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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Bamberg
Urteil verkündet am 26.01.2004
Aktenzeichen: 4 U 81/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 543 Abs. 2
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 709 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Bamberg IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 U 81/03

Verkündet am 26. Januar 2004

in dem Rechtsstreit

wegen Forderung.

Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Bamberg hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ... und der Richter am Oberlandesgericht ... und ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26. Januar 2004

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Würzburg vom 17. März 2003 wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten der Berufung hat die Beklagte zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Rückzahlung des Kaufpreises für einen Lkw Zug um Zug gegen Herausgabe dieses Lkw's sowie den Ersatz von Aufwendungen für den Lkw.

Durch das den Parteien am 20.3.2003 zugestellte Urteil vom 17.3.2003, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, hat das Landgericht der Klage bis auf einen Teil der Zinsen mit der Begründung stattgegeben, daß von der Beklagten infolge der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung der Kaufpreis als ungerecht fertigte Bereicherung zurückzuzahlen ist und sie die Aufwendungen wegen Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen zu ersetzen hat.

Hiergegen richtet sich die am 17.4.2003 eingelegte und mit - nach Fristverlängerung um einen Monat - am 20.6.2003 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung der Beklagten.

Die Beklagte trägt vor, die Feststellungen des Erstgerichts würden von der durchgeführten Beweisaufnahme nicht getragen. Ein unfallbedingter Abriß der Achse führe nicht zwangsläufig zu einem Rahmenschaden. Zur Untermauerung dieser Behauptung beruft sich die Beklagte auf ein. Angebot eines DAF-Haupthändlers vom 2.9.2001 für einen Lkw, dessen Hinterachse losgerissen worden sei, bei dem jedoch trotzdem kein Rahmenschaden vorliege. Vor allem habe das Landgericht eine falsche Beweiswürdigung vorgenommen. Die Aussage des Zeugen ... sei absolut glaubhaft, die des Zeugen ... dagegen nicht. Der Zeuge ... sei wegen versuchten Versicherungsbetrugs zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden. Zudem sei die schriftliche Bestätigung der Firma ... und des Zeugen ... vom 27.11.2000, es seien weder Rahmen- noch Motorschäden an dem genannten Fahrzeug ersichtlich gewesen, falsch. Aus einem von der Beklagten zwischenzeitlich eingeholten Gutachten des TÜV Würzburg vom 18.8.2003 gehe nämlich hervor, daß der Lkw bereits beim Verkauf von der Firma ... an die Beklagte einen Rahmenschaden gehabt habe, der von der Firma ... bei der Reparatur klar erkannt, jedoch unsachgemäß in Stand gesetzt worden sei.

Die Beklagte beantragt demgemäß,

das am 17.3.2003 verkündete Urteil des Landgerichts Würzburg aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Zur Begründung trägt er vor, das Berufungsgericht sei grundsätzlich an die Tatsachenfeststellung des ersten Rechtszugs gebunden. Erhebliche Tatsachen, die abweichend von den Feststellungen des Erstgerichts zu berücksichtigen wären, habe die Beklagte nicht in zulässiger Weise vorgetragen.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 20.6. und 16.7.2003 und des Klägers vom 29.9.2003 Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Würzburg vom 17.3.2003 ist statthaft und auch ansonsten zulässig, da sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet wurde (§§ 511 ff. ZPO).

In der Sache erweist sich die Berufung der Beklagten als unbegründet. Das angefochtene Endurteil des Landgerichts Würzburg vom 17.3.2003 ist sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zutreffend. Das Berufungsvorbringen der Beklagten führt zu keinem anderen Ergebnis. Das Berufungsgericht nimmt deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug.

Zum Berufungsvorbringen der Beklagten ist ergänzend folgendes auszuführen:

1. Die Beklagte behauptet, entgegen der Auffassung des Landgerichts führe der unfallbedingte Abriß einer Achse bei einem Lkw nicht zwangsläufig zu einem Rahmenschaden. In dem als Beleg für. diese Behauptung vorgelegten Angebot der Firma DAF Autohaus ... GmbH vom 2.9.2001 heißt es hierzu:

"Unfallfrontschaden ... sowie HA losgerissen und verbogen. Jedoch laut Gutachten keine Rahmenverschiebungen oder -verbiegungen. Obwohl ... die Achse verbogen ist."

Dieses Angebot ist nicht geeignet, die Tatsachenfeststellungen des Landgerichts in Frage zu stellen. Zum einen betrifft das Angebot den unfallbedingten Abriß einer Hinter-, nicht einer Vorderachse. Zudem hielt es der Anbieter offensichtlich für besonders erwähnenswert, daß trotz eines Abrisses der Hinterachse kein Rahmenschaden vorliegt, und bestätigt somit indirekt, daß dies regelmäßig anders ist. Das Angebot ist deshalb nicht geeignet, die Feststellungen des Sachverständigen ... zu widerlegen, daß beim unfallbedingten Abriß der Vorderachse der Rahmen infolge der einwirkenden Hebelkräfte verbogen wird.

