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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 10.11.2008
Aktenzeichen: 5 ME 260/08
Rechtsgebiete: NBG, NGG, NLVO, NPersVG, VwGO, VwVfG


Vorschriften:

NBG § 8 Abs. 1
NGG § 19 Abs. 4
NGG § 20 Abs. 1 3 Nr. 3
NGG § 21 Abs. 1 S. 1
NGG § 22 Abs. 1
NLVO § 40 Abs. 3 S. 4
NPersVG § 60 Abs. 3 S. 1 Nr. 2
NPersVG § 63
NPersVG § 65 Abs. 1 Nr. 5
NPersVG § 68 Abs. 2 S. 6
VwGO § 146 Abs. 4 S. 4
VwVfG § 46
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Die Antragstellerin und die Beigeladene konkurrieren um die nach BesGr A 15 LBesO bewertete und unter dem 6. September 2007 ausgeschriebene (vgl. Bl. 12 f. der Gerichtsakte - GA) Stelle einer Leiterin der Abteilung "Primarbereich der Schule für Gehörlose und Schwerhörige" bei dem Landesbildungszentrum für Hörgeschädigte in D..

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Antragstellerin dagegen, dass es das Verwaltungsgericht abgelehnt hat, ihr einstweiligen Rechtsschutz dagegen zu gewähren, dass ihre Bewerbung auf die umstrittene Stelle mit Bescheid des Antragsgegners vom 1. April 2008 (Bl. 16 GA) abgelehnt wurde. Der Antragsgegner hat den umstrittenen Dienstposten zur kommissarischen Wahrnehmung der Beigeladenen übertragen (Bl. 51 GA).

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig und begründet.

Wegen der voraussichtlichen Dauer eines Hauptsacheverfahrens, des Bewährungsvorsprungs, den währenddessen die für die Besetzung des umstrittenen Beförderungsdienstpostens ausgewählte Beigeladene gegenüber der Antragstellerin erlangen dürfte, und infolge der Maßgeblichkeit dieses Bewährungsvorsprungs für die sich im Anschluss an die Dienstpostenvergabe schon jetzt abzeichnende spätere Beförderungsentscheidung liegt der nach § 123 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO erforderliche Anordnungsgrund vor.

Zudem ergibt die Prüfung der dargelegten Beschwerdegründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), dass die Antragstellerin auch den nach § 123 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO für den Erlass der Regelungsanordnung vorausgesetzten Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (§ 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 294 ZPO) hat. Die Ablehnung der Bewerbung der Antragstellerin ist nämlich mit erheblicher Wahrscheinlichkeit fehlerhaft und es lässt sich nicht ausschließen, dass die Antragstellerin bei einer erneuten Entscheidung des Antragsgegners ausgewählt werden wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24. 9. 2002 - 2 BvR 857/02 -, NVwZ 2003, 200 [201]).

