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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 29.01.2008
Aktenzeichen: 9 ME 451/07
Rechtsgebiete: Spielgerätesteuersatzung, GewO, NKAG


Vorschriften:

Spielgerätesteuersatzung § 1 Satz 2
Spielgerätesteuersatzung § 4
Spielgerätesteuersatzung § 4 Abs. 2
Spielgerätesteuersatzung § 5
Spielgerätesteuersatzung § 5 Abs. 1
Spielgerätesteuersatzung § 5 Abs. 2
Spielgerätesteuersatzung § 5 Abs. 2 Nr. 1
Spielgerätesteuersatzung § 5 Abs. 2 Nr. 2
Spielgerätesteuersatzung § 5 Abs. 2 Nr. 3
Spielgerätesteuersatzung § 5 Abs. 2 Nr. 4
Spielgerätesteuersatzung § 5 Abs. 2 Nr. 2
GewO § 33e
NKAG § 2 Abs. 1 Satz 2
Festsetzung der Vergnügungssteuer für einen in einer Spielhalle aufgestellten Computer mit der Möglichkeit zur Nutzung des Internets.
Gründe:

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Heranziehung zur Vergnügungssteuer für von ihr in einer Spielhalle aufgestellte Spielgeräte.

Nach § 1 Satz 2 der Spielgerätesteuersatzung der Antragsgegnerin ist Gegenstand dieser Steuer die entgeltliche Benutzung von Spiel-, Geschicklichkeits- und Unterhaltungsapparaten und -automaten einschließlich der Apparate und Automaten zur Ausspielung von Geld und Gegenständen (Spielgeräte) in Spielhallen und die entgeltliche Benutzung von Computern und elektronischen multifunktionalen Bildschirmgeräten in Spielhallen, ähnlichen Unternehmen im Sinne von § 33e GewO und an allen anderen Aufstellorten, soweit sie der Öffentlichkeit im Satzungsgebiet zugänglich sind, die das Spielen am Einzelgerät oder kabelgebunden und nichtkabelgebunden mit anderen Geräten oder im Internet ermöglichen.

Die Steuersätze sind in § 5 der Spielgerätesteuersatzung wie folgt festgelegt:

(1) Der Steuersatz für den Betrieb von Spiel-, Geschicklichkeits- und Unterhaltungsapparaten und -automaten bezogen auf einen Kalendermonat beträgt für Geräte mit Gewinnmöglichkeit pro Apparat 10 v. H. des Einspielergebnisses.

(2) Der Steuersatz für Geräte ohne Gewinnmöglichkeit beträgt je Apparat und Kalendermonat für:

1. Musikautomaten 16,00 €

2. Sonstige Geräte ohne Gewinnmöglichkeit

a) bei Aufstellung in Gaststätten, Kantinen oder ähnlichen Räumen 21,00 €

b) bei Aufstellung in Spielhallen 52,00 €

3. Sonstige Geräte ohne Gewinnmöglichkeit, mit denen sexuelle Handlungen oder Gewalttätigkeit dargestellt werden oder die eine Verherrlichung oder Verharmlosung des Krieges Gegenstand haben 500,00 €

4. Geräte oder Apparate, die der sportlichen Tätigkeit dienen, und Geräte mit oder ohne Gewinnmöglichkeit, soweit die Benutzung der Geräte von der Zahlung eines Entgeltes abhängig ist (Dart-Wurfspiele, Pool-Billard, Fußballkicker u. a.) 17,00 €

Mit Bescheid vom 21. März 2007 setzte die Antragsgegnerin die Spielgerätesteuer für drei von der Antragstellerin in ihrer Spielhalle aufgestellte Geräte ohne Gewinnmöglichkeit - darunter einen Computer mit Internetanschluss - auf monatlich 156,00 € und für ein Gerät, das der sportlichen Betätigung dient, auf monatlich 17,00 €, mithin auf einen auch für die Folgemonate geltenden Gesamtbetrag in Höhe von 173,00 € fest. Dagegen hat die Antragstellerin Klage erhoben (3 A 205/07).

