Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Bamberg
Urteil verkündet am 06.11.2003
Aktenzeichen: 1 U 121/02
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, HGB


Vorschriften:

BGB §§ 387 ff.
BGB § 406
BGB § 433 Abs. 2 a.F.
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 3
HGB § 409
HGB § 409 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Bamberg IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 U 121/02

Verkündet am 06. November 2003

in dem Rechtsstreit

wegen Forderung.

Der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Bamberg hat unter Mitwirkung des Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts und der Richter am Oberlandesgericht und aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. Oktober 2003

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 22. August 2002 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht vorher die Beklagten Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen auf das angefochtene Urteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 22.08.2002 (Bl. 224 ff. d.A). Es hat der Klage in der Hauptsache in vollem Umfang stattgegeben und dabei unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme den Nachweis von der Klägerin für erbracht gehalten, zwischen den Parteien sei am 05.07.2000 mündlich ein Kaufvertrag über 2.000 Handies der Marke zum Gesamtpreis von brutto 812.000,-- DM geschlossen worden.

Zweitinstanzlich macht die Beklagte geltend, das Landgericht habe sein Urteil auf einen Sachverhalt gestützt, der von demjenigen abweiche, den die Klägerin ihrer Klage zugrunde gelegt habe. Nicht nur wegen des wechselnden Sachvortrags der Klägerin ergäben sich konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die im angefochtenen Urteil getroffenen Tatsachenfeststellungen unrichtig seien. So habe die Klägerin mit Schriftsatz vom 31.01.2001 die Existenz des Zeugen in Frage gestellt, auf dessen Aussage das Urteil des Landgerichts maßgeblich gestützt sei. Außerdem habe sie ihren Sachvortrag jeweils mit Dokumenten belegt, die im Unterschriftsbereich geschwärzt gewesen seien mit der Folge, dass nicht habe erkannt werden können, wer eigentlich die Dokumente unterschrieben habe. Das gelte auch hinsichtlich der vorgeblichen Mahnung der Firma vom 10.07.2000, deren Original vom Erstgericht mehrfach angefordert, aber nie vorgelegt worden sei. Der Zeuge sei vom Erstgericht zu Unrecht als glaubwürdig angesehen worden. Er habe widersprüchlich ausgesagt und zu Beginn seiner Vernehmung angegeben, er könne sich nicht erinnern, ob er wegen der fraglichen 2.000 Handies mit der Beklagten verhandelt habe, weil er sich wegen des außerordentlich großen Umfangs, in dem er Geschäfte gemacht habe, an einzelne Geschäfte nicht erinnere. Schließlich habe der Zeuge erklärt, er habe nicht gesagt, er wisse nicht, ob er mit über die 2.000 verfahrensgegenständlichen Handies gesprochen habe. Er habe lediglich zum Ausdruck gebracht, dass "man sich nicht daran erinnere, was man vor zwei Jahren gesagt habe". Anschließend habe der Zeuge angegeben, er könne sich nicht daran erinnern, ob er über die 2.000 Handies damals mit gesprochen habe. Damit habe er genau das bestätigt, was er zuvor in Frage gestellt habe. Die Erinnerung des Zeugen sei auch in Zusammenhang mit der Lieferung über einen gewissen "W " verbunden worden. Diese Person habe kein einziger Verfahrensbeteiligter in den Prozess eingeführt.

Im Vortrag der Beklagten sei auch kein Widerspruch enthalten. Der objektiv unrichtige Vortrag des Beklagtenvertreters im Termin vom 10.05.2001 habe dem damaligen Wissen- und Verständnisstand des Prozessbevollmächtigten entsprochen.

Im übrigen beweise der Frachtbrief über die Lieferung der 2.000 Handies das Zustandekommen des Vertrages zwischen und der Beklagten.

Die Beklagte rechnet in zweiter Instanz erstmals mit Forderungen gegen die Firma auf. Zur Höhe der zur Aufrechnung gestellten Forderung wird auf die Aufstellung Bl. 288 und 289 d.A. verwiesen. Zur Aufrechnung fühlt sie sich durch die von ihr behauptete Äußerung des Zeugen berechtigt, die Rechnung der Klägerin könne wie eine solche der Firma behandelt werden.