Im vorliegenden Falle sind auch diejenigen innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO mit der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe für eine Änderung des angefochtenen Beschlusses in Betracht zu ziehen, die die Antragstellerin auf ihres Erachtens gegebene Mängel des Verwaltungshandelns stützt, welche bereits während des erstinstanzlichen Verfahrens vorlagen, in diesem aber nicht beanstandet worden sind, obwohl das objektiv möglich gewesen wäre. In der Rechtsprechung (VGH BW, Beschl. v. 8.11. 2004, - 9 S 1536/04 -, NVwZ-RR 2006, 74; Nds. OVG, Beschl. v. 14. 4. 2007 - 7 ME 37/07 -, NVwZ-RR 2007, 521 und Beschl. v. 18. 6. 2007 - 5 ME 117/07 - IÖD 2007, 194) ist allerdings teilweise die Auffassung vertreten worden, dass ein Rechtsmittelführer in den Beschwerdeverfahren nach § 146 Abs. 4 VwGO solche Rügen, die er bereits im ersten Rechtszug hätte erheben können, aber nicht erhoben hat, als Gründe für eine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung nicht geltend machen könne. Diese Rechtsmeinung knüpft zwar im Grundsatz zutreffend an die Subsidiarität einer gleichsam originären Rechtsschutzgewährung in dem Verfahren über Darlegungsbeschwerden an, mit dessen gestraffter Ausgestaltung gesetzgeberisch nicht zuletzt eine unerwünschte "Flucht" in die Beschwerde vermieden werden sollte (vgl. VGH BW, Beschl. v. 8. 6. 2007, 11 S 2135/05, NVwZ-RR 2006, 849 [850]). Sie bedarf aber nach nunmehriger Einschätzung des Senats einer stärkeren Eingrenzung auf Fälle, in denen der zweite Rechtszug in missbräuchlicher Weise funktionswidrig in Anspruch genommen wird (so auch: Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, § 146 Rn. 42). Aus dem Darlegungs- und Auseinandersetzungsgebot des § 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO lässt sich nämlich keine generelle Präklusion des Beschwerdeführers mit solchem über den Prozessstoff erster Instanz hinausgehenden Vorbringen herleiten, das bereits in das Verfahren des ersten Rechtszugs hätte eingeführt werden können (vgl.: Nds. OVG, Beschl. v. 30. 11. 2004 - 2 NB 430/03 - NVwZ-RR 2005, 409 [410]; Bay. VGH, Beschl. v. 31. 7. 2008 - 7 CE 08.1120 -, juris, Langtext Rn. 13; Bader, in: Bader u. a. VwGO, 4. Aufl. 2007, § 146 Rn. 29 - unter teilweiser Aufgabe der in der Vorauflage vertretenen Auffassung; Happ, in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl. 2006, § 146 Rn. 22; Meyer-Ladewig/Rudisile, in: Schoch u. a., VwGO, Stand: März 2008, § 146 Rn. 13c; Martin Redeker, in: Redeker/v. Oertzen, VwGO, 14. Aufl. 2004, § 146 Rn. 22). Vielmehr ist in den Beschwerdeverfahren des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO lediglich eine Änderung des Streitgegenstandes grundsätzlich ausgeschlossen. Eine darüber hinausgehende, generelle Beschränkung zulässiger Beschwerdegründe auf den Prozessstoff erster Instanz zöge dagegen eine von dem Gesetzgeber nicht beabsichtigte Einschränkung der Effektivität des Rechtsschutzes nach sich. Sie ginge vor allem zu Lasten solcher Beteiligten, die im ersten Rechtszug nicht rechtskundig vertreten sind und daher selbst nur unvollkommen darauf hinzuwirken vermögen, dass die rechtliche und tatsächliche Problematik eines Falles von vorneherein so erschöpfend in das gerichtliche Verfahren eingeführt wird, wie es ihren Interessen entspricht. Aber auch Verwaltungsbehörden, die als Rechtsmittelführer ihre Ermessenserwägungen erst innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist ergänzt haben (§ 114 Satz 2 VwGO), könnten auf diese Erwägungen Beschwerdegründe wohl regelmäßig nicht stützen. Angesichts des nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO eingeschränkten gesetzlichen Prüfungsauftrags des Beschwerdegerichts kann es zudem nicht die regelmäßige Aufgabe des Oberverwaltungsgerichts sein, im Wege einer Durchsicht des erstinstanzlichen Vorbringens oder gar der Verwaltungsvorgänge festzustellen, ob ein Vorbringen, das das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss nicht erwähnt, "neu" ist und bereits im ersten Rechtszug in das Verfahren hätte eingeführt werden können. Eine generell an diese Kriterien anknüpfende Differenzierung in Bezug auf die Beachtlichkeit der Beschwerdegründe ließe sich deshalb nur dann mit dem beschwerdegerichtlichen Prüfungsumfang vereinbaren, wenn man den Beschwerdeführer damit belastet sähe, auch insoweit mit der Beschwerdebegründung vorzutragen. Das legt der Wortlaut des § 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO aber nicht nahe. Denn Ausführungen dazu, dass ein Vorbringen nicht neu sei oder erstinstanzlich nicht hätte geltend gemacht werden können, stellen sich weder unmittelbar als Darlegung eines Grundes für die Aufhebung oder Änderung der angefochtenen Entscheidung dar noch überzeugt es, sie gerade dann als eine Form der Auseinandersetzung mit dieser Entscheidung für erforderlich zu halten, wenn der angegriffene Beschluss des Verwaltungsgerichts das in Rede stehende Vorbringen nicht einmal erwähnt.