Auf ihren Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. März 2007 bezüglich der Geräte ohne Gewinnmöglichkeit insoweit angeordnet, als monatlich mehr als 121,00 € Spielgerätesteuer ab März 2007 angefordert werden, und im Übrigen den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt. Das Verwaltungsgericht hat die teilweise Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage damit begründet, dass es der Spielgerätesteuersatzung im Hinblick auf die Besteuerung des Internet-PC als Spielgerät ohne Gewinnmöglichkeit an der hinreichenden Bestimmtheit von Steuertatbestand und Steuersatz mangele. Aus der Satzung ergebe sich nicht mit Eindeutigkeit, welche konkrete Nutzung des PC bei welchem Steuersatz "insoweit Anwendung finden soll". Zur konkreten Nutzung der von § 1 Satz 2 der Spielgerätesteuersatzung erfassten Computer sei eine Regelung nicht vorhanden. Es sei nicht nachzuvollziehen, weshalb die Antragsgegnerin einen Computer als "sonstiges Gerät ohne Gewinnmöglichkeit" im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 2 Spielgerätesteuersatzung ansehe. Es sei gerichtsbekannt, dass Computer mit Zugang zum Internet durchaus auch für Spiele mit Gewinnmöglichkeit (z. B. Online-Poker) genutzt werden könnten. Darüber hinaus sei über das Internet auch der Zugang zu "Spielen" möglich, mit denen sexuelle Handlungen oder Gewalttätigkeit dargestellt werden oder die eine Verherrlichung oder Verharmlosung des Krieges zum Gegenstand hätten. Auch könnte in der Spielhalle lokal ein Gewinnspiel durchgeführt werden.

Dagegen macht die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde geltend, der Steuertatbestand und der Steuersatz für den Internet-PC seien hinreichend bestimmt. Es handele sich dabei nämlich um ein Gerät ohne Gewinnmöglichkeit nach § 5 Abs. 2 der Spielgerätesteuersatzung.

Die Beschwerde hat Erfolg.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts genügt die Spielgerätesteuersatzung der Antragsgegnerin dem aus dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung abgeleiteten Bestimmtheitsgebot. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 NKAG soll die Satzung den Kreis der Abgabenschuldner, den die Abgabe begründenden Tatbestand, den Maßstab und den Satz der Abgabe sowie die Entstehung und den Zeitpunkt der Fälligkeit der Schuld bestimmen. Die Satzungsregelung ist so bestimmt zu fassen, wie dies nach der Eigenart des zu regelnden Sachverhalts und mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist (vgl. Beschluss des BVerfG vom 26.9.1978 - 1 BvR 525/77 - BVerfGE 49, 168 = NJW 1978, 2446 = DÖV 1978, 918). Die Abgabenbelastung auf Grund der Satzung muss tatbestandsmäßig und der Höhe nach im Voraus ermittelbar sein, darf also nicht in das Ermessen der Erhebungsstelle gestellt sein (BVerfG, Beschluss vom 10.10.1961 - 2 BvL 1/59 - BVerfGE 13,153; Rosenzweig/Freese, NKAG, Stand: August 2007, § 2 Rdnr. 11 m. w. N.). Der Normgeber darf dabei auch im Bereich des Steuerrechts unbestimmte Rechtsbegriffe verwenden, ohne das Bestimmtheitsgebot zu verletzen. Allein die Notwendigkeit der Auslegung nimmt einer normativen Begriffsbestimmung noch nicht die Bestimmtheit, die der Rechtsstaat vom Gesetz fordert (vgl. Urteil des OVG Lüneburg vom 15. Februar 1989 - 13 C 2/87 - NVwZ 89, 591, 593 m. w. N.).

Diesen Anforderungen trägt die Spielgerätesteuersatzung der Antragsgegnerin hinreichend Rechnung, soweit es um Steuergegenstand und Steuersätze für Internet-PC`s der von der Antragstellerin aufgestellten Art geht.

Die Spielgerätesteuersatzung der Antragsgegnerin regelt mit der erforderlichen Bestimmtheit, dass Internet-PC`s dem Grunde nach der Spielgerätesteuer unterfallen. In § 1 Satz 2 der Spielgerätesteuersatzung ist die entgeltliche Benutzung von Computern, soweit sie der Öffentlichkeit im Satzungsgebiet zugänglich sind und "das Spielen am Einzelgerät oder kabelgebunden und nichtkabelgebunden mit anderen Geräten oder im Internet ermöglichen", ausdrücklich als Steuergegenstand bezeichnet. Demgegenüber sind Internet-PC`s in einer Konfiguration, die das Spielen unmöglich machen, von der Steuerpflicht nicht erfasst. Damit grenzt der Satzungsgeber den Steuergegenstand hinreichend deutlich und bestimmt ein. Diese Abgrenzung führt zugleich dazu, dass Computer, die gleichsam multifunktional nicht nur zum Spielen - offline oder online - eingesetzt werden, sondern auch Musik abspielen können bzw. mit denen man Musik von entsprechenden Internetportalen auf den Computer laden kann und mit dessen Hilfe sexuelle Handlungen, Gewalttätigkeiten und eine Verherrlichung oder Verharmlosung des Krieges dargestellt werden können, der Besteuerung nicht entgehen. Eine Einschränkung auf Computer in einer Konfiguration, die ausschließlich das Spielen ermöglicht, findet sich in der Satzung nicht. Dass der Computer im Regelfall auch zu anderen Zwecken als zum Spielen genutzt werden kann, steht der Vergnügungssteuererhebung von daher nicht entgegen.