In einem nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist eingegangenen Schriftsatz vom 06.03.2003 der Beklagten finden sich weitere Angriffe auf die Richtigkeit der Beweiswürdigung durch das Landgericht.

Den in erster Instanz für die Bestellung und Lieferung der Handies angebotenen Zeugen habe die Klägerin weder gekannt noch mit ihm telefoniert. Das ergebe sich aus einem Vermerk des Polizeipräsidiums Oberbayern vom 15.11.2000 und einem solchen des Finanzamts Köln vom 17.10.2000. Auch der Zeuge habe ausweislich einer Sitzungsniederschrift der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Turin bekundet, die Klägerin nie kennengelernt zu haben.

Die Klägerin habe mit Schriftsatz vom 26.11.2001 ein Schreiben vom 14.09.2000 vorgelegt, in dem bestätigt werde, dass bestimmte Geschäfte zwischen der Firma und der Firma abgewickelt worden seien. Dieses Schreiben enthalte eine kaum leserliche geschwärzte Unterschrift einer Person, die nicht bei der Firma tätig sei. Für dieses Schreiben gelte dasselbe wie für das Bestätigungsschreiben der Firma vom 10.07.2000, das trotz entsprechender Rüge der Beklagten nicht im Original vorgelegt worden sei. Dieses Schreiben sei ebensowenig vom Zeugen unterzeichnet worden, wie sich aus einem Unterschriftsvergleich ergebe. Das Schreiben vom 10.07.2000 sei in Wirklichkeit nicht versandt worden, sondern die Klägerin habe dieses Schreiben ihrerseits vorgeschrieben und an die Firma versandt, um nachträglich eine Beweismöglichkeit zu schaffen.

Schließlich hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 07.04.2003 vorgetragen, die Rechnung Nr. 47 vom 05.07.2000 über 2.000 Handies Marke in Höhe von 879.280,-- DM sei an die Beklagte gerichtet gewesen und befinde sich in den Akten des Finanzamtes München I, Steuerfahndungsstelle. Aus der Liste der Steuerfahndungsstelle ergebe sich, dass die Firma ihre Ausgangsrechnungen fortlaufend nummeriert habe. Es finde sich dort weder eine Rechnung Nr. 47 gerichtet an die Klägerin noch eine Gutschrift Nr. 53 gerichtet an die Klägerin. Wenn aber die Rechnung Nr. 47 an die Beklagte gerichtet worden sei, könne nicht unter derselben Nummer eine Rechnung an die Klägerin ergangen sein.

Die Klägerin beantragt:

I. Das Urteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 22.08.20,02 wird aufgehoben.

II. Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte beantragt:

Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Sie verteidigt das Ersturteil als zutreffend.

II.

Die zulässige (§§ 511 ff. ZPO) Berufung ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 415.169,-- EUR aus § 433 Abs. 2 BGB a.F.. Zwischen den Parteien ist am 05.07.2000 mündlich ein Kaufvertrag über die Lieferung von 2.000 Handies der Marke O zum Einzelpreis von 350,-- DM zuzüglich Mehrwertsteuer zustande gekommen. An diese Feststellung des Landgerichts im angegriffenen Urteil vom 22.08.2002 ist der Senat nicht nur gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden. Sie entspricht auch der eigenen Überzeugung des Senats aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Landgericht Aschaffenburg und vor dem Senat. Das Erstgericht hat seine Überzeugung auf die Aussagen der Zeugen und gestützt, an deren Glaubwürdigkeit es keine Zweifel hatte. Der Zeuge hat bekundet, die 2.000 Handies seien von der Firma mit Sicherheit nicht an die Beklagte, sondern an die Klägerin verkauft worden, dieser auch eine entsprechende Rechnung über den Betrag von ca. 800.000,-- DM gestellt worden. Die Aussage der bei der Klägerin beschäftigten Zeugin ergab, dass sie einige Tage vor dem 01.07.2000 den Anruf eines "Herrn O" entgegengenommen habe, der sich nach 2.000 Handies der Marke erkundigt habe. Weiter konnte diese Zeugin angeben, dass sie die Rechnung am 06.07.2000 zunächst mit dem falschen Stückpreis von 380,-- DM pro Handy gefertigt und einer Mitarbeiterin der Beklagten namens telefonisch die Lieferung der Handies angekündigt und später wiederholt bei dieser sowie der Mitarbeiterin der Beklagten fernmündlich wegen der noch ausstehenden Zahlung des Kaufpreises nachgefragt habe. Dabei sei ihr. bei dem letzten Telefongespräch gesagt worden, die Zahlung werde in den nächsten Tagen erfolgen, es müsse erst noch der Eingang einer Zahlung eines Kunden der Beklagten abgewartet werden.