Nach alledem ist ein Vorbringen, das bereits in das Verfahren erster Instanz hätte eingeführt werden können, als Beschwerdegrund nur dann nicht beachtlich, wenn das Beschwerdeverfahren nach § 146 Abs. 4 VwGO in erkennbar missbräuchlicher Weise funktionswidrig für eine gleichsam originäre Rechtsschutzgewährung in Anspruch genommen wird. Von einer derart missbräuchlichen Inanspruchnahme ist auszugehen, wenn ein als Beschwerdegrund geltend gemachtes Vorbringen unter vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Missachtung der eigenen Prozessförderungspflicht in das Verfahren erster Instanz nicht eingeführt worden ist. Eine solche Fallgestaltung kommt insbesondere dann in Betracht, wenn ein den Beschwerdeführer bereits im ersten Rechtszug vertretender Anwalt, oder eine die Beschwerde einlegende Fachbehörde den Rechtsstreit erstmalig in zweiter Instanz auf neue zusätzliche Felder tragen. Von einem Missbrauch lässt sich jedoch im vorliegenden Falle nicht ausgehen. Vielmehr spricht hier Überwiegendes dafür, dass die im Verfahren zweiter Instanz zu verzeichnende Ausweitung des Vortrags der Antragstellerin nicht einem groben Mangel an Bereitschaft zuzuschreiben ist, die Möglichkeiten des erstinstanzlichen Verfahrens auszuschöpfen. Sie dürfte vielmehr lediglich mit einem Wechsel der Sachbearbeitung innerhalb der Kanzlei ihrer Prozessbevollmächtigten in Zusammenhang stehen.

Ohne Erfolg macht die Antragstellerin allerdings geltend, dass die Ablehnung ihrer Bewerbung infolge der unterlassenen Beteiligung der Frauenbeauftragten am Auswahlverfahren voraussichtlich keinen Bestand haben werde. Zwar hätte der Antragsgegner infolge des Umstandes, dass die Antragstellerin selbst offensichtlich gemäß § 1 Abs. 1 NVwVfG i. V. m. § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwVfG an der Wahrnehmung ihrer Funktion als Frauenbeauftragte gehindert war, von Amts wegen gemäß § 20 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 NGG die Vertreterin der Frauenbeauftragten an dem Auswahlverfahren beteiligen müssen. Dass diese für den Personalrat kandidierte, schloss sie entgegen der Annahme der Antragsgegnerin nicht von der Wahrnehmung der Amtsgeschäfte der Frauenbeauftragten aus (vgl. Abschnitt I. Zu § 19, Zu Abs. 1, Nr. 1 Satz 2 der VV zum NGG, Gem. RdErl. d. MFAS, d. StK. u. d. übr. Min. v. 12. 8. 1998 - 201-38230/1 -, Nds. MBl. 1998, 1240 [1242 f.]). Vor ihrer Wahl gehörte sie nämlich gerade (noch) nicht einer Personalvertretung im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 2 NGG an. Auch rechtfertigte ihre Kandidatur nicht die Annahme einer Besorgnis der Befangenheit im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 1 VwVfG (i. V. m. § 1 Abs. 1 NVwVfG). Im Hinblick darauf, dass um die ausgeschriebene Stelle nur Frauen konkurrierten, war eine Beteiligung der Vertreterin der Frauenbeauftragten ebenfalls nicht entbehrlich (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 13. 6. 2007 - 6 A 5030/04 -, NVwZ-RR 2007, 701). Es spricht aber Überwiegendes dafür, den Verfahrensmangel dieser fehlenden Beteiligung hier in Anwendung des Rechtsgedankens des § 46 VwVfG für unbeachtlich zu halten.

