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Gericht: Oberlandesgericht Bremen
Urteil verkündet am 17.01.2007
Aktenzeichen: 1 U 56/06 a
Rechtsgebiete: GG


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
1. Erwirbt ein Träger öffentlicher Verwaltung zum Zwecke der Beschleunigung eines Planfeststellungsverfahrens (Errichtung eines Containerterminals) von einer Vielzahl von Eigentümern Grundstücke, die in der Nähe des geplanten Vorhabens liegen, und vereinbart er dabei mit den Eigentümern Kaufpreise, die dem Verkehrswert des jeweils betroffenen Grundstücks ohne Errichtung des Containerterminals entsprechen, steht einem nicht von dieser Ankaufspraxis begünstigten Grundstückseigentümer allenfalls dann ein aus Art. 3 Abs. 1 GG unter dem Gesichtspunkt der Selbstbindung der Verwaltung ableitbarer Anspruch auf Abschluss eines entsprechenden Kaufvertrags zu, wenn das Unterbleiben eines solchen Vertragsschlusses sich als willkürlich darstellen würde.

2. Ein aus Art. 3 Abs. 1 GG ableitbarer Anspruch auf gleich günstige Behandlung im Sinne eines "derivativen Teilhaberechts" besteht jedenfalls dann nicht (mehr), wenn eine (rechtmäßige) Verwaltungspraxis rechtmäßig geändert worden ist.


Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen Im Namen des Volkes URTEIL

Geschäftszeichen: 1 U 56/06 a

Verkündet am: 17. Januar 2007

In Sachen

hat der 1. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17.01.07 unter Mitwirkung der Richter Dr. Wittkowski, Dr. Röfer und Dr. Schnelle

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Bremen - 1. Zivilkammer - vom 29.09.06 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten den Abschluss eines Kaufvertrages über ihr in unmittelbarer Nähe der Container-Terminals in Bremerhaven gelegenes Wohngrundstück.

Die Klägerin ist Eigentümerin eines in der Straße in Bremerhaven in dem Ortsteil Weddewarden gelegenen Grundstücks. In der Nähe befinden sich Container-Terminals des Hafens, die in mehreren Abschnitten errichtet worden sind. Vor der Errichtung der Terminals III, III a und IV (CT III, CT III a, CT IV) und der für diese Vorhaben durchgeführten Planfeststellungsverfahren bot die Beklagte bestimmten betroffenen Eigentümern, die dies wünschten, den Abschluss von Kaufverträgen zum Verkehrswert des jeweiligen Grundstücks an. In der Zeit vom 11.09.99 bis zum 16.11.2001 wurden insgesamt 15 Grundstückskaufverträge abgeschlossen. Nach Beanstandungen der Ankaufspraxis durch die Bürgergemeinschaft Weddewarden verpflichtete sich die Beklagte am 20.11.01, weitere Ankäufe nicht mehr zu tätigen.

Die Klägerin ist der Auffassung, sie habe gegen die Beklagte einen Anspruch darauf, dass diese mit ihr einen Kaufvertrag abschließe, ihr Grundstück zu dem Verkehrswert zu erwerben, wie er ohne die Errichtung der Container-Terminals III a und IV gegeben wäre. Ihr werde durch den Bau des CT IV die freie Sicht auf den Weserdeich verbaut und es seien erhebliche Lärmbeeinträchtigungen zu erwarten. Ein entsprechender Anspruch ergebe sich aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, das Grundstück der Klägerin in der Straße , 27580 Bremerhaven, eingetragen im Grundbuch von Weddewarden, Bl. mit einer Größe von 973 qm von der Klägerin käuflich zu erwerben, zu einem noch festzustellenden Verkehrswert, wie er ohne Errichtung der Container-Terminals III a und IV bestanden hätte.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte vertritt die Ansicht, das Verwaltungshandeln der Beklagten sei den rechtlichen Bindungen des Art. 3 Abs. 1 GG nicht unterworfen. Im Übrigen liege ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht vor, da das Grundstück der Klägerin nicht dieselben Kriterien erfülle wie die seinerzeit aufgekauften Grundstücke. Schließlich stehe der Klägerin auch deshalb ein Anspruch gegen die Beklagte auf Kauf ihres Grundstückes aus Art. 3 1 GG nicht zu, weil sie (Beklagte) ihre seit September 1999 getätigte Ankaufspraxis im November 2001 berechtigterweise beendet habe.

