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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Bremen
Beschluss verkündet am 23.08.2005
Aktenzeichen: 2 W 57/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 3
ZPO § 319
1. Erscheint in einem auf den Erlass eines Mahnbescheids im automatisierten Mahnverfahren gerichteten Antrag anstelle des gemeinten Betrages "€ 6.814,68" die Zahl "6.814368", weil anstelle des Kommas die Ziffer "3" geschrieben worden ist, und wird der Mahnbescheid daraufhin mit dem Betrag von "€ 6.814.368,00" erlassen, so liegt kein Fehler vor, der im Wege des § 319 ZPO berichtigt werden kann, weil das Versehen seine Ursache nicht im Bereich des Gerichts, sondern des Antragstellers hatte.

2. Wird in einem solchen Fall nach Bemerken des Versehens von dem Amtsgericht der Mahnbescheid dahin berichtigt, dass er auf "€ 6.814,68" laute und hat der Antragsgegner bereits zuvor gegen den ihm zugestellten Mahnbescheid Widerspruch erhoben, so fehlt seiner gegen den Berichtigungsbeschluss gerichteten Beschwerde das Rechtsschutzdürfnis.

3. Der Streitwert für eine gleichwohl eingelegte Beschwerde ist mit dem geringsten Wert (bis € 300,--) zu bemessen.


Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen Beschluss

Geschäftszeichen: 2 W 57/05

Bremen, den 23. August 2005

in Sachen

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners gegen den Beschluss des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bremen vom 30. Juni 2005 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt € 11.023,--

Gründe:

I.

Mit am 15. Dezember 2004 bei der Gemeinsamen Eingangsstelle von Amtsgericht und Landgericht Bremen eingegangenem Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids ersuchte die Antragstellerin um Erlass eines solchen, wobei die Höhe des ihr angeblich zustehenden Anspruchs maschinenschriftlich mit € "6.814368" bezeichnet war. Der Mahnbescheid wurde im automatisierten Mahnverfahren am 21. Dezember 2004 antragsgemäß erlassen, wobei der im Mahnbescheid mit "6.814.368,00" angegebenen Hauptforderung Kosten von € 11.004,--Nebenforderungen von insgesamt € 7,-- sowie für den Zeitraum vom 19. Dezember 2003 bis zum 21. Dezember 2004 Zinsen von € 421.746,92 hinzugesetzt wurden, so dass sich eine gegen den Antragsgegner gerichtete Gesamtforderung von € 7.247.125,92 ergab. Dieser Mahnbescheid wurde dem Antragsgegner am 23. Dezember 2004 zugestellt. Mit Fax-Schreiben vom 29. Dezember 2004 teilte die Antragstellerin dem Amtsgericht zum einen mit, sie habe eine Kostenrechnung über € 11.003,-- erhalten, zum anderen bat sie um Änderung des Betrages der Hauptforderung auf € 6.814,68 und Zusendung einer neuen Kostenrechnung. Mit Beschluss vom 10. Januar 2005 berichtigte das Amtsgericht Bremen in Gestalt der zuständigen Rechtspflegerin den erlassenen Mahnbescheid wegen offensichtlicher Unrichtigkeit unter Aufrechterhaltung im Übrigen dahin, dass die Hauptforderung € 6.814,68 betrage, die Kosten sich auf € 75,50 beliefen und Zinsen für den im Mahnbescheid genannten Zeitraum nicht angefallen seien. Bereits zuvor, nämlich am 7. Januar 2005, war durch die Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners ein Widerspruch gegen den Mahnbescheid eingegangen, mit dem der Antragsgegner dem Anspruch insgesamt widersprochen hatte. Der Berichtigungsbeschluss vom 10. Januar 2005 wurde dem Antragsgegner persönlich am 14. Januar 2005 zugestellt. Mit Fax-Schreiben vom 26. Januar 2005 legte er durch seine Prozessbevollmächtigten gegen den Beschluss vom 10. Januar 2005 sofortige Beschwerde ein, der das Amtsgericht mit Beschluss vom 3. Februar 2005 nicht abhalf.

