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Gericht: Oberlandesgericht Bamberg
Urteil verkündet am 07.05.2003
Aktenzeichen: 3 U 180/02
Rechtsgebiete: ZPO, HWiG


Vorschriften:

ZPO § 540 Abs. 2
ZPO § 313 a Abs. 1 Satz 1
HWiG § 1 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Bamberg IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 180/02

Verkündet am 18. Juni 2003

in dem Rechtsstreit

wegen Forderung.

Der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Bamberg hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ... der Richterin am Oberlandesgericht ... und des Richters am Oberlandesgericht ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 7. Mai 2003

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Schweinfurt vom 16. Juli 2002 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Der Wert der Beschwer der Klägerin beträgt 12.363,04 EUR.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 540 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO in entsprechender Anwendung abgesehen.

II.

1. Das Landgericht ist mit Recht zu dem Ergebnis gelangt, daß der Klägerin die geltend gemachte pauschalierte Vergütung in Höhe von 12.363,04 EUR (§ 649 BGB i.V.m. § 6 des Vertrages vom 18.12.1994/8.3.1995) nicht zusteht, weil die Beklagten ihr Vertragsangebot vom 18.12.1994 mit Schreiben vom 24.9.2001 wirksam nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG (hier und im folgenden in der bis zum 30.9.2000 geltenden Fassung) widerrufen haben. Der Senat schließt sich der Begründung der angefochtenen Entscheidung an und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf sie Bezug. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung. Zusammenfassend und ergänzend ist auszuführen:

a) Unstreitig hat der Zeuge ... die Beklagten am 18.12.1994 in ihrer Privatwohnung aufgesucht und den Abschluß des streitgegenständlichen Vertrags vorgeschlagen; daraufhin haben die Beklagten das dem Vorschlag entsprechende, an die Klägerin gerichtete Vertragsangebot unterschrieben. Sie sind somit durch eine mündliche Verhandlung in ihrer Privatwohnung, d.h. in einer Haustürsituation im Sinn von § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG alter Fassung, zur Abgabe ihrer Willenserklärung bestimmt worden.

Die Klägerin muß sich die Haustürsituation zurechnen lassen, weil der im ersten Rechtszug vernommene Zeuge ... als von ihr beauftragter Vermittler tätig geworden ist (vgl. MünchKommBGB-Ulmer, 3. Aufl., § 1 HWiG Rdnr. 15). Dieser Zeuge hat bekundet, die Beklagten hätten am 30.4.1993 einen von ihm vermittelten Bauvertrag mit der Firma ... Hausbau GmbH geschlossen. Diese sei anschließend in Konkurs geraten. Da er, der Zeuge, davon ausgegangen sei, daß die Beklagten nach wie vor bauen wollten, habe er den Geschäftsführer der Klägerin gefragt, ob dieser den Beklagten ein Angebot machen könne. Die Klägerin habe dann vorgeschlagen, das Haus für einen Preis zu bauen, der um 16.000,-- DM niedriger gewesen sei als der mit der Firma ... Hausbau GmbH vereinbarte. Daraufhin habe er, der Zeuge, sich mit den Beklagten in Verbindung gesetzt, für den Fall, daß noch Bauabsicht bestünde, ein Angebot angekündigt und den Termin vom 18.12.1994 vereinbart. Aus dieser Aussage ergibt sich zweifelsfrei, daß der Zeuge ... nicht auf Initiative der Beklagten, sondern im Auftrag der Klägerin als deren Vermittler tätig geworden ist, auch wenn er damals mit der Klägerin noch keinen Handelsvertretervertrag geschlossen hatte. Dies findet eine zusätzliche Bestätigung in dem Schreiben des Zeugen an den Geschäftsführer der Klägerin vom 2.10.2001. Es heißt dort nach dem Bericht über den nicht zur Ausführung gelangten Vertrag der Beklagten mit der Firma ... Hausbau GmbH wörtlich: "Die Auftragssumme für die gleiche Leistung 1t. ...vertrag betrug 200.000,-- DM war also um 14.000,-- DM höher. Dieses trug ich der Familie vor - worauf Sie mich baten einen neuen Vertrag mit ... in die Wege zu leiten ...". Bei der mit "Sie" angesprochenen Person kann es sich schon aus sprachlichen Gründen nur um den angeschriebenen Geschäftsführer der Klägerin handeln. Auch nach diesem Schreiben hat der Geschäftsführer der Klägerin den Zeugen beauftragt, das Zustandekommen des Vertrages mit den Beklagten zu vermitteln. Da das Schreiben und die Aussage des Zeugen ... sich insofern entgegen der Meinung der Klägerin decken, bestand kein Anlaß, den Zeugen im zweiten Rechtszug nochmals zu vernehmen.

b) Da die Beklagten durch eine Haustürsituation zur Abgabe ihres Vertragsangebots bestimmt worden sind, stand ihnen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG alter Fassung ein Widerrufsrecht zu.

Dem steht nicht entgegen, daß die Beklagten am 30.4.1993 mit der anschließend in Konkurs geratenen Firma ... Hausbau GmbH einen ähnlichen Vertrag geschlossen haben; auf die diesbezüglichen Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils wird verwiesen.

Das Widerrufsrecht war auch nicht nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 HWiG alter Fassung ausgeschlossen, weil die mündliche Vertragsverhandlung nicht auf einer vorhergehenden Bestellung beruhte. Zwar haben die Beklagten mit dem Zeugen ... den Hausbesuch vom 18.12.1994 vereinbart; das ist aber nur geschehen, weil der Zeuge ..., wie aus seiner Aussage folgt, unverlangt mit den Beklagten telefonischen Kontakt aufgenommen hat. Es handelte sich damit um eine provozierte Bestellung, die das Widerrufsrecht nicht entfallen ließ, weil sie auf Anbieterinitiative beruhte (vgl. MünchKommBGB-Ulmer, a.a.O., Rdnr. 46; Palandt/Putzo, BGB, 61. Aufl., § 1 HWiG Rdnr. 23).

c) Die Beklagten sind über das ihnen zustehende Widerrufsrechtt unstreitig nicht belehrt worden, so daß die einwöchige Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt worden ist (§ 2 Abs. 1 HWiG alter Fassung). Ihre im Schreiben vom 24.9.2001 zum Ausdruck gebrachte Widerrufserklärung war deshalb wirksam. Dies hat zur Folge, daß der Klägerin weder der geltend gemachte pauschalierte Vergütungsanspruch noch ein Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung zusteht.

2. Nach alledem ist die Berufung der Klägerin gegen das angefochtene Urteil mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

Die übrigen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713, 546 Abs. 2 (a. F.) ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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