Im Übrigen wird wegen des Sachverhalts auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin den erstinstanzlich gestellten Klagantrag weiter. Der Berufungsvortrag des Klägers ergibt sich aus seiner Berufungsbegründung mit Schriftsatz vom 23.11.06 (Bl. 216-222).

Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung.

Wegen des Vortrags der Beklagten wird auf das Vorbringen in ihrer Berufungserwiderung vom 21.12.06 (Bl. 230-235) sowie in ihrem Schriftsatz vom 29.12.06 (Bl. 236-240) Bezug genommen.

II. Die statthafte (§ 511 ZPO) und auch im Übrigen zulässige (§§ 517, 519, 520 ZPO) Berufung der Klägerin ist unbegründet.

Wie der Senat in der mündlichen Verhandlung vom 17.01.07 im Einzelnen erläutert hat, hat das Landgericht die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin kann von der Beklagten nicht beanspruchen, dass diese das in ihrem (Klägerin) Eigentum stehende Grundstück in der Wurster Straße 393 a in Bremerhaven (Ortsteil Weddewarden) zu einem Preis kauft, der dem Verkehrswert des Grundstücks ohne Errichtung der Container-Terminals III a und IV entspricht.

Wie das Landgericht zu Recht erkannt hat, fehlt es für ein solches Begehren an einer Anspruchsgrundlage.

1. Wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat und auch die Klägerin nicht verkennt, käme als Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin allenfalls Art. 3 I GG unter dem Gesichtspunkt der Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer bestimmten Verwaltungsübung (Regelpraxis) in Betracht (siehe dazu die Nachweise bei Rüfner, Bonner Komm., Loseblattsammlung, Art. 3 I Rn. 177; von Münch, Komm. zum GG, 4. Aufl. 1992, Art. 3 Rn. 36 ff., 39), weil nämlich Art. 3 I GG grundsätzlich nicht lediglich als "Gebot gleicher Begünstigung" wirken (von Münch, a.a.O., Rn. 40 m.w.N.), sondern überdies u.U. Grundlage eines sog. "derivativen Teilhaberrechts" sein kann (Rüfner, a.a.O. Rn. 177).

1.1. In diesem Zusammenhang kann offen bleiben, ob die Beklagte bei den von ihr im Zeitraum vom 11.09.99 bis zum 16.11.01 in privatrechtlicher Form getätigten 15 Ankäufen von Grundstücken in Bremerhaven, Ortsteil Weddewarden, überhaupt den Bindungen des verfassungsrechtlichen Gleichheitssatzes aus Art. 3 I GG unterlag. Dies ist zweifelhaft, weil die Beklagte mit dem Abschluss der Kaufverträge lediglich mittelbar einen öffentlich-rechtlichen Zweck verfolgte, nämlich die "Beschleunigung des Planfeststellungsverfahrens" zu erreichen (so das Schreiben des Senators für Wirtschaft und Häfen vom 25.08.05, Bl. 54 ff., 59 d.A.). Ob Art. 3 I GG die privatrechtlich handelnde Verwaltung auch dann bindet, wenn diese nicht unmittelbar öffentlich-rechtliche Aufgaben erfüllt (beispielsweise der Versorgung der Bürger mit Wasser, Strom, Gas), ist in Rechtsprechung und Literatur höchst umstritten (vgl. BGH Z 36, 91, 96; 52, 325, 330 f.; BVerfGE 73, 280 ff., 299 f.; Nachweise bei Starck in: von Mangoldt-Klein-Starck, Bonner Komm., 4. Aufl. 1999, Art. 3 I Rn. 255 f., 257; Maunz-Dürig, Komm. zum GG, Loseblattsammlung Art. 3 Rn. 475 ff.; Burmeister, DÖV 81, 503 ff.).

Allerdings gibt es gute Gründe dafür, dass die Beklagte bei der Auswahl der von ihr zum Zwecke der Beschleunigung des Planfeststellungsverfahrens angekauften Grundstücke den Gleichheitssatz des Art. 3 I GG durchaus zu beachten hatte, weil nämlich alle Tätigkeit der öffentlichen Gewalt nur legitimierbar ist als Sachwalter der Allgemeinheit (Starck, a.a.O. Rn. 257 m.w.N.) und weil der Gleichheitssatz schon wegen seiner elementaren Bedeutung für die Rechtsordnung möglicherweise auch und gerade dann beachtet werden muss, wenn die Verwaltung ohne rechtliche Verpflichtung einzelnen Bürgern Vorteile gewährt (siehe Rüfner, a.a.O., Rn. 177).

