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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 14.06.2006
Aktenzeichen: 9 ME 187/06
Rechtsgebiete: AufenthG


Vorschriften:

AufenthG § 25 Abs. 3 S. 1
AufenthG § 60 Abs. 2
1) Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG wegen im Zielstaat drohender Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG setzt eine positive Entscheidung des Bundesamts voraus.

2) Die Ausländerbehörde hat zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse nicht zu prüfen.


Gründe:

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass der Antragsteller von dem Antragsgegner eine erneute Verlängerung der ihm im Wege des Ehegattennachzugs gemäß § 31 Abs. 1 AuslG am 2. Dezember 2004 erteilten, letztmalig bis zum 31. Januar 2006 verlängerten Aufenthaltsbefugnis als Aufenthaltserlaubnis nicht erfolgreich verlangen kann, weil seine Ehefrau keinen Aufenthaltstitel mehr besitzt, ihm mangels mindestens zweijährigen rechtmäßigen Bestehens der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet und wegen des Bezugs laufender Leistungen zum Lebensunterhalt ein eigenständiges Aufenthaltsrecht nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG nicht zusteht und auch die Voraussetzungen des § 25 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen nicht erfüllt sind. Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Überprüfung sich der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, führt zu keiner anderen Beurteilung.

Der Antragsteller macht geltend, das Verwaltungsgericht habe das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG nicht geprüft, jedenfalls könne dem Beschluss eine solche Prüfung nicht entnommen werden. Indes könne keinesfalls ausgeschlossen werden, dass ihm nach Rückkehr bzw. nach Abschiebung in den Irak die Gefahr der Folter drohe. Es gebe immer wieder Berichte darüber, dass Personen nach Rückkehr in den Irak gefoltert worden seien. Gerade die Willkür dahingehend, dass nicht erkennbar sei, warum bestimmte Personen gefoltert würden, andere nicht, mache dies auch für ihn zu einer konkreten Gefahr. Auch Abschiebungshindernisse aus § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. der EMRK lägen vor. Denn gegen die Menschenwürde, die Religions- und Glaubensfreiheit und den Schutz der Privatsphäre werde im Irak fast permanent verstoßen. Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 AufenthG seien ebenfalls erfüllt. Die tägliche Berichterstattung in den Medien verdeutliche die im Irak bestehende konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit, die nicht auf bestimmte Personengruppen beschränkt, landesweit und allgegenwärtig sei. Von einer inneren Sicherheit könne nicht gesprochen werden.

Mit diesem Vorbringen kann der Antragsteller nicht durchdringen. Denn die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG wegen im Zielstaat drohender Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG setzt eine positive Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge über das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der in Bezug genommenen Absätze des § 60 AufenthG voraus. Dem Gesetzeszweck einer sachgemäßen Aufgabenverteilung zwischen Bundesamt und Ausländerbehörden liefe es zuwider, würde man letzteren die Entscheidung über das Vorliegen zielstaatsbezogener Gefahren zuweisen. Fehlt es - wie hier - an einer Entscheidung des Bundesamtes über das Vorliegen von zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten, kann darüber nicht an dessen Stelle die Ausländerbehörde befinden. Denn die Ausländerbehörde hat nur zu prüfen, ob bei einer Vollstreckung der Ausreisepflicht ein geschütztes Rechtsgut des Ausländers im Bundesgebiet verletzt würde ("inlandsbezogene" Vollstreckungshindernisse). Sie ist zuständig für die Durchführung der Abschiebung und damit insbesondere für die Entscheidung, ob die Abschiebung des Ausländers aus persönlichen Gründen nicht, noch nicht oder so nicht durchgeführt werden kann. Die Entscheidung über alle zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisse obliegt hingegen ausschließlich dem Bundesamt, an das sich der Betroffene, dem insoweit kein "Wahlrecht" eingeräumt ist, wenden muss, macht er zwecks Erlangung eines humanitären Bleiberechts in Wahrheit materiell Asylgründe geltend (zum Ausländergesetz: BVerwG, Urt. v. 11.11.1997 - 9 C 13.96 - BVerwGE 105, 322 = NVwZ 1998, 526 = DVBl 1998, 282 = InfAuslR 1998, 121 = AuAS 1998, 77 sowie Urt. v. 25.11.1997 - 9 C 58.96 - BVerwGE 105, 383 = DVBl 1998, 284 = AuAS 1998, 62 = InfAuslR 1998, 189 = NVwZ 1998, 524 = Buchholz 402.240 § 53 AuslG 1990 Nr. 10; zum Aufenthaltsgesetz: Urt. v. 22.11.2005 - 1 C 18.04 - DVBl 2006, 517 = ZAR 2006, 139 sowie Beschl. v. 3.3.2006 - 1 B 126.05 - Veröffentlichung angekündigt).

Ende der Entscheidung

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