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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 24.09.2002
Aktenzeichen: 5 LC 70/02
Rechtsgebiete: HRG, NHG, NBG


Vorschriften:

HRG § 76 II
NHG § 153 I
NHG § 153 II
NBG § 205 I
Bei Inkrafttreten des Niedersächsischen Hochschulgesetzes (1.10.1978) vorhandene Professoren haben ein Wahlrecht zwischen Emeritierung kraft Gesetzes mit Vollendung des 68. Lebensjahres oder auf Antrag zu einem bestimmten Zeitpunkt zwischen der Vollendung des 65. und 68. Lebensjahres emeritiert zu werden oder in den Ruhestand zu treten
Gründe:

I.

Der am G. 1934 geborene Kläger wurde 1973 unter Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit zum ordentlichen Professor an der H. Hochschule I. ernannt. Gleichzeitig wurde ihm der ordentliche Lehrstuhl für J. verliehen.

Mit Schreiben vom 29. Oktober 1997 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er zum Kreis derjenigen Universitätsprofessoren gehöre, denen das Recht zur Emeritierung zustehe. Die Emeritierung sei auf Antrag frühestens mit Ablauf des Semesters möglich, in dem der Kläger das 65. Lebensjahr vollende. Mit Ablauf des Semesters, in dem der Kläger das 68. Lebensjahr vollende, erfolge die Emeritierung kraft Gesetzes. Der Kläger habe auch das Recht, sich mit Ablauf des Semesters, in dem er das 65. Lebensjahr vollende, pensionieren zu lassen. Hierzu bedürfe es eines Antrages, der nur gestellt werden könne, solange der Kläger nicht entpflichtet sei (§ 76 Abs. 2 HRG).

Mit Schreiben vom 9. August 2000 stellte der Kläger, der zu diesem Zeitpunkt bereits das 65. Lebensjahr vollendet hatte, vorsorglich gemäß § 153 NHG a.F. den Antrag, bei Erreichen der Emeritierungs-Altersgrenze von der Entpflichtung keinen Gebrauch machen zu müssen, sondern pensioniert zu werden. Mit Bescheid vom 6. September 2000 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass seinen Anträgen nicht entsprochen werden könne, und führte zur Begründung aus: Das Recht der am Tage vor Inkrafttreten des Niedersächsischen Hochschulgesetzes (1978) vorhandenen ordentlichen und außerordentlichen Professoren auf Entpflichtung habe mit der Besitzstandsklausel in § 153 NHG über den 1. Oktober 1978 hinaus für diesen Personenkreis erhalten bleiben sollen. Vor Inkrafttreten des Niedersächsischen Hochschulgesetzes erworbene Rechte hätten also erhalten bleiben, nicht aber erweitert werden sollen. Würde man der Auffassung des Klägers folgen, so käme dies einer Rechtserweiterung gleich, weil eine aktive Beamtentätigkeit über das 65. Lebensjahr hinaus stets nur im Falle einer Emeritierung möglich sei. Im Falle einer Pensionierung gelte demgegenüber die allgemeine Altersgrenze von 65 Jahren. Eine Pensionierung mit 68 Jahren sei dem Beamtenrecht - abgesehen von den Fällen des Hinausschiebens eines Ruhestandsbeginns - fremd. Eine solche Möglichkeit habe der Gesetzgeber in § 153 NHG und § 76 HRG deshalb nicht zusätzlich eröffnen wollen. Die von dem Kläger vertretene Auffassung führe dazu, dass auch nach dem 65. Lebensjahr noch ruhegehaltfähige Dienstzeiten, die zu einer Erhöhung der Pensionsbezüge beitragen könnten, abgeleistet würden. Das sei von dem Gesetzgeber nicht gewollt gewesen. § 76 Abs. 2 HRG sei nur dahin zu verstehen, dass ein Professor, der sich auf Antrag mit Vollendung des 65. Lebensjahres habe entpflichten lassen, nicht nachträglich noch die Umwandlung seiner Entpflichtung in eine Pensionierung verlangen könne. Mit der Vorschrift könne nicht gewollt sein, einem Professor bis zur Erreichung der Emeritierungs-Altersgrenze von 68 Jahren zu ermöglichen, sich pensionieren zu lassen. Die Drei-Monats-Frist vor Erreichen der Altersgrenze, von der in § 153 NHG a.F. die Rede sei, könne demgemäß nur im Sinne von drei Monaten vor Erreichen des 65. Lebensjahres verstanden werden. Eine Wiedereinsetzung in die Antragsfrist müsse abgelehnt werden, weil der Kläger die Versäumung dieser Frist zu vertreten habe. In seinem Schreiben vom 11. Januar 1998 an das Niedersächsische Landesamt für Bezüge und Versorgung habe er ausdrücklich bestätigt, dass er die Belehrung in dem Schreiben vom 29. Oktober 1997 verstanden habe und von einer Pensionierung mit Vollendung des 65. Lebensjahres ausgegangen sei.

Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers, mit dem er geltend machte, dass der emeritierungsberechtigte, aber noch nicht entpflichtete Professor den Antrag auf Pensionierung auch noch nach der sonst für die Versetzung in den Ruhestand bestimmten Altersgrenze des 65. Lebensjahres wirksam stellen könne, wies die Beklagte mit Bescheid vom 15. Februar 2001 als unbegründet zurück.

Mit seiner am 28. Februar 2001 erhobenen Klage hat der Kläger an seiner Auffassung festgehalten, dass der Antrag auf Pensionierung auch noch nach Vollendung des 65. Lebensjahres gestellt werden könne. Nach § 76 Abs. 2 HRG trete auf Antrag des Professors an die Stelle der Entpflichtung der Ruhestand. Diese Rechtsfolge knüpfe § 76 HRG allein an die Voraussetzung, dass der Antrag vor der Entpflichtung gestellt werde. Da er, der Kläger, bisher noch nicht entpflichtet sei, könne er folglich den Antrag auf Pensionierung noch wirksam stellen. Weder aus dem Wortlaut noch aus der Entstehungsgeschichte und dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 76 Abs. 2 HRG ergebe sich, dass der Antrag bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres gestellt werden müsse. Zwar gelte für die Pensionierung gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 BRRG grundsätzlich eine Altersgrenze von 65 Jahren. Diese Altersgrenze gelte gemäß § 105 BRRG und § 49 HRG auch für Professoren, soweit nicht das Hochschulrahmengesetz etwas anderes bestimme. Eine derartige anderweitige Bestimmung stelle § 76 HRG dar, mit dem für eine Übergangszeit für beamtete Professoren eine Ausnahme von der grundsätzlichen Pensionierungs-Altersgrenze von 65 Jahren geschaffen worden sei. Mit § 76 HRG habe für emeritierungsberechtigte Professoren ein Wahlrecht zwischen Emeritierung und Pensionierung geschaffen werden sollen. Die vor Inkrafttreten des Hochschulrahmengesetzes erworbenen Rechte der Professoren seien daher nicht nur erhalten geblieben, sondern erweitert worden. Müssten sich die emeritierungsberechtigten Professoren bereits mit Vollendung des 65. Lebensjahres definitiv für eine Pensionierung entscheiden, würde ihnen im Falle einer Entscheidung für die Pensionierung die bisher eingeräumte Möglichkeit, bis zur Vollendung des 68. Lebensjahres aktiv zu sein, genommen. Die von der Beklagten vertretene Auffassung würde dazu führen, dass Professoren, die bei Inkrafttreten des Hochschulrahmengesetzes von 1976 bzw. des Niedersächsischen Hochschulgesetzes von 1978 das 65. Lebensjahr bereits vollendet hätten, von dem Recht, statt der Emeritierung die Pensionierung zu wählen, keinen Gebrauch machen könnten, was der Gesetzgeber nicht gewollt haben könne. Die in § 153 Abs. 1 Satz 3 NHG a.F. genannte Drei-Monats-Frist sei nicht versäumt worden. Dort sei lediglich von einer Drei-Monats-Frist vor Erreichen der Altersgrenze die Rede. Der systematische Zusammenhang spreche dafür, dass diese Frist im Sinne von drei Monaten vor Erreichen der Emeritierungs-Altersgrenze verstanden werden müsse. Das sei in seinem Falle die Vollendung des 68. Lebensjahres. Die Regelungen in § 153 Abs. 1 NHG a.F. behandelten Fragen der Besitzstandswahrung, also Regelungen über die Erhaltung des Rechts auf Emeritierung. Von Pensionierung sei dort nicht die Rede. Deshalb könne der in § 153 Abs. 1 Satz 3 NHG a.F. verwendete Begriff der Altersgrenze nicht auf einmal in einem anderen Sinne verstanden werden. Aus den bundesrahmenrechtlichen Vorschriften des § 76 Abs. 2 Satz 2 HRG ergebe sich, dass er, der Kläger, seinen Pensionierungsantrag fristgerecht bis zur Vollendung des 68. Lebensjahres stellen könne. Selbst wenn man der Auffassung der Beklagten folge, dass ein Antrag auf Pensionierung gemäß § 153 NHG a.F. bis drei Monate vor Erreichen des 65. Lebensjahres gestellt werden müsste, so wäre dies unbeachtlich, weil gemäß Art. 31 GG die bundesrechtliche Regelung in § 76 Abs. 2 HRG der landesrechtlichen Regelung vorgehe.

