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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Bremen
Urteil verkündet am 21.06.2007
Aktenzeichen: 2 U 5/07
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 440 Satz 1
ZPO § 3
ZPO § 256 Abs. 1
ZPO § 321 Abs. 1
ZPO § 511 Abs. 2 Nr. 1
1. Setzt ein Käufer dem Verkäufer mehrfach eine jeweils datumsmäßig festgelegte Frist zur Erledigung der Nachbesserung und lässt es der Käufer zu, dass der Verkäufer im Ergebnis erfolglose Nachbesserungsarbeiten auch noch nach dem Verstreichen des letzten Endtermins vornimmt, so hindert dieser Umstand den Käufer nicht daran, den Rücktritt vom Vertrage wegen Unzumutbarkeit weiterer Nachbesserungsversuche zu erklären, ohne einen weiteren Endtermin zu setzen.

2. Wird festgestellt, dass sich eine Vertrags- und Prozesspartei in Annahmeverzug befunden hat, so ist der Streitwert des entsprechenden Feststellungsantrags mit 1 % des Wertes des Antrags zu bemessen, dessen Vollstreckung durch die Feststellung erleichtert werden soll.

3. Wird die in Nummer 2 dargestellte Feststellung in einem Ergänzungsurteil getroffen, so hängt die Zulässigkeit einer gegen dieses Ergänzungsurteil selbstständig eingelegten Berufung davon ab, ob die in diesem Urteil enthaltene Beschwer für sich genommen das Rechtsmittel statthaft erscheinen lässt (wie BGH, Beschluss vom 20. Juni 2000 - VI ZR 2/00 - NJW 2000, 3008).


Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftszeichen: 2 U 5/07

Verkündet am: 21. Juni 2007

In dem Rechtsstreit

hat der 2. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen auf die mündliche Verhandlung vom 31. Mai 2007 durch

den Richter am Oberlandesgericht Friedrich, den Richter am Oberlandesgericht Dierks und die Richterin am Oberlandesgericht Wolff

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bremen - 1. Kammer für Handelssachen - vom 29.11.2006 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die Rückerstattung einer Anzahlung nach einem von der Klägerin erklärten Rücktritt vom Vertrag über die Herstellung und Lieferung eines Hydraulikaggregats.

Das Landgericht Bremen - 1. Kammer für Handelssachen - hat durch Urteil vom 29.11.2006 die Beklagte zur Zahlung von € 53.170,65 nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe eines Hydraulikaggregats verurteilt. Durch Ergänzungsurteil der 1. Kammer für Handelssachen vom 05.02.2007 wurde festgestellt, dass sich die Beklagte im Annahmeverzug befindet. Das Urteil vom 29.11.2006 wurde der Beklagten am 11.12.2006 zugestellt, das Ergänzungsurteil vom 05.02.2007 wurde ihr am 12.02.2007 zugestellt. Die Beklagte legte am 10.01.2007 Berufung ein und begründete diese - nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist - am 09.03.2007.

Zur Begründung trägt die Beklagte u.a. vor, durch Duldung der weiteren Arbeiten nach dem 20.07.2006 habe die Klägerin das Recht verloren, sich ohne weitere Fristsetzung bzw. Aufforderung zur Nachbesserung durch Rücktritt vom Vertrag zu lösen. Zudem sei die Nachbesserung in den Räumen der Klägerin nicht möglich gewesen. Ein Abtransport des Aggregats sei ihr von der Klägerin nicht genehmigt worden. Hierdurch habe die Klägerin eine Nachbesserung verhindert.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Bremen, Az. 11 O 181/06 vom 29.11.2006 und das Ergänzungsurteil vom 05.02.2007 mit dem zusätzlich tenorierten Ausspruch aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 84-91 d.A.) Bezug genommen. Wegen des Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf die Schriftsätze der Parteien vom 08.03.2007 (Bl. 120-124 d.A.) und vom 24.04.2007 (Bl. 141-146 d.A.) sowie das Sitzungsprotokoll vom 31.05.2007 verwiesen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist lediglich hinsichtlich des Urteils des Landgerichts vom 29.11.2006 statthaft (§ 511 ZPO) und auch insoweit zulässig, insbesondere in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 517, 519, 520 ZPO). Die Berufung der Beklagten gegen das Ergänzungsurteil des Landgerichts Bremen vom 05.02.2007 ist hingegen gemäß § 511 Abs. 2 ZPO nicht statthaft, weil der Beschwerdegegenstand € 600,00 nicht übersteigt und das Landgericht die Berufung im Urteil nicht zugelassen hat. Nach Ansicht des Senats entspricht die Beschwer eines derartigen Ergänzungsurteils - Feststellung des Annahmeverzuges - einem Prozent des Wertes des Antrages, dessen Vollstreckung durch die Feststellung erleichtert werden soll. Insoweit geht es um einen Betrag von € 53.170,65. Der Anteil von 1 % liegt somit unter dem genannten Wert von € 600,00.