Die Bedenken, die die Antragstellerin gegen den Eintritt der Zustimmungsfiktion gemäß den §§ 8 Abs. 1 Sätze 2 und 4, 65 Abs. 1 Nr. 5, 68 Abs. 1 und Abs. 2 Sätze 1, 3, 5 und 6 NPersVG erhebt, sind nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen, soweit die Antragstellerin geltend macht, dass der Verwaltungsleiter des Antragsgegners in Bezug auf die hier zustimmungsbedürftige Maßnahme kein entscheidungsbefugter Beschäftigter sei (vgl. Dembowski/Ladwig/Sellmann, NPersVG, Stand: Juni 2008, § 8 Rnrn. 8 und 15). Soweit ersichtlich, hat der Personalrat einen Fehler bei der Einleitung des Beteiligungsverfahrens jedoch nicht gerügt. Welche Rechtsfolgen sich hieraus für den vorliegenden Fall ergeben, bedarf im Rahmen dieses Beschlusses keiner endgültigen Klärung. Soweit die Antragstellerin geltend macht, der Personalrat sei unzureichend informiert worden, weist der Antragsgegner zutreffend auf den Beschluss des Senats vom 20. 7. 2007 - 5 ME 210/07 - (insoweit veröffentlicht in der Rechtsprechungsdatenbank der nds. Verwaltungsgerichtsbarkeit) hin.

Zuzustimmen ist der Antragstellerin, dass der ihre Bewerbung ablehnende Bescheid des Antragsgegners vom 1. April 2008 nur formelhaft und damit nicht in einer Weise begründet ist, die den sich aus § 1 Abs. 1 NVwVfG i. V. m. § 39 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 VwVfG ergebenden gesetzlichen Anforderungen genügt (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 14. 1. 2008 - 5 ME 317/07 -, NVwZ-RR 2008, 552 [553]). Es mag dahinstehen, inwieweit dieser formale Mangel zwischenzeitlich in zulässiger Weise behoben wurde, weil die Ablehnung der Bewerbung der Antragstellerin jedenfalls aus weiteren Gründen nicht rechtens ist.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Sicherung des Anspruchs auf verfahrens- und ermessensfehlerfreie Auswahl kommt nämlich auch dann in Betracht, wenn die Auswahlentscheidung auf einer rechtswidrigen Beurteilung des unterlegenen Bewerbers beruht, ein gegen diese Beurteilung gerichteter Rechtsbehelf aussichtsreich ist und es möglich erscheint, dass eine neue und rechtsfehlerfreie dienstliche Beurteilung zur Auswahl des Antragsteller führt (Nds. OVG, Beschl. v. 18. 6. 2007 - 5 ME 117/07 -; IÖD 2007, 194 [195], m. w. N.). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

Ohne Erfolg macht die Antragstellerin allerdings geltend, es liege ein Fehler des Verfahrens vor, weil entgegen § 60 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 NPersVG einem von dem Personalrat benannten Mitglied die Teilnahme an dem "Überprüfungstermin" nicht gestattet worden sei. Das Teilnahmerecht des § 60 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 NPersVG bezieht sich nämlich nur auf Vorstellungs- und Eignungsgespräche im Rahmen eines Auswahlverfahrens und erstreckt sich damit nicht auf so genannte Beurteilungsgespräche im Zuge eines dem Auswahlverfahren vorangehenden Beurteilungsverfahrens (vgl. Gesetzentwurf des Landesministeriums für ein NPersVG, Begründung, LT-Drucks. 12/4370, S. 139 f. Zu Absatz 3 Satz 1 Nr. 2 und Zu Absatz 3 Satz 1 Nr. 3; Bieler, in: Bieler/Müller-Fritzsche, NPersVG, 14, Aufl. 2008, § 60 Rnrn. 24 bis 30 und Fricke, in: Fricke u. a., NPersVG, Köln 1995, § 60 Rn. 23 f.). Das gilt auch dann, wenn die Beurteilung aus Anlass einer Bewerbung erfolgt und damit im Zusammenhang mit einem Auswahlverfahren steht. Deshalb bestand kein Teilnahmerecht eines von dem Personalrat benannten Mitglieds gemäß § 60 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 NPersVG an der Besichtigung des Unterrichts der Antragstellerin, an der Besichtigung einer von der Antragstellerin durchgeführten Unterrichtshospitation mit Beratungsgespräch, an der Besichtigung der Leitung einer Abteilungsdienstbesprechung durch die Antragstellerin sowie an insoweit durchgeführten abschließenden Besprechungen im Sinne des Abschnitts I., Nr. 3 des Runderlasses "Unterrichtsbesichtigungen und Unterrichtsbesuche - Dienstliche Beurteilung der Lehrkräfte" vom 5. Mai 1982 (Nds. MBl. S. 499), zuletzt geändert durch Erlass vom 17. Mai 2005 (Nds. MBl. S. 404). Im Übrigen ist auf Folgendes hinzuweisen: Das Teilnahmerecht des § 60 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 NPersVG dient nicht dem betroffenen Beamten, sondern verfolgt lediglich den Zweck, den Personalrat schon im Vorfeld von mitbestimmungspflichtigen Maßnahmen einzuschalten (Gesetzentwurf des Landesministeriums für ein NPersVG, Begründung, LT-Drucks. 12/4370, S. 139, Zu Absatz 3 Satz 1 Nr. 2). Wird einem von dem Personalrat entsandten Mitglied die Teilnahme zu Unrecht versagt, mag der Personalrat dies zum Anlass nehmen, seine Zustimmung zu der beabsichtigten personellen Maßnahme zu versagen. Tut er dies nicht, sondern wird diese Zustimmung entweder gleichwohl erteilt oder gilt sie - was für den vorliegenden Fall allerdings an dieser Stelle offen bleiben soll - gemäß § 68 Abs. 2 Satz 6 NPersVG als erteilt, so ist davon auszugehen, dass ein insoweit begangener Verfahrensfehler - ungeachtet der Frage einer Einschlägigkeit des § 63 Satz 1 Nr. 2 NPersVG - jedenfalls in Anwendung des Rechtsgedankens des § 46 VwVfG unbeachtlich ist (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 15. 3. 2007 - 5 ME 295/06 -, PersR 2008, 75 [78]).

