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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Bamberg
Beschluss verkündet am 23.07.2004
Aktenzeichen: 6 U 26/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 513 Abs. 1 n. F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
6 U 26/04

Beschluss

des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 23. Juli 2004

in Sachen

wegen Schadensersatzes u.a.;

hier: Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren.

Tenor:

Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ihr Rechtsmittel der Berufung gegen das Endurteil des Landgerichts Coburg vom 19. April 2004 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin Schadensersatz, Schmerzensgeld und Feststellung wegen Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht. Am 19.03.2001 stürzte die Klägerin im ehemaligen Kino "Casino" in der ... in ... in Höhe der hinteren Sitzreihen über eine schmale Stufe. Die Stufe war mit Beleuchtungskörpern ausgestattet, die auch im Filmbetrieb die Stufe ausreichend beleuchteten. Die Klägerin, die in der drittletzten Kinoreihe gesessen hatte, wollte während der Vorführung den Filmsaal zum Besuch der Toilette verlassen und stürzte über die parallel zum Gang verlaufende Stufe. Sie zog sich einen Fersenbeinbruch links zu.

Die Klägerin hat behauptet, im Zeitpunkt ihres Sturzes sei die in Höhe der letzten drei Sitzreihen ausgebildete 2 bis 8 cm hohe Stufe nicht beleuchtet gewesen. Sie meint, die Beklagten hätten daher ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt.

Das Landgericht Coburg hat nach Beweiserhebung die Klage abgewiesen, weil den Beklagten eine schuldhafte Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflicht nicht vorgeworfen werden könne, weil nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon auszugehen sei, dass die Betreiber des Kinos täglich die Stufenbeleuchtung mindestens einmal überprüft hätten. Selbst unterstellt, die Beleuchtung habe am streitgegenständlichen Schadenstag nicht funktioniert, sei die festgestellte tägliche Kontrolle als ausreichend anzusehen, weil die Beklagten zu häufigeren Kontrollen oder einer Kontrolle unmittelbar vor jeder Vorführung nicht verpflichtet gewesen seien.

Wegen des weitergehenden Sachverhalts und der Begründung der landgerichtlichen Entscheidung wird auf das Ersturteil vom 19.04.2004 (Bl. 118 ff. d.A.) verwiesen.

Hiergegen richtet sich die im Entwurf vorgelegte Berufung der Klägerin, die diese von der Gewährung von Prozesskostenhilfe für die zweite Instanz abhängig gemacht hat. Die Klägerin greift darin die Beweiswürdigung des Landgerichts Coburg an und verfolgt die von ihr bereits in erster Instanz geäußerte Rechtsmeinung weiter, eine tägliche Kontrolle der Sicherheitsbeleuchtung sei nicht ausreichend.

Wegen der weiteren Einzelheiten sowie wegen der Erwiderung der Beklagten im Schriftsatz vom 11.06.2004 wird auf Bl. 150 ff. sowie auf Bl. 169 ff. d.A. Bezug genommen.

II.

Der Klägerin kann Prozesskostenhilfe für ihre Berufung nicht bewilligt werden. Dafür fehlt es an der Erfolgsaussicht des Rechtsmittels (§ 114 ZPO).

Die Entscheidung des Landgerichts Coburg ist unter Zugrundelegung des Berufungsvorbringens der Klägerin weder im tatsächlichen noch im rechtlichen. Bereich zu beanstanden. Der Senat nimmt daher zur Begründung seiner Entscheidung zunächst vollinhaltlich auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug. Das Landgericht Coburg hat seine tatsächlichen Feststellungen auf der Grundlage des Parteivorbringens und nach dem Ergebnis einer verfahrensfehlerfrei durchgeführten Beweisaufnahme korrekt getroffen. Zweifel an der Richtigkeit der vom Landgericht getroffenen und seiner Entscheidung zugrundegelegten Feststellungen bestehen daher nicht. Die auf dieser Tatsachengrundlage erfolgte rechtliche Würdigung durch das Landgericht ist zutreffend. Auch insoweit gibt das Berufungsvorbringen keinen Anlass, Ergebnis und Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung in Frage zu stellen.

