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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Bremen
Urteil verkündet am 22.07.2004
Aktenzeichen: 2 U 93/03
Rechtsgebiete: AktG


Vorschriften:

AktG § 41 Abs. 1 Satz 2
Das Mitglied des Vorstands einer zwar gegründeten, aber noch nicht eingetragenen Aktiengesellschaft, das von deren bereits eingeleiteten Werbemaßnahmen Kenntnis hat und es nach Erlass einer einstweiligen Verfügung ablehnt, eine Abschlusserklärung abzugeben, haftet persönlich für die entstandenen Verfahrenskosten, weil es zumindest rechtsgeschäftsähnlich für die noch nicht bestehende Aktiengesellschaft tätig geworden ist.
Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen Im Namen des Volkes URTEIL

2 U 93/03

Verkündet am: 22. Juli 2004

In Sachen

hat der 2. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 8. Juli 2004 durch die Richter

Friedrich, Dr. Schnelle und Dierks

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bremen vom 15.9.2003 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Wegen des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Durch das angefochtene Urteil des Landgerichts Bremen vom 15. September 2003 wurde der Beklagte verurteilt, an die Klägerin € 7.505,76 nebst 4% Zinsen seit dem 1.3.2000 zu zahlen.

Im Rahmen der Berufung trägt der Beklagte vor, das Landgericht Bremen sei örtlich nicht zuständig gewesen, unter dem Gesichtspunkt der Willkür könne die Rüge auch in zweiter Instanz noch geltend gemacht werden. Zudem hafte der Beklagte nicht gem. § 41 Abs. 1 Satz 2 AktG, da er nicht rechtsgeschäftlich für die AG i.G. gehandelt habe. Zudem sei eine etwaige Handlung des Beklagten nicht kausal gewesen.

Der Beklagte beantragt, das Urteil des Landgerichts Bremen - 4. Zivilkammer - vom 15. September 2003 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze des Beklagten vom 17.12.2003 (Bl. 91 bis 95 d.A.) und der Klägerin vom 17.6.2004 (Bl. 105 ff. d.A.) verwiesen.

II.

Die statthafte (§ 511 ZPO) und auch im übrigen zulässige (§§ 512, 519, 520 ZPO) Berufung des Beklagten ist unbegründet.

Die vom Beklagten auch in zweiter Instanz erhobene Zuständigkeitsrüge ist gem. § 513 Abs. 2 ZPO unbeachtlich, da eine Verletzung der Normen über die Zuständigkeiten im Berufungsverfahren nicht geltend gemacht werden kann (vgl. hierzu BGH NJW 98, 1230). Nach Änderung des § 17 Abs. 2 GVG hat das gem. § 32 ZPO angeblich zuständige Gericht den geltend gemachten Anspruch unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkt zu entscheiden, wenn im Gerichtsstand der unerlaubten Handlung ein einheitlicher prozessualer Anspruch geltend gemacht wird (vgl. hierzu BGH NJW 2003, 828). In diesem Verfahren musste die Frage nicht entschieden werden, ob ausnahmsweise im Rahmen der Berufung eine von erster Instanz willkürlich angenommene Zuständigkeit gerügt werden kann (so u.a. OLG Oldenburg NJW-RR 99, 865). Die angegriffene Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer willkürlichen Annahme der eigenen Zuständigkeit. Willkür setzt voraus, dass die getroffene Entscheidung nicht begründet wurde und eine Begründung auch nicht ersichtlich ist. Hier hat das Landgericht sich inhaltlich ausführlich mit der Frage der Zuständigkeit auseinandergesetzt.

Die Klage ist auch begründet, da der Beklagte im Namen der nicht eingetragenen Aktiengesellschaft gehandelt und daher die fraglichen Prozesskosten zu erstatten hat.

Zwar trat der Beklagte nicht rechtsgeschäftlich namens der nicht eingetragenen Aktiengesellschaft auf, er gab jedoch rechtsgeschäftsähnliche Erklärungen für die Gesellschaft ab, die gleichfalls die Voraussetzungen der genannten Vorschrift erfüllen (vgl. hierzu OLG Karlsruhe in ZIB 98, 958). Hier warb die nicht eingetragene Aktiengesellschaft in der Badischen Zeitung vom 24.6.1999 in unzulässiger Art und Weise unter Verwendung der Marke "1x1". Daraufhin erwirkte die Klägerin unter dem 23.7.1999 eine einstweilige Verfügung gegen die Aktiengesellschaft. Dennoch war die Aktiengesellschaft nicht bereit zur Abgabe der Abschlusserklärung, daher wurde am 22.9.1999 Hauptsacheklage beim Landgericht Bremen erhoben. Der Beklagte persönlich teilte den früheren Bevollmächtigten der Klägerin gem. Schreiben vom 8.10.1999 (Bl. 4 d.A.) mit, der Scheck wegen der festgesetzten Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens werde übersandt, des weiteren sehe man der Hauptverhandlung mit großem Interesse entgegen. Aus dem zuletzt genannten Schreiben des Beklagten persönlich folgt nach Auffassung des Senats eindeutig, dass dieser über die unzulässigen Werbemaßnahmen der Aktiengesellschaft informiert war und diese auch billigte und für richtig hielt. Mithin war er für die rechtsgeschäftsähnliche Handlung der Aktiengesellschaft - die Werbemaßnahme - persönlich verantwortlich im Sinne des § 41 Abs. 1 Satz 2 Aktiengesetz.

Die zudem vom Beklagten angesprochene Frage, ob die Aktiengesellschaft bei Klagerhebung über ausreichendes Kapital verfügte, ist irrelevant, da es im Rahmen des § 41 Abs. 1 Satz 2 Aktiengesetz hierauf nicht ankommt. Gleichfalls ist es ohne Bedeutung, ob die Klägerin auch bei Kenntnis der fehlenden Eintragung der Aktiengesellschaft die Klage erhoben hätte. Die Haftung gem. § 41 Abs. 1 Satz 2 Aktiengesetz ist keine Vertrauenshaftung, sie setzt daher nicht voraus, dass der Partner die Gesellschaft für eingetragen hält.

Letztendlich steht die Rechtskraft des Kostenfestsetzungsbeschlusses im Verhältnis der Klägerin zur Aktiengesellschaft der Erhebung der Klage in diesem Verfahren nicht entgegen, da keine Identität der Streitgegenstände besteht.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.

Ende der Entscheidung

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