Die Entscheidung der Frage, ob die Beklagte bei der von ihr im Zeitraum September 1999 bis November 2001 getätigten Ankaufspraxis Art. 3 I GG zu beachten hatte, kann jedoch vorliegend offen bleiben.

Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Ankauf ihres Grundstücks aus Art. 3 I GG käme nämlich nur dann in Betracht, wenn die Nichtvornahme eines solchen Vertragsschlusses den Gleichheitssatz des Art. 3 I GG verletzt. Dies kann unter Zugrundelegung des eigenen Vortrags der Klägerin nicht festgestellt werden. Die Beklagte hat vielmehr die Vorgaben des grundgesetzlichen Gleichheitsgrundsatzes (dazu unter 1.2.) eingehalten:

Zum einen erfüllte das Grundstück der Klägerin nicht die von der Beklagten ihrer Ankaufspraxis - sachgerecht - zugrunde gelegten Kriterien (dazu unter 1.3.); zum anderen hat die Beklagte ihre Ankaufspraxis im November 2001 berechtigterweise beendet, weshalb der von der Klägerin verfolgte Anspruch nach diesem Zeitpunkt nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden kann (dazu unter 1.4.).

1.2. Die Vorgaben des Gleichheitssatzes aus Art. 3 I GG, wonach alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, gebieten, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (BVerfGE 4, 155). Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz liegt vor, wenn eine Gruppe von Einzelfällen, die aus der Natur der Sache heraus und gemäß den Forderungen der Gerechtigkeit unzweifelhaft hätte gleich geregelt werden müssen, ohne zureichenden sachlichen Grund und entgegen den Forderungen der Gerechtigkeit rechtlich ungleich geregelt ist (BGH Z 38, 13, 20; 52, 325, 327).

Der Gleichheitssatz ist verletzt, wenn sich für eine Differenzierung kein vernünftiger, aus der Natur der Sache folgender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund finden lässt, so dass die Regelung, wird sie am Gerechtigkeitsgedanken orientiert, als willkürlich bezeichnet werden muss (BVerfGE 18, 38, 46). Aus sachfremden Gründen vorgenommene Differenzierungen sind daher grundgesetzwidrig und damit rechtswidrig (BGH Z 52, 325, 327).

1.3. Die Ankaufspraxis der Beklagten wird den - vorstehend referierten - Anforderungen des Gleichheitssatzes aus Art. 3 I GG gerecht, insbesondere kann es nicht als "willkürlich" im Sinne der vorstehenden Ausführungen bezeichnet werden, dass die Beklagte in dem Zeitraum September 1999 bis November 2001 15 Kaufverträge über bestimmte Grundstücke in Bremerhaven-Weddewarden schloss (siehe die Liste der angekauften Grundstücke in dem Schreiben des Senators f. Wirtschaft und Häfen vom 25.08.05, S. 2 f. = Bl. 55 f. d.A.), von einem Ankauf des Grundstücks der Klägerin jedoch absah. Denn das Grundstück der Klägerin in Bremerhaven-Weddewarden, Wurster Straße 393 a, erfüllt nicht die von der Beklagten - sachgerecht - zugrunde gelegten Kriterien.

Die Beklagte hat die von ihr - jeweils auf ein entsprechendes Angebot der Grundstückseigentümer - im Zeitraum vom 11.09.99 bis zum 16.11.01 in Bremerhaven-Weddewarden angekauften Grundstücke ihrer eigenen und unbestrittenen Darstellung nach allein nach dem Kriterium ihrer "Lage zum Container-Terminal" ausgewählt, wie sich aus dem bereits zitierten Schreiben des Senators für Wirtschaft und Häfen vom 25.08.05 (dort S. 3 f. = Bl. 56 f. d.A.) ergibt. Danach war Kriterium für die Auswahl der von der Beklagten angekauften Grundstücke allein ihre - vom Terminal aus betrachtet - Lage in der sog. "ersten Reihe" (ebenda). Wie sich aus dem Plan in Anlage 1 zur Klage (Anlagenkonvolut) und dem Übersichtsplan auf Bl. 8 d.A. ergibt, liegen sämtliche angekauften Grundstücke am südlichen und östlichen Ortsrand Weddewardens, und zwar, von den Container-Terminals III a und IV aus gesehen, an dem diesen Terminals jeweils zugewandten Randbereich - der "ersten Reihe" - der Bebauung im Ortsteil Weddewarden. Dieses von der Beklagten ihrer Ankaufspraxis zugrunde gelegte Kriterium der Lage "in der ersten Reihe" war sachgerecht, weil es auf einen nachvollziehbaren Maßstab abstellte:

