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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Braunschweig
Beschluss verkündet am 19.10.2004
Aktenzeichen: 1 WF 317/04
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1360 a Abs. 4
BGB § 1360 a
ZPO § 127 a
ZPO § 620
ZPO §§ 621 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Geschäftszeichen: 1 WF 317/04

Beschluss

In der Familiensache

wegen Kostenausgleichs,

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Braunschweig am 19. Oktober 2004

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Einbeck vom 14. Juli 2004 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.676,13 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten über den Kostenausgleich in der zwischen ihnen geführten Familiensache wegen Kindes- und Ehegattentrennungsunterhalts. Durch das am 19. Juni 2003 verkündete erstinstanzliche Urteil wurden dem Beklagten 85 %, der Klägerin 15 % der Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Beklagte einen Prozesskostenvorschuss gemäß § 1360 a Abs. 4 BGB in Höhe von 2.702 Euro an die Klägerin gezahlt hat und das von diesem Betrag 680,92 Euro auf das einstweilige Anordnungsverfahren entfallen, während auf dieses Verfahren der restliche Prozesskostenvorschuss in unstreitiger Höhe von 2.021,08 Euro entfallen ist.

Die Klägerin hat ihre Kosten zur Ausgleichung angemeldet. Beide Parteien gehen davon aus, dass aufgrund der erstinstanzlichen Kostenentscheidung von dem Beklagten an die Klägerin 1.676,13 Euro (vergleiche Schriftsatz der Klägerin vom 5. April 2004, Bl. 159, 160 d. A.) zu erstatten wären.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Familiengericht festgestellt, dass ein Anspruch auf Auszahlung eines Kostenausgleichsbetrages zwischen den Parteien nicht bestehe.

Den am 19. Juli 2004 zugestellten Beschluss, Bl. 193 d. A., hat die Klägerin mit ihrer am 30. Juli 2004 eingegangenen sofortigen Beschwerde angefochten. Das Familiengericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Die Klägerin ist der Auffassung, der Prozesskostenvorschussanspruch könne nicht im Rahmen des Kostenausgleichsverfahrens Berücksichtigung finden. Der Prozesskostenvorschuss sei zunächst auf die von ihr selbst zu tragenden nicht gedeckten Prozesskosten anzurechnen.

II.

Die zulässige sofortige Beschwerde der Klägerin bleibt ohne Erfolg.

Das Familiengericht hat zu Recht die Kostenausgleichung im Hinblick auf den die auszugleichenden Kosten übersteigende Prozesskostenvorschuss versagt.

Nach der Berechnung des Ausgleichsanspruchs ergibt sich grundsätzlich ein Erstattungsbetrag zu Gunsten der Klägerin in Höhe von 1.676,13 Euro. Diesem Anspruch steht jedoch der unstreitig erhaltene Kostenvorschuss in Höhe von 2.021,08 Euro entgegen.

Die Frage der Berücksichtigung des Prozesskostenvorschussanspruches im Kostenausgleichsverfahren ist streitig.

Der Bundesgerichtshof hat bereits in seiner Entscheidung vom 14.4.1971 , FamRZ 1971, 360, ausgeführt, dass die Frage, ob und inwieweit ein geleisteter Prozesskostenvorschuss zurückzuzahlen ist, nach unterhaltsrechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden ist und deshalb in keinerlei Zusammenhang mit der im Rechtsstreit ergangenen Kostenentscheidung steht. Eine Rückzahlung kann deshalb nur verlangt werden, wenn sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Vorschussempfängers zwischenzeitlich gebessert haben oder aber sonstige Gründe vorliegen, die eine Rückzahlung als billig erscheinen lassen.

