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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Bremen
Urteil verkündet am 14.01.2005
Aktenzeichen: 4 U 49/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 823 Abs. 1
BGB § 1004
Ein Anspruch auf Unterlassung ehrverletzender Äußerungen besteht nicht, wenn der mit ihnen verbundene Eingriff in das Persönlichkeitsrecht als Ergebnis einer Güter- und Interessenabwägung unter dem Gesichtspunkt der Meinungsäußerungsfreiheit nicht als widerrechtlich anzusehen ist.
Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen Im Namen des Volkes URTEIL

Geschäftszeichen: 4 U 49/04

Verkündet am: 14.01.2005

In Sachen

hat der 4. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17.12.2004 durch die Richter

Wever, Schumann und Schmedes

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des Verfügungsbeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bremen - 7. Zivilkammer - vom 14.07.2004 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Unter Aufhebung des Beschlusses des Landgerichts Bremen - 7. Zivilkammer - vom 23.03.2004 wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in Gestalt des am 06.07.2004 gestellten Feststellungsantrages abgewiesen.

Die Kosten der ersten Instanz haben die Parteien wie folgt zu tragen:

Die Gerichtskosten tragen die Verfügungsklägerin zu 1. und der Verfügungskläger zu 2. je zu 50 %. Die außergerichtlichen Kosten der Verfügungsklägerin zu 1. trägt diese selbst. Die außergerichtlichen Kosten des Verfügungsklägers zu 2. und des Verfügungsbeklagten trägt der Verfügungskläger zu 2.

2. Die Kosten der zweiten Instanz trägt der Verfügungskläger zu 2.

3. Der Streitwert wird auf Euro 2.051,41 festgesetzt.

Gründe:

A.

Die Verfügungskläger haben mit Antrag vom 19.03.2004 von dem Verfügungsbeklagten im Wege der einstweiligen Verfügung die Unterlassung von Äußerungen begehrt, die der Verfügungsbeklagte in einem Radiointerview am 18.03.2003 anlässlich einer bevorstehenden Vollversammlung der . . . . . . . kammer, deren Gegenstand die Krise und Abwicklung der A.-B.-C. der . . . . . . kammer Bremen gGmbH (im Folgenden: ABC gGmbH) bildete, aufgestellt hatte.

Am 23.03.2004 hat die Verfügungsklägerin zu 1. ihren Antrag vollständig und der Verfügungskläger zu 2. seinen Antrag hinsichtlich eines Teils der Äußerungen des Verfügungsbeklagten ("meine Klägerinnen und Kläger müssen um primitivste Schutzrechte kämpfen, gegen ihre eigenen Gewerkschaftsfunktionäre") zurückgenommen.

Unter dem 23.03.2004 hat das Landgericht Bremen eine einstweilige Verfügung erlassen, in der es dem Verfügungsbeklagten untersagt hat, wörtlich oder sinngemäß gegenüber Dritten Folgendes zu behaupten:

"Die Spatzen pfeifen es doch von den Dächern, dass hier ein Szenario, ein Nebenkriegsschauplatz veranstaltet wird, weil da jemand Hauptgeschäftsführer werden will und das alleinige Sagen haben will. Interessanter Weise derjenige, der für die Finanzen verantwortlich ist."

Gegen diesen Beschluss hat der Verfügungsbeklagte Widerspruch eingelegt.

Der Verfügungskläger zu 2. hat vorgetragen, dass die Äußerung des Verfügungsbeklagten ihn in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtige und aus keinem Grund gerechtfertigt sei.

In dem Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Bremen vom 06.07.2004 hat der Verfügungskläger zu 2. seinen Antrag zunächst dahin konkretisiert, dass der Verfügungsbeklagte es unterlassen solle, die inkriminierte Äußerung im Zusammenhang mit der Insolvenz der ABC gGmbH aufzustellen. Nach einer persönlichen Erklärung des Verfügungsbeklagten hat der Verfügungskläger zu 2. seinen ursprünglichen Unterlassungsantrag nicht mehr weiter verfolgt und das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Der Verfügungsbeklagte hat sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen und beantragt,