Soweit mit der Beschwerde pauschal geltend gemacht wird, die Beurteilung der Antragstellerin habe nicht nach Maßgabe des Runderlasses "Unterrichtsbesichtigungen und Unterrichtsbesuche - Dienstliche Beurteilung der Lehrkräfte" erfolgen dürfen, und es sei rechtswidrig, dass der Schulleiter sowohl die Beurteilung vorgenommen als auch die Auswahlentscheidung getroffen habe, ist dem ebenfalls nicht zu folgen. In der Rechtsprechung des Senats (Beschl. v. 26. 8. 2008 - 5 ME 122/08 -, veröffentlicht in der Rechtsprechungsdatenbank der nds. Verwaltungsgerichtsbarkeit) ist geklärt, dass das Niedersächsische Kultusministerium mit Erlass vom 4. Dezember 2006 in ganz überwiegend zulässiger Weise angeordnet hat, dass nach dem Außerkrafttreten des genannten Runderlasses (mit Ablauf des 31. Dezember 2006) die in diesem Runderlass getroffenen Regelungen für eine Übergangszeit vom 1. Januar 2007 bis zum Inkrafttreten neuer Beurteilungsrichtlinien für Lehrkräfte weiter angewendet werden. Diese Anordnung ist lediglich insoweit nicht rechtens, als mit der weiteren Anwendung der Regelungen des Runderlasses eine Abweichung von zwingenden Vorschriften des § 40 NLVO - wie etwa derjenigen des § 40 Abs. 3 Satz 4 NLVO über die für das Gesamturteil zu verwendenden Rangstufen - verbunden wäre. Eine Verletzung des § 40 Abs. 3 Satz 4 NLVO hat aber die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde nicht gerügt; sie ist daher seitens des Senats nicht zu prüfen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO). Der Senat hat auch bereits entschieden (Beschl. v. 20. 7. 2007 - 5 ME 210/07 -, Nds. Rpfl. 2007, 334 [335]), dass es keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet, wenn sowohl die Beurteilungs- als auch die Auswahl- und Ernennungszuständigkeit in einer Hand liegen.

