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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Bremen
Urteil verkündet am 15.04.2004
Aktenzeichen: 2 U 109/03
Rechtsgebiete: CMR


Vorschriften:

CMR Art. 1 Abs. 1 Satz 1
CMR Art. 17 Abs. 1
CMR Art. 32
1. Wird in einem Beförderungsvertrag vereinbart, die Ware an einem in der Bundesrepublik Deutschland belegenen Ort zu übernehmen, und festgelegt, dass der Verschiffungshafen ebenfalls im Inland, der Auslieferungsort aber im Ausland liegt, so ist das Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr anzuwenden, sofern das Gut von der Übernahme bis zum Verschiffungshafen auf der Straße befördert wird.

2. Versäumt es der Frachtführer, das ihm übergebene Kontrollexemplar zum Dokument T 5 der zuständigen Zollstelle vor Abgang der Ware im Verschiffungshafen vorzulegen und hat dieses Versäumnis zur Folge, dass dem Exporteur die von ihm beantragte Ausfuhrerstattung versagt wird, so haftet der Frachtführer nach den insoweit zum Übereinkommen ergänzend heranzuziehenden Vorschriften des nationalen Rechts.

3. Auch in einem solchen Fall sind auf die Verjährung der nach nationalem Recht bestehenden Ansprüche die Vorschriften des Art. 32 CMR anzuwenden.


Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen Im Namen des Volkes URTEIL

Geschäftszeichen: 2 U 109/03

Verkündet am: 15. April 2004

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht in Bremen - 2. Zivilsenat - auf die mündliche Verhandlung vom 25. März 2004 durch die Richter

Dr. Schomburg, Friedrich und Dr. Schnelle

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Nebenintervenientin zu 2. gegen das Urteil des Landgerichts Bremen - 1. Kammer für Handelssachen - vom 26. November 2003 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klägerin lediglich 5 vom Hundert Zinsen seit dem 3. September 2001 verlangen kann.

Die Kosten der Berufung trägt die Nebenintervenientin zu 2.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Klägerin verfolgt gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch wegen nicht ordnungsgemäßer Erledigung eines ihr erteilten, von der Nebenintervenientin zu 2. durchgeführten Beförderungsauftrags.

Am 16. März 2001 erteilte die Klägerin der Beklagten, für die die Dienst GmbH handelte, einen Beförderungsauftrag (Bl. 37 d.A.), in dem es auszugsweise heißt:

"Wir beauftragen Sie mit der nachfolgenden Gestellung. . . .

Gestellungsadresse: NFZ Holdorf, Industriestr. 22, 49451 Holdorf

Gestellungstermin: 1 x 40' RF - Gestellungen am 21.03 und . . . -je 08.00 Uhr

...

Rücklieferungstermin und Terminal: CT 1 Bremerhaven

Auslieferungsantrag zur Verfügung von Fa.: CTD

Inhalt/Auslastung: Rindfleisch, ca. 22 tons. - Wir gehen davon aus, daß das genannte Leistungsgewicht innerhalb der gesetzlichen Rahmenbedingungen ist.

Verschiffungshafen: Bremerhaven

Empfangshafen: St. Petersburg

Verschiffung per M/S: Containerships IV - voy, 6180 - cts: 23.03.2001"