Mit Beschluss vom 1. März 2005 hob der Einzelrichter der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bremen den Beschluss der Rechtspflegerin des Amtsgerichts Bremen vom 10. Januar 2005 auf und wies den Antrag auf Berichtigung des Mahnbescheids vom 21. Dezember 2004 zurück. Zur Begründung verwies das Landgericht im Wesentlichen darauf, eine Berichtigung des Mahnbescheids nach § 319 ZPO habe zur Voraussetzung, dass ein Versehen des Gerichts vorliege, woran es hier gefehlt habe. Am 18. März 2005 stellte die Antragstellerin den Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens in Höhe von € 6.814,68 und nahm im Übrigen den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids vom 14. Dezember 2004 zurück. Den ergangenen Beschluss vom 1. März 2005 ergänzte das Landgericht auf Antrag der Bevollmächtigten des Antragsgegners durch Beschluss vom 12. April 2005 gemäß § 321 Abs. 1 ZPO dahin, dass die Antragstellerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen habe.

Am 21. April 2005 haben die Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners dem Landgericht Bremen einen Kostenfestsetzungsantrag unterbreitet, in dem als Gegenstandswert für das Verfahren über die Beschwerde € 6.807.553,32 beziffert sind. Die Antragstellerin ist diesem Gesuch im Hinblick auf den dort angegebenen Gegenstandswert entgegengetreten. Mit Beschluss vom 30. Juli 2005 hat der Einzelrichter der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bremen den Wert des Beschwerdeverfahrens auf € 10.927,50 festgesetzt und dies wie folgt begründet:

Bei Berichtigungen nach § 319 ZPO gelte nicht der Hauptsachestreitwert, sondern der Wert sei gemäß § 3 ZPO nach dem Interesse der Partei, die die Berichtigung beantrage, zu bemessen. Danach sei das Interesse der Antragstellerin darauf gerichtet gewesen, nur einen Mahnbescheid über einen Betrag von € 6.418,68 statt der im Bescheid genannten € 6.814.368,-- zu beantragen, was hinsichtlich der nach § 3 Abs. 2 GKG Nr. 1110 einzuzahlenden Gebühren einen Differenzbetrag von € 10.927,50 ausgemacht habe. Dieser Betrag bestimme das Interesse der Antragstellerin an der Berichtigung und sei für den Wert des Beschwerde-verfahrens maßgebend. Gegen diesen ihnen am 8. Juli 2005 zugestellten Beschluss haben die Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners am 15. Juli 2005 Beschwerde erhoben und mit dieser eine Aufstockung der vom Landgericht vorgenommenen Festsetzung mit der Begründung begehrt, das Interesse der Antragstellerin habe nicht nur die einzuzahlenden Gerichtskosten umfasst, sondern sich zumindest auch auf die Differenz hinsichtlich der in dem Verfahren angefallenen Gebühren der Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners bezogen. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 15. Juli 2005 der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

1.

Die Beschwerde ist statthaft. Dies ergibt sich aus § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG, wonach der Rechtsanwalt aus eigenem Recht die Festsetzung des Werts beantragen und Rechtsmittel gegen die Festsetzung einlegen kann. Es ist zugunsten der Beschwerdeführer davon auszugehen, dass sie diese Möglichkeit in Anspruch genommen haben. Im Übrigen ergibt sich die Zulässigkeit der Beschwerde aus § 33 Abs. 1 und 3 Satz 1 und 3 RVG.

2.

Die Beschwerde ist aber unbegründet und war daher zurückzuweisen. Zwar ist die vom Landgericht vorgenommene Festsetzung des Gegenstandswerts des Beschwerdeverfahrens mit € 10.927,50 unzutreffend, doch beschwert der unterlaufene Fehler die Beschwerdeführer nicht.

