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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 23.08.2006
Aktenzeichen: 7 ME 116/05
Rechtsgebiete: BImSchG, TA Lärm, TA Luft 2002, VwGO


Vorschriften:

BImSchG § 5 I 1 Nr 1
BImSchG § 5 I 1 Nr 2
TA Lärm
TA Luft 2002
VwGO § 146 IV 3
VwGO § 146 IV 6
VwGO § 91
Immissionsschtzrechtliche Änderungsgenehmigung, Geruchsbelastung, tieffrequenter Schall, Schadstoffbelastung, unzulässige Antragserweiterung im Beschwerdeverfahren.
Gründe:

Die Bezirksregierung Weser-Ems erteilte der Beigeladenen mit Bescheid vom 17. Mai 2004 eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur wesentlichen Änderung der bestehenden Anlage zur Oberflächenbehandlung von Metallen oder Kunststoffen durch ein elektrolytisches oder chemisches Verfahren mit einem Volumen der Wirkbäder von 30 m³ oder mehr auf dem Betriebsgrundstück in C. (Flurstücke 148/7, 152/86, 152/88 und 152/02, Flur 42 der Gemarkung C.) durch die Errichtung und den Betrieb von vier Badstraßen und Abluftbehandlungsanlagen. Im Einzelnen umfasst die Änderungsgenehmigung vier Abluftreinigungsanlagen, fünf Abluftkamine, drei Gestellanlagen und eine Trommelanlage.

Der Antragsteller bewohnt mit seiner Familie ein in seinem Eigentum stehendes Einfamilienhaus, das sich ca. 400 m nordwestlich der Beigeladenen befindet. Er legte gegen den Änderungsgenehmigungsbescheid Widerspruch ein, über den - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden ist. Nach Anhörung des Antragstellers ordnete daraufhin die Bezirksregierung Weser-Ems auf Antrag der Beigeladenen mit Bescheid vom 25. Juni 2004 die sofortige Vollziehung des Änderungsgenehmigungsbescheides an.

Den hiergegen gerichteten Antrag, die aufschiebende Wirkung des vom Antragsteller erhobenen Widerspruchs wiederherzustellen, lehnte das Verwaltungsgericht mit dem im Tenor bezeichneten Beschluss ab, da Überwiegendes dafür spreche, dass die angefochtene immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung rechtmäßig sei und nicht nachbarschützende Rechte des Antragstellers verletze. Unzumutbaren Geruchs- und Schadstoffbelastungen sei der Antragsteller nicht ausgesetzt. Durch die Auflagen und die dem Stand der Technik entsprechenden Abgasreinigungsanlagen werde aller Voraussicht nach verhindert, dass der Richtwert für die von der Anlage ausgehenden Geruchsbelästigungen von 2 % der Jahresstunden überschritten werde. Soweit dennoch Dämpfe aus geöffneten Fenstern austräten, gefährdeten diese nicht die Nachbarschaft, da die MAK-Werte nach den nachvollziehbaren Darlegungen des Antragsgegners deutlich unterschritten würden. Auch Überprüfungen vor Ort konnten Geruchsbelästigungen der Nachbarschaft durch den Betrieb der Beigeladenen nicht feststellen. Es seien zudem keine unzumutbaren Lärmimmissionen, auch in Form von Infraschall, zu erwarten, da Messungen des Antragsgegners und des Niedersächsischen Landesamtes für Ökologie (nachfolgend NLÖ) ergeben hätten, dass die in der TA Lärm vorgesehenen Emissionsrichtwerte eingehalten seien. Eine widerrechtliche Sonntagsarbeit im Betrieb der Beigeladenen, auf die der Antragsteller sich möglicherweise gar nicht berufen könne, sei ebenfalls nicht feststellbar. Die vom Antragsteller geltend gemachte Verletzung baurechtlicher Vorschriften sei nicht Gegenstand der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung.

