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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Bamberg
Beschluss verkündet am 05.11.2002
Aktenzeichen: 3 W 120/02
Rechtsgebiete: BRAGO, ZPO


Vorschriften:

BRAGO § 26
BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 1
BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 2
BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 3
BRAGO § 52
ZPO § 92 Abs.1
ZPO § 574 Abs. 1 Nr. 2
ZPO § 574 Abs. 2
ZPO § 574 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
3 W 120/02

Beschluß

des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg

vom 5. November 2002

in dem Rechtsstreit

wegen Forderung;

hier: Kostenausgleich.

Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluß des Landgerichts Bamberg vom 2.8.2002 abgeändert.

Die von der Beklagten an die Klägerin nach dem rechtskräftigen Endurteil des Landgerichts Bamberg vom 14,5.2002 zu erstattenden Kosten werden auf 679,34 EURO mit 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 21.5.2002 festgesetzt.

2. Die weitergehende Beschwerde der Beklagten wird zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin 1/4, die Beklagte 3/4.

4. Der Wert des Streitgegenstandes im Beschwerdeverfahren wird auf 334,38 EURO festgesetzt.

5. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

1. Die Klägerin hat wegen abgetretener Forderungen auf Kaufpreis gegen die Beklagte beim Landgericht Bamberg Klage erhoben. Zugrunde lag die Abrechnung umfangreicher Geschäftsbeziehungen zwischen der Beklagten und einer früheren Lieferantin, die in Konkurs gefallen ist. Die Beklagte ist eine GmbH mit dem Sitz in Sie hat mit ihrer Vertretung im Rechtsstreit einen dort ansässigen Rechtsanwalt als Prozeßbevollmächtigten beauftragt. An den insgesamt fünf Terminen zur mündlichen Verhandlung, davon vier verbunden mit Beweisaufnahme, hat für sie ein in Bamberg ansässiger Rechtsanwalt in Untervollmacht teilgenommen. Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Von den Kosten hat es der Klägerin 36 %, der Beklagten 64 % auferlegt.

Die Klägerin hat im Rahmen der Kostenabgleichung ihre außergerichtlichen Kosten mit 1.331,51 EURO geltend gemacht. Die Beklagte hat beantragt, die Kosten ihres Prozeßbevollmächtigten und die ihres Unterbevollmächtigten mit je 959,95 EURO (insgesamt also 1.919,90 EURO) zu berücksichtigen. Das Landgericht (Rechtspflegerin) hat die Gerichtskosten (insgesamt 1.187,96 EURO, davon von der Beklagten verauslagt 377,56 EURO) abgeglichen und festgestellt, daß die Beklagte der Klägerin insoweit 382,73 EURO zu erstatten hat. Bei den außergerichtlichen Kosten hat es die der Klägerin voll als erstattungsfähig anerkannt, für die Beklagte dagegen nur 1.297,85 EURO (3 Gebühren gemäß § 31 Abs.1 Nr.1 - 3 BRAGO zu je 10/10 und Auslagen pauschal, insgesamt 1.147,85 EURO zuzüglich Aufwand für Information des Rechtsanwalts am Gerichtsort mit pauschal 150 EURO), so daß sich zugunsten der Klägerin 384,94 EURO errechneten. Demnach hat es entschieden, daß die Beklagte an die Klägerin (382,73 + 384,94 =) 767,67 EURO zu erstatten hat. Der Kostenfestsetzungsbeschluß ist der Beklagten am 8.8.2002 zugestellt worden. Sie hat am 12.8.2002 sofortige Beschwerde eingelegt. Sie rügt, die von ihr verauslagten Gerichtskosten seien unberücksichtigt geblieben, vor allen aber seien ihre außergerichtlichen Kosten zu Unrecht nicht in vollem Umfang als erstattungsfähig anerkannt worden. Das Landgericht hat nicht abgeholfen.

2. Das Rechtsmittel ist zulässig (§§ 104 Abs.3 S.1, 567 Abs.1 Nr.1, Abs.2 S.2, 569 ZPO), aber nur zum Teil begründet.

a) Das Landgericht hat die Gerichtskosten ordnungsgemäß abgeglichen. Es hat, wie aus Ziff.1 des angefochtenen Beschlusses ersichtlich ist, zugunsten der Beklagten berücksichtigt, daß sie 377,56 EURO verauslagt hat. Nach der Kostenquote im Urteil hat die Beklagte an die Klägerin 382,73 EURO zu erstatten.

b) Für die außergerichtlichen Kosten gilt die Verpflichtung beider Parteien zu sparsamer Prozeßführung. Danach hatte die Beklagte unter mehreren Möglichkeiten zur Wahrung ihrer Rechte diejenige zu wählen, die mit dem geringeren Kostenaufwand verbunden war. Sie hat einen Rechtsanwalt an ihrem Sitz als Prozeßbevollmächtigten und einen weiteren am Sitz des Landgerichts als Unterbevollmächtigten beauftragt.