Das Landgericht hat den Wahrheitsgehalt der Aussage des Zeugen zusätzlich durch von der Klägerin vorgelegte schriftliche Unterlagen mittelbar für bestätigt gehalten. Es handelte sich dabei um das von der Zeugin für die Beklagte ausgefüllte Bestellformular vom 05.07.2000 (Bl. 71 d.A.) und die Rechnung der Firma vom 05.07.2000 an die Klägerin (Bl. 72 d.A.), die beide einen Stückpreis pro Handy von 379,-- DM netto ausweisen, die Rechnung vom 06.07.2000 an die Beklagte über 881.600,-- DM (Bl. 12 d.A.), in der fälschlicherweise ein Einzelpreis von 380,-- DM genannt ist, die Belastungsanzeige zur Rechnung Nr. 0047 vom 25.07.2000 über 2.000 x 30,-- DM zuzüglich Mehrwertsteuer (Bl. 74 d.A.), die Gutschrift Nr. 0053 zur Rechnung Nr. 0047 über 758.000,-- DM zuzüglich Mehrwertsteuer (Bl. 75 d.A.), die neue Rechnung der Firma vom 25.07.2000 über 698.000,-- DM zuzüglich Mehrwertsteuer (Bl. 76 d.A.), die Belastungsanzeige "2.000 B 61" vom 25.07.2000 über 60.000,-- DM zuzüglich Mehrwertsteuer (Bl. 13 d.A.), die Stornierung der Belastungsanzeige vom 25.07.2000 über den gleichen Betrag (Bl. 77 d.A.) und die Gutschrift an die Beklagte, ebenfalls über diesen Betrag vom 25.07.2000 (Bl. 94 d.A.).

An der Glaubwürdigkeit des Zeugen bestehen auch nach Ansicht des Senats nach eingehender Würdigung des Vertrags in der Berufungsbegründung und den folgenden Schriftsätzen der Beklagten keine Zweifel. Das Landgericht hat den Umstand, dass der Zeuge eine Freiheitsstrafe wegen Steuerstraftaten verbüßt, gewürdigt und ihm im Hinblick auf die klaren und im Kern widerspruchsfreien Bekundungen des Zeugen sowie sein sichtliches Bemühen, wahrheitsgemäße Angaben zu machen, keine Bedeutung zugemessen. Das ist nicht zu beanstanden. Es gibt keinen Erfahrungssatz, wonach ein vorbestrafter Zeuge unglaubwürdig wäre. Im Gegenteil kann gerade die Verbüßung einer Freiheitsstrafe oft ein Umdenken beim Betreffenden bewirken, das ihn auf den Weg der Rechtschaffenheit zurückführt.

Die Aussage der Zeugin hielt das Landgericht auch wegen der Übereinstimmung mit den Aussagen der Zeugen und (sie - die Zeugin - habe im fraglichen Zeitraum wiederholt mit Mitarbeitern der Beklagten im Zusammenhang mit den 2.000 Handies telefoniert, die Namen und als Gesprächspartnerinnen auf Seiten der Beklagten erwähnt und auf Notizzetteln entsprechend vermerkt) für glaubwürdig. Die Zeugin hat darüber hinaus angegeben, dass das von der Klägerin vorgelegte und von der Beklagten bezüglich seiner Echtheit angezweifelte Faxschreiben der Firma vom 10.07.2000 (Bl. 21 und 73 d.A.) tatsächlich bei der Klägerin eingegangen sei.