Mit seiner fristgerecht erhobenen Beschwerde hat der Antragsteller sein Begehren weiterverfolgt. Die vom Verwaltungsgericht herangezogenen Messungen seien nicht geeignet, eine Belastung seines Grundstücks durch Infraschall auszuschließen. Sie beträfen nur den hörbaren Luftschall, nicht aber den tieffrequenten Körperschall. Der Antragsgegner habe bei den Messungen die einzelnen Anlagen des Betriebes der Beigeladenen nicht separat messtechnisch erfasst, auf mögliche Ursachenbeiträge für den Infraschall untersucht und insbesondere keine Sonderfallprüfung nach Nr. 3.2.2 TA Lärm vorgenommen. Es sei fehlerhaft, von einer fehlenden Ursächlichkeit des Betriebes der Beigeladenen für die Belastung seines Grundstücks mit tieffrequentem Schall auszugehen. Dieser Schall ginge - worauf das Verwaltungsgericht nicht eingegangen sei - von den neuen Badstraßen einschließlich Pumpen, Tauchsystemen etc. aus, insbesondere von der neuen Trommelanlage. Darin verarbeite die Beigeladene Schrauben von 0,5 m Länge und einem Gewicht von 15 kg bis 20 kg. Von dem Infraschall seien auch weitere Nachbarn in der Umgebung der Beigeladenen betroffen. Die betriebsbedingte Geruchsbelästigung sei ein Indiz dafür, dass auch krebserregende Stoffe ohne Abluftfilterung aus den Fenstern der Produktionshallen entwichen. Die Lüfter seien oftmals abgeschaltet. Dies sei mit Nr. 5.1.3 der TA Luft nicht vereinbar. Die Einhaltung der MAK-Werte, die nicht für die neuen Anlagen gemessen seien, könne nicht für Nachbarn in der Wohnumgebung maßgebend sein. Für krebserzeugende Stoffe gebe es keine Grenzwerte. Er habe nicht gerügt, dass im Betrieb der Beigeladenen sonntags gearbeitet werde, sondern dass er auch sonntags dem Lärm und den anderen Immissionen ausgesetzt sei. Soweit er auf baurechtliche Verstöße aufmerksam gemacht habe, habe er nur deutlich machen wollen, dass es sich bei dem Betrieb der Beigeladenen keineswegs um einen ordentlich geführten Betrieb handele. Schließlich mache er geltend, dass die Behandlung schwerer Metallteile in der Trommelanlage von der angefochtenen Änderungsgenehmigung nicht erfasst werde, ihm dies erst im Laufe des Gerichtsverfahren bekannt geworden und er daher noch berechtigt sei, die Verpflichtung des Antragsgegners zu begehren, der Beigeladenen den Betrieb bis zur Klärung der Ursache der tieffrequenten Störungen zu untersagen. Zudem habe eine Stellungnahme der D. vom 9. Mai 2006 ergeben, dass die Messung des NLÖ nur den hörbaren Luftschall, nicht aber den spürbaren Körperschall erfasse. Darauf aber finde die nur für Geräusche einschlägige TA Lärm keine Anwendung.

Der Antragsteller beantragt,

des Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 5. Kammer - vom 30. Mai 2005 abzuändern und die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung vom 17. Mai 2004 wiederherzustellen,

hilfsweise,

den Antragsgegner zu verpflichten, der Beigeladenen den nächtlichen Betrieb der Gestell- und Trommelanlagen zu untersagen, bis durch Untersuchungen geklärt ist, dass diese keine tieffrequenten Schwingungen im Hause des Antragstellers hervorrufen können.

Der Antragsgegner und die Beigeladene beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Antragsgegner als Rechtsnachfolger der Bezirksregierung Weser-Ems hält der Beschwerde entgegen, dass die Trommelanlage nicht geeignet sei, tieffrequente Töne zu verursachen. Bei den Dämpfen, die aus den Fenstern entwichen, handele es sich um Wasserdampf, der aus dem Entfettungsbad der Trommelanlage stamme. Auswirkungen auf das Grundstück des Antragstellers insoweit seien nicht ersichtlich. Die TA Lärm erfasse auch anlagenbezogene schädliche Umwelteinwirkungen, die durch Einleitung tieffrequenter Wechselkräfte in den Baugrund entstünden. Die Begutachtung des NLÖ habe ergeben, dass derartige schädliche Umwelteinwirkungen durch Geräusche nicht vorlägen.