Der Kläger hat beantragt,

die Bescheide der Beklagten vom 6. September 2000 und vom 15. Februar 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, seinem Antrag, bei Erreichen der Emeritierungs-Altersgrenze pensioniert zu werden, stattzugeben,

hilfsweise,

festzustellen, dass er auch mit 68 Jahren pensioniert werden kann und dass diese Pensionierungsmöglichkeit nicht dadurch verwirkt ist, dass ein Antrag auf Pensionierung nicht drei Monate vor Vollendung des 65. Lebensjahrs gestellt wurde.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat entgegnet: Das Hochschulrahmengesetz von 1976 und das Niedersächsische Hochschulgesetz von 1978 hätten das Emeritierungsrecht für Professoren beseitigt. Ordentliche und außerordentliche Professoren hätten bis dahin gemäß § 205 NBG eine von den Beamten im Übrigen abweichende Altersgrenzenregelung von 68 Jahren gehabt. Durch die Besitzstandsklausel in § 153 NHG a.F. hätten die am 1. Oktober 1978 in Niedersachsen vorhandenen ordentlichen und außerordentlichen Professoren das Recht behalten sollen, mit 68 oder (auf Antrag schon) mit 65 Jahren emeritiert zu werden. Ein Professor, der von seinem Emeritierungsrecht keinen Gebrauch machen wolle, solle dies ausdrücklich dem Minister kundtun. Im Falle des Verzichts auf das Emeritierungsrecht gelte die für Pensionierungen von Beamten vorgesehene Altersgrenze von 65 Jahren. Vor diesem Hintergrund könne der Auslegung des Klägers, die Erklärung über den Verzicht auf Emeritierung und der Pensionierungsantrag könnten noch bis zum 68. Lebensjahr erfolgen, weil die Entpflichtung kraft Gesetzes mit Vollendung des 68. Lebensjahres eintrete, nicht gefolgt werden. Dasselbe gelte für die Auslegung des Klägers, mit § 76 HRG sei für eine Übergangszeit für beamtete Professoren eine Ausnahme von der grundsätzlichen Pensionierungsaltersgrenze von 65 Jahren geschaffen worden. Eine Besitzstandswahrung begründe nicht neue Ausnahmeregelungen und könne Rechte nicht erweitern, sondern nur erhalten. Eine Pensionierung mit 68 Jahren sei dem Beamtenrecht mit Ausnahme der Sonderregelung des § 52 NBG fremd. Auch die von dem Kläger behauptete Divergenz zwischen § 76 HRG und § 153 NHG a.F. bestehe nicht. § 76 Abs. 2 HRG wolle verhindern, dass ein Pensionierungsantrag noch gestellt werden könne, wenn der Professor bereits entpflichtet sei. Der niedersächsische Gesetzgeber habe mit der Drei-Monats-Frist in § 153 NHG a.F. den in § 76 HRG vorgegebenen Rahmen in zulässiger Weise ausgefüllt und von seinem Recht Gebrauch gemacht, in Form der Fristenregelung eine zusätzliche Antragsfrist aufzunehmen. Hierüber sei der Kläger in dem Schreiben der Hochschule vom 29. Oktober 1997 belehrt worden. Ein Grund für die Wiedereinsetzung in die Antragsfrist bestehe deshalb nicht.

Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 1. März 2002 die Beklagte verpflichtet, dem Antrag des Klägers, bei Erreichen der Emeritierungs-Altersgrenze pensioniert zu werden, zu entsprechen, und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Schon nach dem Wortlaut des § 153 Abs. 1 Satz 1 a.F. NHG, welcher der Regelung in § 76 Abs. 1 HRG entspreche, könne der Kläger beanspruchen, auf seinen Antrag bei Erreichen der Emeritierungsgrenze von 68 Jahren pensioniert zu werden. Gemäß § 153 Abs. 1 Satz 3 NHG a.F. habe ein Professor, der von seinem Recht auf Entpflichtung keinen Gebrauch machen wolle, spätestens drei Monate vor Erreichen der Altersgrenze einen entsprechenden Antrag zu stellen. Der enge Regelungszusammenhang zwischen "Entpflichtung" und "Altersgrenze" sei nur dahin zu verstehen, dass die von der Besitzstandsregelung in § 153 Abs. 1 Satz 1 NHG a.F. geschützte Altersgrenze für Professoren von 68 Jahren (§ 205 Abs. 1 Satz 1 NBG in der Fassung v. 18.03.1974, GVBl S. 147) gemeint sei. Der Umstand, dass es neben der normalen Altersgrenzenregelung für Professoren von 68 Jahren nach § 205 Abs. 1 Satz 3 NBG auch das Recht gegeben habe, auf Antrag ohne Nachweis der Dienstunfähigkeit bereits mit Vollendung des 65. Lebensjahres entpflichtet zu werden, rechtfertige nicht ein anderes Ergebnis. Ohne einen klarstellenden Hinweis des Gesetzgebers wäre es nicht verständlich, warum der Gesetzgeber in § 153 Abs. 1 NHG a.F. im Rahmen einer Besitzstandsregelung nicht von der normalen Altersgrenze von 68 Jahren, sondern von der ausnahmsweise eröffneten Möglichkeit der Emeritierung mit 65 Jahren habe ausgehen wollen. Für die nach § 153 Abs. 1 Satz 1 NHG a.F. eröffnete Möglichkeit der Pensionierung von Professoren mit Erreichen der Altersgrenze von 68 Jahren spreche auch der Wortlaut des § 76 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz HRG, dem § 153 Abs. 1 Satz 1 NHG a.F. nachgebildet sei. Auch hiernach könne der Antrag auf Pensionierung von noch nicht entpflichteten Professoren bis zum Erreichen der Altersgrenze gestellt werden (§ 76 Abs. 2 Satz 1 HRG). Von emeritierungsberechtigten, aber noch nicht entpflichteten Professoren könne der Antrag mithin auch noch nach der sonst für den Eintritt in den Ruhestand bestimmten Altersgrenze des 65. Lebensjahres wirksam gestellt werden.

