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Beginn der Entscheidung

Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 21.09.2005
Aktenzeichen: 9 ME 49/04
Rechtsgebiete: BauGB, LROP II 2002


Vorschriften:

BauGB § 1 IV
BauGB § 2 II
LROP II 2002 Ziff. C 1.6.03 Satz 6
LROP II 2002 Ziff. C 1.6.03 Satz 7
Die von einer Nachbarstadt (Mittelzentrum) durch die genehmigte großflächige Erweiterung eines bestehenden Bau- und Gartenmarktes in einem Sondergebiet einer als Grundzentrum ausgewiesenen Stadt befürchtete Investitionsgefährdung im Hinblick auf einen von ihr selbst gewünschten zusätzlichen großflächigen Bau- und Heimwerkermarkt stellt keinen Verstoß gegen das interkommunale Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2 BauGB dar.
Tatbestand:

Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen eine der Beigeladenen zu 1) erteilte Baugenehmigung zur Erweiterung eines Bau- und Gartenmarktes auf dem ca. 16 km entfernten Stadtgebiet der Beigeladenen zu 2).

Die Beigeladene zu 1) betreibt in ihrem 1983 errichteten - 1988,1989 und 1991 erweiterten - Bau- und Gartenmarkt einen Großhandel mit Baustoffen sowie einen Einzelhandel mit Bau- und Gartenmarktprodukten. Der inzwischen erneut vergrößerte Bau- und Gartenmarkt der Beigeladenen zu 1) befindet sich im Geltungsbereich des vorhabenbezogenen Bebauungsplans Nr. 2 "Baumarkt B. ", der für den Bau- und Gartenmarkt die Festsetzung "SO Bau- und Gartenmarkt" trifft.

Im Regionalen Raumordnungsprogramm für den Landkreis Uelzen vom 20. März 2001 ist die Beigeladene zu 2) als Grundzentrum und die Antragstellerin als Mittelzentrum ausgewiesen. Auf dem Gebiet der Antragstellerin befinden sich drei großflächige Baumärkte mit einer Gesamtverkaufsfläche von über 11.000 m², darunter ein Baumarkt mit einer Verkaufsfläche zur Größe von 4.745 m² (ab Anfang 2004 wohl 6.241 m²), der derselben Kette angehört wie der Bau- und Gartenmarkt im Stadtgebiet der Beigeladenen zu 2).

Der Verwaltungsausschuss der Beigeladenen zu 2) beschloss am 25.8.2003 die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans "Baumarkt B. " mit Teilaufhebung des rechtsverbindlichen Bebauungsplans " B. " vom 14.7.1978.

Über die Samtgemeinde Bevensen beantragte die Beigeladene zu 1) am 19.9.2003 beim Antragsgegner die Erteilung einer Baugenehmigung für die Erweiterung ihres Bau- und Gartenmarktes.

Unter dem 7.11.2003 schlossen die Beigeladene zu 1) und die Beigeladene zu 2) einen Durchführungsvertrag zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 2 "Baumarkt B. " mit dem Vertragsgegenstand "Umbau und Erweiterung eines Baumarktes". Nachdem die Antragstellerin im Zuge der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange mit Schreiben vom 19.11.2003 ihre Bedenken gegen die Planung der Antragsgegnerin geäußert und auf das Fehlen einer interkommunalen Abstimmung hingewiesen hatte, beschloss der Rat der Beigeladenen zu 2) am 20.11.2003 den vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 2 "Baumarkt B. ".

Am 5.12.2003 erteilte der Antragsgegner der Beigeladenen zu 1) eine Baugenehmigung für die Erweiterung des Bau- und Heimwerkermarktes um ein Gartencenter mit Freifläche, mit 53 Einstellplätzen und zwei Ausstellungsflächen. Nach Nr. 3 der Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung hat das neue Gartencenter eine Gesamtverkaufsfläche von 3.575,86 m²; davon im Gewächshaus 999,50 m², unter der überdachten Fläche 745,36 m² und auf der Freifläche 1.831 m².

Dagegen legte die Antragstellerin am 11.12.2003 Widerspruch ein. Am 17.12. 2003 hat sie beim Verwaltungsgericht Lüneburg um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, der vorhabenbezogene Bebauungsplan Nr. 2 "Baumarkt B. " verstoße gegen das Gebot der zwischengemeindlichen Abstimmung nach § 2 Abs. 2 BauGB und sei entgegen § 1 Abs. 4 BauGB nicht an die einschlägigen Ziele der Raumordnung angepasst. Er verletze das Kongruenzgebot, denn Verkaufsfläche und Warenangebot entsprächen nicht dem Verflechtungsbereich und der zentralörtlichen Versorgungsfunktion des Grundzentrums Bad Bevensen. Auch werde das Beeinträchtigungsverbot verletzt, indem unausgeglichene Versorgungsstrukturen herbeigeführt würden. Nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts stelle § 11 Abs. 3 BauNVO eine Schutzvorschrift dar, die vorliegend verletzt werde.

Die Antragstellerin hat beantragt,

die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Baugenehmigung vom 5. 12. 2003 für die Erweiterung des Bau- und Gartenmarktes in C., D. Straße, anzuordnen.

Der Antragsgegner hat beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er hat die Auffassung vertreten, die Beigeladene zu 2) habe bei ihrer Planung weder gegen § 2 Abs. 2 BauGB noch gegen § 1 Abs. 4 BauGB und Ziele der Raumordnung verstoßen.

Die Beigeladene zu 1) hat beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Nach ihrer Auffassung müsse zwischen der Baugenehmigung und dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan unterschieden werden. Sowohl bei dem von der Baugenehmigung unberührt bleibenden Baumarkt als auch beim Gartencenter handele es sich um Verkaufseinrichtungen, die von Ihrem Angebot her nicht zuletzt aus Gründen der Präsentation des Sortiments auf erheblich größere Verkaufsflächen angewiesen seien, als dies bei den üblichen Einzelhandelsgeschäften der Fall sei, bei denen ab einer Geschossfläche von 1200 m² die Regelvermutung nach § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO einsetze. Die Verkaufsflächen beim Baumarkt oder dem genehmigten Gartencenter könnten mit der Geschossfläche von 1.200 m² nach der Vorschrift des §§ 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO nicht gleichgesetzt werden.