Auch die Beigeladene verteidigt den verwaltungsgerichtlichen Beschluss. Es fehle an einem ursächlichen Zusammenhang zwischen der geltend gemachten Lärmbelästigung und der Vollziehung der Änderungsgenehmigung, da sie von den neu genehmigten Gestellanlagen Nrn. 7, 9 und 10 sowie der Trommelanlage 14 seit April 2004 erst die Gestellanlagen Nrn. 7 und 10 im Nassbetrieb betreibe, der Antragsteller die Lärmbelästigungen aber bereits seit dem Sommer 2003 empfunden habe. Die Messungen schlössen eine unzumutbare vorhabensbedingte Belastung des Antragstellers aus, wobei das Verwaltungsgericht zutreffend die einschlägigen Immissionsrichtwerte der TA Lärm herangezogen habe. Dies gelte auch für die Bewertung tieffrequenten Schalls. Gegen die Ursächlichkeit spreche, dass trotz Ausschaltens aller Maschinen in ihrem Betrieb der vom Antragsteller wahrgenommene Ton zu hören gewesen sei. Soweit der Antragsteller die Auffassung vertrete, der tieffrequente Schall werde durch schwere, in einer Trommelanlage verarbeitete Metallstücke erzeugt, sei dem entgegen zu halten, dass sie die von der Änderungsgenehmigung umfasste Trommelanlage bisher nicht errichtet habe und dieser Vortrag die Rechtmäßigkeit der Änderungsgenehmigung nicht berühre. Geruchsbelästigungen lägen ebenfalls nicht vor. Solche habe der Antragsgegner nicht feststellen können.

II.

1. Die Beschwerde, soweit der Antragsteller mit seinem Hauptantrag die Änderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses und die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs verfolgt, ist zulässig, aber nicht begründet.

Von der Anlage gehen keine schädlichen Umwelteinwirkungen (§ 3 Abs. 1 BImSchG) in Form von Gerüchen, Schadstoffen oder Lärm aus, die den Antragsteller in seinem Recht aus § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG verletzen. Maßgebend sind insoweit allein die Emissionen und Auswirkungen, die durch die Erweiterung der Anlage nach Maßgabe der Änderungsgenehmigung hervorgerufen werden. Denn die erteilte Änderungsgenehmigung betrifft aus immissionsschutzrechtlicher Sicht reine Erweiterungen, also quantitative Änderungen der bestehenden Anlage. Soweit die Änderungsgenehmigung für bestehende Anlagenteile nunmehr Abluftkamine vorsieht, wird die bereits vorhandene Emissionssituation nicht geändert, so dass es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Änderungsgenehmigung allein auf die Emissionen ankommt, die mit der Erweiterung der Anlage ursächlich verbunden sind. Für die Beurteilung der daraus resultierenden Immissionen ist indes die gesamte Immissionsbelastung einzubeziehen, die auch die von der bisherigen Anlage ausgehenden Emissionen und dadurch hervorgerufene Immissionsbelastung umfasst (vgl. dazu auch BVerwG, Urt. v. 11.2.1977 - IV C 9.75 -, DVBl. 1977, 771; Jarass, BImSchG, 6. Aufl., 2005, § 16, Rn. 19 ff.).

a) Das Beschwerdevorbringen lässt nicht erkennen, dass der Antragsteller unzumutbaren Geruchsbelästigungen ausgesetzt sein wird. Als Entscheidungshilfe, ob Geruchsbelästigungen erheblich im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind, kann das Gericht zunächst die Geruchsimmissions-Richtlinie (nachfolgend GIRL) i. d. F. vom 13. Mai 1998 heranzuziehen, die nach dem Gemeinsamen Runderlass vom 14. November 2000 (Nds. MBl. 2001, S. 224) zur Sicherstellung eines einheitlichen Vollzugs bei der Erteilung von Genehmigungen nach den §§ 4 ff. BImSchG sowie bei der Überwachung nach § 52 BImSchG zugrunde zu legen ist. Dies gilt auch nach ihrem zwischenzeitlichen Außerkraftreten (vgl. dazu Nds. OVG, Urt. v. 3.5.2005 - 1 LB 259/04; Beschl. v. 16.5.2006 - 7 ME 6/06). Des Weiteren ist als Entscheidungshilfe die Neufassung der GIRL vom 21. September 2004 in den Blick zu nehmen, die durch den Gemeinsamen Runderlass vom 30. Mai 2006 (Nds.MBl. S. 657) eingeführt worden ist.

