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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 17.08.2005
Aktenzeichen: 8 LA 243/04
Rechtsgebiete: NArchG, VwGO


Vorschriften:

NArchG § 4 VII
NArchG § 4a
VwGO § 124a IV 5
1. Die gesonderte Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung ist nach § 124 a Abs. 4 Satz 5 VwGO i.d. F. des 1. Justizmodernisierungsgesetzes ab dem 1. September 2004 auch dann beim Oberverwaltungsgericht einzureichen, wenn das angefochtene Urteil mit einer abweichenden, § 124 a Abs. 4 Satz 5 VwGO a. F. entsprechenden Rechtsmittelbelehrung vor dem 1. September 2004 verkündet worden ist. Eine solche Rechtsmittelbelehrung ist mit dem 1. September 2004 nicht unrichtig i. S.d. § 58 Abs. 2 VwGO geworden. Dem Rechtsmittelführer, der entsprechend der überholten Rechtsmittelbelehrung die gesonderte Begründung des Zulassungsantrages noch fristgerecht beim Verwaltungsgericht eingereicht hat, kann jedoch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden.

2. Wer seinen Beruf als Geschäftsführer in einer GmbH ausübt, an der er zwar zu 25% beteilligt ist, deren Anteile aber mehrheitlich von berufsfremden Personen gehalten werden, kann nicht "eigenverantwortlich" und demnach auch nicht "freischaffend" als Architekt tätig sein.


Tatbestand:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das der Beklagten am 19. August 2004 zugestellte Urteil ist zwar am 16. September 2004 und damit fristgerecht bei dem Verwaltungsgericht eingelegt, aber nicht innerhalb von zwei Monaten durch Vorlage eines Schriftsatzes beim Oberverwaltungsgericht begründet worden. Dass die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, binnen zwei Monaten darzulegen sind, folgt aus § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Und aus § 124 a Abs. 4 Satz 5 VwGO in der ab dem 1. September 2004 geltenden Fassung des 1. Justizmodernisierungsgesetzes vom 24. August 2004 (BGBl. I S. 2198) ergibt sich, dass diese Begründung, soweit sie - wie hier - nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, nicht mehr - wie bis dahin nach § 124 a Abs. 4 Satz 5 VwGO a. F. - bei dem Verwaltungsgericht, sondern bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen ist. Diese Änderung ist durch Art. 6 Nr. 2a, 14 des 1. Justizmodernisierungsgesetzes ohne Übergangsregelung eingeführt worden und erfasst daher auch laufende Anträge auf Zulassung der Berufung (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 8.10.2004 - 19 A 3946/04 -; VGH München, Beschl. v. 13.10.2004 - 3 ZB 04.2171 -; VGH Mannheim, Beschl. v. 19.10.2004 - 4 S 2142/04 -, VBlBW 2005, 36 f.; a. A. VGH München, Beschl. v. 31.3.2005 - 8 ZB 04.2279 -). Dass Änderungen des Verfahrensrechts mit ihrem In-Kraft-Treten grundsätzlich auch anhängige Rechtsstreitigkeiten erfassen, entspricht den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Prozessrechts (vgl. BVerwG, Beschl. vom 25.2.2005 - 6 PB 9/04 -, NJW 2005, 1449 f., m. w. N. ). Damit darf lediglich kein Fortfall der Statthaftigkeit bereits eingelegter Rechtsmittel verbunden sein (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.3.2005 - 1 BvR 308/05 - ). Dazu führt die Änderung des § 124 a Abs. 4 Satz 5 VwGO in dem hier zu beurteilenden Fall aber nicht. In der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils ist zwar noch der Hinweis darauf enthalten, dass die Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung beim Verwaltungsgericht einzureichen ist. Diese Belehrung entsprach aber § 124 a Abs. 4 Satz 5 VwGO in der zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung geltenden, alten Fassung und war daher zutreffend. Diese Rechtsmittelbelehrung ist nicht nachträglich im Sinne des § 58 VwGO dadurch unrichtig geworden, dass sich innerhalb der laufenden Begründungsfrist die dafür maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen geändert haben (vgl. OVG Münster, a. a.O.; a. A. VGH Mannheim, a. a. O.). Daher verlängerte sich die Frist zur Begründung des Zulassungsantrags auch nicht etwa wegen einer fehlerhaften Belehrung gemäß § 58 Abs. 2 VwGO auf ein Jahr. Die im normalen Geschäftsgang vom Verwaltungsgericht an das Oberverwaltungsgericht weitergeleitete Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung ist beim Oberverwaltungsgericht erst am 20. Oktober 2004 und damit - das Urteil war am 19. August 2004 zugestellt worden - um einen Tag verspätet eingegangen.