Demgegenüber wird jedoch nach ganz überwiegender Rechtsprechung bei Bestehen eines Kostenerstattungsanspruchs des Empfängers eine Anrechnung des von dem Erstattungspflichtigen geleisteten Prozesskostenvorschusses dann anerkannt, wenn über die Zahlung des Prozesskostenvorschusses unter den Parteien kein Streit besteht. Der Rechtspfleger habe hier nicht über eine materiell-rechtliche Frage des Unterhaltsrechts zu entscheiden. Vielmehr handele es sich nur um die Vorwegerfüllung des späteren Kostenerstattungsanspruchs. Die Billigkeitsgründe des § 1360 a Abs. 4 BGB würden hierbei nicht gelten (vgl. zum Streitstand Zöller/Herget, ZPO, 24.Aufl., zu § 104 "Prozesskostenvorschuss", Palandt/Brudermüller, BGB , 63. Aufl.,zu §1360 a Rdnr.21, jeweils mwN.)

Der Umfang der Anrechnung wird dann allerdings nicht mehr einheitlich in Rechtsprechung und Literatur vorgenommen (vgl. insofern OLG München, FamRz 1994,1605f. mit einer Darstellung der unterschiedlichen Berücksichtigung).

Der Senat folgt der in der Rechtsprechung mittlerweile überwiegenden Ansicht, (vgl. OLG München,aaO.;OLG Zweibrücken NJW RR 1998, 1535;OLG Schleswig-Holstein, OLGR 2002, 269; KG NJW RR 2002, 140f. OLG Köln FamRZ 2002, 1134), dass jedenfalls dann eine volle Anrechnung des Prozesskosten-vorschusses im Kostenfestsetzungsverfahren erfolgt, wenn seitens des Vorschussempfängers keine Rückzahlung im Ausgleichsverfahren an den Vorschussleistenden zu erfolgen hat. Die Kostenquote zwischen den Parteien führt dazu, dass der Beklagte die weit überwiegenden Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Nach Berücksichtigung des vollen Prozesskostenvorschusses verbleibt kein Erstattungsanspruch der Klägerin. Zwar stellt die Verrechnung eines Prozesskostenvorschusses eine materielle Einwendung nach § 1360 a BGB i.V.m. §§ 127 a, 620, 621 ff. ZPO dar. Grundsätzlich sind solche Einwendungen im Kostenfestsetzungsverfahren, wie oben bereits ausgeführt, nicht zu berücksichtigen. Die Verrechnung im Rahmen des Kostenausgleichsverfahrens führt aber vorliegend im Ergebnis nicht zu einer Rückzahlung des Vorschusses, sondern dient nur der Berücksichtigung einer weitergehenden Verfahrenskostenzahlung in der besonderen Form des Vorschusses durch den Zahlungspflichtigen, der wirtschaftlich den Prozesskostenvorschuss auch erbracht hat. In einem solchen Fall ist die volle Anrechnung sachgerecht, denn der Empfänger des Vorschusses soll die Prozesskosten nicht zweimal erhalten, sondern vielmehr soll der Kostenerstattungsanspruch durch die zuvor erbrachte Vorschussleistung getilgt sein. Würde man eine Anrechnung des Prozesskostenvorschusses ablehnen, so würde der Vorschussleistende nach der Kostenentscheidung im Hauptsacheverfahren im Rahmen des Kostenausgleichs soviel zahlen, dass praktisch der Kostenanteil des Vorschussempfängers, hier der Klägerin, wirtschaftlich gesehen zunächst mit abgegolten würde. Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin 15 % der Prozesskosten wegen des teilweisen Unterliegens selbst zu tragen. Ohne eine Berücksichtigung des Prozesskostenvorschusses würde die Klägerin im Ergebnis von allen Kosten befreit . Dies lässt sich aus der Zweckbestimmung des Prozesskostenvorschusses nicht rechtfertigen, der den Zugang zu Gericht sicherstellen soll und keine Kostenbefreiung. Aus dem Umstand, dass der Prozesskostenvorschuss eine unterhaltsrechtliche Leistung darstellt, ergibt sich kein Grund für eine spätere wirtschaftliche Erhöhung der Leistung durch einen Kostenausgleichsanspruch.

Die sofortige Beschwerde war deshalb mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Der Wert des Beschwerdeverfahrens bemisst sich nach dem von der Klägerin angestrebten Erstattungsanspruch.

Ende der Entscheidung

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