Denn jedenfalls generell nimmt das Ausmaß der akustischen und optischen Beeinträchtigungen der Eigentümer der in Bremerhaven-Weddewarden gelegenen Grundstücke mit der Nähe der Grundstücke zu den Container-Terminals zu.

Das von der Beklagten herangezogene Kriterium der Lage "in der ersten Reihe" erscheint überdies aus einem weiteren Grund sachgerecht: Die Beklagte hat mit dem von ihr gewählten Maßstab ein nicht nur in der Handhabung einfaches und praktisches, sondern insbesondere auch ohne weiteres einsichtiges und nachprüfbares Kriterium gewählt. Gerade der letztgenannte Gesichtspunkt spielte für eine Handhabung, der an der Vermeidung auch nur des Anscheins willkürlicher Begünstigung einzelner Grundstückseigentümer gelegen sein musste, berechtigterweise eine nicht unerhebliche Rolle.

Dem den Ankäufen der Beklagten von dieser in sachgerechter Weise allein zugrunde gelegten Kriterium der Lage der angekauften Grundstücke "in der ersten Reihe" genügt das Grundstück der Klägerin nicht. Während nämlich die von der Beklagten angekauften Grundstücke in Bremerhaven-Weddewarden, A. S. , sämtlich max. bis ca. 50 m hinter dem Deich liegen, der an das mit dem Container-Terminal IV bebaute Gebiet angrenzt, befindet sich das Grundstück der Klägerin ca. 400 m hinter dem Deich, vom Container-Terminal IV aus gesehen (vgl. Bl. 194 d.A.).

Das Grundstück der Klägerin erfüllt deshalb das von der Beklagten zu Recht herangezogene Kriterium der Lage "in der ersten Reihe" nicht, und zwar auch nicht in Bezug auf die Terminals III und III a (vgl. Bl. 132 d.A.). Die Lage des Grundstücks der Klägerin ist nicht einmal mit einer Lage "in erster Reihe" vergleichbar, weil das Grundstück erheblich - nämlich ca. 350 m - weiter von dem Container-Terminal IV entfernt liegt als die anderen von der Beklagten im Bereich A. S. angekauften Grundstücke.

Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass es für die Beurteilung der Frage, ob der Nichtankauf des Grundstücks der Klägerin durch die Beklagte als "willkürlich" im Sinne des Art. 3 III GG zu bezeichnen ist, nicht darauf ankommt, ob die konkrete Lärmbelastung oder die konkrete optische Beeinträchtigung des Grundstücks der Klägerin ebenso stark (oder gar stärker wie von der Klägerin behauptet) ist wie die der von der Beklagten im Ortsteil Weddewarden angekauften Grundstücke.

Denn die Beklagte durfte - wie ausgeführt - ihren Grundstückskäufen den von ihr gewählten generalisierenden, leicht handhabbaren und ohne weiteres zu überprüfenden Maßstab der "Lage in der ersten Reihe" zugrunde legen, dem das Grundstück der Klägerin - wie ausgeführt - nicht entspricht.

Deshalb kann schließlich auch offen bleiben, ob das Grundstück der Klägerin von dem Container-Terminal IV ebenso weit entfernt ist wie die auf der der Klagschrift beigefügten und mit zwei Kreuzen versehenen von der Beklagten angekauften Grundstücke vom Container-Terminal III, wie die Klägerin (mit Schriftsatz vom 09.01.07 S. 2) vorträgt. Denn die Käufe der Beklagten erfolgten im Zusammenhang mit und wegen der Errichtung der Container-Terminals III a und IV (siehe Klagschrift S. 2 = Bl. 2 d.A. sowie den Klag- und Berufungsantrag). Dass das Grundstück der Klägerin von diesen beiden Terminals gleich entfernt ist wie die angekauften Grundstücke, behauptet die Klägerin selbst nicht. Dies ist auch sonst nicht ersichtlich.