die einstweilige Verfügung aufzuheben und den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Der Verfügungsbeklagte hat vorgetragen, dass seine Äußerung den Verfügungskläger zu 2. nicht in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt habe. Außerdem habe er im Rahmen seiner anwaltlichen Tätigkeit gehandelt, so dass er in Wahrnehmung berechtigter Interessen gehandelt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des Urteils des Landgerichts Bremen vom 14.07.2004 (Bl. 54 ff. d.A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat mit am 15.07.2004 zugestellten Urteil vom 14.07.2004 festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt sei. Es hat zur Begründung ausgeführt, dass die Erklärung des Verfügungsbeklagten gegenüber Radio Bremen eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Verfügungsklägers zu 2. dargestellt habe, da sie für den unbefangenen Hörer so zu verstehen gewesen sei, dass dem Verfügungskläger unterstellt werde, er benutze das Insolvenzverfahren der ABC gGmbH, um die Position des alleinigen Geschäftsführers zu erlangen. Der Verfügungsbeklagte könne sich zur Rechtfertigung nicht auf Art. 5 GG berufen. Er habe ebenfalls nicht in Wahrnehmung berechtigter Interessen gehandelt, und zwar auch nicht unter Berücksichtigung seiner Funktion als Rechtsanwalt in mehreren Arbeitsgerichtsprozessen gekündigter Arbeitnehmer der ABC gGmbH.

Hiergegen wendet sich der Verfügungsbeklagte mit seiner am 12.08.2004 eingelegten und fristgerecht nach rechtzeitig beantragter und sodann bewilligter Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 15.10.2004 begründeten Berufung. Er führt zur Begründung aus, dass seine Äußerung sich allein auf den Machtkampf zwischen den Geschäftsführern bezogen habe, nicht jedoch darauf, dass er dem Verfügungskläger zu 2. unterstelle, das Insolvenzverfahren zu nutzen, um alleiniger Hauptgeschäftsführer zu werden. Des weiteren fehle es an einer Wiederholungsgefahr. Auch habe sich das Landgericht nicht mit der Abgrenzung zwischen Meinungsäußerung und Tatsachenbehauptung befasst. Die vorgenommene Abwägung sei fehlerhaft, weil das Landgericht sich nicht mit der Reichweite des Rechtes auf Meinungsäußerung befasst habe. Schließlich habe er in Ausübung seiner Rechtsanwaltstätigkeit Interessen seiner Mandanten wahrgenommen, so dass seine Äußerungen in Wahrnehmung berechtigter Interessen erfolgt seien.

Der Verfügungsbeklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abzuweisen.

Der Verfügungskläger zu 2. beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Verfügungskläger zu 2. verteidigt das landgerichtliche Urteil.

B.

I.

Die zulässige Berufung ist begründet.

Das Feststellungsbegehren ist zulässig, aber unbegründet, weil der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mangels eines Verfügungsanspruches von Anfang an unbegründet war.

Dem Verfügungskläger zu 2. stand gegen den Verfügungsbeklagten ein Unterlassungsanspruch aus den §§ 1004 Abs.1, 823 Abs.1 BGB nicht zu.

Der Senat ist allerdings - in Übereinstimmung mit dem Landgericht - der Ansicht, dass eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Verfügungsklägers zu 2. zu bejahen ist.

Für die Beurteilung, ob eine Äußerung das Persönlichkeitsrecht eines anderen verletzt, ist es erforderlich, den Aussagegehalt der Äußerung zu ermitteln. Die zutreffende Sinndeutung einer Äußerung ist unabdingbare Voraussetzung für die richtige rechtliche Würdigung ihres Aussagegehalts. Ziel der Deutung ist stets, den objektiven Sinngehalt zu ermitteln. Dabei ist weder die subjektive Absicht des sich Äußernden maßgeblich noch das subjektive Verständnis des Betroffenen, sondern das Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums. Ausgehend vom Wortlaut, der allerdings den Sinn nicht abschließend festlegen kann, sind bei der Deutung der sprachliche Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht, und die Begleitumstände, unter denen sie fällt, zu berücksichtigen, soweit diese für die Leser, Hörer oder Zuschauer erkennbar sind (vgl. zum Vorstehenden BGH NJW 2004, 598, 599). Eine isolierte Betrachtung eines umstrittenen Äußerungsteils hingegen wird den Anforderungen an eine zuverlässige Sinnermittlung regelmäßig nicht gerecht (vgl. BGH NJW 1998, 3047, 3048).

