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Beginn der Entscheidung

Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 06.02.2009
Aktenzeichen: 5 ME 434/08
Rechtsgebiete: NBG


Vorschriften:

NBG § 31 Abs. 1 S. 1
NBG § 31 Abs. 2 S. 2
NBG § 31 Abs. 3 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Der Antragsteller ist Oberstudiendirektor (BesGr A 16 BBesO) und hatte die Funktion des Schulleiters des B. Gymnasiums inne. Der Antragsgegner ordnete den Antragsteller wegen Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zwischen diesem und einem Großteil des Lehrerkollegiums sowie der starken Belastung seines Verhältnisses zum Schulelternrat und zum Schulträger mit Erlass vom 13. Juni 2008 zunächst mit sofortiger Wirkung vorläufig bis zum 31. Juli 2008 und sodann mit Erlass vom 16. Juli 2008 bis zum 12. Juni 2010 an die Landesschulbehörde C. ab und übertrug ihm die im Einzelnen bezeichneten Aufgaben eines - allerdings nicht schulfachlichen - Dezernenten.

Gegen den Erlass vom 16. Juli 2008 hat der Antragsteller mit Schreiben vom 14. August 2008 beim Verwaltungsgericht Klage (Az. 1 A 114/08) erhoben und gleichzeitig die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage beantragt. Das Verwaltungsgericht hat diesen Antrag mit Beschluss vom 7. Oktober 2008 abgelehnt.

Hiergegen richtet sich die am 22. Oktober 2008 eingelegte Beschwerde des Antragstellers.

II.

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die mit der Beschwerde vorgetragenen Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, führen nicht zu einer Änderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Das Beschwerdevorbringen genügt teilweise bereits nicht den Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO und rechtfertigt im Übrigen nicht, die erstinstanzliche Entscheidung zu ändern und die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Abordnungserlass des Antragsgegners vom 16. Juli 2008 anzuordnen.

Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Begründung der Beschwerde einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Der Beschwerdeführer muss darlegen, weshalb der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts unrichtig sein soll. Hierzu reicht es nicht aus, dass der Beschwerdeführer pauschal auf das erstinstanzliche Vorbringen Bezug nimmt oder dieses unverändert wiederholt (vgl. Bader, in Bader u. a., VwGO, 4. Aufl. 2007, § 146, Rn. 29).

Vor diesem Hintergrund genügt das Vorbringen des Antragstellers, er wiederhole zunächst sämtlichen erstinstanzlichen Vortrag, nicht den Darlegungsanforderungen. Dies gilt auch, soweit der Antragsteller insbesondere auf seinen Vortrag im Schriftsatz vom 6. Oktober 2008 Bezug nimmt, den das Verwaltungsgericht nach seiner Auffassung bei der angefochtenen Entscheidung offenbar nicht mehr berücksichtigt habe, da er trotz Einreichung am selben Tage vor Beschlussfassung nicht mehr zur Akte gelangt sei. Denn diese Vermutung des Antragstellers ist ausweislich der Gerichtsakte unzutreffend. Danach ist der Schriftsatz des Antragstellers zu den Akten genommen worden (Gerichtsakte Bl. 38 ff.) und anschließend die Beschlussfassung am 7. Oktober 2008 erfolgt. Aus welchen Gründen der Schriftsatz bei dem angefochtenen Beschluss nicht berücksichtigt sein soll, ist angesichts dessen nicht hinreichend dargelegt.

Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet.

Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Antragsteller die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in einem Fall begehrt, für den das Gesetz die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage ausgeschlossen hat (§ 192 Abs. 3 Nr. 3 NBG, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO). Das bedeutet, dass das Gesetz für den Regelfall einer Abordnung davon ausgeht, dass das private Interesse des Beamten, von den Folgen einer Abordnungsentscheidung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens verschont zu bleiben, hinter dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit zurückzutreten hat. Nur in Fällen, in denen die Rechtswidrigkeit der Abordnung offensichtlich ist, sich also schon bei summarischer Prüfung ergibt, oder wenn im Einzelfall außergewöhnlich schwerwiegende private Interessen des Beamten auf dem Spiel stehen, kann das Gericht gemäß § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs bzw. der Klage anordnen (Nds. OVG, Beschl. v. 11.10.1999 - 5 M 3618/99 -, Beschl. v. 5.3.2003 - 5 ME 64/03 -; Beschl. 13.2.2007 - 5 ME 36/07 -, zitiert nach juris Langtext, Rn. 16). Weder die eine noch die andere Voraussetzung ist hier erfüllt.