Mit der Durchführung des Beförderungsauftrages betraute die Beklagte die Nebenintervenientin zu 1., die ihrerseits die Nebenintervenientin zu 2. mit dem Transport beauftragte. Unter dem 20. März 2001 wurden zwei Ausfuhrlizenzen der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung betreffend 20.000 und 4.000 kg. gefrorenes Rindfleisch mit Gültigkeitsdauer bis zum 26. März 2001 erteilt (Bl. 14 und 16 d.A.). Am 21. März 2001 unterzeichnete die Klägerin als Absenderin einen CMR-Frachtbrief (Bl. 11 = 38 d.A.), in dessen Feld 23 als Frachtführer "Spedition: Containerships" eingesetzt wurde. Der Frachtbrief wies als Empfänger " 'LEGION' " Egorova, 18, lit. A 198057 St. Petersburg , Russia" (Feld 2) aus, bezeichnete St. Petersburg als Auslieferungsort (Feld 3), Holdorf als Ort der Übernahme des Guts (Feld 4) und "HB-TT 274 Container: SCXU 492383 9" als Transportmittel (Feld 27). Der Fahrer der Nebenintervenientin übernahm das in einem Container befindliche Gut am 21. März 2001 in Holdorf. Am 22. März 2001 wurden auf den Ausfuhrlizenzen die erforderlichen Abschreibungen durch das Hauptzollamt Osnabrück vorgenommen (Bl. 15 d.A.: "Zwei-null-null-null-null", Bl. 17 d.A.: Drei-neun-neun-fünf"). Am 23. März 2001 stellte die GmbH "as agents" für die Seestrecke Bremerhaven-St. Petersburg ein Konnossement aus, das sich u.a. auf den Container SCXU 492383-9 bezog. Das Gut wurde offenbar ohne Beanstandungen befördert und ausgeliefert.

Unter dem 17. April 2001 stellte die Klägerin bei dem Hauptzollamt Hamburg-Jonas zwei Anträge, gerichtet auf Zahlung von Ausfuhrerstattung, bezogen auf 20.000 kg und 3.995 kg gefrorenes Rindfleisch mit näherer Beschreibung desselben (Bl. 13 und 12 d.A.). Nach dem Vortrag der Klägerin wies das Zollamt Hamburg-Jonas mit nicht bei der Akte befindlichem Schreiben vom 3. September 2001 sie darauf hin, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung einer Ausfuhrerstattung nicht vorlägen. Mit ebenfalls nicht bei der Akte befindlichem Schreiben vom 4. März 2002 teilte - so der Vortrag der Klägerin - das Hauptzollamt Bremerhaven ihr mit, dass das Transportdokument (Kontrollexemplar T 5) vor der Verschiffung in Bremerhaven nicht dem zuständigen Ausgangszollamt vorgelegt worden sei. Daraufhin schrieb die Klägerin am 22. März 2002 an die GmbH, machte diese für den entstandenen Schaden haftbar, bezifferte diesen auf € 22.283,78 und verlangte Zahlung dieses Betrages bis zum 30. März 2002 (Bl. 87/88 d.A.). Mit Schreiben vom 25. März 2002 meldeten sich die Prozessbevollmächtigten der Beklagten bei der Klägerin, erklärten, für die GmbH sowie deren Haftpflichtversicherer zu handeln, regten an, den vermeintlichen Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Ausfuhrerstattung weiter zu verfolgen, erklärten sich zur Übernahme dieser Aufgabe gegenüber dem Hauptzollamt Hamburg-Jonas bereit und baten um entsprechende Bevollmächtigung (Bl. 66/67 d.A.). Eine solche wurde offenbar ausgesprochen.

Am 5. April 2002 lehnte das Hauptzollamt Hamburg-Jonas den Antrag auf Verlängerung der Frist zur Vorlage des Kontrollexemplars T 5 oder gleichwertiger Unterlagen ab (Bl. 8/9 d.A.). Mit Schreiben vom 6. Mai 2002 übermittelten die Prozessbevollmächtigten der Beklagten diese Entscheidung der Klägerin und wiesen zugleich darauf hin, dass deren Vertragspartnerin die Beklagte, nicht die GmbH (gewesen) sei. Am 18. Juni 2002 lehnte das Hauptzollamt Hamburg-Jonas die von der Klägerin gestellten Anträge auf Ausfuhrerstattung ab (Bl. 117/118 d. A.), der dagegen gerichtete Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung des Hauptzollamts Hamburg-Jonas vom 2. April 2003 [Bl. 73-77 d.A.]). Mit Ausfuhr-Bescheiden vom 24. Juni 2002 setzte die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung gegenüber der Klägerin einen Verfallbetrag von € 2.399,74 betreffend die 20.000 kg (Bl. 115 d.A.) sowie einen solchen von € 479,95 betreffend die 4.000 kg Rindfleisch (Bl. 116 d.A.) fest. Mit Schreiben vom 25. Juni 2002 verlängerten die Prozessbevollmächtigten der Beklagten den von dieser erklärten Verzicht auf die Erhebung der Einrede der Verjährung bis zum 30. September 2002 (Bl. 68 d.A.), mit Schreiben vom 27. Juni 2002 (Bl. 69 d.A.) erstreckten sie diese Erklärung auch auf die GmbH. Die Verzichtserklärung wurde verlängert bis zum 31. Dezember 2002 (Schreiben vom 23. September 2002 [Bl. 70 d.A.], bis zum 31. Januar 2003 (Schreiben vom 28. Dezember 2002 [Bl. 71 d.A.]) und letztmalig bis zum 31. März 2003 (Schreiben vom 17. Januar 2003 [Bl. 72 d.A.]), wobei alle genannten Erklärungen unter dem Vorbehalt standen, dass die Verjährung jeweils noch nicht vollendet gewesen sei. Am 31. März 2003 hat die Klägerin die Klage eingereicht, die am 4. April 2003 zugestellt worden ist (Bl. 18 Rs, 21 d.A.).