Unter Anwendung dieser Grundsätze ist die Ermittlung des Aussagegehaltes durch das Landgericht zutreffend. Vor dem Hintergrund der Insolvenz der ABC gGmbH hat am 18.03.2004 eine Vollversammlung der . . . . . kammer stattgefunden, in der es u.a. um Schuldzuweisungen und personelle Konsequenzen im Zusammenhang mit der Insolvenz der ABC gGmbH gehen sollte. In diesem ihm bekannten Kontext hat der Verfügungsbeklagte die inkriminierte Äußerung aufgestellt. Darin bringt er für den unvereingenommenen Hörer zum Ausdruck, dass der Verfügungskläger zu 2. die bei der Arbeitnehmerkammer als Folge der Insolvenz der ABC gGmbH entstandene Situation ausnutzen wolle, um alleiniger Geschäftsführer zu werden. Diese Deutung des Inhalts der Erklärung des Verfügungsbeklagten drängt sich nach dem Text und der Gedankenführung dem unbefangenen Hörer auf (vgl. dazu OLG Koblenz NJW 1992, 1330, 1331). Es spielt für die Ermittlung des Sinngehaltes der Äußerung keine Rolle, ob der Verfügungsbeklagte diese Äußerung in den Vordergrund stellen wollte oder ob es ihm, wie er es in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen hat, vorrangig darum ging, auf die Interessen der gekündigten Arbeitnehmer der ABC gGmbH hinzuweisen, worauf ersichtlich seine zweite, ebenfalls in dem Radiobericht wiedergegebene Äußerung hinweist. Der Sinngehalt seiner ersten Äußerung bleibt davon unberührt, so dass auch keine andere Deutung ermittelt werden kann, die für den in Anspruch Genommenen günstiger ist und den Betroffenen weniger beeinträchtigt und daher der rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen wäre (vgl. BGH NJW 2004, 1034, 1035).

Die Äußerung des Verfügungsbeklagten hat mit dem dargelegten Inhalt ehrverletzenden Charakter, weil dem Verfügungskläger zu 2. unterstellt wird, persönlichen Vorteil aus den Turbulenzen, die durch die Insolvenz und der damit verursachten Arbeitslosigkeit der ehemaligen Mitarbeiter der ABC-gGmbH entstanden ist, ziehen zu wollen. Damit wird das Ansehen des Verfügungsklägers zu 2. gegenüber anderen in der Öffentlichkeit herabgewürdigt. Es wird hierbei nicht übersehen, dass bei der Besetzung hoch dotierter Geschäftsführerpositionen durchaus ein härterer Ton in der Auseinandersetzung angeschlagen wird, so dass die Grenze dessen, was der Verfügungskläger zu 2. hinzunehmen hat, nicht niedrig anzusetzen sein wird.

Wenn aber einem ausgewiesenen Gewerkschaftsfunktionär, der zugleich eine führende Position in der . . . . . .kammer Bremen inne hat, vorgeworfen wird, persönlichen Vorteil aus einer Situation ziehen zu wollen, die durch die Insolvenz der ABC gGmbH und der damit verbundenen Arbeitslosigkeit zahlreicher Arbeitnehmer entstanden ist, so ist diese Grenze überschritten.

Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Verfügungsklägers zu 2. war nach - insoweit von der Auffassung des Landgerichts abweichender - Ansicht des Senats jedoch im Ergebnis nicht widerrechtlich.

Die Feststellung, dass jemand in seiner Persönlichkeit verletzt ist, reicht für sich nicht aus, um die Widerrechtlichkeit zu bejahen. Nötig ist vielmehr in jedem Einzelfall, unter Würdigung aller Umstände und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit abzugrenzen, ob der Eingriff befugt war oder nicht. Maßgebend für diese Abgrenzung ist das Prinzip der Güter- und Interessenabwägung. Stehen sich das Recht auf freie Meinungsäußerung und das Persönlichkeitsrecht gegenüber, so ist die Abwägung sowohl auf der Grundlage einer generellen Betrachtung des Stellenwertes der betroffenen Grundrechtspositionen als auch unter Berücksichtigung der Intensität der Grundrechtsverletzung im konkreten Fall vorzunehmen (vgl. BGH NJW 1996, 1529; Palandt/Thomas, BGB, 63. Auflage, § 823 Rn.184).

Die vorzunehmende Güter- und Interessenabwägung führt nach Ansicht des Senats zu dem Ergebnis, dass die Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht widerrechtlich war.

Soweit das Persönlichkeitsrecht des Verfügungsklägers in Rede steht, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Verfügungskläger als Geschäftsführer der . . . . .. . .kammer in nicht unerheblichen Umfang mit öffentlicher Wirkung tätig ist und sich daher in größerem Umfang Kritik von Seiten Dritter ausgesetzt sehen muss. Dies zeigen auch die zahlreichen Leserbriefe in der Zeitung WESERKURIER, die der Verfügungsbeklagte zur Akte gereicht hat. Vor diesem Hintergrund ist die Ehrverletzung des Verfügungsklägers zu gewichten und als eher in geringem Maße ehrverletzend einzustufen.