Die zulässige Berufung der Beklagten gegen das Urteil vom 29.11.2006 hat in der Sache keinen Erfolg. Die in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils angestellten Erwägungen treffen - zumindest im Ergebnis - zu. Der Klägerin steht gemäß §§ 346 Abs. 1, 440, 437 Nr. 2, 434 Abs. 1, 651 Satz 1 BGB der geltend gemachte Zahlungsanspruch wegen Rücktritts vom Vertrage zu, weil der gelieferte Vertragsgegenstand mangelhaft, der Klägerin eine weitere Nachbesserung nicht zuzumuten und durch das Verhalten der Klägerin der Rücktritt nicht ausgeschlossen war.

Auf das Vertragsverhältnis der Parteien ist gemäß § 651 Satz 1 BGB das Kaufrecht anzuwenden, weil ein Vertrag geschlossen wurde, der die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen zum Gegenstand hatte. Die von dieser Regelung erfassten Verträge werden ohne Rücksicht darauf, ob der Inhalt der Leistungspflicht des Schuldners an sich in einem dem Werkvertrag zuzuordnenden Erfolg besteht, dem Kaufrecht zugeordnet. Lediglich dann, wenn Leistungen zwecks Herstellung eines bestimmten Werks - speziell eines Bauwerks - versprochen werden, unterfallen diese dem Werkvertragsrecht. Dies setzt jedoch voraus, dass der Werkunternehmer die Verpflichtung übernommen hat, die herzustellenden Teile in ein Gesamtwerk einzubauen. Diese Einbau- bzw. Montageleistungen müssen im Hinblick auf den mit der Herstellung des Gesamtwerks bezweckten Erfolg im Vordergrund stehen. Hier war die Beklagte lediglich zur Planung, Konstruktion und Herstellung eines Hydraulikaggregats verpflichtet. Mit dem Einbau dieses Aggregats hatte die Beklagte nichts zu tun.

Das Hydraulikaggregat war und ist nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien mangelhaft, weil dieses beim Betrieb unter Druck "ölte". Dieser Mangel lag bei Lieferung des Aggregats am 30.05.2005 vor und wurde zu keinem Zeitpunkt beseitigt.