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Ersatz des ihr infolge der nicht gewährten Ausfuhrerstattung entstandenen Schadens in Anspruch, den sie wie folgt berechnet hat:

Entgangene Ausfuhrerstattung für 23.995 kg gefrorenes Rindfleisch mit einem Erstattungsbetrag von € 46,-- je 100 kg (Fleisch nach dem AE-Code 9200 für Export in ein Land der ehemaligen Sowjetunion nach der Liste IV/97, gültig ab 15. Januar 2001 [Bl. 89-92 d.A.]) = € 11.037,70 Belastung mit zwei Verfallbeträgen gemäß Ausfuhr-Bescheiden der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung über € 2.399,74 sowie € 479,95, zusammen = € 2.879,69.

Zur Begründung des von ihr erhobenen Anspruchs hat die Klägerin behauptet, dass der Fahrer der Nebenintervenientin zu 2. bei Abholen des Guts in Holdorf - u.a. - das zur Vorlage bei der zuständigen Zollstelle in Bremerhaven erforderliche Konntrollexemplar T 5 ausgehändigt erhalten, aber verabsäumt habe, dieses dort vorzulegen, weshalb es zur Ablehnung der gestellten Anträge auf Zahlung der Ausfuhrerstattung gekommen sei.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie € 13.917,39 nebst 8 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszins nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch seit dem 17. Juni 2001 zu zahlen.