2. Die Beklagte greift insbesondere die Beweiswürdigung des Landgerichts an. Im Gegensatz zu dessen Überzeugung sei der Zeuge ... nicht glaubwürdig. Er sei nämlich wegen versuchten Versicherungsbetrugs zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden. Zudem sei die schriftliche Bestätigung des Herrn ... und des Zeugen ... vom 27.11.2000 falsch, wonach zum Zeitpunkt des Verkaufs des Lkw's an die Beklagte weder ein Rahmen- noch ein Motorschaden an dem Lkw ersichtlich gewesen sei. Nach dem Gutachten des TÜV Würzburg vom 18.8.2003 sei der Rahmenschaden bereits beim Verkauf des Lkw's von der Firma ... an die Beklagte vorhanden gewesen und von der Firma ... auch erkannt worden.

Auch wenn diese Argumente die generelle Glaubwürdigkeit des Zeugen ... erschüttern mögen, sind sie doch nicht geeignet, Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen zu begründen, und gebieten deshalb keine erneute Feststellung. Das Landgericht Würzburg gründet seine Überzeugung nämlich wesentlich auf die Überlegung, der Auftrag, die bei der Reparatur des Unfall-Lkw's verwendeten Gebrauchtteile schwarz "anzublasen", lasse nur den Schluß zu, daß der Zeuge ... mit dem Vorliegen eines Rahmenschadens rechnete, diesen Umstand der Klägerin aber nicht offenbaren und ihr auch keine Veranlassung geben wollte, den Lkw näher auf einen Rahmenschaden hin zu untersuchen. Demgegenüber habe die Firma ... keine Veranlassung gehabt, die Gebrauchtteile schwarz "anzublasen", da sie den Lkw an die Beklagte unter Ausschluß der Gewährleistung verkauft habe.

Diese Argumentation überzeugt. Nachdem der Zeuge ... ausgesagt hatte, als der Zeuge ... den Lkw besichtigte, sei die Vorderachse neben dem Lkw gelegen, erklärte der Zeuge ... der Ehemann der Geschäftsführerin der Beklagten, bei seiner erneuten Vernehmung, er wisse nicht mehr, ob das Fahrzeug damals noch eine Vorderachse hatte. Da sie im Jahr ca. 200 Fahrzeuge verkauften, habe er keine genaue Erinnerung an das einzelne Fahrzeug. Zudem erklärte die Beklagte, Herr ... habe bei einem Telefonat vor Abschluß des Kaufvertrags den Kläger auch darüber in Kenntnis gesetzt, daß die Vorderachse des Lkw's bei dem Unfall abgerissen worden sei.

Da somit die Beklagte auch nach ihrem eigenen Vorbringen genau wußte, daß sie von der Firma ... einen Lkw erwarb, dessen Vorderachse abgerissen war, gab es für die Firma ... keinen Grund, die Beklagte über die von ihr durchgeführten Reparaturarbeiten zu täuschen.

Dies kann aber ebenso wie die Frage, ob die von der Beklagten vorgetragenen Noven zuzulassen sind, aus dem im folgenden genannten Grund ohnehin dahinstehen.

3. Wie das Landgericht Würzburg bereits zutreffend ausgeführt hat, ist eine arglistige Täuschung des Klägers durch den für die Beklagte handelnden Zeugen ... nämlich selbst dann gegeben, wenn die Beklagte keine positive Kenntnis von dem aus dem Abriß der Vorderachse resultierenden Rahmenschaden gehabt haben sollte. Der Verkäufer eines gebrauchten Wagens muß den Kaufinteressenten nämlich über alle Umstände aufklären, die für dessen Kaufentschluß von gewichtiger Bedeutung seien könnten. Dabei trifft einen als fachkundig auftretenden Händler eine solche Aufklärungspflicht nicht erst auf der Grundlage sicheren Wissens um einen konkreten Unfallschaden, sondern bereits auf der Grundlage eines begründeten Verdachts (OLG Frankfurt, NJW-RR 1999, 1064).

Der für die Beklagte handelnde Zeuge ... wußte, daß die Vorderachse des Lkw's infolge eines Unfalls abgerissen worden war. Über diesen Umstand, der für den Kaufentschluß des Klägers offensichtlich von gewichtiger Bedeutung sein konnte und auch tatsächlich war, hat er den Kläger nicht aufgeklärt, obwohl er auch deshalb zu einer entsprechenden Aufklärung veranlaßt und verpflichtet war, weil sich der den Ankauf durch den Kläger vermittelnde Zeuge ... ausdrücklich nach dem Vorliegen eines Rahmen- und Motorschadens erkundigte. Daß er diese Aufklärung unterließ, zeigt die Aussage des Zeugen. ... Dessen vom Erstgericht überzeugend begründete Glaubwürdigkeit hat die Beklagte nicht in Zweifel zu ziehen versucht.

Da die Beklagte den Kläger nicht über einen für den Kaufentschluß wichtigen Umstand aufklärte, der zudem in aller Regel einen Rahmenschaden zur Folge hat, hat sie den Kläger arglistig getäuscht, so daß dieser den Kaufvertrag wirksam angefochten hat.

III.

Die Berufung der Beklagten erweist sich demnach als erfolglos und ist mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision, § 543 Abs. 2 ZPO, liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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