8 UZ 179/01 -, NVwZ 2003, 1525 [1526], m. w. N.). Um die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO darzulegen, hat der Zulassungsantragsteller die für fallübergreifend gehaltene Frage zu formulieren (Nds. OVG, Beschl. v. 9. 10. 2007 - 5 LA 237/05 -; Happ, in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl. 2006, Rn. 72 zu § 124a) sowie näher zu begründen, weshalb sie eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat und ein allgemeines Interesse an ihrer Klärung besteht. Darzustellen ist weiter, dass sie entscheidungserheblich ist und ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten steht (Meyer-Ladewig/Rudisile, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: Februar 2007, Rn. 103 und 104 zu § 124a).

Dem Zulassungsantrag des Klägers fehlt es bereits an der Formulierung einer für fallübergreifend gehaltenen Rechts- oder Tatsachenfrage.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung fußt auf den §§ 72 Nr. 1 GKG; 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG a. F.. Sie orientiert sich an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Streitigkeiten, die einen sogenannten Teilstatus betreffen (BVerwG, Beschl. v. 13. 9. 1999 - BVerwG 2 B 53.99 -, NVwZ-RR 2000, 188 [189]). Zwar lässt sich der maßgebliche Zweijahresbetrag dieses Teilstatus nach dem Sach- und Streitstand im vorliegenden Falle nur annäherungsweise bestimmen, weil aus den Akten (Schriftsatz des Beklagten vom 20. 10. 2003., Bl. 53 der Gerichtsakte) lediglich der Betrag von 1.301,69 EUR bekannt ist, der dem Kläger unter der Gültigkeit der Kürzungsregelung in der Zeit vom 1. Juli 1998 bis zum 15. Juli 2002 an Zulagen für Dienst zu ungünstigen Zeiten gezahlt wurde. Dieser Anhaltspunkt reicht indessen aus, um den Streitwert in Höhe von rund 2/3 des genannten Betrages für das Zulassungsverfahren auf 870 EUR festzusetzen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO; § 72 Nr. 1 GKG; 25 Abs. 3 Satz 2 GKG a. F.).

Ende der Entscheidung

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