Die Beklagte und die Nebenintervenientinnen haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte und die Nebenintervenientin zu 2. haben in Abrede genommen, dass der Fahrer der Nebenintervenientin zu 2. zugleich mit den ihm ausgehändigten Unterlagen auch das Kontrollexemplar T 5 erhalten habe und ihm die ausdrückliche Weisung erteilt worden sei, dieses der zuständigen Zolldienststelle in Bremerhaven vorzulegen. Zum Beleg für die Richtigkeit dieser Behauptung haben sie darauf hingewiesen, dass in einem dem hier zugrundeliegenden Beförderungsauftrag vergleichbaren Fall auf die Verpflichtung, mitgegebene Zolldokumente den jeweiligen Zollämtern zur Abfertigung vorzulegen, schriftlich aufmerksam gemacht worden sei (Beförderungsauftrag für den 8. Februar 2001 [Bl. 39 d.A.]). Ferner sei von Bedeutung, dass in dem CMR - Frachtbrief vom 21. März 2001 in Feld 5 ("Beigefügte Dokumente") lediglich "Vet.-Zeugnis" genannt, nicht aber das Kontrollexemplar T 5 erwähnt sei. Schließlich haben die Beklagte und die Nebenintervenientinnen die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme der Klage bis auf einen Teil des Zinsanspruchs stattgegeben und in dem Urteil, auf dessen Tatbestand (Bl. 134- 139 d.A.) und Entscheidungsgründe (Bl. 140 - 148 d.A.) Bezug genommen wird, zur Begründung der getroffenen Sachentscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien unterliege deutschem Frachtrecht nach Maßgabe der Vorschriften der §§ 407 ff. HGB. Das Gericht hege nach der Vernehmung der Zeugen Wi. und We. keinen Zweifel, dass letzterem, dem Fahrer der Nebenintervenientin zu 2., neben dem CMR-Frachtbrief und dem dort vermerkten Veterinärzeugnis auch das im Frachtbrief nicht erwähnte Kontrollexemplar T 5 von der Zeugin ausgehändigt worden sei. Zwar hätten beide Zeugen keine konkrete Erinnerung mehr an den hier maßgeblichen Vorgang gehabt, es spreche aber aufgrund der Bekundungen beider Zeugen mehr dafür, dass der Fahrer die Vorlage des genannten Dokuments bei der zuständigen Zolldienststelle aus welchem Grunde auch immer unterlassen habe als dass die Zeugin ihm dieses nicht ausgehändigt habe. Dieses Ergebnis hat das Landgericht auf der Grundlage des persönlichen Eindrucks, den beide Zeugen bei ihm hinterlassen haben, des Näheren erläutert und begründet. Das Landgericht hat sodann dargelegt, dass der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch nach Grund und Höhe gegeben sei und die gegen seine Durchsetzbarkeit erhobene Einrede der Verjährung nicht durchgreife. Dabei hat das Landgericht den Beginn der mit einem Jahr (§ 439 Abs. 1 Satz 1 HGB) zu bemessenden Verjährungsfrist auf den 3. September 2001 als den Tag gelegt, an dem die Klägerin nach ihrem unbestrittenen Vortrag erstmals Kenntnis davon erhalten habe, dass das Kontrollexemplar T 5 nicht ordnungsgemäß vorgelegt worden sei. Damit sei die mit Faxschreiben des Beklagtenvertreters vom 25. Juni 2002 erklärte Verlängerung der Verjährungsfrist noch rechtzeitig erfolgt, die weiteren Verlängerungserklärungen machten die Klageinreichung am 31. März 2003 rechtzeitig und ihre Zustellung am 8. April 2003 habe eine rechtzeitige Hemmung der Verjährungsfrist bewirkt.

Gegen dieses der Beklagten am 28. November 2003 zugestellte Urteil hat die Nebenintervenientin zu 2. am 9. Dezember 2003 Berufung eingelegt und diese am 14. Januar 2004 unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens sowie des Vortrags der Beklagten und der Nebenintervenientin zu 1. im Wesentlichen wie folgt begründet:

Ein Auftrag zur Abwicklung der Zollformalitäten für das Erstattungsverfahren sei von der Klägerin nicht erteilt worden. Da beide vom Landgericht vernommenen Zeugen keine Erinnerung mehr an den konkreten Vorgang gehabt hätten, habe das Landgericht rechtsfehlerhaft den der Klägerin obliegenden Beweis für die Anweisung an das Fuhrunternehmen, die Exportabwicklung mittels der Zollpapiere vorzunehmen, sowie für deren Aushändigung an den Fahrer als erbracht angesehen. Im Übrigen sei der Fahrer nicht berechtigt gewesen, einen erteilten Beförderungsauftrag, in dem von der Erledigung der Zollformalitäten nicht die Rede gewesen sei, eigenmächtig abzuändern. Für eine solche Abänderung habe der Fahrer keine Vollmacht besessen.

Die Nebenintervenientin beantragt,

das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angegriffene Urteil des Landgerichts, das sie im Ergebnis und in der Begründung für zutreffend hält.

Wegen des weiteren Vorbringens der Nebenintervenientin zu 2. wird auf deren Berufungsbegründung (Bl. 167- 170 d.A.) und dasjenige der Klägerin auf die Berufungsrwiderung (Bl. 180/181 d.A.) Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Nebenintervenientin ist statthaft (§ 511 Abs. 1 und 2 Nr. 1 ZPO sowie Zöller/Gummer, 24. Auflage 2004, Vor § 511 Rand-Nr. 24), form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 517, 520 Abs. 1 und 2 Satz 1 und 3, Abs. 3 Satz 1 und 2 ZPO) und somit zulässig. Sie ist aber nicht begründet und war daher zurückzuweisen, denn das Landgericht hat die Beklagte im Ergebnis mit Recht zur Zahlung des ausgeurteilten Betrages an die Klägerin verurteilt. Der Senat beschränkt sich zur Begründung dieser Entscheidung auf folgende Hinweise:

1.