Der Steuersatz für einen in einer Spielhalle aufgestellten Internet-PC ist in der Spielgerätesteuersatzung der Antragsgegnerin ebenfalls hinreichend bestimmt. Der Senat teilt die Auffassung der Antragsgegnerin, dass ein Computer mit Internetzugang, wie er in der Spielhalle der Antragstellerin aufgestellt ist, der Kategorie der Spielgeräte ohne Gewinnmöglichkeit in § 5 Abs. 2 Nr. 2 Spielgerätesteuersatzung unterfällt. Es handelt sich bei ihm nicht um ein Spielgerät mit Gewinnmöglichkeit im Sinne von § 5 Abs. 1 der Satzung.

Bei der Unterscheidung zwischen Spielgeräten ohne Gewinnmöglichkeit im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 2 Spielgerätesteuersatzung und solchen mit Gewinnmöglichkeit im Sinne von § 5 Abs. 1 der Satzung kommt es nicht auf eine lediglich vermittelte, sondern auf eine unmittelbare Gewinnmöglichkeit an. Im erstgenannten Fall bietet nämlich nicht das Spielgerät selbst die Gewinnmöglichkeit. Diese ist dem Betreiber des Spielgeräts dann nicht zurechenbar. Eine solche unmittelbare Gewinnmöglichkeit besteht bei Computern mit Internetzugang indes nicht. Soweit der Computerbenutzer diesen nämlich für Spiele mit Gewinnmöglichkeit wie Online-Poker einsetzt, ist gerichtsbekannt, dass er dafür in der Regel einen von der Computernutzung unabhängigen Vertrag mit dem jeweiligen Spieleanbieter schließen muss. An diesem Vertrag ist der Betreiber des Computers - hier die Antragstellerin - regelmäßig nicht zwingend beteiligt. Diese Auslegung wird auch durch den in § 4 der Spielgerätesteuersatzung niedergelegten Steuermaßstab für Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit bestätigt. Denn bei Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeit ist Steuermaßstab das Einspielergebnis im Sinne von § 4 Abs. 2 der Spielgerätesteuersatzung, d. h. der Betrag der elektronisch gezählten Bruttokasse. Eine solche elektronisch gezählte Bruttokasse fehlt jedoch bei Computern mit Internetzugang, sofern sie für Online Spiele mit Gewinnmöglichkeit eingesetzt werden. Denn der Einsatz für die Online Spiele erfolgt beim Drittanbieter, d. h. bei denjenigen, der die Gewinnspiele Online anbietet.

Auch innerhalb der in § 5 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 aufgezählten Geräte lassen sich Computer mit Internetnutzung als sonstige Geräte ohne Gewinnmöglichkeit nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 Spielgerätesteuersatzung hinreichend bestimmt einordnen. Die vom Satzungsgeber in § 5 Abs. 2 Spielgerätesteuersatzung bei den Geräten ohne Gewinnmöglichkeit vorgenommene Differenzierung nach den jeweiligen Gerätekategorien lässt eine hinreichend bestimmte Zuordnung zu dem die Spielgerätesteuer auslösenden Steuertatbestand zu. Die Satzung hat die unterschiedlichen Steuersätze in § 5 Abs. 2 Spielgerätesteuersatzung nach speziellen Gerätetypen abgestuft, nämlich nach Nr. 1 für Musikautomaten, nach Nr. 3 für sonstige Geräte, mit denen sexuelle Handlungen oder Gewalttätigkeit dargestellt werden oder die eine Verherrlichung oder Verharmlosung des Krieges zum Gegenstand haben und nach Nr. 4 für Geräte oder Apparate, die der sportlichen Tätigkeit dienen bzw. deren Benutzung von der Zahlung eines Entgeltes abhängig ist. Diese Aufgliederung in spezielle Gerätekategorien sowie der Wortlaut in § 5 Abs. 2 Nrn. 1, 3 und 4 Spielgerätesteuersatzung zeigen, dass insoweit der jeweiligen einzigen Funktion dieser (monofunktionalen) Gerätetypen durch unterschiedliche Steuersätze Rechnung getragen werden soll, nämlich unter Nr. 1 in Bezug auf Musikautomaten, die allein Musik bereitstellen, unter Nr. 3 in Bezug auf Geräte deren bestimmungsgemäße Verwendung allein in der Darstellung sexueller Handlungen oder Gewalttätigkeiten besteht oder die eine Verherrlichung oder Verharmlosung des Krieges zum Gegenstand haben und unter Nr. 4 in Bezug auf Geräte oder Apparate, die der sportlichen Tätigkeit dienen und deren Benutzung von der Zahlung eines Entgelts abhängig ist.

Ende der Entscheidung

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