Sowohl die GIRL i. d. F. vom 13. Mai 1998 als auch i. d. F. vom 21. September 2004 enthalten unter Ziffer 3.3 eine sog. Irrelevanzklausel dergestalt, dass die Genehmigung für eine Anlage auch bei Überschreitung der Immissionswerte der GIRL nicht wegen der Geruchsimmissionen versagt werden soll, wenn der von der zu beurteilenden Anlage zu erwartende Immissionsbeitrag (Kenngröße der zu erwartenden Zusatzbelastung) auf keiner Beurteilungsfläche den Wert 0,02 überschreitet. Bei Einhaltung dieses Wertes ist davon auszugehen, dass die Anlage die belästigende Wirkung der vorhandenen Geruchsbelastung nicht relevant erhöht. Mit Blick auf dieses für die Zusatzbelastung geltende Irrelevanzkriterium hat der Antragsgegner der Beigeladenen unter II. 3.12 des Änderungsgenehmigungsbescheides als Auflage aufgegeben, dass der Immissionsbeitrag der nach der GIRL zu beurteilenden Gerüche in der Nachbarschaft auch nach der Inbetriebnahme des wesentlich geänderten Betriebes den Wert von 0,02 (2 % der Jahresstunden) in der benachbarten Wohnbebauung nicht überschreiten darf. Damit ist gewährleistet, dass der Betrieb der Anlage nicht zu erheblichen Geruchsbelästigungen führt. Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, dass die genehmigte Anlage diesen Wert nicht wird einhalten können, auch wenn ein Gutachten nach den von der GIRL vorgegebenen Methoden zur Berechnung der Geruchsbelastung nicht erstellt worden ist.

Denn der Erstellung eines solchen Gutachtens bedurfte es nicht. Gelangt die Behörde zu der Überzeugung, dass der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geruchsbelästigungen sichergestellt ist, bedarf es eines solchen Gutachtens nicht (vgl. die Ausführungen zu Nr. 1 der GIRL in der Anlage 2 zur GIRL in beiden Fassungen). So verhält es sich hier. Der Antragsgegner ist zu der Überzeugung gelangt, dass die von dem Betrieb der Beigeladenen ausgehende Gerüche in der Nachbarschaft bereits in einer Entfernung von 250 m nicht mehr wahrzunehmen sind und insoweit der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen sichergestellt ist (Änderungsgenehmigungsbescheid S. 11). Diese Einschätzung wird durch die acht Immissionskontrollen an verschiedenen Immissionspunkten bestätigt, die jeweils von einem Mitarbeiter des Antragsgegners im Zeitraum vom 13. Oktober bis 18. November 2004 durchgeführt worden sind. Danach haben die Mitarbeiter am Immissionspunkt 1 (beim Antragsteller) sowie den weiteren Immissionspunkten keine Gerüche festgestellt, die ihre Ursache in dem Betrieb der Beigeladenen haben. Der Einwand, die Mitarbeiter seien die Immissionspunkte mit dem Auto abgefahren und hätten daher die vom Betrieb der Beigeladenen ausgehende, 100 m bis 150 m breite Geruchsfahne, die jeweils in Windrichtung liege, nicht ermitteln könne, vermag weder an den Feststellungen des Antragsgegners etwas zu ändern noch zu belegen, dass der in dem Änderungsgenehmigungsbescheid festgelegte Grenzwert beim Grundstück des Antragstellers überschritten wird. Gleiches gilt für die vom Antragsteller vorgelegten Beschwerden seiner Nachbarn über Geruchsbelästigungen.

b) In Bezug auf die vom Antragsteller geltend gemachte Lärmbelastung durch tieffrequenten Schall ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass derartige Beeinträchtigungen, die durch den Betrieb der Beigeladenen verursacht werden sollen, sich nicht feststellen lassen. Das Beschwerdevorbringen führt insoweit zu keiner anderen rechtlichen Bewertung.

Das seinerzeitige NLÖ hat durch nachträgliche Messungen in der Zeit vom 17. Mai bis 3. Juni 2004 in dem Haus des Antragstellers festgestellt, dass sich eine Ursächlichkeit zwischen dem von dem Antragsteller seit dem Sommer 2003 akustisch wahrgenommenen Dauerton und dem Betrieb der Beigeladenen, insbesondere in Bezug auf die von der Änderungsgenehmigung erfassten Anlagenteile, nicht feststellen lässt. Nach dem Messergebnis kann eine Überschreitung von Immissionsricht- oder Anhaltswerten der Technischen Anleitung gegen Lärm vom 26. August 1998 (GMBl. S. 503) - TA Lärm - durch gewerbliche Anlagen nicht nachgewiesen werden. Während des Messzeitraums hat es zwar sieben Abschnitte gegeben, in denen Belästigungen durch tieffrequente Geräuschimmissionen nach Nr. 7.3 Abs. 1 Satz 2 TA Lärm vorliegen könnten. Die Hörschwelle im Frequenzbereich von 8 Hz bis 100 Hz ist jedoch in keinem Abschnitt überschritten. Hieraus folgt, dass schädliche Umwelteinwirkungen durch tieffrequenten Schall nicht zu erwarten sind. Vielmehr - so die Ausführungen im Messbericht des NLÖ vom 1. Juli 2004 - zeigt der ganztätige Verlauf der LTerzeq, 5 min für die Frequenzen 50 Hz bis 100 Hz eher einen für Verkehrslärm typischen Tagesgang mit kurzzeitigen scheinbar zufälligen Schwankungen. Bedenken gegen die Messungen, die das NLÖ unter Beachtung der TA Lärm und der DIN 45680 ("Messung und Bewertung tieffrequenter Geräuschimmissionen in der Nachbarschaft, März 1997, sowie Beiblatt 1: Hinweise zur Beurteilung bei gewerblichen Anlagen, März 1997") durchgeführt und bewertet (vgl. auch Nr. A 1.5 des Anhangs zur TA Lärm) hat, bestehen nicht. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend seine Entscheidung hierauf gestützt und ist folgerichtig nicht auf die Forderung des Antragstellers nach Minderungsmaßnahmen gemäß Nr. 7.3 Abs. 2 der TA Lärm eingegangen.