Entgegen der vom Landgericht zugrunde gelegten Annahme unterliegt der zwischen den Parteien geschlossene Beförderungsvertrag dem Übereinkommen über den Beförderungs-vertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR). Dessen Art. 1 Abs. 1 Satz 1 bestimmt: Dieses Übereinkommen gilt für jeden Vertrag über die entgeltliche Beförderung von Gütern auf der Straße mittels Fahrzeugen, wenn der Ort der Übernahme des Gutes und der für die Ablieferung vorgesehene Ort, wie sie im Vertrage angegeben sind, in zwei verschiedenen Staaten liegen, von denen einer ein Vertragsstaat ist. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor, denn es handelte sich unstreitig um eine entgeltliche Beförderung mittels eines Fahrzeugs im Sinne des Art. 1 Abs. 2 CMR. Das Gut, der Container mit der Bezeichnung SCXU 492383-9, wurde in Holdorf (Bundesrepublik Deutschland) übernommen und sollte ausweislich des schriftlich niedergelegten Beförderungsauftrags in St. Petersburg (Russland) ausgeliefert werden. Die Bundesrepublik Deutschland ist Vertragsstaat des oben bezeichneten Übereinkommens.

Dem steht nicht entgegen, dass lediglich der in der Bundesrepublik Deutschland zurückzulegende Teil des Transportweges mit Hilfe eines auf der Straße verkehrenden Beförderungsmittels erledigt wurde. Zwar handelte es sich deshalb um einen sog. "multimodalen" Transport, den § 452 HGB in der Fassung des Transportrechtsreformgesetzes vom 25. Juni 1998 (BGBl. I S 1588) seit dem 1. Juli 1998 als Beförderung mit verschiedenartigen Beförderungsmitteln bezeichnet, doch ändert dieser Umstand nichts daran, dass die zwingend anzuwendenden Vorschriften des Übereinkommens zum Zuge kommen (Herber/Piper, CMR, 1996, Vor Art. 1 Rand-Nr. 7), denn der bereits zitierte Art. 1 Abs. 1 Satz 1 CMR kennt keine entsprechende Einschränkung. Für diese vom Senat im Gegensatz zum Landgericht vertretene Rechtsauffassung spricht im Übrigen auch der Umstand, dass die als mit dem Beförderungsrecht vertraut anzusehenden Parteien (auch) hier einen CMR-Frachtbrief ausgestellt und unterzeichnet haben.

2.

Sind die Haftungsvorschriften des Übereinkommens über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) zugrunde zu legen, so ist festzustellen, dass diese keinen Ersatzanspruch für den von der Klägerin geltend gemachten Schaden gewähren. Art. 17 Abs. 1 CMR schreibt vor, dass der Frachtführer für gänzlichen oder teilweisen Verlust und für Beschädigung des Gutes haftet, sofern der Verlust oder die Beschädigung zwischen dem Zeitpunkt der Übernahme des Gutes und dem seiner Ablieferung eintritt, sowie für die Überschreitung der Lieferfrist. Hier liegt weder Verlust oder Beschädigung des Gutes noch Überschreitung der Lieferfrist vor. Indessen führt dies nicht dazu, dass die Beklagte für den von der Klägerin geltend gemachten Schaden nicht haftet. Vielmehr nimmt die herrschende Meinung, der der Senat folgt, an, dass in einem solchen Fall das zwingende internationale Recht der CMR durch die insoweit subsidiär geltenden Regeln des nationalen Rechts ergänzt werde (Herber/Piper, aaO, Rand-Nr. 27 mwN). Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass auf das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien deutsches Recht anzuwenden sei; dem schließt sich der Senat unter Bezugnahme auf die landgerichtliche Begründung an.

