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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Bremen
Urteil verkündet am 09.10.2003
Aktenzeichen: 2 U 47/03
Rechtsgebiete: GmbHG, ZPO


Vorschriften:

GmbHG § 19 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 416
1. Verspricht der Gesellschaftergeschäftsführer einer aus mehreren Personen bestehenden Gesellschaft mit beschränkter Haftung in einer privatschriftlichen Urkunde gegenüber der Gesellschaft, ein von ihm aufgenommenes Darlehen, dessen Valuta er der Gesellschaft zur Behebung einer Liquiditätsenge zur Verfügung gestellt hatte, der Gesellschaft end gültig zu belassen, so ist dieses Versprechen wie die Übernahme einer (weiteren) Stammeinlage zu behandeln mit der Folge, dass u.a. der Aufrechnungsausschluss nach § 19 Abs. 2 Satz 2 GmbHG gilt.

2. Wird diese Urkunde von den Unterzeichnern einvernehmlich auf den Zeitpunkt der Gewährung des Darlehens zurückdatiert, so trifft gleichwohl die Gesellschaft die Beweislast, wenn sie behauptet, die ursprünglich vereinbarte Übernahme der Zinsleistungen für das Darlehen durch die Gesellschaft sei damit rückwirkend beseitigt worden, und die Erstattung der aufgelaufenen Beträge von dem Gesellschafter verlangt.


Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen Im Namen des Volkes URTEIL

Geschäftszeichen 2 U 47/03

Verkündet am: 9. Oktober 2003

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht in Bremen - 2. Zivilsenat - auf die mündliche Verhandlung vom 25. September 2003 durch die Richter

Dr. Schomburg, Friedrich und Dierks

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Bremen - 2. Kammer für Handelssachen - vom 3. April 2003 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels dahin abgeändert, dass der Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin € 4.224,27 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 24. Januar 2003 zu zahlen.

Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte 33,6 %, die Klägerin trägt 66,4 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheits-leistung oder Hinterlegung von € 5.850,-- abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von € 1.900,-- abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Erstattung von Zins- und Tilgungsleistungen im Gesamtbetrag von € 12.564,13, die sie in dem Zeitraum von Oktober 2000 bis April 2002, also insgesamt 19 Monate, gegenüber der Bremer Landesbank Kreditanstalt Oldenburg für ein von dem Beklagten aufgenommenes Darlehen erbracht hat.

Die Klägerin befand sich jedenfalls im Jahre 2000 in finanziellen Schwierigkeiten. Zur Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Lage vereinbarten ihre drei Gesellschafter, die Herren D. O., R. R. und der Beklagte, die seinerzeit zugleich ihre Geschäftsführer waren, jeweils ein Darlehen von DM 160.000,-- aufzunehmen und dieses als Kapital der Klägerin zur Verfügung zu stellen. Die vom Beklagten zu erbringenden Zins- und Tilgungsleistungen von monatlich € 438,94 und € 222,33, insgesamt also € 661,27 sollten allerdings für ihn ebenso wie für die beiden anderen Gesellschafter von der Klägerin bezahlt werden.

Da sich die wirtschaftliche Lage der Klägerin auch in den folgenden Monaten nicht nachhaltig besserte, unterzeichnete der Beklagte im April 2002 ein Schriftstück mit folgendem Wortlaut:

"Vertrag

Zwischen BREMEN GmbH, -Str. 8, 28197 Bremen

und

Herrn G. S., str. 27 d, 27 Delmenhorst

Aufgrund der hohen aufgelaufenen Verluste im Kalenderjahr 2000 verpflichte ich mich, eine nicht rückzahlbare Kapitaleinlage in Höhe von DM 160.000,-- in der rechtsverbindlichen Weise zu erbringen, daß die Rückzahlungsverpflichtung für das hierfür aufgenommene Darlehen von mir persönlich übernommen wird.