Die vom Antragsteller vorgelegte Stellungnahme der D. vom 9. Mai 2006 erschüttert dieses Ergebnis nicht, und zwar ungeachtet der Frage, ob eine Berufung hierauf mit Blick auf den Zeitpunkt dieses Beschwerdevorbringens nach Ablauf der Monatsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO nicht bereits ohnehin ausgeschlossen ist. Auch wenn in der Stellungnahme kritisiert wird, dass die Ereignisse (Geräusche) den Schallpegelverläufen nicht zugeordnet sind, kommt sie zu dem (zunächst) eindeutigen Ergebnis, dass "anzunehmen <ist>, dass im vorliegenden Fall keine schädliche Umwelteinwirkung durch Geräusche vorliegt." Die anschließende Aussage, dass aufgrund "der fehlenden Zuordnung zwischen den gemessenen Schallpegeln und möglicher betriebsbedingter Ereignisse aus den benachbarten gewerblichen Anlagen ... aber letztendlich eine schädliche Umwelteinwirkung gemäß BImSchG nicht auszuschließen <ist>", widerspricht der eindeutigen zuvor getroffenen Aussage bzw. relativiert diese, vermag aber nach der Überzeugung des Senats das Ergebnis der Messungen des NLÖ nicht in Zweifel zu ziehen. Denn einer solchen Zuordnung bedarf es nicht, wenn - wie hier - der aufgetretene tieffrequente Schall von seinem Erscheinungsbild gewerblichen Anlagen nicht zuzurechnen ist. Mit dieser Aussage des NLÖ hat sich die vom Antragsteller vorgelegte Stellungnahme nicht aus-einandergesetzt.

Angesichts des Ergebnisses der Messungen des NLÖ kann dahingestellt bleiben, ob während der Messungen tatsächlich sämtliche Anlagen im Betrieb der Beigeladenen abgeschaltet worden sind. Ebenfalls bedarf eines keiner Vertiefung, durch welche Anlagen nach den Behauptungen des Antragstellers die von ihm wahrgenommenen tieffrequenten Geräusche erzeugt werden. Insoweit ist lediglich anzumerken, dass die Behauptung, der tieffrequente Schall werde durch die neu genehmigte Trommelanlage erzeugt, bereits deshalb unzutreffend ist, weil die Beigeladene diese Anlage bisher noch nicht errichtet hat. Die Messungen schließen aber auch aus, dass der tieffrequente Schall von einer anderen, von der Änderungsgenehmigung nicht erfassten Trommelanlage herrührt. Selbst wenn dies der Fall wäre, könnte dieser Umstand jedenfalls der Änderungsgenehmigung nicht entgegen gehalten werden. Den in diesem Zusammenhang gemachten Ausführungen des Antragstellers, der tieffrequente Schall beruhe auf dem Umstand, dass die Beigeladene in den bestehenden Trommelanlagen schwere Metallschrauben von 0,5 m Länge und einem Gewicht von 15 kg bis 20 kg verarbeite, vermag der Senat bereits deshalb nicht zu folgen, da nach dem erstinstanzlichen Vorbringen des Antragtellers diese Aussage nur auf "Hörensagen" beruht und nach den Angaben der Beigeladenen Metallteile von derartiger Größe und einem solchen Gewicht nicht in den bereits vorhandenen Trommelanlagen verarbeitet werden.