Aus den von dem Antragsteller mit seiner Beschwerde aufgezeigten Gesichtspunkten folgt nicht die offensichtliche Rechtswidrigkeit des streitigen Abordnungserlasses.

Rechtsfehlerfrei ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass ein innerdienstliches Spannungsverhältnis einen dienstlichen Grund im Sinne von § 31 Abs. 1 Satz 1 NBG darstellt, einen an diesem Spannungsverhältnis beteiligten Beamten im Interesse der reibungslosen Zusammenarbeit innerhalb des öffentlichen Dienstes abzuordnen, und zwar unabhängig davon, wer an der Entstehung des Spannungsverhältnisses die Schuld trägt, da entscheidend allein dessen objektive Beteiligung hieran ist (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 16. März 1973 - V OVG B 17/73 -, DVBl. 1973, 278 <279>; BVerwG, Urt. v. 25.1.1967 - BVerwG VI C 58.65 - BVerwGE 26, 65 <67>).

Der Antragsteller hat mit seinem Beschwerdevorbringen das von dem Antragsgegner in seinem Erlass vom 16. Juli 2008 festgestellte Spannungsverhältnis zwischen dem Antragsteller und einem Großteil des Lehrerkollegiums und die starke Belastung seines Verhältnisses zum Schulelternrat sowie zum Schulträger nicht in Zweifel gezogen, jedoch sich dagegen gewendet, dass zwingend er als Schulleiter abgeordnet werden müsse. Er rügt, dass eine Prüfung, ob durch die Abordnung anderer an dem Spannungsverhältnis beteiligter Personen der Arbeitsfrieden wieder hergestellt werden könne, nicht stattgefunden habe. Auch hätte berücksichtigt werden müssen, dass gegen ihn - den Antragsteller - Straf- und Disziplinarmaßnahmen weder eingeleitet noch verhängt worden seien und hierzu auch kein Anlass bestanden habe. Das Verwaltungsgericht sei rechtsfehlerhaft ohne Begründung davon ausgegangen, dass angesichts der zahlreichen beteiligten Personen nur seine Abordnung in Betracht gekommen sei, und habe unterstellt, dass nicht nur Lehrer an dem Konflikt beteiligt gewesen seien, was aber keine Rolle spielen dürfe. Hinsichtlich des Umstandes, dass 43 Lehrer gedroht hätten, für den Fall, dass er Schulleiter bliebe, ihre Versetzung zu beantragen, sei zu beachten, dass es sich bei dieser Anzahl um weniger als die Hälfte des Lehrerkollegiums gehandelt habe und eine Vielzahl dieser Lehrer aufgrund von unmittelbar bevorstehenden Pensionierungen oder ohnehin beabsichtigten Versetzungen im nächsten Schuljahr oder in nächster Zeit die Schule verlassen hätte. Außerdem sei es nach der Rechtsprechung denkbar, die treibenden Kräfte ausfindig zu machen und diese abzuordnen.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Rechtswidrigkeit der im Ermessen des Antragsgegners stehenden Abordnung des Antragstellers aufgrund des bestehenden Spannungsverhältnisses zu begründen. Von Bedeutung ist hier entgegen der Auffassung des Antragstellers, dass der Schulfrieden vorliegend nicht nur durch ein erheblich beeinträchtigtes Vertrauensverhältnis zwischen dem Antragsteller und einem Großteil des Lehrerkollegiums gestört ist, sondern auch durch die Beeinträchtigung des Verhältnisses des Schulleiters zu dem Schulelternrat sowie zum Schulträger. Die Einbeziehung dieser Umstände in die Entscheidung des Antragsgegners, welchen an dem festgestellten Spannungsverhältnis beteiligten Beamten er abordnet, erweist sich nicht als sachfremd und damit nicht als ermessensfehlerhaft. Ebenso wenig begegnet es Bedenken, wenn der Antragsgegner angesichts dessen nicht weiter geprüft hat, ob durch die Abordnung anderer an dem Spannungsverhältnis beteiligter Personen der Arbeitsfrieden wieder hergestellt werden könnte. Aus dem Verwaltungsvorgang ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass durch die Abordnung einzelner Lehrkräfte der Schulfrieden, auch mit Blick auf die Beziehungen der Schulleitung zum Schulelternrat und dem Schulträger wiederhergestellt werden könnte. Derartige Anhaltspunkte hat auch der Antragsteller mit seiner Beschwerde nicht vorgetragen. Seine diesbezügliche Forderung, die treibenden Kräfte hätten vom Antragsgegner ausfindig gemacht werden müssen, geht daher ebenfalls fehl. Zwar kann bei der Ermessensentscheidung des Dienstherrn, welchen der an dem Spannungsverhältnis beteiligten Beamten er abordnet, die Frage des Verschuldens bedeutsam sein. Von einer Ermessensfehlerhaftigkeit einer Abordnungsentscheidung ist aber nur in den Fällen auszugehen, in denen nicht der das Spannungsverhältnis allein verschuldende Beamte, sondern stattdessen das "Opfer" des schuldhaften Verhaltens abgeordnet werden würde (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.1.1967 - BVerwG VI C 58.65 - BVerwGE 26, 65 <69>). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor.