Außerdem hat das Landgericht ein Schreiben vom 12.12.2001 (Bl. 175 d.A.) eines, in dem eine kurzfristige Bezahlung der Rechnung Nr. 0054 der Firma vom 25.07.2000 von der Klägerin verlangt wird, verwertet.

Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen, die eine erneute Feststellung gebieten müssten, kann weder das Vorbringen der Beklagten in der Berufungsbegründung vom 28.11.2002 noch dasjenige in den Schriftsätzen vom 06.03. bzw. 26.03.2003 begründen.

1. Der Angriff in der Berufungsbegründung, das Urteil sei auf einen Sachverhalt gestützt, den die Klägerin nicht vorgetragen habe, geht fehl. Entscheidungserheblich für das Gericht ist der Sachvortrag der Parteien im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, nicht derjenige in der Klageschrift. Spätestens seit dem Vorbringen im Schriftsatz vom 20.04.2001 (Bl. 35 d.A.) wurde aber von der Klägerin zum Vertragsschluss so vorgetragen, wie es der Tatbestand des landgerichtlichen Urteils ausweist und auf den dieses Gericht sein Urteil gestützt hat. Auf den ebenfalls zugunsten der Klägerin wirkenden Umstand, dass die Prozessparteien im Zweifel denjenigen Sachverhalt, der sich in der Beweisaufnahme zu ihren Gunsten ergeben hat, zum Inhalt ihres Vertrags machen, kommt es unter diesen Umständen nicht mehr an.

2. Zweifel an der Richtigkeit der landgerichtlichen Feststellungen bestehen nicht deshalb, weil der klägerische Vortrag im Laufe des Rechtsstreits gewechselt hat. Das Landgericht hat ausweislich seines Urteils Seite 12 zu Lasten der Klägerin diesen Umstand, insbesondere das Infragestellen der Existenz des Kaufmanns, berücksichtigt.

3. Auch die angebliche Schwärzung der vorgelegten Dokumente von Seiten der Klägerin ergibt keine konkreten Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen des Landgerichts. Abgesehen davon, dass dieses in der Berufungsbegründung zum ersten mal vorgebrachte Angriffsmittel gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO präkludiert ist, sind diejenigen bei den Akten, befindlichen Dokumente, auf die "das Urteil des Landgerichts gestützt ist, lesbar. Es kann als wahr unterstellt werden, dass die Mahnung vom 10.07.2000 (Bl. 334 d.A.) und das Schreiben vom 14.09.2000 (Bl. 170 a d.A.) nicht von dem Unterzeichner stammen. Beide Schreiben wurden - wie zwischenzeitlich auch die Klägerin einräumt - ohnehin auf ihren Wunsch mit vorgeschriebenem Inhalt von einer Angestellten der Firma versandt. Sie können schon deshalb als Beweismittel für das Zustandekommen eines Vertrags zwischen der Klägerin und der Beklagten nicht in Frage kommen. Auf diese beiden Schreiben hat das Landgericht sein Urteil aber auch nicht gestützt, sondern auf die Zeugenaussagen und auf die vorbenannten weiteren Urkunden. Das Landgericht hat sogar dem Einwand der Beklagtenseite, das Schreiben vom 10.07.2000 (Bl. 170 a d.A.) sei nicht von einem Mitarbeiter der Firma unterzeichnet, in seinem Urteil Rechnung getragen. Dort (Seite 17 des Urteils) wird ausgeführt, die Zeugin habe angegeben, dass das von der Klägerin vorgelegte und von der Beklagten bezüglich seiner Echtheit angezweifelte Faxschreiben der Firma vom 10.07.2000 tatsächlich bei der Klägerin eingegangen sei. Das Landgericht hat aber mit dieser Formulierung gerade keine Entscheidung darüber treffen wollen, von wem dieses Schreiben stammt. Dieser Umstand ist also nicht entscheidungserheblich geworden. Auch der Senat hat bezüglich des Anforderns der Schreiben vom 10.07.2000 und vom 14.09.2000 durch die Klägerin bei der Firma nicht genügend Anhaltspunkte, um die Feststellungen des Landgerichts für nicht ausreichend zu erachten. Die Klägerin hat anlässlich ihrer Anhörung im Senatstermin vom 16.10.2003 erklärt, die Anforderung solcher Schreiben aus ihrer Meinung nach versicherungsrechtlichen Gründen sei für sie kein ungewöhnlicher Vorgang gewesen, weil die Lieferung nicht über sie, sondern direkt an das Lager des Kunden erfolgt sei. Unter diesen Umständen kann diese Vorgehensweise der Klägerin nicht als genügendes Indiz angesehen werden, den Beweiswert der Zeugenaussagen und der für die Richtigkeit dieser Zeugenaussagen ins Feld geführten Urkunden in Frage zu stellen.