Schließlich greift der Einwand, der tieffrequente Schall werde von der TA Lärm nicht erfasst, weil es sich um einen spürbaren Körperschall handele, nicht durch. Die TA Lärm enthält auch für tieffrequente Geräusche im Frequenzbereich unter 90 Hz Regelungen (siehe etwa Nr. 7.3 der TA Lärm und Nr. A.1.5 des Anhangs zur TA Lärm) und erfasst auch das Problem der Körperschallübertragung, wie sich aus Nr. A.1.1.4 und Nr. A.1.3 des Anhangs zur TA Lärm ergibt. Es bedarf entgegen der Auffassung des Antragstellers und den Ausführungen in der Stellungnahme der D. vom 9. Mai 2006 diesbezüglich nicht weiterer Untersuchungen, da Anhaltspunkte für schädliche Umwelteinwirkungen durch Erschütterungseinwirkungen, die Messungen nach der Erschütterungs-Leitlinie des LAI vom 10. bis 12. Mai 2000 erforderlich machen könnten, nicht ersichtlich sind.

c) Schädliche Umwelteinwirkungen zulasten des Antragstellers sind auch nicht durch die vorhabensbedingte Belastung der Luft mit Schadstoffen zu erwarten. Dies gilt für alle vorhabensbedingten Immissionen, unabhängig davon, ob sie ihren Ursprung in abgeleiteten oder diffusen Emissionen haben.

aa) Diese Beurteilung beruht jedoch nicht auf dem Arbeitsplatzmessbericht vom 12./13. Februar 2003, wonach die MAK-Werte bei den bestehenden Anlagen eingehalten werden. Wenn das Verwaltungsgericht hieraus den Schluss zieht, dass auch bei den von der Änderungsgenehmigung erfassten Anlagenteilen die MAK-Werte eingehalten werden und daher für die Nachbarn aufgrund der vorgesehenen Abgasreinigungsanlagen und Kamine unzumutbare Beeinträchtigungen nicht entstehen werden, verkennt es, dass die MAK-Werte keinen Aufschluss darüber geben, ob die für den Schutz der menschlichen Gesundheit maßgebenden Immissionsgrenzwerte eingehalten werden. Denn die MAK-Werte stellen nicht auf eine ständige Exposition ab und berücksichtigen auch nicht das gleichzeitige Auftreten mehrerer Schadstoffe (vgl. dazu Koch, in Landmann/Rohmer, BImSchG, Stand: Mai 2005, § 3, Rn. 104).

bb) Die Anforderungen der in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG enthaltenen Pflicht zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Schadstoffe in der Luft werden durch Nr. 4 der Technischen Anleitung Luft vom 24. Juli 2002 (GMBl. S. 511) - TA Luft - konkretisiert. Nach Nr. 4.2.1 der TA Luft ist der Schutz vor Gefahren für die menschliche Gesundheit durch die in Tabelle 1 bezeichneten luftverunreinigenden Stoffe sichergestellt, wenn die nach Nr. 4.7 der TA Luft ermittelte Gesamtbelastung die in der Tabelle 1 aufgeführten Immissionswerte an keinem Beurteilungspunkt überschreitet. Einer solchen Ermittlung der Gesamtbelastung bedarf es jedoch nach Nr. 4.6.1.1 der TA Luft nicht, wenn die nach Nummer 5.5 der TA Luft abgeleiteten Emissionen (Massenströme) des hier allein maßgeblichen geänderten Teils der Anlage die in Tabelle 7 festgelegten Bagatellmassenströme und die nicht nach Nr. 5.5 der TA Luft abgeleiteten Emissionen (diffuse Emissionen) 10 v. H. der in Tabelle 7 festgelegten Bagatellmassenströme nicht überschreiten.