Der Beklagten ist jedoch gem. § 60 VwGO Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Begründung des Zulassungsantrags zu gewähren. Die anwaltlich vertretene Beklagte war bei den gegebenen Umständen unverschuldet verhindert, die gesetzliche Frist einzuhalten. Sie hat ihre Begründung entsprechend der ursprünglich zutreffenden Rechtsmittelbelehrung des Verwaltungsgerichts dort eingereicht. Auf die Richtigkeit einer solchen Belehrung kann auch ein Rechtsanwalt grundsätzlich vertrauen. Inwieweit er ungeachtet einer solchen Rechtsmittelbelehrung dazu verpflichtet ist, gesetzliche Änderungen des maßgeblichen Verfahrensrechts nach Urteilsverkündung zu verfolgen, kann hier dahin stehen. Jedenfalls musste er nicht damit rechnen, dass "der Gesetzgeber ganz kurzfristig ohne Übergangsfristen die formalen Anforderungen an die Begründung eines Rechtsmittels innerhalb einer laufenden Frist zur Einlegung und Begründung eines solchen Rechtsmittels ändert" (vgl. VGH München, Beschl. v. 13.10.2004 - 3 ZB 04.2171 -, m. w. N.). Es kann deshalb offen bleiben, ob darüber hinaus auch eine Fristversäumnis, die auf der hier abgelehnten, aber in der genannten obergerichtlichen Rechtsprechung z.T. geteilten Annahme beruht, Übergangsfälle seien von der Änderung des § 124 a Abs. 4 Satz 5 VwGO durch das 1. Justizmodernisierungsgesetz ausgenommen, als "unverschuldet" anzusehen ist. Da auch die weiteren Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegeben sind, war der Beklagten Wiedereinsetzung in den versäumte Begründungsfrist zu gewähren. Ihr Antrag auf Zulassung der Berufung ist daher fristgerecht begründet worden und auch im Übrigen zulässig.

Er ist jedoch unbegründet, da die geltend gemachten Voraussetzungen der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 VwGO nicht gegeben sind.

Es bestehen im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, den Kläger in ihrer Architektenliste mit der Beschäftigungsart "freischaffend" zu führen.

Die Beklagte nimmt an, dass es nur für die Eintragung in die Architektenliste selbst eines Antrages gemäß § 4 Abs. 1 NArchtG bedürfe. Dieser Antrag beziehe sich aber nicht darauf, mit welcher Beschäftigungsart im Sinne des § 4 Abs. 7 Satz 1 NArchtG der Antragsteller in die Architektenliste eingetragen werde. Hierüber entscheide nach den in § 4 Abs. 7 NArchtG genannten Kriterien allein der gemäß § 22 NArchtG gebildete Eintragungsausschuss der Beklagten. Er sei deshalb berechtigt und verpflichtet, bei Änderungen der Beschäftigungsart eines in die Architektenliste Eingetragenen diese Beschäftigungsart von Amts wegen, d.h. auch gegen den Willen des Betroffenen zu ändern. Ob diese Ansicht zutrifft und auf welche Rechtsgrundlage eine solche Änderung der eingetragenen Beschäftigungsart von Amts wegen zu stützen ist, kann hier offen bleiben.