Die Funktionsfähigkeit des Mittelzentrums Uelzen werde nicht wesentlich beeinträchtigt. Sie betreibe den Baumarkt mit Gartencenter bereits seit Jahren, ohne dass es zu Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit des Mittelzentrums gekommen sei. Im Bereich des Großhandels erziele sie einen Umsatz in Höhe von etwa 7 Mio. €, während sich der im Einzelhandel erzielte Umsatz auf ca. 3,8 Mio. € belaufe. Wenn mit der angefochtenen Baugenehmigung für einen nicht unerheblichen Teil des bereits vorhandenen Gartencenters lediglich nachträglich die Baugenehmigung erteilt werde, dann könne sich insoweit hinsichtlich der Auswirkungen nichts ändern.

Die Beigeladene zu 2) hat beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie hat darauf hingewiesen, die Beigeladene zu 1) habe über die genehmigten Verkaufsflächen hinaus seit etwa 10 Jahren Freiflächen als Verkaufsflächen - insbesondere für Gartenmarktartikel - genutzt. Eine Baugenehmigung habe die Beigeladene zu 1) dafür nicht eingeholt. Der Antragsgegner sei gegen diese Nutzung zu keiner Zeit eingeschritten.

Die Antragstellerin werde durch die angefochtene Baugenehmigung nicht in ihren Rechten verletzt. Ein Verstoß gegen das interkommunale Abstimmungsgebot liege nicht vor. Nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts sei nicht ausnahmslos in jedem Fall, in dem ein Sondergebiet nach § 11 Abs. 3 BauNVO geplant werde, ein Sachverständigengutachten erforderlich. Zu dessen Einholung habe im vorliegenden Verfahren kein Anlass bestanden. Die Aussagen des Landesraumordnungsprogramms zu den Einzelhandelsprojekten hätten nicht den Charakter von "Zielen" im Sinne des Raumordnungsrechts, sondern nur den Charakter von Programmsätzen. Daraus ergebe sich, dass diese Aussagen nicht hinreichend bestimmt seien und aus diesem Grund keine verbindlichen und ausreichend konkreten Vorgaben im Sinne von § 1 Abs. 4 BauGB darstellen könnten. Im Übrigen könnten Bauvorhaben auf der Grundlage des vorhabenbezogenen Bebauungsplans nicht zu unausgeglichenen Versorgungsstrukturen führen, so dass das Vorhaben nicht dem zentralörtlichen Konzept der Landesplanung widerspräche.

Mit Beschluss vom 12.2.2004 hat das Verwaltungsgericht Lüneburg den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Wesentlichen unter Hinweis darauf abgelehnt, dass die Erfolgsaussichten des erhobenen Widerspruchs als offen anzusehen seien und deshalb eine Interessenabwägung vorzunehmen sei, die hier zu Lasten der Antragstellerin ausgehe. Nach den vorliegenden Unterlagen sei davon auszugehen, dass der Bau- und Gartenmarkt in C. die Versorgungsstrukturen im Bereich der Antragstellerin nicht beeinträchtige und im Wesentlichen nur Kaufkraft aus der Samtgemeinde Bevensen gebunden habe. Das Verhältnis der Umsätze im Baumarkt im Stadtgebiet der Beigeladenen zu 2) und den drei Baumärkten im Gebiet der Antragstellerin entspreche fast genau dem Verhältnis der Einwohnerzahlen der Samtgemeinde C. zu denen des restlichen Landkreises Uelzen. Es sei nicht zu erwarten, dass sich diese Umsatzzahlen durch die Erweiterung des Gartencenters wesentlich verschieben würden. Denn der Gartenbereich mache nicht den wesentlichen Umsatzfaktor der großflächigen Bau- und Gartenmärkte aus. Es sei nach den örtlichen Gegebenheiten Im Kreisgebiet des Antragsgegners nicht zu erwarten, dass der Baumarkt im Stadtgebiet der Beigeladenen zu 2) - auch nach seiner Erweiterung - von Einwohnern des übrigen Landkreises in Anspruch genommen werde. Denn auch nach der Erweiterung des Baumarktes der Beigeladenen zu 1) sei in Uelzen ein Baumarkt derselben Kette (E.) vorhanden, der die in C. vorhandenen Flächen deutlich überschreite. Angesichts der Verkehrsanbindung der östlich, westlich und südlich des Stadtgebiets der Antragstellerin liegenden Samtgemeinden sei ein Abwandern von Kunden aus diesem Bereich zum hier streitigen Baumarkt nicht zu erwarten, so dass weder eine Gefährdung der Versorgungsstrukturen noch der Funktion der Antragstellerin als Mittelzentrum zu besorgen sei. Auch die Beeinträchtigung der eigenen Planungen der Antragstellerin hinsichtlich der Ansiedlung eines weiteren Baumarktes sei unter Berücksichtigung der geringen Auswirkungen der genehmigten Erweiterung auf das Gebiet der Antragstellerin und im Hinblick auf die bisherige Dauer des Ansiedlungsverfahrens unter Berücksichtigung der von der Beigeladenen zu 1) vorgetragenen Existenzgefährdung ihres Betriebes für die Dauer des Widerspruchs- und eines eventuellen nachfolgenden Klageverfahrens hinnehmbar.

Hiergegen richtet sich die am 25. Februar 2004 eingelegte Beschwerde der Antragstellerin.