Bereits der Ausgangspunkt der Überlegungen des Landgerichts ist nicht zu billigen. Das Landgericht geht zwar zu Recht davon aus, dass der Wert einer Berichtigung nach § 319 ZPO nicht derjenige der Hauptsache sei, sondern nach dem Interesse der Partei, die die Berichtigung beantragt habe, bemessen werden müsse. Dabei hat es aber übersehen, dass es nicht um die Festsetzung des Gegenstandswerts für das Verfahren über den von der Antragstellerin unterbreiteten Antrag auf Berichtigung des Mahnbescheids ging und geht, sondern um die Festsetzung des Werts der sofortigen Beschwerde gegen den ergangenen Berichtigungs-beschluss. Nur für diese Festsetzung war und ist das Landgericht zuständig, denn der Antrag auf Berichtigung und die Berichtigung selbst gehörten zum Verantwortungsbereich des Amtsgerichts Bremen. Deshalb ist nach dem Interesse des Antragsgegners zu fragen, das dieser an der von ihm erstrebten Beseitigung des Berichtigungsbeschlusses hatte. Allein dieses Interesse kann Maßstab für die Festsetzung des Werts des Verfahrens über die sofortige Beschwerde sein.

Dieses Interesse des Antragsgegners ist indessen mit "null" anzusetzen. Das von ihm eingelegte Rechtsmittel, die sofortige Beschwerde, war nämlich in Ermangelung eines Rechtsschutz-interesses unzulässig. Nachdem dem Antragsgegner der Mahnbescheid mit einer Gesamtforderung der Antragstellerin von € 7.247.125,92 zugestellt worden war, entsprach es aus seiner Sicht einer Notwendigkeit, jedenfalls wegen des den Betrag von € 6.814,68 übersteigenden Anteils Widerspruch zu erheben, um zu vermeiden, dass die Antragstellerin in der im Mahnbescheid ausgewiesenen Höhe nach Ablauf der Zweiwochenfrist des § 692 Abs. 1 Nr. 3 ZPO den Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheids stellte (§ 697 Abs. 1 Satz 1 ZPO), der einem für vorläufig vollstreckbar erklärtem Versäumnisurteil gleichsteht (§ 700 Abs. 1 ZPO). Diesem Interesse war aber zusätzlich Genüge getan, nachdem das Amtsgericht Bremen durch die zuständige Rechtspflegerin den Mahnbescheid dahin berichtigt hatte, dass er sich lediglich auf eine Hauptforderung der Antragstellerin von € 6.814,68 ohne bis zum 21. Dezember 2005 aufgelaufene Zinsen sowie auf Kosten von € 75,50 bezog. Da der Antragsgegner in dem von seinen Prozessbevollmächtigten für ihn eingelegten Widerspruch dem Anspruch insgesamt entgegengetreten war, hatte er zur Wahrung seiner Interessen nichts mehr zu veranlassen, denn nunmehr oblag es der Antragstellerin, einen Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens zu stellen (§ 696 Abs. 1 Satz 1 ZPO), da ein solcher - was zulässig gewesen wäre (§ 696 Abs. 1 Satz 2 ZPO) - mit dem Antrag auf Erlass des Mahnbescheids noch nicht angebracht worden war.

Der Wert des Verfahrens über die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Berichtigungsbeschluss des Amtsgerichts Bremen vom 10. Januar 2005 wäre daher auf der Grundlage vollständig fehlenden Interesses mit dem niedrigsten der in der Anlage 2 (zu § 34) des Gerichtskostengesetzes niedergelegten Betrages, also mit bis zu € 300,--, zu bemessen gewesen. Eine Änderung des angegriffenen Beschlusses in dieser Weise ist jedoch dem Beschwerdegericht verwehrt, weil sich die Antragstellerin der Beschwerde der Antragsgegner nicht angeschlossen hat ( § 567 Abs. 3 Satz 1 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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