4. Zweifel des Senats an der Richtigkeit der Feststellungen des landgerichtlichen Urteils können auch nicht mit der Behauptung geweckt werden, die Rechnung Nr. 0047 sei von der Firma nicht an die Klägerin, sondern an die Beklagte gestellt worden. Diese Rechnung befinde sich bei den beschlagnahmten Unterlagen der Firma in den Akten des Finanzamtes München I/Steuerfahndungsstelle. Nach Auskunft dieser Stelle vom 25.07.2003, deren Richtigkeit im weiteren Verfahren von keiner der Parteien in Frage gestellt wurde, handelt es sich bei der Rechnung vom 05.07.2000 mit der Nr. 47 auch in den Unterlagen des Finanzamtes München I, Steuerfahndungsstelle, um eine Rechnung an die Klägerin. Das Finanzamt München I hat mitgeteilt, dass im Fahndungsbericht versehentlich die Beklagte als Rechnungsempfänger angegeben worden sei.

5. Zweifel des Senats an der Richtigkeit der Feststellungen des landgerichtlichen Urteils können auch nicht mit der Behauptung in der Berufungsbegründungsschrift geweckt werden, der Zeuge habe bei seiner Aussage vor dem Landgericht Aschaffenburg sich in Widersprüche verwickelt. Solche sind schon aus dem Protokoll der Vernehmung im Termin vor dem Landgericht Aschaffenburg vom 25.07.2002 nicht erkennbar. Aber auch der Vortrag in der Berufungsbegründung, der Zeuge habe das wieder bestätigt, was er zuvor in Frage gestellt hatte, stellt keinen Widerspruch in dem Sinne dar, dass an der Glaubwürdigkeit des Zeugen zu zweifeln wäre. Es ist bei Zeugenvernehmungen ein auch vom Senat häufig beobachtetes Phänomen, dass Personen, die sich ursprünglich an nichts erinnern konnten, auf Vorhalt oder genaueres Nachfragen und nach entsprechend intensivem Insichgehen doch noch Erinnerungen an bestimmte Vorgänge haben. Mit einem Widerspruch in der Aussage hat dies nichts zu tun. Das Landgericht hatte jedenfalls keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen. Ähnlich unerheblich ist der Einwand, der Zeuge sei deshalb nicht glaubwürdig, weil er eine Person namens ... ins Spiel gebracht habe, die kein einziger der Verfahrensbeteiligten vorher in den Prozess eingeführt hatte. In der Tat hat der Zeuge bei seiner Aussage vor dem Landgericht Aschaffenburg diesen als denjenigen bezeichnet, der die Handies an die Firma geliefert habe. Warum die Bezeichnung einer Person, die von den Verfahrensbeteiligten vorher nicht in den Rechtsstreit eingeführt worden war, Zweifel an der Glaubwürdigkeit einer Zeugenaussage wecken soll, ist für den Senat nicht erkennbar, in der Berufungsbegründung auch nicht näher ausgeführt.

6. Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen des Landgerichts begründet auch nicht der Vortrag in der Berufungsbegründung, die Erklärung des Prozessbevollmächtigten des Beklagten im Termin vom 10.05.2001, die Rechnung der Firma sei von der Beklagten deswegen zurückgegeben worden, weil letztere Firma keine gültige Umsatzsteuer - ID - Nummer gehabt habe, habe dem damaligen Wissens- und Verständnisstand des Prozessbevollmächtigten entsprochen. Das Urteil des Landgerichts erwähnt den widersprüchlichen Vortrag des Prozessbevollmächtigten der Beklagten im Termin vom 10.05.2001 einerseits und im Vorbringen des Geschäftsführers der Beklagten im Termin vom 05.06.2001 andererseits in dem Zusammenhang, dass nicht nur die Klägerin, sondern auch die Beklagte widersprüchlichen Vortrag geboten habe. Das kann auch mit dem Argument eines Informationsdefizits des Beklagtenvertreters nicht entkräftet werden. Dass eine objektiv unrichtige Sachdarstellung gegeben wurde, wird in der Berufungsbegründung sogar zugestanden. Mehr bringt das landgerichtliche Urteil aber auch nicht zum Ausdruck. Falls das Berufungsvorbringen in dem Sinne gemeint sein sollte, dass eine subjektiv entschuldbare falsche Darstellung auf Beklagtenseite weniger schwer wiege als diejenige auf der Klägerseite, so trifft auch dies (obwohl im Rahmen des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ohnehin unerheblich) nicht zu. Zu schweigen bzw. die fehlerhafte Information des Prozessbevollmächtigten an das Gericht nicht sofort zu korrigieren, gibt mindestens in gleichem Maße Anlass zum Zweifel an der Glaubwürdigkeit eines Vertrags wie ein ursprünglich fehlerhafter Vortrag gegenüber dem Gericht, der im Laufe des Verfahrens berichtigt wird. Die Argumentation der Beklagten ist insoweit ambivalent.

7. Das Landgericht hat im Rahmen seiner Beweiswürdigung nicht gegen die Vorschrift des § 409 HGB verstoßen. Es hat auf Seite 11 seines Urteils den Inhalt des Frachtbriefs Nr. 29 vom 07.07.2000 als Indiz gegen einen Vertragsschluss bewertet. Fehl geht die Auffassung der Beklagten in der Berufungsbegründung, der Frachtbrief beweise das Zustandekommen eines Vertrags zwischen und der Beklagten. Gemäß § 409 Abs. 1 HGB dient der von beiden Parteien unterzeichnete Frachtbrief bis zum Beweis des Gegenteils als Nachweis für Abschluss und Inhalt des Frachtvertrags sowie für die Übernahme des Gutes durch den Frachtführer. Damit kann der Frachtbrief lediglich den Abschluss eines Frachtvertrages zwischen der Firma und der Firma begründen, macht aber keine Aussage zu der entscheidungserheblichen Frage, zwischen wem ein Kaufvertrag zustande gekommen ist. Dass ein Käufer den Lieferanten beauftragt, direkt an den Käufer zu liefern, ist nicht ungewöhnlich.

8. Die Aufrechnung der Beklagten mit Forderungen gegen die Firma geht aus prozessualen und materiellen Gründen fehl. § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO steht dem erstmals in der Berufungsinstanz erhobenen Aufrechungseinwand entgegen. Materiell fehlt es für die Aufrechung an der von § 387 BGB geforderten Gegenseitigkeit der zur Aufrechnung gestellten Forderungen. Daran könnte auch die (bestrittene) Aussage des Zeugen gegenüber der Beklagten, die Rechnung der Klägerin könne wie eine solche der Firma behandelt werden, nichts ändern. Gemäß §§ 406, 387 ff. BGB könnte eine Aufrechnung der Forderungen der Beklagten gegen die Firma nur Erfolg haben, wenn die Kaufpreisforderung der Klägerin an diese Firma abgetreten worden wäre. Dazu bedarf es aber nicht einer Vereinbarung zwischen dem Zeugen als Vertreter der Firma und der Beklagten, sondern einer solchen zwischen der Klägerin und der Firma.