Zur Begründung führt sie aus, die genehmigte Betriebsvergrößerung bleibe angesichts ihres Ausmaßes nicht ohne wesentliche Auswirkungen auf die Versorgungsstrukturen in ihrem mittelzentralen Bereich. Sie wende sich nicht allein gegen einen Eingriff in ihre Funktion als Mittelzentrum, sondern sie müsse und wolle auch nachteilige Auswirkungen des Vorhabens auf die Versorgungsstrukturen in ihrem mittelzentralen Einzugsbereich abwehren. Das genehmigte Bauvorhaben der Beigeladenen zu 1) erschwere es ihr zumindest, für eine optimale Versorgung ihres Einzugsbereichs mit Bau- und Gartenartikeln zu sorgen. Zu dieser gehöre, dass die interessierte Bevölkerung am Standort des Mittelzentrums einen Bau- und Gartenmarkt mit der heute üblich gewordenen Leistungsfähigkeit ab ca. 7.000 m² Verkaufsfläche aufsuchen könne. Dies werde durch das Gutachten von Professor Dr. Seifert vom 27.2.2004 bestätigt, in dem eine mittelzentrale Funktionsschwäche in ihrem Stadtgebiet festgestellt worden sei. Aus ihrem mittelzentralen Bereich fließe eine Kaufkraft von etwa 8,8 bis 9,9 Millionen Euro ab, die an sich durch Baumärkte in ihrem Stadtgebiet bedient werden könne und solle. Die Erweiterung des Bau- und Gartenmarktes gefährde die erwünschte Verbesserung der gegenwärtig noch nicht optimalen Versorgung, in dem potenzielle Investoren davon abgehalten würden, den gewünschten großen, leistungsfähigen Bau- und Gartenmarkt im heute üblich gewordenen Umfang in ihrem Stadtgebiet anzusiedeln.

Die raumplanerische Festsetzung als Mittelzentrum entfalte Drittschutz. Der verabschiedete Bebauungsplan verstoße gegen das Gebot der zwischengemeindlichen Abstimmung nach § 2 Abs. 2 BauGB und gegen das Anpassungsgebot nach § 1 Abs. 4 BauGB. Um das Abstimmungsgebot zu wahren, müssten vor der Beschlussfassung über einen Bebauungsplan, der die Erweiterung eines Betriebes im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO zulasse, die Auswirkungen auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich des Betriebes und die Entwicklung der zentralen Versorgungsbereiche in den Nachbargemeinden wissenschaftlich untersucht werden. Eine solche Untersuchung sei hier nicht entbehrlich gewesen, weil die Betriebserweiterung nicht nur in derart geringem Umfang erfolgt sei, dass sie auch ohne Begutachtung als unschädlich und harmlos betrachtet werden könnte. Das Verwaltungsgericht habe den Begriff der Versorgungsstruktur verkannt. Die Versorgungsstruktur werde beeinträchtigt, wenn sie sich von dem raumordnerischen Strukturkonzept im Landesraumordnungsprogramm, insbesondere von der Aufgabenzuweisung an die zentralen Orte unterschiedlicher Stufen entferne. Sie - die Antragstellerin - wolle den Bewohnern ihres Verflechtungsbereiches die maximale Auswahl eines großen Bau- und Gartenmarktes bieten.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 12.02.2004 zu ändern und die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Baugenehmigung vom 5.12.2003 für die Erweiterung des Bau- und Gartenmarktes in C., D. Straße, anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt die angefochtene Baugenehmigung und ergänzt, durch die Baumaßnahme würden konkret schützenswerte Interessen der Antragstellerin nicht berührt. Die genehmigte Maßnahme ersetze bereits bestehende und umzäunte Verkaufsflächen unter freiem Himmel. Die Errichtung des neuen Gartencenters habe die qualitative Verbesserung des Angebots und damit die Bindung der Käufer an die bestehende Verkaufsstätte bezweckt, so dass eine Umsatzsteigerung von deutlich unter 10 % zu erwarten sei. Negative Auswirkungen auf die mittelzentrale Funktion der Antragstellerin seien trotz der bestehenden Baumarktsituation nicht zu erkennen. Vielmehr hätten sich dort in der Vergangenheit andere Baumärkte angesiedelt. Dort seien Investitionspläne für einen weiteren größeren Bau- und Gartenmarkt lediglich an einem fehlenden passenden Grundstück gescheitert. Es liege in der Hand der Antragstellerin, eine angebliche Funktionsschwäche mit bauplanungsrechtlichen Instrumenten auszugleichen. Ein attraktiver Baumarkt im Stadtgebiet der Beigeladenen zu 2) sei eine regionalplanerisch gewollte Konkurrenz zum Oberzentrum Lüneburg, um aus dem Landkreis Uelzen in Richtung Lüneburg fließende Kaufkraft zurückzugewinnen. Durch die Erweiterung des Gartencenters würden weder die Versorgungsstrukturen noch die Funktionen der Antragstellerin als Mittelzentrum berührt.

Die Beigeladene zu 1) beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass es bei den Auswirkungen der genehmigten Erweiterung des Gartencenters um tatsächliche Entwicklungen gehe, die unabhängig von der Frage zu sehen seien, ob und inwieweit bisherigen Nutzungen eine Baugenehmigung zugrunde liege. Die Erweiterung solle bei rückläufiger Umsatzentwicklung im Wesentlichen den gewandelten und gestiegenen Anforderungen an solche Märkte Rechnung tragen und der Modernisierung eines vorhandenen mittelständischen Betriebes zur Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit dienen. Wie diese Erweiterung auch nur ansatzweise zu einer Gefährdung der Versorgungsstrukturen des Mittelzentrums Uelzen führen solle, sei nach der Stellungnahme von Professor Dr. F. vom 27.2.2004 nicht nachvollziehbar. Die einer Gemeinde durch Ziele der Raumordnung zugewiesene Funktion eines Mittelzentrums habe keine drittschützende Wirkung.

Die Beigeladene zu 2) beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass es eines Sachverständigengutachtens nicht bedurft hätte, weil die tatsächlich vorhandenen Versorgungsstrukturen im Planaufstellungsverfahren bekannt gewesen seien. Bei der Beurteilung möglicher Auswirkungen der Erweiterung habe man von den tatsächlich vorhandenen und bekannten derzeitigen Versorgungsstrukturen ausgehen können. Zu einer Änderung der bestehenden tatsächlichen Versorgungsstrukturen könne die durch den Bebauungsplan zugelassene Erweiterung deshalb aus tatsächlichen Gründen nur in dem Umfang führen, indem diese Erweiterung über die schon seit längerer Zeit tatsächlich vorhandenen Verkaufsflächen - unabhängig von ihrer baurechtlichen Legalität - hinausgehe. Die Antragstellerin habe bisher nicht geltend gemacht, dass ihre Versorgungsfunktion durch den vorhandenen Betrieb der Beigeladenen zu 1) einschließlich der vor der Erweiterung bereits tatsächlich vorhandenen Freiverkaufsflächen beeinträchtigt sei. Das Vorhaben der Beigeladenen zu 1) erreiche gerade nicht die Größe, die nach Darstellung der Antragstellerin und nach dem Inhalt der Stellungnahme von Professor Dr. F. erforderlich sein soll, um wesentliche Kundenströme anzulocken. Der eigentliche Baumarktbereich habe bei dem genehmigten Vorhaben weiterhin eine Verkaufsfläche von nur 1.600 m². Damit würden die Attraktivitätsmerkmale, die erforderlich sein sollten, um größere Kundenströme anzulocken, bei weitem unterschritten. Die Beigeladene zu 2) habe schon immer über einen Einzugsbereich verfügt, der in gewisser Weise über den Einzugsbereich eines Grundzentrums hinausgehe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die überreichten Unterlagen sowie auf das Verfahren 9 KN 136/04 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Der Widerspruch der Antragstellerin hat unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens, auf dessen Überprüfung sich der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, wahrscheinlich keinen Erfolg.