Voraussetzung für ein solches Vorgehen ist jedenfalls, dass sich die Beschäftigungsart auch tatsächlich geändert hat. Hieran mangelt es vorliegend. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass der Kläger unverändert "angestellt" und nicht "freischaffend" tätig ist.

Diese beiden und die zwei weiteren in § 4 Abs. 7 Satz 1 NArchtG aufgeführten Beschäftigungsarten lassen sich sinngemäß in den beiden Gruppen der selbständig und der unselbständig Beschäftigten zusammenfassen. Eine selbständige Beschäftigung kann "freischaffend" oder "baugewerblich" erfolgen, eine unselbständige Tätigkeit wird "beamtet" oder "angestellt" wahrgenommen. Legal definiert ist in Niedersachsen von diesen vier Beschäftigungsarten lediglich der hier streitige Zusatz "freischaffend". Darunter ist nach § 4 Abs. 7 Satz 2 NArchtG die eigenverantwortliche und unabhängige Ausübung des Berufes zu verstehen. Eigenverantwortlich tätig ist gemäß § 4 Abs. 7 Satz 3 NArchtG, wer seine berufliche Tätigkeit unmittelbar selbständig oder als Gesellschafterin oder Gesellschafter ausübt. Eine unabhängige Tätigkeit setzt nach § 4 Abs. 7 Satz 4 NArchtG voraus, dass bei der Ausübung der Berufstätigkeit weder eigene noch fremde Produktions-, Handels- oder Lieferinteressen verfolgt werden, die unmittelbar oder mittelbar im Zusammenhang mit der Berufstätigkeit stehen. Das in § 4 Abs. 7 Satz 3 NArchtG definierte Merkmal der "Eigenverantwortlichkeit" dient daher der Abgrenzung einer selbständigen Tätigkeit von einer unselbständigen Beschäftigung, während durch § 4 Abs. 7 Satz 4 NArchtG die beiden selbständigen Beschäftigungsarten "freischaffend" einerseits und "baugewerblich" andererseits voneinander abgegrenzt werden. Auf eine ausdrückliche Definition der Beschäftigungsarten "angestellt", "beamtet" oder "baugewerblich tätig" hat der Gesetzgeber hingegen bewusst verzichtet.