9. Auch der Vortrag der Beklagten in den Schriftsätzen vom 06.03.2003 und vom 26.03.2003 begründet keine Zweifel des Senats an der Richtigkeit der Feststellungen des Landgerichts.

a) Der Vortrag, die Klägerin habe den in erster Instanz für Bestellung und Lieferung angebotenen Zeugen weder gekannt noch mit ihm telefoniert, ist nicht geeignet, Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen des Landgerichts zu wecken. Darüber ist Beweis durch den genannten Zeugen nicht erhoben worden, weshalb ein entscheidungserheblicher Umstand für das Landgericht insoweit nicht vorlag. Dass eine Partei einen Zeugen gekannt haben oder mit ihm telefoniert haben muss, bevor sie ihn im Prozess als Beweismittel anbietet, ist darüber hinaus ein Trugschluss.

b) Dass das Schreiben vom 14.09.2000 (Bl. 170 d.A.) mit der Bestätigung der Geschäfte zwischen der Firma und der Klägerin eine Unterschrift enthalte, die nicht von dem vorgeblichen Verfasser der Firma stamme, ist für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht von Bedeutung. Die Klägerin hat zwischenzeitlich eingeräumt, dass dieses Schreiben (Bl. 170 a d.A.) von ihr angefordert worden sei. Das Landgericht hat aber in seinem Urteil Seite 19 nicht auf das Schreiben vom 14.09.2000, sondern auf dasjenige vom 12.12.2001 (Bl. 175 d.A.), in dem eine kurzfristige Bezahlung der Rechnung der Firma vom 25.07.2000 von der Klägerin verlangt wird, Bezug genommen. Lediglich ergänzend weist das Urteil ("im übrigen") darauf hin, dass auch in dem von der Klägerin vorgelegten Schreiben der Firma vom 14.09.2000 auf diese Rechnung Bezug genommen werde. Für den Senat ergibt sich daraus, dass (auch bei Einbeziehung des Umstände, dass das Schreiben vom 14.09.2000 von der Klägerin selbst verlangt und vorgeschrieben worden ist) die Behauptung, dass die Firma von ihr als Vertragspartnerin Zahlung der gelieferten 2.000 Handies forderte, mit den Rechnungen Nr. 0047 vom 05.07.2000 und Nr. 0054 vom 25.07.2000 samt Belastungsanzeigen und dem Schreiben vom 12.12.2001 immer noch genügend unter Beweis gestellt ist. Auf die Identität des Unterzeichners (A. oder ein anderer Mitarbeiter der Firma) des Schreibens vom 14.09.2000 kommt es unter diesen Umständen ebensowenig an wie auf den Umstand, dass die Klägerin dieses Schreiben selbst vorgefertigt hat.

c) Ähnliches gilt - wie oben ausgeführt - auch für das Schreiben vom 10.07.2000 (Bl. 21 und 73 d.A.), bei dem das Landgericht lediglich davon ausging, dass es als Telefax der Firma bei der Klägerin eingegangen ist. Mehr hatte die Zeugin nicht bekundet, insbesondere nicht den Urheber dieses Schreibens genannt. An der Glaubwürdigkeit der Zeugin ändert es deshalb nichts, wenn das Schreiben tatsächlich von der Klägerin so angefordert worden ist und möglicherweise von jemand anderem als stammt.

Der Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 30.10.2003 gab keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

III.

Bezüglich der Zinsen, Mahn- und Auskunftskosten war das landgerichtliche Urteil nicht angefochten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Es handelt sich um eine typische Einzelfallentscheidung, in deren Mittelpunkt eine Beweiswürdigung steht. Sie enthält auch keine Rechtsfrage, die bisher höchstrichterlich nicht entschieden oder über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam wäre. Die zur Begründung des Revisionsantrags vom Beklagtenvertreter gestellte Frage, ob eine Prozesspartei erneut die Vorlage einer Originalurkunde verlangen muss, wenn die Vorlegung der Urkunde gerichtlich angeordnet war und von der Gegenseite nicht vorgelegt wurde, hat für die Entscheidung dieses Rechtsstreits keine Bedeutung. Die Urheberschaft des Faxschreibens der Firma vom 10.07.2000 ist ebensowenig entscheidungserheblich wie diejenige des Schreibens vom 14.09.2000. Der Fall enthält auch keine Rechtsfrage, die in der Literatur streitig erörtert wird. Schließlich weicht der Senat auch nicht von der Rechtsprechung eines OLG oder des BGH ab.

Ende der Entscheidung

Zurück