Die der Beigeladenen zu 2) erteilte Baugenehmigung verletzt die Antragstellerin voraussichtlich nicht in ihren Rechten, da ein Verstoß gegen drittschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts nicht festzustellen ist.

Entgegen ihrer Auffassung kann die Antragstellerin die von ihr begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die der Beigeladenen zu 1) erteilte Baugenehmigung nicht auf den von ihr geltend gemachten Verstoß gegen das interkommunale Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2 BauGB stützen.

Obwohl dieses Gebot nach dem Wortlaut nur für die Aufstellung von Bauleitplänen gilt, begründet es in bestimmten Fällen auch ein Abwehrrecht gegen das aufgrund des Bebauungsplans genehmigte Einzelvorhaben. Lässt die Gemeinde bei ihrer Bauleitplanung die gebotene Abstimmung vermissen, so kann sich die Nachbargemeinde auch dagegen zur Wehr setzen, dass auf der Grundlage eines solchen nicht abgestimmten Bebauungsplans Einzelvorhaben verwirklicht werden (BVerwG, Urteil vom 15.12.1989 - BVerwG 4 C 36.86 - BVerwGE 84,209 = NVwZ 1990, 464 = DÖV 1990, 479 = BRS 50 Nr. 193 = Buchholz 406.11 § 2 BauGB Nr. 28).

Insoweit ist im Ausgangspunkt zu berücksichtigen, dass bei einem Nachbarwiderspruch grundsätzlich die zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltende Sach- und Rechtslage maßgebend ist; entsprechendes gilt, wenn - wie hier - eine Nachbargemeinde gegen eine Baugenehmigung vorgeht, durch die sie sich in ihren Rechten verletzt sieht.

Dementsprechend haben die nach Erteilung der Baugenehmigung in Kraft getretenen Änderungen des Baugesetzbuchs durch das Europarechtsanpassungsgesetz Bau vom 24.6.2004 (BGBl. I S. 1359), durch die die Rechtsposition der Nachbargemeinden gestärkt worden ist (vgl. §§ 2 Abs. 2 Satz 2, 34 Abs. 3, 3a Satz 2 BauGB n. F.) hier außer Betracht zu bleiben (OVG Weimar, Beschluss vom 20.12.2004 - 1 EO 1077/04 -, zitiert nach juris).

Soweit die Antragstellerin unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des 1. Senats des erkennenden Gerichts (Beschluss vom 15.11.2002 - 1 ME 151/02 - NVwZ - RR 2003, 486 = ZfBR 2003, 165 = BauR 2003, 659 = BRS 65 Nr. 69) bereits aus der fehlenden gutachterlichen Ermittlung der Auswirkungen, welche die Erweiterung des Bau- und Gartenmarktes mit sich bringt, eine Verletzung ihrer nachbarlichen Rechte im Rahmen des § 2 Abs. 2 BauGB ableitet, verkennt sie, dass diese Rechtsprechung auf die vorliegende Fallkonstellation nicht übertragbar ist. Denn im Gegensatz zu dem vom 1.Senat entschiedenen Fall - unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 1. 8. 2002 - 4 C 5/01 - NVwZ 2003, 86) - ist hier ein Bauleitplanverfahren zur Ausweisung eines Sondergebietes durchgeführt und zu Ende gebracht worden. Der Ansatz der Entscheidung, Nachbargemeinden soweit abzusichern, dass sie ihre Rechte in dem vom Gesetz dafür vorgesehenen Planungsverfahren wahrnehmen können und nicht durch "voreilig" erteilte Baugenehmigungen "überfahren" werden, welche ohne ein solches Planungsverfahren erteilt werden (Nds. OVG, Beschluss vom 15. November 2002 a. a. O.) greift hier nicht, denn die Beigeladene zu 2) hatte zum Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung das Bauleitplanverfahren zur Ausweisung eines Sondergebietes überwiegend - bis auf die Bekanntmachung - zum Abschluss gebracht. Eine Rechtsverletzung der Antragstellerin schon durch das Unterlassen einer solchen Planung kann demnach nicht festgestellt werden.

Eine Verletzung des in § 2 Abs. 2 BauGB verankerten interkommunalen Abstimmungsgebots kann die Antragstellerin nicht mit Erfolg geltend machen. Gemäß dieser Vorschrift sind die Bauleitpläne der Nachbargemeinden aufeinander abzustimmen. Benachbarte Gemeinden i. S. d. Vorschrift sind nicht nur unmittelbar angrenzende, sondern alle Gemeinden, die von den Auswirkungen einer Planung potenziell betroffen sein können. Dabei steht § 2 Abs. 2 BauGB in einem engen Zusammenhang mit dem Abwägungsgebot des § 1 Abs. 6 BauGB. Das interkommunale Abstimmungsgebot stellt sich insoweit als besondere Ausprägung des allgemeinen Abwägungsgebotes dar (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 1.8.2002 - BVerwG4 C 5/01 - BVerwGE 117, 25 = UPR 2003, 35 = DVBl. 2003, 62 = NVwZ 2003, 86 = ZfBR 2003, 29 = BauR 2003, 55 = BRS 65 Nr. 10 = Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 352 m. w. N.). Dabei kann ein Dritter - wie hier die Antragstellerin - eine Baugenehmigung nicht deshalb mit Erfolg anfechten, weil ihr keine korrekte Abwägungsentscheidung zugrunde liegt, sondern erst dann, wenn die getroffene Entscheidung im Ergebnis die Grenzen des interkommunalen Abstimmungsgebots verletzt (OVG Koblenz, Urteil vom 25.4.2001 - 8 A 11441/00.OVG - zitiert nach juris).