Bremen, den 23.10.2000"

Die Klägerin behauptet, im Zusammenhang mit der Unterzeichnung dieser Vertragsurkunde sei zwischen den Parteien und auch mit den beiden übrigen Gesellschaftergeschäftsführern Übereinstimmung erzielt worden, dass die in den Monaten Oktober 2000 bis April 2002 von der Klägerin erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen ihr von den Gesellschaftern erstattet werden sollten. Sie hat den Beklagten mit der am 24. Januar 2003 zugestellten Klage auf Zahlung von € 12.564,13 nebst Zinsen in Anspruch genommen.

Der Beklagte hat in Abrede genommen, dass eine entsprechende Vereinbarung abgeschlossen worden sei, sondern im Gegenteil behauptet, im April 2002 sei unter den beteiligten Gesellschaftergeschäftsführern abgesprochen worden, dass die Klägerin auch über den 30. April 2002 hinaus bis auf weiteres die Zins- und Tilgungsleistungen für die aufgenommenen Darlehen erbringen solle, und deshalb die Abweisung der Klage beantragt.

Hilfsweise hat er mit einem anteiligen Gegenanspruch aufgerechnet, der sich daraus ergeben soll, dass er ein weiteres der Klägerin gewährtes Darlehen über DM 100.000,-- mit Schriftsatz vom 14. Februar 2003, der Klägerin zugestellt am 20. Februar 2003, gekündigt und zur Rückzahlung fällig gestellt habe. Die Fälligkeit der Rückzahlungspflicht der Klägerin trete drei Monate nach Zugang der Kündigungserklärung, mithin am 21. Mai 2003 ein.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 3. April 2003, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, die Klage mit im Wesentlichen folgender Begründung abgewiesen:

Ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten aus ungerechtfertigter Bereicherung sei nicht gegeben, denn die Klägerin habe die von ihr geleisteten Zahlungen mit Rechtsgrund erbracht. Unstreitig habe sie diese zunächst auf ihre Kosten übernehmen sollen. Die entsprechende Vereinbarung sei auch nicht nachträglich weggefallen, denn die von der Klägerin in Ablichtung vorgelegte Urkunde erlaube nicht eine Auslegung, wonach die Klägerin mit Wirkung für die Vergangenheit von der von ihr übernommenen Verpflichtung habe entlastet werden sollen. Die - offenbar einvernehmlich - niedergelegte Rückdatierung könne verschiedene Ursachen haben, erlaube jedenfalls nicht den Schluss, dass mit ihr eine Erstattung der bereits von der Klägerin erbrachten Zahlungen habe vereinbart werden sollen.

Gegen dieses ihr am 22. April 2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22. Mai 2003 Berufung eingelegt und diese am 23. Juni 2003, einem Montag, unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen mit dem Hinweis begründet, der von den Parteien einvernehmlich vorgenommenen Rückdatierung der im April 2002 abgeschlossenen Vereinbarung auf den 23. Oktober 2000 könne nur der Sinn beigelegt werden, dass neben der Hauptsumme auch die auf diese zu erbringenden Nebenleistungen von Anfang an nicht von der Klägerin, sondern von deren Gesellschaftern - und damit auch vom Beklagten - hätten getragen werden sollen, so dass der von ihr geltend gemachte Zahlungsanspruch gerechtfertigt sei. Einen Beweisantritt enthält die Berufungsbegründung nicht.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Bremen abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an sie € 12.564,13 nebst 15 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 24. Januar 2003 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens das landgerichtliche Urteil, das er für zutreffend hält. Den erstinstanzlich erhobenen Einwand der hilfsweise erklärten Aufrechnung erhält der Beklagte aufrecht.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Berufungsbegründung und die Berufungserwiderung Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist statthaft (§ 511 Abs. 1 und 2 Nr. 1 ZPO), form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 517, 520 Abs. 1 und 2 Satz 1 und 3, Abs. 3 Satz 1 und 2 ZPO) und somit zulässig. Sie ist aber nur teilweise - nämlich im Umfang des aus dem Tenor ersichtlichen Betrages - begründet und war daher im Übrigen zurückzuweisen. Der Klägerin steht gegen den Beklagten nur ein Zahlungsanspruch von € 4.224,27 nebst Zinsen zu.