Durch den Frachtvertrag wird der Frachtführer verpflichtet, das Gut zum Bestimmungsort zu befördern und dort an den Empfänger abzuliefern (§ 407 Abs. 1 HGB). Diese Pflicht hat die Beklagte durch die von ihr mittelbar beauftragte Nebenintervenientin zu 2. jedenfalls hinsichtlich der Teilstrecke Holdorf-Bremerhaven unstreitig erfüllt. Nach dem nunmehr in § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB niedergelegten, hier zwar noch nicht anwendbaren, aber für das bestehende Schuldverhältnis kraft Gewohnheitsrechts bereits geltenden Grundsatz sind jedoch neben Hauptpflichten im Schuldverhältnis auch Nebenpflichten zu beachten. Verletzt der Schuldner eine solche Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Zu den insoweit bestehenden Nebenpflichten eines Frachtführers gehört der ordnungsgemäße und sachgerechte Umgang mit den ihm übergebenen Begleitpapieren zu dem zu befördernden Gut. Nach § 428 Satz 1 HGB hat der Frachtführer Handlungen und Unterlassungen seiner Leute in gleichem Umfange zu vertreten wie eigene Handlungen und Unterlassungen, wenn die Leute in Ausübung ihrer Verrichtungen handeln. Gleiches gilt für Handlungen und Unterlassungen anderer Personen, deren er sich bei Ausführung der Beförderung bedient (§ 428 Satz 2 HGB).

Hier hat die Klägerin behauptet, dem Fahrer der Nebenintervenientin zu 2. sei ein Satz Dokumente FE T 5 vor Antritt der Fahrt in Holdorf mit dem ausdrücklichen Bemerken übergeben worden, diese in Bremerhaven bei der dortigen Zollstelle vorzulegen. Unstreitig ist letzteres nicht geschehen. Dieser Umstand war ursächlich dafür, dass die von der Klägerin erstrebte Ausfuhrerstattung ihr nicht gewährt wurde. Dies ist durch den Bescheid des Hauptzollamts Hamburg-Jonas vom 18. Juni 2002 (Bl. 117/118) belegt.

Sind dem Fahrer der Nebenintervenientin zu 2. Dokumente der genannten Art ausgehändigt worden, so traf ihn - mit oder ohne ausdrücklichen Hinweis zur Vorlage bei der Zollstelle - die Pflicht, diese Unterlagen der zuständigen Behörde vorzulegen. Damit ist der Nebenintervenientin zu 2. eine Pflichtverletzung anzulasten, die sich die Beklagte zurechnen lassen muss, denn das Landgericht hat es als bewiesen angesehen, dass ihm neben dem CMR-Frachtbrief und dem dort erwähnten Veterinärzeugnis auch das Kontrollexemplar T 5 ausgehändigt worden ist. Die von der Berufung gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts erhobenen Angriffe hält der Senat nicht für durchgreifend. Zwar mag es zutreffen, dass auch die Zeugin Wi. ebenso wie der Zeuge We. den konkreten Vorgang, der den Schaden der Klägerin zur Folge hatte, nicht mehr erinnerte. Sie konnte aber unter Zuhilfenahme der bei ihrer Arbeitgeberin vorhandenen Unterlagen bekunden, dass in dem konkreten Fall die T 5- Dokumente von der Klägerin erstellt worden waren, während die Zolldokumente von ihr, der Zeugin, gefertigt waren. Ferner hat die Zeugin erklärt, dass sie sich sicher sei, dem Zeugen We., dem Fahrer der Nebenintervenientin zu 2., alle erforderlichen Papiere ausgehändigt zu haben. Sie hat diese Gewissheit mit dem einleuchtenden Hinweis erläutert, es hätte sich anderenfalls das Original des T 5-Dokuments noch bei den Unterlagen ihrer Arbeitgeberin befinden müssen. Wenn das Landgericht diese Aussage seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat und nicht derjenigen des Zeugen We. gefolgt ist, der sich weder an die Person der Zeugin Wi. noch daran zu erinnern vermochte, dass und wie oft er Container bei der Fleischzentrale abgeholt habe, so ist dies nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat auch insoweit keine fehlerhafte Beweiswürdigung vorgenommen, als es der Erklärung dieses Zeugen, wenn er Zolldokumente - T 1 oder T 5 - erhalte, fahre er mit der Sendung zum Zoll und gebe dort die Dokumente ab, sowie seiner weiteren Aussage, er habe nie in seinem Führerhaus "überzählige" T 5-Dokumente gefunden, keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen hat. Der Senat sieht auch keine Veranlassung, die Vernehmung der genannten Zeugen zu wiederholen, denn zum einen hat die Berufungsführerin selbst dies nicht beantragt, zum anderen ist nicht ersichtlich, dass das Erinnerungsvermögen der Zeugen nach einem weiteren halben Jahr im Anschluss an ihre Aussage vor dem Landgericht gebessert sein könnte.