aa) Um ihre Rechte trotz der weiten Entfernung zwischen ihrem Sitz und dem Gerichtsort sachgerecht zu wahren, wäre es ihr ebenso möglich gewesen, einen Rechtsanwalt am Sitz des Gerichts zum Prozeßbevollmächtigten zu bestellen und sich ihres Anwalts in Düsseldorf als Verkehrsanwalt zu bedienen. Die Voraussetzungen dafür waren gegeben. Die unmittelbare (mündliche, schriftliche, fernmündliche) Information ihres Prozeßbevollmächtigten am Gerichtsort war der Beklagten wegen der weiten Entfernung - entgegen der Ansicht des Landgerichts - nicht zuzumuten. Unstreitig betreibt sie ein kaufmännisches Unternehmen ohne eigene Rechtsabteilung, ihre Geschäftsführer verfügen nicht über juristische Fachkenntnisse. Der Rechtsstreit betraf einen umfangreichen Prozeßstoff, auch prozeßrechtliche Fragen (Zuständigkeit des Landgerichts, Zwischenurteil hierzu). Das alles war von Beginn des Rechtsstreits an anzusehen. Materiellrechtlich waren schwierige Abrechnungsfragen zu klären. Das Landgericht benötigte dazu 5 Termine und die Aussagen von insgesamt 8 Zeugen bei einer Prozeßdauer von rund 3 Jahren. In einem solchen Fall mußte es der Beklagten gestattet sein, sich eines Verkehrsanwalts zu bedienen (vgl. Zöller, ZPO, 23.Aufl., § 91 RdNr.13 "Verkehrsanwalt"). Auf die Frage, ob und wie oft sie berechtigt gewesen wäre, ihren Prozeßbevollmächtigten in Bamberg zur persönlichen Information aufzusuchen und selbst (durch einen ihrer Geschäftsführer) an den Gerichtsterminen teilzunehmen, welche Reisekosten also durch einen Verkehrsanwalt erspart worden wären, kommt es unter diesen Umständen nicht an.

bb) In einem solchen Fall sind die tatsächlichen Kosten (angefallen für den Prozeßbevollmächtigten in Düsseldorf und den Unterbevollmächtigten in Bamberg) mit denjenigen zu vergleichen, die entstanden wären, wenn die Beklagte einen in Bamberg ansässigen Prozeßbevollmächtigten beauftragt und sich eines Verkehrsanwalts in Düsseldorf bedient hätte, um den Verkehr mit ersterem zu führen (Zöller a.a.O. § 91 RdNr.13 "Unterbevollmächtigter" m.w.N.; Schneider MDR 99, 959/960). Die Gegenüberstellung zeigt, daß letztere Möglichkeit kostengünstiger gewesen wäre. Für den Prozeßbevollmächtigten in Bamberg wären nämlich 3 Gebühren zu je 10/10 gemäß § 31 Abs.1 Nr.1 - 3 BRAGO und die Auslagenpauschale gemäß § 26 BRAGO (also 3 x 375,80 + 20 = 1.147,40 EURO), für den Verkehrsanwalt in Düsseldorf eine Gebühr zu 10/10 und die Auslagenpauschale (§§ 52, 26 BRAGO, also 375,80 + 20 = 395,80 EURO) angefallen, insgesamt daher außergerichtliche Kosten von 1.543,20 EURO. Nur in diesem (gedachten) Umfang sind die außergerichtlichen Kosten der Beklagten als erstattungsfähig anzuerkennen. Insgesamt sind für beide Parteien deshalb (1.331,51 EURO für die Klägerin + 1.543,20 EURO für die Beklagte =) 2.874,71 EURO zugrunde zu legen. Auf die Klägerin entfallen davon (36 % =) 1.034,90 EURO, auf die Beklagte (64 % =) 1.839,81 EURO. Da die eigenen erstattungsfähigen Kosten der Beklagten 1.543,20 EURO betragen, hat sie an die Klägerin (1.839,81 - 1.543,20 =) 296,61 EURO zu zahlen. Zusammen mit den Gerichtskosten (382,73 EURO, s.o.) schuldet sie 679,34 EURO.

3. Die Entscheidung zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 92 Abs.1 ZPO. Der Wert des Streitgegenstandes im Beschwerdeverfahren beträgt (306,72 EURO angeblich nicht berücksichtigte gerichtliche Kosten + 1.919,90 EURO geltend gemachte außergerichtliche Kosten der Beklagten - vom Landgericht berücksichtigt 1.297,85 EURO = 928,83 EURO X 36 % =) 334,38 EURO.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs.1 Nr.2, Abs. 2, 3 ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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