Auf der Grundlage des zwischen den Parteien unstreitigen Tatsachenstoffs kann die Klägerin von dem Beklagten die Zahlung von € 4.224,27 verlangen. Dies ist der Betrag, den sie in der Zeit zwischen Oktober 2000 und April 2002 als Summe der Tilgungsraten für das von dem Beklagten bei der Bremer Landesbank Kreditanstalt Oldenburg aufgenommene Darlehen, dessen Valuta vereinbarungsgemäß der Klägerin zugeflossen ist, an die Kreditgeberin gezahlt hat. Da nach der Vereinbarung der Parteien, und zwar sowohl derjenigen aus dem Frühjahr 2000 als auch derjenigen aus April 2002, der Klägerin der volle Betrag von DM 160.000,-- zufließen und ihr endgültig verbleiben sollte, hat der Beklagte das von ihm in dieser Höhe abgegebene Zahlungsversprechen - noch nicht oder nicht mehr - erfüllt, denn es fehlt daran der durch die Tilgungsleistung auf Kosten der Klägerin von dieser erbrachte Betrag von € 4.224,27 (= DM 8.261,95). In dieser Höhe steht der Klägerin daher ein gegen den Beklagten gerichteter vertraglicher Erfüllungsanspruch aus der seinerzeit getroffenen Abrede zu. Gegenüber diesem Erfüllungsanspruch hat der Beklagte nichts Erhebliches vorgebracht, denn die von ihm hilfsweise eingewandte Aufrechnung mit einem Teil des Rückzahlungsanspruchs aus dem weiteren der Klägerin gewährten Darlehen von DM 100.000,-- , dessen Rückzahlung infolge der mit Zugang des Schriftsatzes vom 14. Februar 2003 am 20. Februar 2003 zum Ablauf des 20. Mai 2003 fällig gewesen sei, geht fehl. Dies ergibt sich aus der zumindest entsprechend heranzuziehenden Vorschrift des § 19 Abs. 2 Satz 2 GmbHG: Nach dieser Bestimmung ist eine Aufrechnung gegenüber dem Anspruch der Gesellschaft auf Leistung einer Einlage nicht zulässig. Die von dem Beklagten unstreitig im April 2002 eingegangene Verpflichtung ist einem Versprechen auf Leistung einer - weiteren - Einlage jedenfalls gleich zu achten.

In Höhe von € 8.339,86 war die Berufung jedoch zurückzuweisen, da das Landgericht insoweit die Klage mit Recht als unbegründet angesehen hat. Da der Beklagte bestritten hat, sich im April 2002 dazu verpflichtet zu haben, die von der Klägerin im Zeitraum zwischen Oktober 2000 und April 2002 in dieser Gesamthöhe erbrachten Zinsleistungen der Klägerin zu erstatten, bedurfte die entsprechende Behauptung der Klägerin des Beweises. Diesen Beweis konnte sie nicht mit Hilfe der in Ablichtung vorgelegten Urkunde (Bl. 5 d.A.) führen, denn das ihr zugrunde liegende Original stellt zwar eine Privaturkunde im Sinne des § 416 ZPO dar, ist aber gleichwohl nicht geeignet, dem Gericht die notwendige Überzeugung für die Richtigkeit der von der Klägerin aufgestellten Behauptung zu vermitteln. Die Urkunde enthält nämlich mindestens zwei Unrichtigkeiten, indem sie zum einen von der Annahme ausgeht, der Beklagte habe nach wie vor der Klägerin DM 160.000,-- zur Verfügung gestellt, und zum anderen vorgibt, am 23. Oktober 2000 unterzeichnet worden zu sein, obwohl dies unstreitig erst im April 2002 geschah. Da die Klägerin keinen weiteren Beweis für die von ihr aufgestellte Behauptung, mit dem Beklagten sei im April 2002 auch die Erstattung der von ihr erbrachten Zinsleistungen vereinbart worden, angetreten hat, ist sie insoweit beweisfällig geblieben.

Soweit die Klage begründet und damit die Berufung erfolgreich ist, ergibt sich der Zinsanspruch der Klägerin aus § 291 Satz 1 und 2, § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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