Nach der Rechtsprechung sind gemeindliche Nachbarrechte verletzt, wenn das angegriffene Vorhaben § 2 Abs. 2 BauGB insbesondere deshalb nicht entspricht, weil es bei Abwägung der konkurrierenden Interessen unmittelbar zu Auswirkungen gewichtiger Art führt, welche die antragstellende Gemeinde nicht zum Erhalt einer - noch - ausgeglichenen Versorgungsstruktur durch ihr zumutbare Anstrengungen kompensieren kann (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 15.11.2002, a. a. O.; Beschluss vom 31.10.2000 - 1 M 3407/00 - NST-N 2001, 159 = NdsRpfl 2001, 277; Beschluss vom 21. 2. 2002 - 1 MN 4128/01 - NVwZ - RR 2003, 76). Dies hat seinen Hintergrund darin, dass § 2 Abs. 2 BauGB von seinem Schutzzweck her dem Schutz der gemeindlichen Planungshoheit und Selbstverwaltung dient, jedoch nicht einen Wettbewerbsschutz gegen einzelne Handelseinrichtungen in der Nachbarschaft bezweckt vgl. hierzu OVG Weimar, Beschluss vom 23.4.1997 - 1 EO 241/97 - ThürVBl. 1997, 277 m. w. N.). § 2 Abs. 2 BauGB schützt benachbarte Gemeinden nicht vor jedweder Konkurrenz. Das interkommunale Abstimmungsgebot als spezieller Unter- und Anwendungsfall des allgemeinen Abwägungsgebotes (§ 1 Abs. 6 BauGB) soll Nachbargemeinden nur vor unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art bewahren, welche auch bei Abwägung gegenläufiger Interessen anderer Gemeinden nicht zurücktreten müssen (Nds. OVG, Beschluss vom 21.02.2002 - 1 MN 4128/01 - a. a. O.). Das materielle Abstimmungsgebot soll den Entritt von Zuständen auf dem Gebiet der Nachbargemeinden verhindern, die unter städtebaulichen Gesichtspunkten nicht mehr zu vertreten sind und deshalb planerische Reaktionen der Nachbargemeinde auf Beseitigung der Zustände zur Folge haben könnten (OVG Frankfurt/Oder, Beschluss vom 26. März 2001 - 3 B 113/00.Z - DVBl. 2001, 1298).

Im Rahmen des § 2 Abs. 2 BauGB ist ferner zu berücksichtigen, ob es der Nachbargemeinde zugemutet werden kann und möglich ist, die im Zusammenhang mit dem angegriffenen Vorhaben befürchteten/erwarteten Beeinträchtigungen durch eigene Planungen zumindest zum Teil, nämlich so weit wieder auszugleichen, dass unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art nicht eintreten (BVerwG, Urteil vom 15.12.1989 - BVerwG 4 C 36.86 - a. a. O.; Nds. OVG, Beschluss vom 31.10.2000, a. a. O.).

Die Antragstellerin hat nicht ein Ausmaß der mit dem angefochtenen Vorhaben verbundenen und nach § 2 Abs. 2 BauGB beachtlichen städtebaulichen Auswirkungen dargelegt, das als wesentlich und gewichtig zu werten ist. Unter Berücksichtigung der konkreten Umstände ist auch nicht festzustellen, dass die von der Antragstellerin hinzunehmende Zumutbarkeitsschwelle durch die Erweiterung des Gartencenters überschritten wird. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass es "nur" um die Erweiterung eines seit Jahren bestehenden Bau- und Gartenmarktes geht, der ganz überwiegend ein nicht innenstadtrelevantes Sortiment bereithält. Der Bau- und Gartenmarkt der Beigeladenen zu 1) existierte vor der Erweiterung bereits mit einer Nutzfläche von 2.008 m² (Baumarktfläche 1.628 m², Gartenmarktfläche 380 m²). Die genehmigte Erweiterung beinhaltet einen Ausbau der Nutzfläche des Gartenmarktes um ca. 3.200 m². Als weiterer Umstand insbesondere im Vergleich zu einem von der Antragstellerin favorisierten Ansiedlung eines G.- Heimwerkermarktes fällt ins Gewicht, dass die Beigeladene zu 1) in ihrem Bau- und Gartenmarkt neben dem Einzelhandel einen Großhandel mit Baustoffen betreibt, der sich nicht an den Endverbraucher als Zielgruppe der üblichen Heimwerkermärkte, sondern in erster Linie an Handwerksbetriebe richtet und mit dem sie - nach eigenen unwidersprochen gebliebenen Angaben - etwa 65 % ihres Gesamtumsatzes erzielt.

Zur Eingrenzung der wesentlichen nachteiligen städtebaulichen Auswirkungen für die Antragstellerin ist ganz maßgeblich zu berücksichtigen, dass die Situation eine ganz andere ist, als wenn etwa zum ersten Mal ein Bau- und Gartenmarkt in dieser Größe dort entstehen würde. Die Antragstellerin konnte sich planerisch auf den im Gebiet der Beigeladenen zu 2) seit 1983 vorhandenen Baumarkt über einen langen Zeitraum hinweg einstellen, insbesondere berücksichtigen, dass auch bestehende Bau- und Gartenmärkte unter Berücksichtigung des geänderten Nachfrageverhaltens als Folge des Strukturwandels, bauliche oder handwerkliche Leistungen zunehmend in Eigenleistung vorzunehmen, einen Modernisierungs- bzw. Anpassungsbedarf irgendwann geltend machen würden. Dies lag für die Antragstellerin auch deshalb besonders nahe, weil der vorhandene Baumarkt bereits 1988 erstmals erweitert wurde und 1998 weitere Erweiterungsabsichten bestanden, die aber letztlich nicht umgesetzt wurden. Trotz des vorhandenen Baumarktes hat sich danach ein Baumarkt derselben Kette auf dem Gebiet der Antragstellerin mit einer größeren Verkaufsfläche angesiedelt.