Gegen dieses ihr am 15. März 2002 zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer am 10. April 2002 eingelegten Berufung, die sie am 13. Mai 2002 wie folgt begründet hat: Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht seine Entscheidung, ein Professor könne auch noch nach Vollendung des 65. Lebensjahres pensioniert werden, auf die in § 153 Abs. 2 Satz 1 und 2 NHG a.F. getroffene Gesetzesregelung gestützt, welche abgestufte Rechtsfolgen für Professoren im 65., 66. und 67. Lebensjahr getroffen und damit die Möglichkeit des Eintritts in den Ruhestand auch noch nach Vollendung des 65. Lebensjahres ausdrücklich offengehalten habe. Hierbei habe das Verwaltungsgericht übersehen, dass es sich nur um eine Übergangsregelung für Professoren gehandelt habe, die - ausgehend von der bisherigen Altersgrenze (68. Lebensjahr) - im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes noch nicht emeritiert gewesen seien, aber die neue Altersgrenze (von 65 Jahren) bereits erreicht gehabt hätten. Diese Absicht gehe deutlich aus einem Bericht des Innenministeriums zum damaligen Referentenentwurf eines Niedersächsischen Hochschulgesetzes vom 30. November 1976 hervor. Die stufenweise Übergangsvorschrift in § 153 Abs. 2 NHG a.F. habe zur Gewährleistung des durch § 76 Abs. 2 HRG vorgeschriebenen Wahlrechts nur für diejenigen Professoren gegolten, die bei Inkrafttreten des NHG im Jahre 1978 das 65. Lebensjahr bereits vollendet gehabt hätten. Konsequenterweise sei die Stufenregelung des § 153 Abs. 2 NHG a.F. durch das Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Hochschulgesetzes vom 1. Dezember 1978 (GVBl S. 801) wieder gestrichen worden. Schon allein die Tatsache, dass die vom Kläger in Anspruch genommene Vorschrift des § 153 NHG a.F. mit "Besitzstandswahrung" überschrieben sei, spreche gegen die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Wertung, mit dieser Vorschrift sei die Altersgrenze von 68 Jahren geschützt worden. Über den gewollten Charakter der Wahrung des Besitzstandes hinaus wäre dann nämlich eine neue Möglichkeit eröffnet worden. Nach altem Recht habe für den emeritierungsberechtigten Personenkreis nie die Möglichkeit der Versetzung oder des Eintritts in den Ruhestand bestanden. Besitzstandswahrung könne sich daher nur auf eine Wahlmöglichkeit zu Gunsten des Ruhestandes bis zu dem Zeitpunkt beziehen, zu dem der Eintritt in den Ruhestand üblicherweise erfolgen würde.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt ergänzend vor: Mit dem Begriff der Altersgrenze in § 153 Abs. 1 Satz 1 NHG a.F. sei die Altersgrenze der Entpflichtung nach bisherigem Recht gemeint. Eine Besitzstandsregelung gehe von den Begrifflichkeiten und Rechtsansprüchen im Zeitpunkt der Änderung des Gesetzes aus, nicht aber von der zukünftigen Norm. Es solle nämlich gerade geregelt werden, welche der bisherigen Rechte bestehen bleiben sollen. Bestehen geblieben sei das Recht der (wenigen) "Altprofessoren", bis zum Erreichen des 68. Lebensjahres weiterhin aktiv zu bleiben. Dieses Recht habe nicht verkürzt werden sollen. Andererseits habe jedem der wahlberechtigten Professoren auch die Möglichkeit der Pensionierung entweder zum 65. oder 68. Lebensjahr eingeräumt werden sollen. Die Gesetzesmaterialien im Ausschuss und parlamentarischen Verfahren gäben keine Handhabe dafür, dass der Wortlaut anders ausgelegt werden müsse. Interne Vermerke aus den Ministerien gehörten nicht zu den beweistauglichen Dokumenten. Die Gesetzesgeschichte und die sich darin ausdrückende gesetzgeberische Absicht könnten nur dann berücksichtigt werden, wenn sie im parlamentarischen Raum, belegt durch Parlamentsdrucksachen, Gegenstand der Willensbildung geworden seien. Das sei hier jedoch nicht geschehen. Angesichts des klaren Wortlautes des Gesetzes spreche vielmehr die Vermutung eher dafür, dass der Landtag sich die Überlegungen des Ministeriums nicht zu eigen gemacht habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf ihre in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Beiakten A bis G) Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist rechtzeitig eingelegt und begründet worden und auch im Übrigen zulässig.

Sie ist aber nicht begründet.

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass dem Kläger ein Anspruch, mit Erreichen der Emeritierungs-Altersgrenze pensioniert zu werden, zusteht.