Hinsichtlich der nach Nr. 5.5 der TA Luft abgeleiteten Emissionen (vgl. dazu auch die Auflage unter II. 3.5 des Änderungsgenehmigungsbescheids) ist für die Schadstoffe Staub, Fluorwasserstoff und Nickel festzustellen, dass die Bagatellmassenströme unterschritten werden und daher eine Ermittlung der Gesamtbelastung nicht erforderlich ist. Nach dem Messbericht der E. vom 8. Mai 2003 (Antragsunterlage 5.2) und der Darstellung der Ergebnisse der Emissionsmessungen (Antragsunterlage 5.3) betragen die Summe der Massenströme für Staub weniger als 31,72 g/h, für Fluorwasserstoff 0,51 g/h und für Nickel 0,954 g/h. Diese Werte unterschreiten die in Tabelle 7 unter Nr. 4.6.1.1 der TA Luft enthaltenen Grenzen der Bagatellmassenströme für Staub von 1 kg/h, für Fluorwasserstoff von 0,15 kg/h und Nickel von 0,025 kg/h deutlich. Für die weiteren von der geänderten Anlage ausgehenden Schadstoffe Cobalt, Kupfer, Zinn, Chlor, Chrom, Chrom(VI)r, Cyanide und Cyanwasserstoff sind unter Nr. 4 der TA Luft zum Schutz der menschlichen Gesundheit Immissionsgrenzwerte nicht aufgeführt mit der Folge, dass dem Antragsteller als Nachbar einer emittierenden Anlage insoweit mit Blick auf die in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG enthaltene Schutzpflicht gegenüber dem Schutz der Allgemeinheit keine weitergehenden Ansprüche zustehen. Vielmehr sind für die Nachbarschaft und die Allgemeinheit gleichermaßen in Bezug auf diese Schadstoffe die Maßgaben der Nr. 5 TA Luft beachtlich, die das in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG enthaltene Vorsorgegebot konkretisieren und grundsätzlich nicht drittschützend sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.5.1982 - 7 C 42.80 -, BVerwGE 65, 313 <320>; Urt. v. 11.12.2003 - 7 C 19.02 -, NVwZ 2004, 610 <611>; Nds. OVG, Beschl. v. 28.3.2006 - 7 ME 159/04 -). Der Senat hat nicht zu entscheiden, ob den unter Nr. 5.2.7.1.1 der TA Luft aufgeführten Werten zur Emissionsbegrenzung krebserzeugender Stoffe - wie der Antragsteller meint - in Abweichung von der genannten Rechtsprechung drittschützende Wirkung zuzuerkennen sind (vgl. dazu Jarass, a. a. O., § 5, Rn. 122), denn durch die unter II. 3.4 des Änderungsgenehmigungsbescheides enthaltene Auflage ist sichergestellt, dass die unter Nr. 5.2 der TA Luft aufgeführten Anforderungen zur Emissionsbegrenzung in Bezug auf die vorliegenden Schadstoffe eingehalten werden und damit dem Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft ausreichend Rechnung getragen wird.

Da jedoch nach den Feststellungen im Ausgangsbescheid von der geänderten Anlage u. a. staubförmige anorganische Stoffe der Klassen II und III und krebserzeugende Stoffe der Klassen I und II ausgehen, wird im Hauptsacheverfahren noch zu prüfen sein, ob eine weitergehende Emissionsbegrenzung mit Blick auf die in Nr. 5.2.2 Abs. 2 Satz 1 der TA Luft und Nr. 5.2.7.1.1 Abs. 2 Satz 1 der TA Luft enthaltenen Regelungen angezeigt ist. Unter diesem Gesichtpunkt erweist sich zwar die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Änderungsgenehmigung noch als offen. Dies rechtfertigt jedoch im vorliegenden Verfahren nicht die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung. Bei der nach § 80 Abs. 5 Satz 1 i. V. m. § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO zu treffenden Abwägung der widerstreitenden Interessen des Antragstellers einerseits und der Beigeladenen andererseits ist zu berücksichtigen, dass keine Anhaltspunkte nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand ersichtlich sind, die der Aufnahme einer solchen weitergehenden Emissionsbegrenzung in die Änderungsgenehmigung im Rahmen der Entscheidung über den Widerspruch entgegenstehen. Denn die nach dem Messbericht der E. vom 8. Mai 2003 ermittelten Massenströme der einzelnen Schadstoffe unterschreiten deutlich die unter Nr. 5.2 der TA Luft jeweils festgelegten Massenstromgrenzen. Angesichts dessen ist eine Gefährdung der menschlichen Gesundheit durch den Betrieb der Beigeladenen nicht zu erwarten, so dass nach Auffassung des Senats das Vollzugsinteresse der Beigeladenen das Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiegt.