Mit der Einführung der hier streitigen Regelung des § 4 Abs. 7 Satz 3 NArchtG durch Gesetz vom 4. Februar 2003 (Nds. GVBl. S. 52), wonach die für den Zusatz "freischaffend" erforderliche eigenverantwortliche Tätigkeit nicht nur bei der unmittelbaren selbständigen Wahrnehmung von Aufgaben eines Architekten gegeben ist, sondern auch bei der Ausübung "als Gesellschafter", hat der Gesetzgeber im Jahr 2003 offenkundig auf die in neuerer Zeit erweiterten Formen des beruflichen Zusammenschlusses von Architekten reagiert. So besteht neben dem seit jeher praktizierten Zusammenschluss von selbständig tätigen Architekten in der Form einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts seit In-Kraft-Treten des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes (PartGG) vom 25. Juli 1994 (BGBl. I S. 1744), zuletzt geändert durch Gesetz vom 10.12.2001 (BGBl. I S. 3422), für Architekten die Möglichkeit, den Beruf in einer Partnerschaft gemeinsam mit Angehörigen auch anderer freier Berufe, insbesondere etwa Ingenieuren, auszuüben. § 1 Abs. 2 Satz 1 PartGG stellt klar, dass in einer solchen Partnerschaft die Angehörigen der freien Berufe ihre Tätigkeit persönlich, eigenverantwortlich und fachlich unabhängig zu erbringen haben. Dass ein Architekt als "Gesellschafter" einer solcher Partnerschaft auch die für die Eintragung als "freischaffend" erforderliche "Eigenverantwortlichkeit" aufweist, unterliegt daher keinem Zweifel. Gleiches lässt sich allerdings nicht ohne weiteres für die Tätigkeit von Architekten sagen, die ihren Beruf in einer Kapitalgesellschaft, nämlich einer Aktiengesellschaft, einer Kommanditgesellschaft auf Aktien oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ausüben. Architekten ist die Berufsausübung in einer Kapitalgesellschaft zwar berufsrechtlich (und auch im Übrigen) erlaubt. Dies folgt jedenfalls aus der Möglichkeit, dass diese Kapitalgesellschaften unter den in § 4 a NArchtG genannten Voraussetzungen selbst in eine sog. Gesellschaftsliste eingetragen werden können und dann gem. § 1 a NArchtG berechtigt sind, in ihrer Firma die nach § 1 Abs. 1 NArchtG geschützte Berufsbezeichnung "Architekt" zu führen. Wenn Architekten an einer solchen Kapitalgesellschaft als Gesellschafter beteiligt sind, ist in Ermangelung einer § 1 Abs. 2 PartGG vergleichbaren Bestimmung damit aber noch nicht schon ihre eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Berufsausübung gewährleistet. Es ist auch nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber Architekten in Kapitalgesellschaften unter erleichterten Voraussetzungen Zugang zu dem Zusatz "freischaffend" verschaffen will, es dafür also allein auf die Gesellschafterstellung ankommen soll. Vielmehr sollen sich Architekten auch in Kapitalgesellschaften lediglich unter gleichen Voraussetzungen, wie sie für andere Architekten gelten, so bezeichnen dürfen. Als "Gesellschafter" i. S. d. § 4 Abs. 7 Satz 3 NArchtG kann ein Architekt, der seinem Beruf in einer Kapitalgesellschaft nachgeht, an der er beteiligt ist, daher nur dann angesehen werden, wenn er dort ebenso wie ein "unmittelbar selbständig" tätiger Architekt seinen Beruf in einem Maße eigenverantwortlich ausübt, das es rechtfertigt, den Zusatz "freischaffend" zu führen. Er muss sich also mit anderen Worten der Kapitalgesellschaft bedienen, um auf diese Weise mittelbar selbständig berufstätig zu sein (vgl. OVG Bremen, Beschl. v. 4.9.2000 - 1 A 303/00 -).

Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass dafür bereits dem Wortlaut nach eine Tätigkeit als "Gesellschafter" erforderlich ist. Nur dann, nicht aber bei einer Tätigkeit als Geschäftsführer oder sonstiger Angestellter kann nämlich grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass einem Architekten eine eigenverantwortliche, fachlich unabhängige und auch nicht in sonstiger Weise gebundene Erbringung seiner berufstypischen Dienstleistung möglich ist. Die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen danach auch ein als Geschäftsführer tätiger Mitgesellschafter - wie der Kläger - eigenverantwortlich im Sinne des § 4 Abs. 7 Satz 3 NArchtG tätig sein kann, kann und muss vorliegend nicht abschließend geklärt werden. Jedenfalls setzt dies voraus, dass der Mitgesellschafter seine Berufsaufgaben unbeeinflusst durch Rechte berufsfremder Dritter innerhalb der Gesellschaft oder Rechte Dritter außerhalb der Gesellschaft wahrnehmen kann (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 des Saarländischen Architekten- und Ingenieurkammergesetzes vom 18. Februar 2004 (Saarl.Abl. 2004, S. 822)). Eine solche unbeeinflusste Wahrnehmung seiner Architektenaufgaben innerhalb der ACI Ingenieurgesellschaft mbH ist dem Kläger jedoch nicht möglich. Seiner beruflichen Tätigkeit als Architekt geht er dort als Geschäftsführer auf Grund des mit der ACI Ingenieurgesellschaft mbH (i. G.) im Oktober 2002 geschlossenen Vertrages und nicht als Gesellschafter nach. Dabei unterliegt er den sich für einen Geschäftsführer aus dem GmbH-Gesetz und ergänzend dem Gesellschaftsvertrag der ACI Ingenieurgesellschaft mbH vom 29. Januar 2003 ergebenden Beschränkungen. So bedarf er in zahlreichen, in § 1 Abs. 6 des Geschäftsführervertrages aufgeführten Fällen der Zustimmung der Gesellschafterversammlung, u. a. bereits bei Anschaffungen oder Kreditaufnahmen, die einen Wert von 5.000 EUR überschreiten. Außerdem kann er als Geschäftsführer ungeachtet seiner Stellung als Gesellschafter gemäß § 5 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrages aus wichtigem Grund abberufen werden. Hiervor schützt ihn auch seine gesellschaftsrechtliche Minderheitsbeteiligung von 25 % nicht, da die übrigen 75 % der Gesellschaftsanteile in den Händen berufsfremder Dritter liegen und deren Stimmmehrheit für die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer ausreicht. Über diese gesellschaftsrechtlichen Bindungen hinaus hat er in seiner Berufstätigkeit als Geschäftsführer letztlich den Vorgaben der anderen Gesellschafter nachzukommen, so dass es ihm schon deshalb an der nach § 7 Abs. 4 Satz 3 NArchtG für eine "freischaffende" Tätigkeit erforderlichen Eigenverantwortlichkeit fehlt. Ferner spricht gegen eine "freischaffende" Tätigkeit und für eine Tätigkeit des Klägers als Angestellter, dass er im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV als sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter angesehen worden ist. Nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 des Brandenburgischen Architektengesetzes vom 7. April 1997 (GVBl. I S. 20), geändert durch Gesetz vom 26. November 1998 (GVBl. I S. 218, 220), das ebenfalls vier Beschäftigungsarten eines Architekten - freischaffend, gewerblich, angestellt und im öffentlichen Dienst tätig - kennt, aber im Gegensatz zum niedersächsischen Recht alle vier legal definiert, ist "angestellt" tätig, wer seinen Beruf ... in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis ausübt. Auch wenn im Niedersächsischen Architektengesetz eine solche Definition fehlt und die Einstufung durch den zuständigen Sozialversicherungsträger danach für die Beklagte nicht bindend ist, so kommt ihr doch zumindest Indizwirkung für eine Beschäftigung des Klägers als "angestellt" i. S. d. § 4 Abs. 7 Satz 1 NArchtG zu, zumal § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV gerade eine gesonderte Überprüfung des Vorliegens einer sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigung für den Fall vorschreibt, dass der "Beschäftigte geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist." Gegen eine Eigenverantwortlichkeit des Klägers i. S. d. § 7 Abs. 4 Satz 3 NArchtG ist weiterhin anzuführen, dass er an dem wirtschaftlichen Erfolg seiner Tätigkeit in der Gesellschaft nicht vorrangig über seinen gesellschaftsrechtlichen Gewinnanteil teil hat, sondern vorab wie ein gesellschaftsfremder Geschäftsführer ein festes Gehalt bezieht.