Für das mit seiner Klage geltend gemachte Begehren des Klägers, mit Vollendung des 68. Lebensjahres in den Ruhestand zu treten, stellt § 153 des Niedersächsischen Hochschulgesetzes - NHG - vom 1. Juni 1978 (GVBl S. 473), das gemäß § 177 NHG am 1. Oktober 1978 in Kraft getreten ist, in der Fassung des Gesetzes vom 1. Dezember 1978 (GVBl S. 801) eine tragfähige Rechtsgrundlage dar. Diese Vorschrift lautet:

"Besitzstandswahrung

(1) Das Recht der am Tage vor Inkrafttreten dieses Gesetzes vorhandenen ordentlichen und außerordentlichen Professoren, gemäß § 205 Abs. 1 des Niedersächsischen Beamtengesetzes in der bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung entpflichtet zu werden, bleibt unberührt. Die Entpflichtung wegen Erreichens der Altersgrenze wird mit dem Ende des Monats wirksam, in dem das laufende Semester endet; der Entpflichtete führt seine bisherige Amtsbezeichnung mit dem Zusatz "emeritiert (em.)" fort. Will ein Professor von seinem Recht auf Entpflichtung keinen Gebrauch machen, so hat er spätestens drei Monate vor Erreichen der Altersgrenze beim Minister einen entsprechenden Antrag zu stellen. Hat ein Professor einen entsprechenden Antrag gestellt, so tritt er mit dem Ende des Monats in den Ruhestand, in dem das laufende Semester endet....

Durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Hochschulgesetzes vom 10. April 1989 (GVBl S. 85) wurde § 153 NHG gestrichen (Art. I Nr. 108 des Gesetzes). Gemäß Art. II Abs. 9 des Gesetzes vom 10. April 1989 findet jedoch für Beamte und Angestellte, die am 30. September 1978 vorhanden waren und sich bei Inkrafttreten dieses Gesetzes ohne Unterbrechung in dem gleichen Dienstverhältnis befinden, § 153 NHG weiter Anwendung.

§ 205 Abs. 1 NBG in der bis zum 30. September 1978 geltenden Fassung lautet:

"Altersgrenze, Entpflichtung

Für die ordentlichen und außerordentlichen Professoren ist das vollendete achtundsechzigste Lebensjahr die Altersgrenze. Sie treten mit Erreichen der Altersgrenze nicht in den Ruhestand, sondern sind von ihren amtlichen Verpflichtungen entbunden (Entpflichtung). Die ordentlichen und außerordentlichen Professoren können auf ihren Antrag ohne Nachweis der Dienstunfähigkeit entpflichtet werden, wenn sie das fünfundsechzigste Lebensjahr vollendet haben.

Die dargestellten Gesetzesänderungen erfolgten vor dem Hintergrund der Regelungen des Hochschulrahmengesetzes vom 26. Januar 1976 (BGBl I S. 185) - HRG -, in denen für beamtete Professoren das (Sonder-) Recht auf Entpflichtung nicht mehr vorgesehen war, sondern der Ruhestand. Entpflichtete Professoren sind weiter Beamte. Ihr Beamtenverhältnis endet erst mit dem Tode. Sie erhalten keine Versorgungsbezüge, sondern eine Besoldung, die um die Kolleggeldgarantie gekürzt ist (vgl. Thieme, Deutsches Hochschulrecht, 2. Aufl. 1986, RdNr. 477). Dagegen endet durch den Eintritt in den Ruhestand das Beamtenverhältnis; Ruhestandsbeamte erhalten Versorgungsbezüge.