Was die diffusen Emissionen betrifft, kann der Antragsteller nicht unter Hinweis auf Nr. 5.1.3 Abs. 2 der TA Luft verlangen, dass sämtliche Emissionen der geänderten Anlage erfasst werden. Nach dieser Regelung sind vermeidbare Abgase an ihrer Entstehungsquelle nur in dem Umfang zu erfassen, "soweit dies mit verhältnismäßigem Aufwand möglich ist". Da die in der Änderungsgenehmigung vorgesehenen Abgasreinigungsanlagen und Kamine dem Stand der Technik entsprechen, ist der Antragsgegner nicht verpflichtet, der Beigeladenen weitere Maßnahmen zur Vermeidung des Entweichens diffus auftretender Dämpfe und Gase durch die Fenster aufzuerlegen. Die Beigeladene ist bereits durch die in der Änderungsgenehmigung unter II. 2.1 und 2.2 enthaltenen Auflagen gehalten, Gase und Dämpfe nicht frei werden zu lassen, soweit dies nach dem Stand der Technik möglich ist; dennoch frei werdende Gase und Dämpfe müssen jedenfalls die in den Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS 900) aufgeführten maximalen Arbeitsplatzkonzentrationswerte bzw. Technische Richtkonzentrationswerte einhalten. Es bedarf im vorliegenden Verfahren keiner Klärung, ob es sich bei den vom Antragsteller beobachteten Dämpfe und Gase, die aus den Fenstern des Betriebs der Beigeladenen entwichen sind, tatsächlich um kondensiertes Wasser, das von den Entfettungsbädern stammt, oder um schadstoffbelastete Luft handelt. Denn angesichts der vorgesehenen Abluftkamine und Abgasreinigungsanlagen ist nicht davon auszugehen, dass die restlichen durch die Fenster entweichenden diffusen Emissionen 10 v. H. der in Tabelle 7 unter Nr. 4.6.1.1 der TA Luft festgelegten Bagatellmassenströme überschreiten.

cc) Ohne Erfolg kann der Antragsteller einwenden, dass die Beigeladene die Abluftkamine und Abgasreinigungsanlagen nicht oder nicht unter Volllast laufen lasse. Denn die Einhaltung der in der Änderungsgenehmigung enthaltenen Regelungen und Auflagen betrifft nicht die Frage ihrer Rechtmäßigkeit. Gleiches gilt für den Vortrag des Antragstellers, die Beigeladene sei unzuverlässig, da sie die Regelungen der Änderungsgenehmigung nicht beachte und sich zudem auf dem Betriebsgelände ein baurechtlich nicht genehmigtes Gebäude befinde. Denn eine Zuverlässigkeitsprüfung ist im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens nicht vorgesehen (vgl. Jarass, a. a. O., § 6, Rn. 2). Insoweit kommen nur nachträgliche Maßnahmen gemäß § 20 Abs. 3 BImSchG in Betracht.

2. Der im Rahmen der Beschwerde vom Antragsteller geltend gemachte Hilfsantrag ist unzulässig. Denn er zielt auf die vorläufige teilweise Untersagung des Betriebs der Beigeladenen ab. Der Antragsteller begehrt mithin den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO. Er weicht damit vom erstinstanzlichen Streitgegenstand ab. Der Senat hat im Beschwerdeverfahren nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nur das Beschwerdevorbringen zu prüfen, dass sich gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO mit der angefochtenen Entscheidung auseinanderzusetzen hat. Antragserweiterungen in entsprechender Anwendung von § 91 VwGO sind demnach im Verfahren der Beschwerde gegen Entscheidungen nach § 80 Abs. 5 VwGO ausgeschlossen (ebenso OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 25.7.2002 - 18 B 1136/02 -, NVwZ-RR 2003, 72; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 1.9.2004 - 12 S 1750/04 -, VBlBW 2004, 483; Kopp/Schenke, 14. Aufl., 2005, § 146, Rn. 33). Da das Beschwerdevorbringen in Bezug auf den vom Verwaltungsgericht behandelten Streitgegenstand keinen Erfolg hat, kommt nach den vom Antragsteller zitierten Beschlüssen des OVG Hamburg vom 2. Oktober 2002 (4 Bs 257/02 - NVwZ 2003, 1529) und vom 22. August 2003 (4 Bs 278/03 - NvwZ-RR 2004, 621) eine Antragserweiterung im Beschwerdeverfahren auch nicht ausnahmsweise in Betracht. Demgegenüber kann sich der Antragsteller nicht darauf berufen, er habe sinngemäß bereits erstinstanzlich eine vorläufige Untersagung des Betriebs der Beigeladenen wegen des von diesem Betrieb ausgehenden tieffrequenten Schalls geltend gemacht. Hiergegen spricht der eindeutige, durch seinen Bevollmächtigten gestellte Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs. Auf die weitere Frage, ob sein diesbezügliches Vorbringen mit Blick auf die Monatsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO ausgeschlossen ist, kommt es nicht an.

Ende der Entscheidung

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