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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 18.03.2009
Aktenzeichen: 7 LA 145/08
Rechtsgebiete: AufenthG


Vorschriften:

AufenthG § 66 Abs. 1
AufenthG § 67 Abs. 1 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Der Kläger begehrt sinngemäß die Zulassung der Berufung gegen das im Tenor bezeichnete Urteil, soweit seine Klage abgewiesen worden ist.

Das Verwaltungsgericht hat mit dem Urteil den Bescheid der Beklagten vom 10. Mai 2006 in der Fassung vom 22. August 2007 bestätigt, soweit dem Kläger die Kosten der Zuführung zur Justizvollzugsanstalt Hannover am 9. Oktober 2002 von insgesamt 600,40 Euro sowie die Kosten der Abschiebungshaft vom 9. Oktober 2002 bis 8. Januar 2003 von insgesamt 6.539,38 Euro auferlegt worden sind. Der Kläger sei zu jener Zeit vollziehbar ausreisepflichtig gewesen, nachdem sein Asylantrag mit Bescheid vom 1. November 2002 als offensichtlich unbegründet und sein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutz am 25. November 2002 abgelehnt worden seien. Erst mit Abänderungsbeschluss vom 7. Juli 2003 sei die aufschiebende Wirkung seiner Klage angeordnet und mit Urteil vom 2. November 2005 das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG (Nachfluchtgründe) festgestellt worden. Dies ändere nichts daran, dass er zu den zeitlich davor entstandenen Kosten nach den §§ 66 Abs. 1, 67 Abs. 1 Nr. 2 des Aufenthaltsgesetzes - AufenthG - herangezogen werden könne. Die Abschiebungshaft sei rechtmäßig angeordnet worden, nachdem der Kläger mit gefälschten Ausweispapieren aufgegriffen worden sei und eine Mitwirkung an der Beschaffung von Passersatzpapieren verweigert habe. Die Kosten seien auch nach Art und Höhe nicht zu beanstanden. Ein atypischer Fall, der die Geltendmachung der Kosten unbillig erscheinen lassen könne, liege nicht vor.

Der Kläger hält die Richtigkeit dieser Entscheidung für ernstlich zweifelhaft. Das Verwaltungsgericht sei der Frage, ob es ein Aufnahmeersuchen der Einweisungsbehörde für die Haftanstalt gegeben habe, nicht weiter nachgegangen. Auch sei er, soweit ersichtlich, nicht durch Merkblatt auf die Möglichkeit der Heranziehung zu den Haftkosten hingewiesen worden. Beides führe auch zu einem Verfahrensmangel. Schließlich begründe seine nachträgliche Anerkennung als Flüchtling für die Kostenhaftung einen Ausnahmefall. Das verleihe der Rechtssache auch grundsätzliche Bedeutung.

Die Beklagte tritt dem Zulassungsantrag entgegen.

II.

Der Antrag ist unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

Es bestehen im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils deshalb, weil es die grundsätzliche Rechtmäßigkeit der Haft- und Zuführungskostenheranziehung bestätigt, obgleich die Abschiebung des Klägers nicht vollzogen worden ist.

Voraussetzung der Kostenerhebung nach den §§ 66 Abs. 1, 67 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG ist, dass Anordnung und Dauer der Abschiebungshaft rechtmäßig waren. Das hat das Verwaltungsgericht, worauf verwiesen wird, zutreffend bejaht. Es wird vom Kläger in seinem Zulassungsantrag auch nicht in Frage gestellt. Dass es aufgrund nachträglich eingetretener Umstände nicht zur Ausreise des Klägers gekommen ist, ändert nichts daran, dass er seine Inhaftierung und die damit verbundenen Aufwendungen veranlasst hat. § 66 Abs. 1 AufenthG engt diesen in § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG normierten kostenrechtlichen Grundsatz nicht ein (OVG Rh-Pf., Urt. v. 27. Juli 2006 - 7 A 11671/05 -, juris, LS 1 und Rn. 23 m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 15. Dez. 2003 - 24 B 03.1049 -, InfAuslR 2004, 252).

§ 66 AufenthG sieht bei Vorliegen der Voraussetzungen die Geltendmachung der Kosten zwingend vor. Aber auch dann, wenn man bei einer atypischen Fallsituation die Möglichkeit bejahte, von der Erhebung der Kosten ganz oder teilweise abzusehen, liegt eine solche Situation hier, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht vor. Sie wird von vornherein nicht dadurch begründet, dass die Abschiebung letztlich nicht durchgeführt worden ist oder der Kläger von der Möglichkeit der Kostenerhebung eventuell nicht gewusst hat. Der maßgebliche Veranlassungsgrundsatz wird dadurch nicht berührt und bleibt damit typischerweise gegeben. Besonderheiten könnten lediglich nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und der individuellen Leistungsfähigkeit bestehen (vgl. OVG Rh-Pf., a.a.O., Rn. 24 m.w.N.). Hier beruhte die Dauer der Haft im Wesentlichen darauf, dass der Kläger durch die Falschangabe seiner Personalien für die lange Zeit der Beschaffung von Ausweispapieren selbst verantwortlich war. Es lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch nicht sagen, dass er der Forderung nicht etwa bei Stundung oder Ratenzahlung nachkommen kann. Ein das Absehen von der Kostenerhebung gebietender atypischer Fall liegt damit nicht vor.

Der Kläger vermag die Rechtmäßigkeit der Inhaftierung auch nicht dadurch in Frage zu stellen, dass er vermutet, es habe kein Vollzugersuchen der Ausländerbehörde gegeben. Dieses Ersuchen vom 9. Oktober 2002 befindet sich in den Akten (BA D, Bl. 1). Es hat auch dem Amtsgericht vorgelegen, wie die Bezugnahme in dessen Haftbeschluss vom 9. Oktober 2002 belegt (BA D, Bl. 5).

Wegen der damit ohne weitere Vertiefung zu erkennenden Rechtmäßigkeit der Kostenverpflichtung bzw. der Irrelevanz der vom Kläger im Zulassungsverfahren erhobenen Einwände liegen auch die Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung) und § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO (entscheidungsbedeutsamer Verfahrensmangel) nicht vor.

Ende der Entscheidung

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