Aus den erwähnten Gesetzesbestimmungen ergibt sich, dass dem Kläger ein Wahlrecht eingeräumt ist zwischen Emeritierung und Pensionierung. Kraft der Regelung des § 153 Abs. 1 NHG über die Besitzstandswahrung besteht für am 30. September 1978 vorhandene ordentliche Professoren - zu diesem Personenkreis gehört der Kläger - das Recht fort, kraft Gesetzes mit 68 Jahren und auf Antrag entpflichtet zu werden, wenn sie das 65. Lebensjahr vollendet haben. Sie können aber auch noch bis drei Monate vor Erreichen der Altersgrenze beantragen, von diesem Recht keinen Gebrauch zu machen mit der Folge des Eintritts in den Ruhestand (Satz 3 des § 153 Abs. 1 NHG). Unter "Altersgrenze" ist diejenige zu verstehen, von der in den vorangegangenen Sätzen die Rede ist. Das ist - wie sich aus der Bezugnahme auf § 205 Abs. 1 NBG ergibt - das vollendete 68. Lebensjahr.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist es ausgeschlossen, dem Begriff der Altersgrenze, der in § 153 Abs. 1 NHG in Satz 3 verwandt wird, eine andere Bedeutung beizumessen als in den Sätzen 1 und 2 dieser Vorschrift. In § 205 Abs. 1 NGB ist die Altersgrenze mit dem vollendeten 68. Lebensjahr festgesetzt. Ohne eine besondere Regelung, die nicht vorhanden ist, kann für die "Altersgrenze" in Satz 3 des § 153 Abs. 1 NHG nicht abweichend von den Sätzen 1 und 2 dieser Vorschrift die Vollendung des 65. Lebensjahres angenommen werden, wie es die Beklagte für geboten hält.

Der Wortlaut - hiervon geht auch die Beklagte aus - ermöglicht eine solche Auslegung nicht. Denn aus der von dem Gesetzgeber gewählten Formulierung des § 153 Abs. 1 NHG lassen sich keine Anhaltspunkte dafür herleiten, dass der einheitlich verwandte Begriff "Altersgrenze" in Satz 3 der Vorschrift eine andere Bedeutung hat als in den Sätzen 1 und 2 dieser Norm. Dem Wortlaut nach kann also bis spätestens drei Monate vor Erreichen der Altersgrenze (Vollendung des 68. Lebensjahres) beantragt werden, von dem Recht auf Entpflichtung keinen Gebrauch zu machen; ein solcher Antrag führt dazu, dass der Betreffende mit Ende des Monats in den Ruhestand tritt, in dem das laufende Semester endet.

Dies führt zwar - wie die Beklagte zutreffend ausführt - dazu, dass der Betroffene mit einer sonst nur für die Entpflichtung, nicht aber für den Eintritt in den Ruhestand vorgesehenen Altersgrenze zwischen 65 und 68 Jahren in den Ruhestand tritt. Dieser Umstand rechtfertigt aber nicht eine andere Auslegung. Denn sowohl die Entstehungsgeschichte, die Gesetzessystematik als auch der Sinn und Zweck der Besitzstandsregelung rechtfertigen eine Abweichung von dem dargestellten Wortlaut nicht.

§ 153 Abs. 1 Satz 1 NGH hatte in der ursprünglichen Fassung vom 1. Juni 1978 (GVBl. S. 473) folgende Fassung:

Das Recht der am Tage vor Inkrafttreten dieses Gesetzes vorhandenen ordentlichen und außerordentlichen Professoren, gemäß § 205 Abs. 1 Satz 2 des Niedersächsischen Beamtengesetzes in der bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung nach Erreichen der Altersgrenze entpflichtet zu werden, bleibt unberührt.

Mit dieser Regelung war, weil die Vorschrift des § 205 Abs. 1 Satz 1 NGB über die besondere Altersgrenze für Professoren nicht in Bezug genommen war, in Niedersachsen das Emeritierungsalter zunächst auf das 65. Lebensjahr herabgesetzt (vgl.: Mußgnug, Herabsetzung des Emeritierungsalters, MittHV 1984, 206). Dieser Rechtszustand wurde durch die durch das Gesetz vom 1. Dezember 1978 erfolgte Streichung der Wortfolgen "Satz 2" und "nach Erreichen der Altersgrenze" in § 153 Abs. 1 Satz 1 NHG wieder beseitigt und durch die dadurch eingetretene Bezugnahme auf den gesamten Absatz 1 des § 205 NBG auch die Altersgrenze des vollendeten 68. Lebensjahres für Professoren wiederhergestellt, die am 30. September 1978 vorhanden waren.