1.4. Unabhängig von den vorstehend (unter 1.2.) ausgeführten Überlegungen steht der Klägerin auch deshalb kein Anspruch gegen die Beklagte auf Kauf ihres Grundstücks aus Art. 3 I GG zu, weil die Beklagte ihre seit September 1999 getätigte Ankaufpraxis im November 2001 berechtigterweise beendet hat.

Es ist allgemein anerkannt, dass ein aus Art. 3 I GG ableitbarer Anspruch auf gleiche günstige Behandlung im Sinne eines "derivativen Teilhaberrechts" von vornherein nur dann bestehen kann, wenn eine (rechtmäßige) Verwaltungspraxis nicht rechtmäßig geändert worden ist (Rüfner, a.a.O., Rn. 177; von Münch, a.a.O., Rn. 41; BVerwGE 26, 153, 155; 31, 212, 213; Wolff-Stober, VerwR Bd. I, § VIII 1 Rn. 68; siehe auch BVerwG DÖV 97, 732 f.).

Der Gleichheitssatz als solcher hindert nämlich nicht, dass eine Leistung allgemein abgeschafft oder mit rechtmäßiger Begründung eingeschränkt wird. Vielmehr ist es der Verwaltung unbenommen, aus wichtigem Grund - insbesondere bei geänderter Sach- oder Rechtslage -, aber auch generell für die Zukunft die bisherige Praxis aufzugeben. Eine Änderung der geübten Verwaltungspraxis ist mithin möglich, falls sich die bisherige Handhabung als unzweckmäßig herausstellt (Wolff-Stober, a.a.O., von Münch, a.a.O.; Rüfner, a.a.O., jeweils m.w.N.).

So liegt der Fall hier.

Die Beklagte hat die seit September 1999 geübte Praxis der Grundstücksankäufe aus sachgerechtem Grund mit Wirkung vom 20.11.01 beendet, wie sich aus dem Schreiben des Bremischen Hafenamtes (Bezirk Bremerhaven) vom 20.11.01 (Bl. 60 b d.A.) ergibt. Hintergrund der Aufgabe der bis dahin geübten Praxis war ein sog. Dialogverfahren der Beklagten mit den Weddewardener Bürgern im Zusammenhang mit dem Planfeststellungsverfahren für das Container-Terminal IV, im Rahmen dessen die Bürgergemeinschaft Weddewarden eine Beendigung der Grundstücksankäufe gefordert hatte, weshalb die Beklagte zum Zweck der Konfliktvermeidung und zur Erleichterung und Beschleunigung des Planfeststellungsverfahrens eine Einigung mit der Bürgergemeinschaft Weddewarden dahingehend traf, mit Ausnahme von zwei definierten Grundstückskäufen, hinsichtlich derer lediglich die notarielle Beurkundung der im Detail bereits ausgehandelten Verträge noch ausstand, die Ankaufspraxis zu beenden (siehe wegen der Einzelheiten das genannte Schreiben Bl. 60 b d.A.). Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, hat die Beklagte mithin aus einem billigenswerten und sachgerechten Grund ihre bis November 2001 geübte Ankaufpraxis mit Wirkung vom 20.11.01 eingestellt und - aus dem geschilderten und ebenfalls sachgerechten Grund - lediglich in zwei Einzelfällen einen Grundstücksankauf vorgenommen.

Die Klägerin trägt selbst nicht vor, dass die Modalitäten des von ihr mit Schreiben vom 16.09.2000 gegenüber der Beklagten geltend gemachten Wunsches zum Ankauf ihres Grundstücks bis zum 20.11.01 bereits so weit ausgehandelt waren, dass lediglich die formelle Beurkundung eines entsprechenden Kaufvertrages mit der Beklagten noch ausstand.

Mithin scheiden Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte aus Art. 3 I GG auch wegen der berechtigterweise im November 2001 erfolgten Beendigung der Verwaltungspraxis der Beklagten aus.

2. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 Nr. 1, 2 ZPO); die Klägerin hat Gründe für eine Zulassung der Revision auch nicht vorgebracht.

Die übrigen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 709 ZPO.

Ende der Entscheidung

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