Hierbei war auch zu berücksichtigen, dass nach den Erörterungen im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat deutlich geworden ist, dass für den Verfügungsbeklagten weder die Vollversammlung noch ein vermeintlicher Machtkampf der Geschäftsführer im Vordergrund seiner Äußerungen standen, sondern vielmehr die Interessen der gekündigten und ganz überwiegend von ihm in Arbeitsgerichtsprozessen vertretenen Arbeitnehmer. Dies, nicht aber ein Machtkampf der Geschäftsführer, war, wie in den Erörterungen vor dem Senat deutlich geworden ist, in den Augen des Verfügungsbeklagten der "Hauptkriegsschauplatz". Dass die dahin zielende Intention in dem Bericht nur angedeutet wird und nicht deutlich zum Ausdruck kommt, ist dem Verfügungsbeklagten nicht zuzurechnen. Denn sowohl die Gestaltung des Radioberichtes, nach der die Äußerungen des Verfügungsbeklagten nicht zusammenhängend dargestellt werden, als auch die subjektive Färbung des Berichtes durch seinen Autor, der einen vermeintlichen Machtkampf und damit auch die ehrverletzenden Umstände in den Vordergrund gestellt hat, waren dem Verfügungsbeklagten nicht bekannt und sind nicht von ihm zu verantworten. Daneben kann für die Gewichtung der Ehrverletzung nicht übersehen werden, dass im Zuge der Besetzung hoch dotierter Geschäftsführerpositionen ohnehin - wie bereits dargelegt - ein härterer Ton angeschlagen wird. Außerdem war zu bewerten, dass der Verfügungsbeklagte nicht etwa selbst an den Reporter des Senders Radio Bremen herangetreten ist, sondern von diesem in seiner Eigenschaft als Vertreter der gekündigten Arbeitnehmer angesprochen und interviewt worden ist.

Auf der anderen Seite kann der Verfügungsbeklagte das Recht auf freie Meinungsäußerung gemäß Art 5 Abs.1 Satz 1 GG für sich in Anspruch nehmen. Nach nochmaliger Prüfung der Sach- und Rechtslage ist der Senat zu der Ansicht gelangt, dass die inkriminierte Äußerung des Beklagten nicht als Tatsachenbehauptung, sondern als Meinungsäußerung einzustufen ist, die unter den Schutz des Art. 5 Abs.1 Satz 1 GG fällt. Eine Tatsachenbehauptung ist anzunehmen, wenn die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist (BGH NJW 1994, 1779). Bei Meinungsäußerungen scheidet dagegen naturgemäß dieser Beweis aus, weil sie durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt sowie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet werden und sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen lassen (vgl. BGH NJW 2004, 598, 599).

Werden Tatsachenbehauptungen und Werturteile miteinander verbunden, kommt es entscheidend darauf an, ob der tatsächliche Gehalt der Äußerung so substanzarm ist, dass er gegenüber der subjektiven Wertung in den Hintergrund tritt (vgl. BGH DB 1974, 1429). Unter Anwendung dieser Grundsätze findet die Aussage, der Verfügungskläger wolle alleiniger Geschäftsführer werden, keine nähere Konkretisierung in einem Tatsachensubstrat (vgl. dazu BGH NJW 1992, 1314, 1316). Sie stellt deshalb für den Hörer erkennbar eine subjektive Wertung bzw. eine bloße Vermutung dar.

Die wertende Äußerung des Verfügungsbeklagten ist vom Grundrecht des Art. 5 Abs.1 Satz 1 GG geschützt. Denn sie bewegt sich innerhalb der durch diese Verfassungsvorschrift gesetzten Schranken. Sie ist insbesondere nicht als diffamierende Schmähkritik anzusehen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die persönliche Kränkung das sachliche Anliegen völlig in den Hintergrund drängen, wenn bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund stehen würde, die jenseits polemischer und überspitzter Kritik persönlich herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll (vgl. BGH NJW 1992, 1314, 1316; BGH NJW 2000, 1036, 1038). Davon kann hier nicht die Rede sein. Aufgrund der Erörterungen im Termin zur mündlichen Verhandlung hat sich der Blickwinkel für die Beurteilung der Widerrechtlichkeit für den Senat geändert, weil aus den allein dem Verfügungsbeklagten zuzurechnenden Äußerungen zu entnehmen ist, dass es ihm in dem Interview zu aller erst um die Interessen seiner Mandanten in den Arbeitsgerichtsprozessen ging und nicht um die Kränkung des Verfügungsklägers zu 2. Eine Auseinandersetzung in der Sache ist daher, trotz der durchaus scharfen Meinungsäußerungen, die auch eine Ehrverletzung von geringem Gewicht zum Inhalt hatten, zu bejahen.

Die umfassende Güter- und Interessenabwägung führt daher im Ergebnis zu einem Vorrang des Rechtes auf freie Meinungsäußerung des Verfügungsbeklagten vor dem Persönlichkeitsrecht des Verfügungsklägers zu 2.

II.

Die Kostentscheidung beruht auf den §§ 91 Abs.1, 100 Abs.1 und 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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