Die dienstliche Beurteilung der Antragstellerin ist jedoch insoweit verfahrensfehlerhaft vorgenommen worden, als die nach jedem Abschnitt der Besichtigung der Antragstellerin in unterschiedlichen Funktionen durchgeführten Auswertungsgespräche und die abschließenden Besprechungen im Sinne des Abschnitts I., Nr. 3 des Runderlasses "Unterrichtsbesichtigungen und Unterrichtsbesuche - Dienstliche Beurteilung der Lehrkräfte" statt durch den Schulleiter selbst im Wesentlichen durch den diesen begleitenden Schulleiter einer anderen Schule, nämlich Oberstudiendirektor E., geführt wurden, dessen Anwesenheit die Antragstellerin mit Schreiben vom 25. Februar 2008 (Bl. 35 GA) bereits im Vorfeld der Besichtigungen beanstandet hatte. Gemäß der weiterhin anwendbaren Regelung des Abschnitts I., Nr. 2 Satz 3 des Erlasses "Unterrichtsbesichtigungen und Unterrichtsbesuche - Dienstliche Beurteilung der Lehrkräfte" obliegt, soweit - wie hier mit Verfügungen des Niedersächsischen Landesamtes für Soziales, Jugend und Familie vom 22.8.2005 - 3Z1-03000-H - (Bl. 185 GA) - einer Schule die dienstrechtliche Befugnis zur Beförderung übertragen ist, dem Schulleiter eine aus diesem Anlass erforderliche dienstliche Beurteilung. Als persönlich und sachlich zuständigem Amtswalter ist es ihm verwehrt, diese Beurteilungskompetenz auf einen unzuständigen Dritten zu übertragen (vgl.: Schnellenbach, BeamtR i. d. Praxis, 6. Aufl. 2005, Rn. 438 Fn. 36). Die dienstliche Beurteilung einer Lehrkraft hat sich unter anderem auf eine Unterrichtsbesichtigung und auf eine abschließende Besprechung zu stützen (Abschnitt I., Nr. 3 Satz 2 des Erlasses "Unterrichtsbesichtigungen und Unterrichtsbesuche - Dienstliche Beurteilung der Lehrkräfte"). Diese Besprechung stellt daher - ebenso wie die abschließende Besprechung nach der Besichtigung einer Lehrkraft in einer anderen Funktion (z. B. als Leiterin einer Abteilungsdienstbesprechung) - eine maßgebliche Erkenntnisgrundlage für die abzugebende Beurteilung dar. Zwar geht aus Abschnitt I., Nr. 3 Satz 2 des Erlasses "Unterrichtsbesichtigungen und Unterrichtsbesuche - Dienstliche Beurteilung der Lehrkräfte" nicht hervor, wer die abschließende(n) Besprechung(en) durchzuführen hat. Auch ohne eine derartige Präzisierung in der Beurteilungsrichtlinie richtet sich diese Verpflichtung jedoch an den Beurteiler; denn es geht um die Schaffung von Grundlagen für die von ihm in eigener Verantwortung zu erstellende dienstliche Beurteilung (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 9. 9. 2002 - 6 B 1375/02 -, NVwZ-RR 2003, 216). Dementsprechend hat der Beurteiler solche abschließenden Besprechungen selbst durchzuführen. Dabei liegt es auf der Hand, dass deren Erkenntniswert - ähnlich wie bei einem Eignungs- oder Prüfungsgespräch - wesentlich von dem Gesprächsverlauf und damit der Leitung der Gesprächsführung mitbestimmt wird. Der verantwortliche Beurteiler darf deshalb nicht einem Dritten die Leitung der Gesprächsführung überlassen und sich selbst ganz überwiegend auf die Rolle eines Beobachters beschränken. Das gilt hier umso mehr, als die Funktion eines Beurteilers grundsätzlich einem Vorgesetzten vorbehalten ist (vgl. Schnellenbach, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, 3. Aufl., Loseblatt, Stand: 25. Juli 2008, Rn. 267) und dem Schulleiter einer anderen Schule im Verhältnis zu der zu beurteilenden Lehrkraft eine Vorgesetztenfunktion nicht zukommt. Gegen die Zulässigkeit der von dem Antragsgegner - auf der Grundlage einer entsprechenden Vereinbarung der Direktoren der Landesbildungszentren für Hörgeschädigte in Braunschweig, Hildesheim und Oldenburg vom November 2005 - praktizierten Hinzuziehung eines anderen Schulleiters in Beurteilungsverfahren aus Anlass der Besetzung nach A 15 bewerteter Stellen spricht auch, dass dienstliche Beurteilungen von Lehrkräften vertrauliche Personalangelegenheiten sind, mit denen unzuständige Personen nicht befasst werden dürfen. Die Vereinbarung vom November 2005 mag von der Absicht getragen sein, durch den jeweils externen Schulleiter eine "größtmögliche Objektivität" in die nach den Besichtigungen geführten Gespräche einzubringen und im vorliegenden Falle auch deshalb Anwendung gefunden haben, weil der zuständige Schulleiter ein "blockierendes Gesprächsverhalten" der Antragstellerin befürchtete. Durch Vereinbarung der Beurteiler können aber die dienstrechtlichen Zuständigkeiten der jeweils externen Schulleiter nicht in Richtung auf eine beratende Mitwirkung an der Beurteilung ihnen nicht nachgeordneter Lehrkräfte erweitert werden. Denn es fehlt den drei Direktoren der genannten Landesbildungszentren für Hörgeschädigte an der Regelungsmacht, das im Erlasswege landesweit einheitlich vorgegebene Beurteilungsverfahren zu verändern.