Das Landgericht Coburg hat die Beweislast für die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht und den dadurch kausal verursachten Schaden zu Recht der Klägerin aufgebürdet.

Die Angriffe auf die Beweiswürdigung des Landgerichts Coburg in Bezug auf die Glaubhaftigkeit und Glaubwürdigkeit der vernommenen Zeugen geht ebenso ins Leere wie auf die aus den Aussagen der vernommenen Zeugen ermittelten und der Entscheidung zugrundegelegten Tatsachen. Das Landgericht Coburg hat seine Beweiswürdigung ausführlich und widerspruchsfrei begründet. Der Senat hat auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens der Klägerin keinen Anlass gesehen, die Glaubwürdigkeitsbeurteilung des Landgerichts Coburg ernsthaft anzuzweifeln.

Grundsätzlich verweist der Senat darauf, dass nach § 513 Abs. 1 ZPO n.F. die Berufung lediglich darauf gestützt werden kann, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht oder die zugrundezulegenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Damit sind Angriffe auf die Beweiswürdigung im engeren Sinne nur noch dann geeignet, die Berufung zu begründen, wenn dem Ausgangsgericht bei der Beweiserhebung Verfahrensfehler unterlaufen sind oder die Korrektur der Tatsachengrundlage geboten ist. Diese Berufungsgründe liegen im vorliegenden Fall ersichtlich nicht vor. Ernsthafte Widersprüche der Angaben des Beklagten zu 3) in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht Coburg und der Beweisaufnahme vor dem Landgericht Coburg sieht der Senat nicht. Dass nach Ausweitung der Klage auf weitere Beklagte auch weitere Beweismittel von den Parteien in den Rechtsstreit eingeführt werden, ist nicht unüblich.

Entscheidend ist jedoch, dass eine tägliche Kontrolle der Sicherungsbeleuchtungen durch das Personal des Lichttheaterbetreibers den Anforderungen an seine Verkehrssicherungspflicht genügt. Die Überprüfung der Funktionsfähigkeit der vorhandenen Beleuchtung einmal am Tag genügt auch dann, wenn dies zu Beginn der ersten Vorstellung erfolgt und weitere Vorstellungen bis in die Nacht stattfinden. Vom Betreiber eines Lichtspieltheaters kann nicht verlangt werden, dass die Sicherungsbeleuchtung rund um die Uhr oder mehrfach an einem Tag kontrolliert wird. Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, dass das Verlassen des Kinovorführraums während der Vorstellung relativ selten stattfindet. Zum anderen haben alle Besucher bei Betreten des Kinosaals die räumlichen Verhältnisse bei besten Lichtverhältnissen gesehen und beobachten können, so dass sie sich mit den Örtlichkeiten hinreichend vertraut machen konnten. Darüber hinaus kann von jedem Besucher, der einen abgedunkelten Raum verlassen will, erwartet werden, dass er sich lediglich langsam und vortastend Richtung beleuchteten Notausgang bewegt. Angesichts der Seltenheit des Ausfalls der Sicherungsbeleuchtung durch Stromausfall, Kurzschluss, Durchbrennen des Beleuchtungskörpers oder der Sicherungen ist eine häufigere Kontrolle als einmal pro Tag vom Betreiber eines Kinos nicht zu verlangen. Dies hat das Landgericht Coburg nach Ansicht des Senats zu Recht entschieden. Der Überprüfungszeitraum von einem Tag ist angesichts der Lebensdauer eines Beleuchtungskörpers und der sonstigen elektrischen Vorrichtungen sowie der Bedeutung dieser Beleuchtung für die Verkehrssicherheit angemessen.

Nach alledem vermag der Senat bei Überprüfung des vorgelegten Berufungsbegründungsentwurfs dem Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg beizumessen. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für die zweite Instanz war daher zurückzuweisen.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 49 GKG i.V.m., dem Kostenverzeichnis zu § 11 GKG und § 118 Abs. 1 S. 4 ZPO).

Ende der Entscheidung

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