3.

Dem damit nach Grund und Höhe bestehenden Anspruch der Klägerin kann nicht mit Erfolg die Einrede der Verjährung entgegengehalten werden. Entgegen der - folgerichtigen - Auffassung des Landgerichts ist auf den hier gegebenen Anspruch aus Schlechterfüllung des zwischen den Parteien geschlossenen Beförderungsvertrages die Verjährungsvorschrift des Art. 32 CMR anzuwenden, denn nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat folgt, gilt die Verjährungsregelung des Art. 32 CMR nicht nur für die sich aus diesem Übrereinkommen ergebenden Ansprüche, sondern auch für alle mit einer CMR-Beförderung in einem irgendwie gearteten Zusammenhang stehenden, aus dem nationalen Recht folgenden Ansprüche (BGH, Urteil vom 10. Mai 1990 - I ZR 234/88 - TranspR 1990, 418, 420 = VersR 1991, 238, 239 mit Nachweisen). Nach Absatz 1 Satz 1 dieser Bestimmung verjähren Ansprüche aus diesem Übereinkommen in einem Jahr. Die Verjährungsfrist beginnt - da es sich nicht um einen teilweisen oder gänzlichen Verlust, um eine Beschädigung oder eine Überschreitung der Lieferfrist handelt - mit dem Ablauf einer Frist von drei Monaten nach dem Abschluss des Beförderungsvertrages (Art. 32 Abs. 1 Satz 3 Buchstabe c) CMR). Das war hier der 16. Juni 2001, so dass die einjährige Verjährungsfrist mit dem 16. Juni 2002 vollendet war. Die Verjährung wird aber durch eine schriftliche Reklamation bis zu dem Tage gehemmt, an dem der Frachtführer die Reklamation schriftlich zurückweist und die beigefügten Belege zurücksendet (Art. 32 Abs. 2 Satz 1 CMR). Als schriftliche Reklamation ist hier das noch innerhalb der laufenden Verjährungsfrist abgesandte und zugegangene Schreiben der Klägerin vom 22. März 2002 (Bl. 87/88 d.A.) aufzufassen, als deren schriftliche Zurückweisung das Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 27. Februar 2003. Damit war die am 31. März 2003 eingereichte und am 4. April 2003 zugestellte Klage noch rechtzeitig.

Der Zinsanspruch ist der Höhe nach auf 5 vom Hundert zu begrenzen (Art. 27 Abs. 1 Satz 1 CMR), denn unter Zugrundelegung der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist auch auf den außerhalb der Vorschriften des Übereineinkommens begründeten Anspruch der Klägerin für den Zinsanspruch das Übereinkommen anzuwenden. In zeitlicher Hinsicht kommt nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin ("Wäre die beantragte Ausfuhrerstattung erfolgreich verlaufen, so wären die Beträge der Klägerin spätestens drei Monate nach Antragstellung . . . zugeflossen") ein Zinsbeginn mit dem 17. Juli 2001 in Betracht. Da das Landgericht eine Verzinsung erst ab 3. September 2001 ausgesprochen und die Klägerin keine Anschlussberufung eingelegt hat, ist der Senat gehindert, das landgerichtliche Urteil insoweit abzuändern (§ 308 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 528 Satz 2 ZPO).

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, § 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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