Im Ergebnis zu Recht wendet sich die Antragstellerin auch gegen die unzureichende Art und Weise, in der weitere Erkenntnisse, die der Beurteiler in seiner dienstlichen Tätigkeit gewonnen hat, Eingang in ihre Beurteilung gefunden haben. Zwar war es nicht geboten, dass sich die Beurteilung der Antragstellerin näher mit dem Ergebnis ihrer Prüfung für das Lehramt an Sonderschulen befasste. Es genügte aber auch nicht, nach der Besichtigung der Antragstellerin in mehreren Funktionen nur "für die anlässlich dieser Besichtigung gezeigten Leistungen" eine Gesamtnote zu vergeben, wenn - wovon hier auszugehen ist - der Schulleiter aus seiner amtlichen Tätigkeit weitere Erkenntnisse über die für die dienstliche Verwendung der Antragstellerin wesentlichen Fähigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten sowie die Arbeitsergebnisse der Lehrkraft gewonnen hatte. Dass der Schulleiter über solche Erkenntnisse verfügte, räumt der Antragsgegner selber ein, indem er in seiner Beschwerdeerwiderung vom 22. August 2008 (Bl. 142 ff. [146] GA) ausführt, in den Besichtigungen hätten sich bestimmte unterschiedliche Fähigkeiten der Bewerberinnen, die der Schulleiter über einen längeren Zeitraum habe beobachten können, erneut bestätigt.

Die Antragstellerin war zudem - dies allerdings entgegen ihrer eigenen Auffassung - mit der Gesamtnote auch in ihrer Tätigkeit als Frauenbeauftragte zu beurteilen (vgl. Abschnitt I., Zu § 19, Zu Abs. 4 der VV zum NGG, Gem. RdErl. d. MFAS, d. StK. u. d. übr. Min. v. 12. 8. 1998 - 201-38230/1 -, Nds. MBl. 1998, 1240 [1243]; Kathke, Frauen-/ Gleichstellungsbeauftragte und dienstliche Beurteilungen, ZBR 2004, 185 [189]; Schnellenbach, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, 3. Aufl., Loseblatt, Stand: 25. Juli 2008, Rn. 358a). Bei der Erstellung ihrer Beurteilung war deshalb Abschnitt I., Zu § 19, Zu Abs. 4 der VV zum NGG zu beachten. Zwar bedarf es in den beiden zu unterscheidenden Fällen des Abschnitt I., Zu § 19, Zu Abs. 4 Nr. 2 der VV zum NGG, wenn - wie hier - nach der einschlägigen Beurteilungsrichtlinie der für die Beurteilung zuständige Vorgesetzte mit der Dienststellenleitung identisch ist, keines gesonderten Beurteilungsbeitrages (a. A.: VG Stade, Urt. v. 21. 1. 2004 - 3 A 529/03 -, IÖD 2004, 235 [237]) bzw. keiner gesonderten Stellungnahme. Dies hat indessen die Nachvollziehbarkeit der Beurteilung nicht zu beeinträchtigen. Es muss deshalb in solchen Fällen aus der Beurteilung selbst hervorgehen, in welchem Umfang die zu beurteilende Beamtin ihre Tätigkeit als Frauenbeauftragte wahrgenommen hat und in welchem Umfang sie ihren sonstigen Aufgaben nachkam (vgl. VG Stade, Urt. v. 21. 1. 2004 - 3 A 529/03 -, IÖD 2004, 235 [236]). Es muss der Beurteilung darüber hinaus zu entnehmen sein, welches Leistungsniveau in den beiden Tätigkeitsbereichen bestanden hat und wie die (möglicherweise unterschiedlichen) Leistungen in diesen beiden Tätigkeitsbereichen von (nicht mathematischem) Einfluss auf die Gesamtnote gewesen sind. Dies alles geht aus der Beurteilung der Antragstellerin vom 2. März 2008 (Bl. 20 ff. GA) jedoch nicht genügend hervor.