Dem Beschwerdevorbringen der Antragstellerin ist ferner nicht zu entnehmen, dass die von ihr angefochtene Erweiterung kausal einen Abfluss absorbierter Kaufkraft zu ihren Lasten bzw. eine Umsatzverlagerung zu Gunsten der Beigeladenen zu 1) bewirkt. Soweit die Antragstellerin darauf hinweist, ihre "mittelzentrale Funktionsschwäche" habe zur Folge, dass aus dem mittelzentralen Bereich Kaufkraft von etwa 8,8 bis 9,9 Millionen € abfließe, die an sich durch Baumärkte in ihrem Stadtgebiet bedient werden könnte, wird dieser Kaufkraftabfluss nicht in einen - für eine Verletzung des interkommunalen Abstimmungsgebots aber erforderlichen - ursächlichen Zusammenhang mit der Erweiterung des Gartencenters des Beigeladenen zu 1) gestellt. Ein solcher Kausalzusammenhang ist auch deshalb fernliegend, weil die Beigeladene zu 1) durch die Erweiterung lediglich mit einer Umsatzsteigerung zwischen 10 und 20% rechnet, die zudem nicht allein durch aus dem Gebiet der Antragstellerin stammende Käufer realisiert werden wird. Der von der Antragstellerin bemängelte Kaufkraftabfluss ist allgemeiner Natur und dessen Gründe sind auch nach Ansicht der Antragstellerin in der bei ihr vorhandenen Angebotsstruktur zu suchen. Professor Dr. F. kommt in seinem Gutachten vom 27.2.2004 zu dem Schluss, dass das Fehlen eines großen leistungsfähigen Baumarktes mit deutlich mehr als 5000 m² Verkaufsfläche die Ursache für den Kaufkraftabfluss bilde. Die notwendige Ansiedlung eines leistungsfähigen Baumarktes sei gefährdet, wenn die bislang aus dem Mittelbereich abfließe Kaufkraft zumindest teilweise durch die Verkaufsflächenerweiterung der Beigeladenen zu 1) gebunden werde und somit der Antragstellerin als Mittelzentrum nicht zur Verfügung stehe. Damit wird bestätigt, dass der Kaufkraftabfluss nicht durch die Erweiterung der Verkaufsflächen bei der Beigeladenen zu 1) verursacht wird, sondern auch unabhängig davon bislang existierte.

Allein die bislang nicht realisierte Bindung von Kaufkraft in Bau- und Gartenmärkten auf dem Gebiet der Antragstellerin durch Ansiedlung eines zusätzlichen Garten- und Baumarktes in einer Größenordnung ab ca. 7000 m² Verkaufsfläche, die durch die Erweiterung des Gartencenters der Beigeladenen zu 1) zusätzlich erschwert werden würde, stellt indes keine unzumutbare Auswirkung des angefochtenen Erweiterungsvorhabens dar. Die womöglich geschmälerte Aussicht, möglicherweise vorhandenes Kaufkraftpotenzial im Gebiet der Antragstellerin zukünftig an sich zu binden, ist nicht mit dem städtebaulich relevanten Abfluss absorbierter Kaufkraft zu Lasten vorhandener Einzelhandelsbetriebe durch ein Erweiterungsvorhaben gleichzusetzen. Solche Auswirkungen werden in dem Gutachten von Professor Dr. Seifert vom 27.2.2004 nicht aufgeführt. Eine von der Antragstellerin mit der Erweiterung des Gartencenters der Beigeladenen zu 1) befürchtete bloße Einschränkung der Chancen, zukünftig eine optimale Vollversorgung im Bereich des Bau- und Gartenmarktsortiments erreichen zu wollen, wirkt sich nicht mit unzumutbaren Folgen auf die vorhandenen städtebaulichen Strukturen der Antragstellerin aus. Gegen eine solche Auswirkung durch das Erweiterungsvorhaben spricht auch der Umstand, dass sich auf dem Gebiet der Antragstellerin zeitlich nach Errichtung des Bau- und Gartenmarktes der Beigeladenen zu 1) ein Bau- und Gartenmarkt derselben Kette mit größerer Verkaufsfläche hat ansiedeln können. Für Käufer aus dem Gebiet der Antragstellerin wird der Bau- und Gartenmarkt der Beigeladenen zu 1) demgemäß nur eingeschränkt attraktiv sein, da davon auszugehen ist, dass Bau- und Gartenmärkte derselben Kette im Wesentlichen das gleiche Warenangebot vorhalten und gleiche Preisgestaltungen vornehmen.

Dem Beschwerdevorbringen ist nicht zu entnehmen, dass das Vorhaben der Beigeladenen zu 1) eine Umsatzumverteilung zu Lasten der auf dem Gebiet der Antragstellerin ansässigen Bau- und Gartenmärkte zur Folge haben wird. Auch hat die Antragstellerin nicht dargetan, inwieweit etwaige Umsatzeinbußen der bei ihr ansässigen Betriebe städtebauliche Auswirkungen nach sich ziehen, z. B. eine Unterversorgung der Bevölkerung oder etwa eine drohende Verödung des Innenstadtbereichs. Letztere ist schon deshalb fernliegend, weil das vorliegende Bauvorhaben ein nicht innenstadtrelevantes Kernsortiment betrifft, bei dem die Folgewirkungen zu Lasten einer Innenstadt in der ca.16 km entfernten Nachbarstadt naturgemäß gering ausfallen. Insgesamt ist dem Vorbringen der Antragstellerin nicht zu entnehmen, ob und inwieweit sich die von ihr befürchtete Investitionsgefährdung in bezug auf einen von ihr gewünschten weiteren Bau- und Heimwerkermarkt in städtebaulichen Folgen niederschlägt.

Andere unzumutbare Auswirkungen städtebaulicher Art sind weder von der Antragstellerin dargetan noch sonst erkennbar.