Mit Ablauf der gesetzten Mangelbeseitigungsfrist per 20.07.2005 war die Klägerin gemäß § 440 Satz 1 BGB berechtigt, vom Vertrag zurückzutreten, weil ihr weitere Nachbesserungsversuche nicht mehr zuzumuten waren. In diesem Zusammenhang kann die Frage dahinstehen, ob die Klägerin gemäß Ziffer VIII.3 Satz 2 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen berechtigt war, bereits nach dem ersten gescheiterten Nachbesserungsversuch vom Vertrag zurückzutreten. Wegen der Besonderheiten des hier zu liefernden Vertragsgegenstandes hat der Senat insoweit zumindest Zweifel, ob diese Klausel wirksam vereinbart wurde. Letztlich kommt es auf diesen Gesichtspunkt jedoch nicht an, weil nach dem 20.07.2005 weitere Nachbesserungsversuche unzumutbar waren (§ 440 S. 1 BGB). Die Klägerin hatte das Angebot der Beklagten hinsichtlich der Lieferung des Vertragsgegenstandes mit Schreiben vom 17.11.2004 angenommen. Das Hydraulikaggregat wurde dann vertragsgemäß am 30.05.2005 geliefert. Das Aggregat war zu diesem Zeitpunkt in erheblichem Maße mangelhaft, weil es nicht den geeignet war, den vertraglich vereinbarten Druckbelastungen Stand zu halten. Die Klägerin rügte u.a. diesen Mangel mit Schreiben vom 10.06.2005 und verlangte eine Beseitigung sämtlicher Mängel bis zum 01.07.2005. Im Rahmen einer Besprechung vom 29.06.2005 wurde die Mängelbeseitigungsfrist bis zum 14.07.2005 verlängert. Die Klägerin verlängerte diese Frist gemäß Schreiben vom 14.07.2005 erneut bis zum 20.07.2005. Zu diesem Zeitpunkt war die vertraglich vereinbarte Dichtigkeit des Aggregats - bis zu 700 bar - immer noch nicht hergestellt worden. Stattdessen schlug die Beklagte der Klägerin vor, die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit des Aggregats - Verwendung von Blöcken - zu ändern und nunmehr eine Verrohrung vorzusehen. Mithin ergab sich für die Klägerin die Situation, dass die Beklagte nach einem Vorlauf von etwa einem halben Jahr ein grundlegend mangelhaftes Aggregat geliefert hatte und nach Ablauf von weiteren etwa 6 Wochen nun vorschlug, die Art der Herstellung des Vertragsgegenstandes in wesentlichen Teilen ändern zu wollen. Unabhängig davon, ob es sich bei dieser Änderung der Beschaffenheit des Aggregats noch um eine Nachbesserung handelte, musste sich die Klägerin hierauf wegen Unzumutbarkeit nicht mehr einlassen. Das Aggregat sollte später in eine Presse eingebaut werden. Aus diesem Grunde hatte die Klägerin für die Herstellung des Aggregats einen bestimmten Vorlauf vorgesehen. Im Juli des Jahres 2005 hatte die Klägerin zur Kenntnis zu nehmen, dass es der Beklagten nicht gelungen war, über einen Zeitraum von mehr als 6 Monaten ein derartiges Aggregat mangelfrei herzustellen. Es bestand daher die Notwendigkeit, nunmehr einen anderen Vertragspartner zu suchen, dem eine in etwa gleiche Vorlaufzeit zwecks Herstellung eines vergleichbaren Aggregats zuzubilligen war. Ein weiteres Abwarten war der Klägerin daher nach Ansicht des Senats nicht mehr zuzumuten.

An diesem Ergebnis ändert auch die Tatsache nichts, dass die Klägerin nach Ablauf des 20.07.2005 weitere Nachbesserungsarbeiten der Beklagten für einige Tage geduldet hat. Hierbei mag dahinstehen, ob diese Arbeiten bis 22.07. oder 25.07.2005 geduldet wurden. Unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Aggregats und des bereits verstrichenen Zeitraums erscheint es angemessen, der Klägerin einige wenige Tage zwecks Überlegung der weiteren Vorgehensweise zuzubilligen. Hierdurch wurde das Recht der Klägerin nicht tangiert, den Rücktritt vom Vertrag zu erklären.

Der Rücktritt der Klägerin war auch nicht gemäß § 242 BGB wegen Verhinderung der Mangelbeseitigung ausgeschlossen. Insoweit hat die Beklagte vorgetragen, ihr sei der Abtransport des Aggregats zwecks Durchführung von Mangelbeseitigungsarbeiten untersagt worden. Diesen Vortrag hat die Klägerin bestritten. Abgesehen von Zweifeln an der hinreichenden Substanziiertheit dieses Vortrages hat die insoweit beweisbelastete Beklagte für ihren streitigen Vortrag keinen Beweis angeboten. Eines weiteren Hinweises durch den Senat bedurfte es nicht, weil die Beklagte bereits durch den Inhalt des Urteils des Landgerichts hinreichend auf die mögliche Relevanz dieses Sachverhalts hingewiesen wurde. Die Beklagte ist im Rahmen der Berufungsbegründung auf diesen Gesichtspunkt auch eingegangen, hat jedoch kein Beweismittel angeboten.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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