Bedenken bestehen auch gegen die inhaltliche Bewertung der Tätigkeit der Antragstellerin als Frauenbeauftragte mit dem Satz: "Die Abgrenzung zur Arbeit eines Personalratsmitglieds fehlt jedoch manchmal." Zwar dürfen im Zuge der Beurteilung einer Frauenbeauftragten dieser etwaige evidente Pflichtverletzungen vorgehalten werden, deren sich die Frauenbeauftragte im Zuge ihrer Amtsführung schuldig gemacht hat (vgl. Schnellenbach, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, 3. Aufl., Loseblatt, Stand: 25. Juli 2008, Rn. 358 Fn. 38 in Bezug auf Personalratsmitglieder). Das Verbot der Benachteiligung der Frauenbeauftragten (§ 19 Abs. 4 NGG) und das Gebot der Gewährleistung ihrer fachlichen Weisungsfreiheit (§ 22 Abs. 1 NGG) sind aber auch im Zuge ihrer Beurteilung zu beachten (Kathke, Frauen-/ Gleichstellungsbeauftragte und dienstliche Beurteilungen, ZBR 2004, 185 [189]). Der Beurteiler muss deshalb berücksichtigen, dass der Frauenbeauftragten im Zuge ihrer Amtsführung ein Einschätzungsspielraum zuzugestehen ist (vgl. § 21 Abs. 1 Satz 1 NGG). Allein der Umstand, dass teilweise Beanstandungen beabsichtigter Maßnahmen durch die Frauenbeauftragte objektiv unbegründet gewesen sein mögen, darf daher einer Frauenbeauftragten im Zuge der Beurteilung ihrer Tätigkeit nicht zum Nachteil gereichen. Eine für die Dienststelle stets "bequeme" Frauenbeauftragte entspricht nicht dem Leitbild des Niedersächsischen Gleichberechtigungsgesetzes. Der Satz, "Die Abgrenzung zur Arbeit eines Personalratsmitglieds fehlt jedoch manchmal.", ist zudem in seinem Aussagegehalt unscharf. Die Beurteilung der Tätigkeit der Antragstellerin als Frauenbeauftragte hat sich nämlich an den Anforderungen dieser Funktion zu orientieren, welche nicht über eine "Abgrenzung zur Arbeit eines Personalratsmitglieds" definiert sind. Eine Befangenheit des Beurteilers lässt sich jedoch entgegen der Ansicht der Antragstellerin aus der genannten Formulierung nicht herleiten.

Unbegründet erscheint dem Senat die von der Antragstellerin gerügter Verletzung des Grundsatzes der Chancengleicheit während des Beurteilungsverfahrens. Zwar ist nicht auszuschließen, dass der Beigeladenen zumindest atmosphärisch zugute gekommen ist, dass sie eine Lehrkraft zu beraten hatte, die bereits kurz zuvor beraten worden war, und dass sie zudem den Teilnehmerkreis der Dienstbesprechung, die sie zu leiten hatte, erweiterte. Es handelt sich aber insoweit nicht um Umstände, die derartig gewichtig sind, dass sie im Zuge gerechter Bewertung der Leistungen durch den Beurteiler nicht aufzufangen wären.

Ende der Entscheidung

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