Die Systematik des Niedersächsischen Architektengesetzes unterstreicht die Annahme, dass der Kläger vorliegend mangels Eigenverantwortlichkeit nicht "freischaffend" tätig ist. Eine eigenverantwortliche Berufsausübung als "Gesellschafter" im Sinne des § 4 Abs. 7 Satz 3 NArchtG setzt nämlich zumindest einen bestimmenden Einfluss des Architekten als Gesellschafter voraussetzt und ist daher in einer Kapitalgesellschaft nur möglich, wenn sie die Voraussetzungen für die Eintragung in die Gesellschaftsliste nach § 4 a Abs. 1 NArchtG erfüllt (vgl. in diesem Sinne auch § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 des Saarländischen Architekten- und Ingenieurkammergesetzes). Nur wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, geht der Niedersächsische Gesetzgeber davon aus, dass Architekten innerhalb einer solchen Kapitalgesellschaft einen Einfluss haben, der es rechtfertigt, dass auch die Gesellschaft selbst die nach § 1 Abs. 1 NArchtG geschützte Bezeichnung "Architekt" in der Firma führen darf. Dazu müssen Architektinnen und Architekten im Sinne von § 1 Abs. 1 NArchtG nach § 4 a Abs. 1 Nr. 5 NArchtG mindestens die Hälfte des Kapitals und der Stimmanteile auf ihren Namen lautend innehaben. Erfüllt eine Kapitalgesellschaft - wie vorliegend die ACI Ingenieurgesellschaft mbH, in der der Kläger tätig ist - diese Voraussetzungen nicht, so ist nicht ersichtlich, wie ein darin tätiger Minderheitsgesellschafter gleichwohl eigenverantwortlich, also unbeeinflusst durch Rechte berufsfremder Dritter, seinen Beruf soll ausüben können. Ebenso unverständlich wäre es, warum ein in solcher Weise als Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft tätiger Minderheitsgesellschafter sich gemäß § 24 Abs. 2 Nr. 4 NArchtG gegen Haftpflichtgefahren ausreichend versichern müsste. Bei einer Tätigkeit des Geschäftsführers für die Gesellschaft werden die Gesellschaft und der jeweilige Auftraggeber Vertragspartner, nicht aber der Geschäftsführer und der Auftraggeber. Etwaige Schadenersatzansprüche des Auftraggebers richten sich daher gegen die Gesellschaft. Zum Schutz des Auftraggebers hat daher die Gesellschaft - wie dies in § 4 a Abs. 2 NArchtG als Eintragungsvoraussetzungen in die Gesellschaftsliste auch vorgesehen ist - eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen, nicht aber der Geschäftsführer selbst.

Schließlich entspricht auch allein die aufgezeigte Auslegung dem vorrangigen Sinn und Zweck des Zusatzes "freischaffend". Dem Verwaltungsgericht ist darin zu folgen, dass damit zum Schutz der als Auftraggeber in Betracht kommenden Bauherren ein besonderes Qualitätsmerkmal herausgestellt werden soll, nämlich die Aufgabenwahrnehmung ausschließlich im Interesse des jeweiligen Auftraggebers und unabhängig von den Einflüssen und speziellen Interessen insbesondere berufsfremder Dritter. Dies wäre jedoch nicht gewährleistet, wenn man es - wie die Beklagte - für eine freischaffende Tätigkeit ausreichen ließe, wenn ein Architekt seiner Tätigkeit als Minderheitsgesellschafter in einer von berufsfremden Dritten beherrschten Kapitalgesellschaft nachgeht.

Mangels notwendiger Eigenverantwortlichkeit ist der Kläger daher nicht selbständig als freischaffender Architekt tätig. Er übt seinen Beruf auch nicht als Beamter aus. Daher ist er in der Architektenliste weiterhin mit dem Zusatz "angestellt" zu führen. Dies hat bereits das Verwaltungsgericht so entschieden. An der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils bestehen deshalb keine ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Ebenso wenig kann die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen werden. Dazu fehlt es schon an der nach § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO notwendigen Herausarbeitung einer Frage von allgemeiner Bedeutung, die im Rechtsmittelverfahren entscheidungserheblich ist und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts einer fallübergreifenden Klärung in einem Berufungsverfahren bedarf. Eine solche entscheidungserhebliche Frage von allgemeiner Bedeutung ist vorliegend auch nicht ersichtlich. Auch ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens kann aus den vorgenannten Gründen die hier allenfalls entscheidungserhebliche Frage verneint werden, ob ein Architekt, der seinen Beruf als Geschäftsführer in einer Kapitalgesellschaft ausübt, an der er zwar zu 25 % beteiligt ist, deren Geschäftsanteile aber mehrheitlich von berufsfremden Dritten gehalten werden, im Sinne von § 4 Abs. 7 NArchtG "freischaffend" tätig sein kann.

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