Eine Rechtsverletzung der Antragstellerin ergibt sich entgegen ihrer Auffassung weiter auch nicht aus dem behaupteten Verstoß des vorhabenbezogenen Bebauungsplans und damit der auf ihrer Grundlage erteilten Baugenehmigung gegen die Ziele der Raumordnung (vgl. § 1 Abs. 4 BauGB). Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Ausweisung als Mittelzentrum kein eigenes, rügefähiges und Abwehrrechte begründendes Recht darstellt (Nds. OVG, Beschluss vom 31.10.2000 - 1 M 3407/00 - a. a. O.). Diese Zentralität, aus der die Antragstellerin das Recht herleitet, sich gegen den Bebauungsplan der Beigeladenen zu 2) zur Wehr zu setzen, ist nicht Ausfluss ihrer kommunalen Planungshoheit, um die es § 2 Abs. 2 BauGB geht (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.1989 - 4 C 36.86 - a. a. O.). Sie ist ihr durch einen außergemeindlichen Planungsträger zugewiesen; die Belange, die sich im zentralörtlichen Prinzip manifestieren, gehören der Ebene der Raumordnung an (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.2.1993 - 4 C 15.92 - BRS 55 Nr. 174 = DVBl. 1993, 658 = ZfBR 1993, 191 = UPR 1993, 263 = Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 156 = DÖV 1993, 914 = BBauBl. 1993, 990 = NVwZ 1994, 285 = NuR 1994, 185).

Die Einstufung der Antragstellerin als Mittelzentrum vermag ihr auch im Übrigen keine Schutzwirkung zu vermitteln. Eine mögliche Rechtsverletzung der Antragstellerin ergibt sich nicht aus ihrem Vorbringen, der angegriffene Bebauungsplan verstoße gegen raumordnerische Vorgaben, indem er Einzelhandelsflächen vorsehe und damit gegen das Anpassungsgebot nach § 1 Abs. 4 BauGB i. V. m. Ziffer C 1.6.03 Sätze 6 und 7 LROP II 2002 verstoße. Dabei kann der Senat es bei der im vorliegenden Verfahren allein möglichen summarischen Prüfung offen lassen, ob es sich bei den Ziffern C 1.6.03 Sätze 6 und 7 LROP II 2002 um Ziele oder Grundsätze der Raumordnung handelt.

Denn selbst wenn es sich - wie die Antragstellerin meint - um Ziele der Raumordnung handeln sollte, bliebe zu beachten, dass die Ziele der Raumordnung und Landesplanung nicht den Interessen einzelner Gemeinden dienen, sondern übergeordneten Planungsinteressen. Die Gemeinden können deshalb die Einhaltung dieser Ziele durch eine Nachbargemeinde oder Baugenehmigungsbehörde grundsätzlich nicht beanspruchen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.2.1993 - 4 C 15.92 - a. a. O.; OVG Weimar, Beschluss vom 23.4.1997 - 1 EO 241/97 - ThürVGRspr. 1997, 129 = ThürVBl. 1997, 277 = LKV 1997, 372 und Beschluss vom 19.12.2002 - 1 N 501/01 - DÖV 2003, 636 = BRS 65 Nr. 56; OVG Bautzen, Urteil vom 26.5.1993 - 1 S 68/93 - LKV 1994, 116; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.2.1987 - 5 S 2472/86 - BRS 47 Nr. 24).

Zwar ist es nicht generell ausgeschlossen, dass Ziele der Landesplanung subjektive Rechte beinhalten können. Der Träger der Raumordnung hat es in der Hand zu entscheiden, ob er etwaige durch Zielaussagen vermittelte Interessenpositionen zu subjektiven Rechten ausformt (OVG Frankfurt/Oder, Beschluss vom 26.3.2001 - 3 B 113/00.Z - DVBl. 2001, 1298). Dies könnte etwa bei einer Aufnahme eines bestimmten Planungsstandes in landesplanerische Vorschriften oder bei der konkreten Berücksichtigung einer gesonderten Situationsbezogenheit der Fall sein (OVG Frankfurt/Oder, a. a. O.)

Letztlich ist durch Auslegung der Regelung zu ermitteln, ob der Plansatz Drittschutz vermittelt. Hierfür müssten besondere Anhaltspunkte vorliegen, die hier fehlen.

Zwar deutet vieles darauf hin, dass der Gesetzgeber mit der ab 20. Juli 2004 geltenden Fassung des § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB die Ziele der Raumordnung, soweit sie sich auf die der Gemeinde konkret zugewiesenen Funktionen beziehen, mit Drittschutz ausstatten wollte (vgl. BT - Drs 15/2250, S. 41). Diese gesetzliche Neuregelung findet indes im vorliegenden Fall im Hinblick auf raumordnerische Belange keine Anwendung, weil nach § 244 Abs. 2 BauGB auf Bebauungsplanverfahren, die - wie hier - in der Zeit vom 14. März 1999 bis zum 20. Juli 2004 förmlich eingeleitet worden sind und die vor dem 20. Juli 2006 abgeschlossen werden, die Vorschriften des BauGB in der vor dem 20. Juli 2004 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden sind.

Es spricht demnach Überwiegendes dafür, dass Ziffer C 1.6.03 Satz 6 der Verordnung über das Landes - Raumordnungsprogramm Niedersachsen - Teil II (LROP II) in der Fassung vom 28.11. 2002 (Nds. GVBl. 2002, 739) allein der Umsetzung des Zentrale - Orte - Prinzips als eines der Landesplanung eigenen überörtlichen Belangs dienen könnte, der mit den Mitteln des Landesplanungsrechts geschützt wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.8.1995 - 4 B 86/95 - NVwZ - RR 1996, 67 = Buchholz 406.13 § 6a ROG Nr.1; Bayerischer VGH, Beschluss vom 25.10.1999 - 26 C 99.2222 - BauR 2000, 365, 366; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.2.1987 - 5 S 2472/86 - NVwZ 1987, 1088; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 08.1.1999 - 8 B 12650/98.OVG - GewArch 1999, 213; a. A. wohl: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.2.1988 - 11 B 2505/87 - NVwZ - RR 1988, S. 11 = DÖV 1988, 843). Nach Plansatz C 1.6.03 Satz 6 LROP II 2002 müssen Verkaufsfläche und Warensortiment von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO der zentralörtlichen Versorgungsfunktion und dem Verflechtungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen. Dass die darin zum Ausdruck kommende Umsetzung des Zentrale - Orte - Prinzips der Wahrung eines überörtlichen Belangs dient, folgt zunächst aus der Einbettung der zu dieser Umsetzung getroffenen Festlegungen in die Vorschriften der Landesplanung. Deren Ziel ist es, die Entwicklung der räumlichen Struktur des Landes insbesondere auf die in den Abschnitten C 1.2 bis C 1.9 für die unterschiedlichen Raumkategorien und die Zentralen Orte festgelegten Ziele zur Verwirklichung der Grundsätze der Raumordnung und der Ziele der Raumordnung zur allgemeinen Entwicklung des Landes gemäß Teil I des Landes- Raumordnungsprogramms auszurichten (C 1.1.01. LROP II).