Der Absatz 2 des § 153 NHG, der durch das am 6. Dezember 1978 in Kraft getretene Gesetz vom 1. Dezember 1978 (GVBl. S. 801) gestrichen worden ist und somit nur vom 1. Oktober 1978 bis zum 5. Dezember 1978 gegolten hat, sah für Professoren bestimmten Alters (67, 66, 65) neben der Entpflichtung ausdrücklich die Möglichkeit eines Eintritts in den Ruhestand nach Vollendung des 65. Lebensjahres vor. Dies ist im Übrigen weder für nach dem 1. Oktober 1978 eingestellte Professoren noch für Beamte vorgesehen. Die Tatsache, dass diese Regelung bei der ersten Gelegenheit wieder aufgehoben wurde, rechtfertigt nicht den Schluss, dass der Gesetzgeber sich von ihrem Inhalt distanziert hat. Der Inhalt des § 153 Abs. 2 NHG bezog sich auf einen bestimmten Kreis von Professoren, nämlich auf diejenigen, die am Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes - am 1. Oktober 1978 - das 67., 66. oder 65. Lebensjahr vollendet hatten. Nach diesem Zeitpunkt liegende Ereignisse konnten nicht mehr Einfluss nehmen auf die Zusammensetzung dieses Personenkreises und das Wirksamwerden ihrer Entpflichtung oder des Eintrittes in den Ruhestand.

Nach der entsprechenden hochschulrahmenrechtlichen Besitzstandsregelung des § 76 Abs. 1 und 2 HRG ist, solange der Professor noch nicht entpflichtet ist, statt der Entpflichtung nach Erreichen der Altersgrenze der Eintritt in den Ruhestand möglich. Diese Bestimmung stellt also ebenfalls nicht auf die allgemeine Altersgrenze (65. Lebensjahr), sondern auf die Emeritierungsaltersgrenze ab.

Auch der Sinn und Zweck des § 153 Abs. 1 NHG rechtfertigt die von der Beklagten vertretene Auslegung nicht. Ziel der Regelung ist es, für die bei ihrem Inkrafttreten (1.10.1978) vorhandenen Professoren statt der für künftige Professoren abgeschafften Entpflichtung dieses Recht fortgelten zu lassen und zusätzlich - auf Antrag - die Möglichkeit des Eintritts in den Ruhestand zu schaffen. Diesem Ziel der Angleichung des Professorenrechts an das allgemeine Beamtenrecht entspricht es, wenn im Rahmen einer Übergangsregelung auch der bereits vorhandenen Professorenschaft der vorher nur für Beamte vorgeschriebene Eintritt in den Ruhestand ermöglicht wird. Aus der Tatsache, dass es sich um eine Besitzstandswahrungsregelung handelt, kann entgegen der Auffassung der Beklagten etwas anderes nicht hergeleitet werden. Es steht im weiten Ermessen des Gesetzgebers, Besitzstand großzügig zu gewähren. Im Regelfall steht der nach dieser Regelung mit Vollendung der Emeritierungsaltersgrenze in den Ruhestand tretende Professor finanziell nicht besser da, als er nach der früheren Rechtslage gestanden hätte. Dass im Falle des Klägers ausnahmsweise etwas anderes gelten mag, rechtfertigt keine andere Auslegung des Gesetzes. Auch bei § 153 Abs. 2 NHG, der den Eintritt in den Ruhestand für Professoren ermöglichte, die am 1. Oktober 1978 älter als 65 Jahre waren, handelt es sich um eine Besitzstandswahrungsregelung, und es ist nicht erkennbar, aus welchem Grunde für die von § 153 Abs. 1 NHG erfassten zu diesem Zeitpunkt jüngeren Professoren nicht Vergleichbares gelten soll.

Der Kläger hat im vorliegenden Fall drei Monate vor Vollendung seines 68. Lebensjahres beim Ministerium beantragt, nicht entpflichtet, sondern pensioniert zu werden. Mit Recht hat daher das Verwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, dem Antrag des Klägers zu entsprechen. Der Berufung der Beklagten ist mithin der Erfolg zu versagen.

Ende der Entscheidung

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