Der Hinweis des Antragstellers, eine Vielzahl der 43 Lehrer, die mit einem Versetzungsantrag gedroht hätten, hätte in nächster Zeit ohnehin die Schule verlassen, vermag die Rechtswidrigkeit des Abordnungserlasses ebenfalls nicht zu begründen, denn er entkräftet nicht die Einschätzung des Antragsgegners, dass sich hieran die Konfliktlage an der Schule dokumentiere.

Der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts ist auch nicht abzuändern, weil die ausgesprochene Abordnung für den Antragsteller unzumutbar sei. Die Unzumutbarkeit kann der Antragsteller nicht mit dem ihm bei der Landesschulbehörde übertragenen Dienstposten eines Dezernenten, den der Antragsgegner der Besoldungsgruppe A 16 BBesO zuordnet, begründen. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich und vorgetragen, dass die Erfüllung der mit diesem Dienstposten verbundenen Aufgaben angesichts des zwanzigjährigen Einsatzes des Antragstellers als Schulleiter eines Gymnasiums und fehlender Straf- und Disziplinarmaßnahmen unzumutbar sein soll. Ob die Nichtübertragung der Aufgaben auch eines schulfachlichen Dezernenten angesichts der Vorbildung des Antragstellers dazu führt, dass der ihm im Wege der Abordnung übertragene Dienstposten nicht seinem statusrechtlichen Amt entspricht, bedarf hier keiner Erörterung. Denn der Antragsteller hat sich nicht mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts auseinandergesetzt, wonach die Frage der Bewertung des Dienstpostens als ein solcher der Besoldungsgruppe A 16 BBesO oder A 15 BBesO mit Blick auf die Vorschrift des § 31 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Abs. 3 Nr. 2 NBG dahinstehen könne.

Es erschließt sich zudem nicht, dass die vom Antragsteller geltend gemachte fehlende Ausweisung eines mit der Besoldungsgruppe A 16 BBesO bewerteten Dienstpostens bei der Landesschulbehörde die Annahme der Unterwertigkeit der ihm übertragenen Aufgaben rechtfertigt. Denn der Antragsteller behält sein abstrakt-funktionelles Amt und es bleibt haushaltsrechtlich die bisher von ihm besetzte Planstelle mit ihm besetzt.

Außergewöhnlich schwerwiegende private Interessen des Antragstellers, die zu einer Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Abordnungserlass führen könnten, hat der Antragsteller mit seinem Beschwerdevorbringen nicht geltend gemacht, weshalb auch aus diesem Grunde eine Abänderung des angefochtenen Beschlusses nicht in Betracht kommt.

Der Senat weist jedoch daraufhin, dass im Hauptsacheverfahren zu prüfen sein wird, ob der Antragsgegner die Abordnung mit Erlass vom 16. Juli 2008 rückwirkend zum 13. Juni 2008 aussprechen durfte (vgl. zur Rechtswidrigkeit einer rückwirkende Versetzung: BVerwG, Beschl. v. 7.12.1982 - BVerwG 1 WB 75.82 -, RiA 1983, 77 <78>; Nds. OVG, Beschl. v. 26.6.2008 - 5 ME 156/08 -, veröffentlicht in der Rechtsprechungsdatenbank der nds. Verwaltungsgerichtsbarkeit). Im vorliegenden Verfahren war der Senat nicht gehalten, hierzu Stellung zu nehmen, da dieser Umstand nicht mit der Beschwerde vorgetragen wurde und insoweit nicht davon auszugehen ist, dass aus diesem Grunde der angegriffene Abordnungserlass jedenfalls offensichtlich rechtswidrig ist.

Ende der Entscheidung

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