In der Begründung zu Ziffer C 1. 6 wird weiter ausgeführt, dass es Ziel der Raumordnung ist, in allen Räumen des Landes gleichwertige Lebensbedingungen zu schaffen und zu erhalten. Dazu zähle auch die möglichst gute Versorgung der Bevölkerung mit einem vielfältigen Angebot an Waren und Dienstleistungen in zumutbarer Entfernung vom Wohnort. Im Rahmen des zentralörtlichen Gliederungssystems sei der tägliche Bedarf in den Grundzentren, der mittel- und langfristige Bedarf in den Mittel- und Oberzentren sicherzustellen. Einzelhandelsgroßprojekte müssten hinsichtlich ihrer Verkaufsfläche und in ihrem Warensortiment grundsätzlich so konzipiert sein, dass sie der Versorgungsfunktion und dem Einzugsbereich der Standortgemeinde entsprechen; sie dürften weder ausgeglichene Versorgungsstrukturen noch deren Verwirklichung wesentlich beeinträchtigen. Aufgabe der Regionalplanung sei es daher, solche Einzelhandelsgroßprojekte umfassend auf ihre Auswirkungen zu überprüfen und auf eine raum- und strukturverträgliche Größenordnung hinzuwirken (LT - Drs. 14/3380. S. 17, 18).

Diese Ausführungen zeigen, dass es dem Verordnungsgeber vorrangig um die Wahrung zentralörtlicher Funktionen, mithin um die Sicherung überörtlicher Versorgungsaufgaben durch Umsetzung des Zentrale - Orte - Konzepts zur nachhaltigen Raumentwicklung geht.

Ob weiter der Plansatz C 1.6.03 S. 7 LROP II 2002 als ein Drittschutz vermittelndes Ziel der Raumordnung zu qualifizieren ist, kann der Senat dahingestellt sein lassen, denn eine Verletzung des in C 1.6.03 S. 7 LROP II 2002 enthaltenen Beeinträchtigungsverbots lässt sich entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht feststellen. Nach diesem Plansatz dürfen ausgeglichene Versorgungsstrukturen und deren Verwirklichung, die Funktionsfähigkeit der Zentralen Orte und integrierter Versorgungsstandorte sowie die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung durch Einzelhandelsgroßprojekte nicht wesentlich beeinträchtigt werden. Auch wenn man davon ausgeht, dass dieser Plansatz auch auf Zentren - hier die Antragstellerin als Mittelzentrum - abzielt, die in einiger Entfernung vom Einzelhandelsgroßprojekt liegen, hat das Beschwerdevorbringen durchgreifende Anhaltspunkte für eine wesentliche Beeinträchtigung der Versorgung der Bevölkerung mit Bau- und Gartenmarktartikeln auf dem Gebiet der Antragstellerin durch das Bauvorhaben der Beigeladenen zu 1) nicht aufgezeigt. Sie sind auch angesichts der auf dem Gebiet der Antragstellerin vorhandenen Bau- und Gartenmärkte nicht ersichtlich. Ebensowenig ist erkennbar, dass die Versorgungsstrukturen und deren Verwirklichung oder die Funktionsfähigkeit der Antragstellerin als Mittelzentrum in wesentlicher Hinsicht gefährdet sein könnten. Soweit die Antragstellerin befürchtet, dass die Chancen einer Niederlassung eines großflächigen Bau- und Heimwerkermarktes auf ihrem Gebiet durch die angefochtene Baugenehmigung geschmälert würden, ist damit die Struktur der Versorgung mit Baumarkt- und Heimwerkermarktartikeln angesichts der auf dem Gebiet der Antragstellerin vorhandenen Bau- und Heimwerkermärkte nicht nachhaltig betroffen. Es erscheint bereits nicht ausgeschlossen, dass sich trotz der erteilten Baugenehmigung ein zusätzlicher Bau - und Heimwerkermarkt auf dem Gebiet der Antragstellerin - wenn auch womöglich mit geringerer Verkaufsfläche als von der Antragstellerin gewünscht - etwa bei Vorliegen günstiger Rahmenbedingungen ansiedeln kann. Eine von der Antragstellerin befürchtete Einschränkung der optimalen Vollversorgungsmöglichkeit in einem nicht innenstadtrelevanten Kernsortiment bei einer bereits bestehenden Versorgung in diesem Sortiment durch drei größflächige Bau - und Heimwerkermärkte mit einer Gesamtverkaufsfläche von über 11.000 m² lässt die Versorgungsstrukturen durch das Hinzutreten der Erweiterung des Bau- und Gartenmarktes der Beigeladenen zu 1) nicht bereits als unausgeglichen erscheinen. Dem Vorbringen der Antragstellerin ist nicht zu entnehmen, dass den auf ihrem Gebiet vorhandenen Bau- und Heimwerkermärkten durch das Bauvorhaben der Beigeladenen zu 2) beträchtliche Umsatzverluste oder gar die Geschäftsaufgabe drohen könnten. Gegen eine solche Befürchtung spricht überdies der Umstand, dass sich auf dem Gebiet der Antragstellerin ein Bau- und Gartenmarkt derjenigen Handelskette befindet, der auch der Betrieb der Beigeladenen zu 1) angehört. Denn es ist unwahrscheinlich, dass sich der Betrieb der Beigeladenen zu 1) vergrößern darf, wenn diese Erweiterung zu Lasten des benachbarten Betriebs der gleichen Handelskette gehen würde.

Ende der Entscheidung

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