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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 17.08.2009
Aktenzeichen: 7 LA 220/07
Rechtsgebiete: GewO


Vorschriften:

GewO § 36
Eine Zertifizierung von Grundstückssachverständigen gemäß DIN ISO/JIC 17024 (vormals DIN EN 45013) allein begründet keinen Anspruch auf öffentliche Bestellung als Sachverständiger gemäß § 36 GewO, sondern es bedarf einer Einzelfallprüfung der für die Bestellung zuständigen Stelle.
Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt die öffentliche Bestellung als Sachverständige für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken allein aufgrund ihrer bei der B. mbH (C. GmbH) erfolgreich abgeschlossenen Zertifizierungsprüfung ohne weitere Prüfung ihrer Sachkunde durch die Beklagte. Nachdem das Verwaltungsgericht ihre Klage abgewiesen hat, verfolgt sie den Anspruch im Berufungszulassungsverfahren weiter, weil ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestünden, die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe und in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht überdurchschnittlich schwierig sei.

II.

Der Antrag ist unbegründet, weil keiner der dargelegten Zulassungsgründe gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2 oder 3 VwGO vorliegt.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Sie sind begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.06.2000 - 1 BvR 830/00 -, VBlBW 2000, 392), so dass ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens möglich erscheint (BVerwG, Beschl. v. 15.12.2003 - 7 AV 2.03 -, NVwZ 2004, 744). Dies ist hier nicht der Fall; die in der Antragsbegründung vorgetragenen Argumente begründen keine Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils. Insbesondere ist das Verwaltungsgericht nicht von einem Beurteilungsspielraum der Beklagten bei der Ausfüllung des Merkmals "besondere Sachkunde" i.S.d. § 36 Abs. 1 Satz 1 GewO ausgegangen, sondern hat sein Urteil im Wesentlichen damit begründet, dass sich die Klägerin - entgegen ihrer zunächst gegenüber der Beklagten geäußerten Bereitschaft - nicht dem nach der Sachverständigenordnung der Beklagten vorgesehenen Verfahren gestellt hat und die von ihr vorgelegten Unterlagen forensische Kenntnisse nicht in ausreichendem Maß belegen.

Entgegen der Ansicht der Klägerin hat die Beklagte bereits im angefochtenen Bescheid vom 14. Dezember 2005 begründet, dass die von der Klägerin vorgelegten Nachweise zwar ausreichend sind, um ein vereinfachtes Bestellungsverfahren durchzuführen, nicht aber, um abschließend die erforderlichen forensischen Kenntnisse und Fähigkeiten zu belegen. Zu diesen hat das Verwaltungsgericht auf die Angaben der Klägerin verwiesen, dass für die von ihr erlangte Zertifizierung weniger als 10 % der mündlichen und weniger als 20 % des dritten Teils der schriftlichen Prüfung forensische Fragen beträfen. Dies entspricht nicht dem Gewicht, das die Beklagte diesem Gesichtspunkt der besonderen Sachkunde nach Nr. 10 ihrer Richtlinie für die Prüfung der Besonderen Eignung und der Besonderen Sachkunde für die öffentliche Bestellung nach der Sachverständigenordnung (Richtlinie zur SVO) beimisst. Angesichts dessen ist die Darlegung der Klägerin nicht zutreffend, das Verwaltungsgericht habe nicht festgestellt, inwieweit die Anforderungen der Beklagten von der Zertifizierung abwichen. Weiterhin hat das Verwaltungsgericht gebilligt, dass sich das von der Beklagten eingeschaltete Fachgremium einen persönlichen Eindruck von den fachlichen Fähigkeiten und der persönlichen Eignung der Klägerin verschaffen will. In diesem Zusammenhang ist auf Nr. 10.6 Richtlinie zur SVO zu verweisen, wonach selbst bei herausragender Qualifikation ein Fachgespräch und der Nachweis forensischer Kenntnisse nicht entbehrlich sind. Dass die Beklagte auch gegenüber der Klägerin aus Gründen der Gleichbehandlung mit anderen die öffentliche Bestellung erstrebenden Sachverständigen an den von der Richtlinie zur SVO beschriebenen Anforderungen festhält, begegnet ernstlichen Zweifeln nicht.

2. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO kommt einer Rechtssache nur zu, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine fallübergreifende, bisher noch nicht grundsätzlich geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung war, die auch für die Entscheidung in einem Berufungsverfahren erheblich wäre und deren Klärung im Interesse der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung geboten erscheint (vgl. BVerwG, Beschl. v. 02.10.1961 - VIII B 78.61 -, BVerwGE 13, 90, 91 f.; Urt. v. 31.07.1984 - 9 C 46/84 -, BVerwGE 70, 24, 26).

Eine Rechtsunsicherheit besteht nicht. Der Gesetzgeber hat in Kenntnis des europäischen Systems der Akkreditierung und Zertifizierung dieses bei der Neufassung des § 36 GewO durch das Gesetz zur Änderung der Gewerbeordnung und anderer gewerberechtlicher Vorschriften vom 23. Dezember 1994 gleichwohl nicht übernommen (vgl. Bleutge, GewArch 1994, 447 (456)). Die Nichterwähnung von § 36 GewO in der ab 28. Dezember 2009 geltenden Fassung des § 4 GewO sowie der neue § 36 a GewO (vgl. Gesetz zur Umsetzung der Dienstleistungs-Richtlinie im Gewerberecht und weiteren Rechtsvorschriften vom 17. Juli 2009 (BGBl. I S. 2091)) zeigen, dass auch nach dem aktuellen Willen des Gesetzgebers eine Zertifizierung allein nicht genügt, um gleichsam automatisch einen Anspruch auf öffentliche Bestellung zu haben (vgl. VGH B-W, Beschl. v. 22.06.2006 - 6 S 1083/05 -, GewArch 2007, 160 zu dem hier nicht vergleichbaren Fall einer durch Zertifizierung abgeschlossenen Berufsausbildung; BayVG Regensburg, GB v. 11.03.2004 - RO 5 K 03.2464 -, GewArch 2004, 248). Eine Einzelfallprüfung, wie sie die Beklagte vorgenommen hat, ist unverzichtbar. Akkreditierung und Zertifizierung beruhen in Deutschland nicht auf gesetzlicher Grundlage. Daher hat jeder das Recht, eine Akkreditierungsstelle zu gründen und Zertifizierungsstellen nach unterschiedlichen Qualitätsmerkmalen zu akkreditieren; die Trägergemeinschaft für Akkreditierung GmbH (TGA) in Frankfurt/M. besitzt hinsichtlich der Akkreditierung kein Monopol (vgl. Bleutge, GewArch 2008, 9 (11)).

Auch für die von der Klägerin zur Begründung angeführte "nachhaltige Unsicherheit", die "zu zunehmenden Auseinandersetzungen führt", besteht nicht. Neben den etwa 1.200 öffentlich bestellten gibt es inzwischen etwa 1.000 zertifizierte Immobilienbewerter (vgl. Bleutge, GewArch 2009, 275 (276)), ohne dass dieses Nebeneinander zu vermehrten verwaltungsgerichtlichen Auseinandersetzungen geführt hätte.

3. Der Zulassungsgrund besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegt nicht vor; der vorliegende Fall hält sich vielmehr noch im Rahmen des bei Verwaltungsgerichten Üblichen.

Ende der Entscheidung

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