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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Bremen
Beschluss verkündet am 24.05.2006
Aktenzeichen: Verg 1/06
Rechtsgebiete: GWB, VOB/A


Vorschriften:

GWB § 97 Abs. 5
VOB/A § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchstabe b)
VOB/A § 21 Nr. 1 Abs. 1
VOB/A § 21 Nr. 1 Abs. 2
1. Werden in der Vergabebekanntmachung neben dem Preis noch weitere Kriterien als für die Zuschlagserteilung maßgeblich genannt, so handelt die Vergabestelle nicht fehlerhaft, wenn sie im Vergabevermerk niederlegt, dass sämtliche Angebote hinsichtlich der weiteren Kriterien gleich zu beurteilen seien, so dass der Zuschlag allein auf der Grundlage des (niedrigsten) Preises zu erteilen sei.

2. Wird in der Vergabebekanntmachung von den Anbietenden die Vorlage einer Geräteliste verlangt, so ist damit nicht die Notwendigkeit verbunden, dass der Anbietende Eigentümer der einzusetzenden Geräte sein muss oder diese im Zeitpunkt der Abgabe des Angebots bereits verbindlich angemietet hat. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich bei dem einzusetzenden Gerät um eine seltenes und kostenaufwendiges Objekt handelt.

3. Es bleibt offen, ob der Ausschlussgrund eines "unangemessen niedrigen" Angebots drittschützende Wirkung entfaltet. Selbst wenn mit dem OLG Düsseldorf (VergabeR 2001, 129; 2002, 471, 475) eine solche anzunehmen sein sollte, bestehen grundsätzlich keine Bedenken, den Zuschlag auf ein derartiges Angebot zu erteilen, sofern die Vergabestelle vom Bieter schriftlich Aufklärung über die Ermittlung der Preise für die Gesamtleistung oder für Teilleistungen verlangt und erhalten hat (§ 25 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VOB/A).


Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen Beschluss

Geschäftszeichen: Verg 1/06

in dem Vergabenachprüfungsverfahren

Verkündet am 24. Mai 2006

Tenor:

Auf die sofortigen Beschwerden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen wird der Beschluss der 2. Vergabekammer der Freien Hansestadt Bremen beim Senator für Bau, Umwelt und Verkehr vom 6. Januar 2006 - VK 13/05 - abgeändert und der Vergabenachprüfungsantrag der Antragstellerin als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Vergabenachprüfungsverfahrens beider Instanzen hat die Antragstellerin zu tragen.

Die Hinzuziehung von Bevollmächtigten war zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich.

Gründe:

I.

Unter dem 27. Juli 2005 schrieb die Antragsgegnerin europaweit im offenen Verfahren nach VOB/A (EU) eine Integrierte Baggergutentsorgung Bremen- aus, wobei der Gegenstand des Auftrags mit "Entwässerung und Deponierung des Baggergutes der Hafengruppe Bremen-Bremerhaven 2006 - 2008" beschrieben wurde. Der Auftrag sollte in Lose aufgeteilt werden. Angebote für alle Lose waren möglich. Als Gesamtmenge wurde die Trocknung von ca. 220.000 m3 eingespülten Baggergutes pro Jahr aus der Hafengruppe Bremen-Bremerhaven mit anschließender Deponierung angegeben. Als Beginn des Auftrags wurde der 1. Januar 2006, als sein Ende der 31. Dezember 2008 festgelegt. Als Zuschlagskriterien waren, unter der Vorgabe des wirtschaftlich günstigsten Angebots, ohne dass die Reihenfolge Priorität ausdrückte, angegeben: Preis, Kriterien der Leistungsbeschreibung, Qualität, Betriebskosten, Folgekosten, Rentabilität, Funktionalität. Ferner wurde mitgeteilt, dass der Auftrag eine zweimalige Verlängerungsoption seitens des Auftraggebers für die Jahre 2009 und 2010 beinhalte. Er werde gegebenenfalls am Ende des 3. Quartals 2008 bzw. 2009 schriftlich verlängert.

In der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots (EVM [B] A EG) (Anlage BG 2 = Bl. 43-45 d.A.) wurde unter "3 Vorlage von Nachweisen" zum Beleg der Zuverlässigkeit unter 3.1 die Vorlage von Bescheinigungen der zuständigen Finanzbehörde, des zuständigen Sozialversicherungsträgers, der zuständigen Sozialkasse des Baugewerbes und eines Auszuges aus dem Gewerbezentralregister gefordert. Ferner heißt es in 3.2:

"Mit dem Angebot sind vorzulegen:

- Nachweise gemäß 3.1, Geräteliste, Personalliste (fachlich gegliedert)

- Referenzliste für Erdbaumaßnahmen der letzten 10 Jahre."

Unter 5.3 heißt es:

"Zuschlagskriterien bei Haupt- und Nebenangeboten/Änderungsvorschlägen

Das wirtschaftlich günstigste Angebot bezüglich:"

Angekreuzt sind sodann die Kriterien "Preis", "Qualität", "Funktionalität" und "Folgekosten". Ferner ist in Nummer 6 für die Baumaßnahme nach § 4 Abs. 2 des Vergabegesetzes für das Land Bremen als alleinverbindlicher Tarifvertrag der BRTV Baugewerbe - Lohntabelle Bremen - festgelegt. In dem vorformulierten Angebot ist als dessen notwendiger Bestandteil u.a. eine Tariftreueerklärung EVM-Tarif - HB (Anlage BG 4 = Bl. 50/51 d.A.) sowie eine Tariftreueerklärung Nachunternehmer - EFB Tarif NU-HB ausgewiesen.

Die Leistungsbeschreibung enthält in Nr. 5.1 folgenden Hinweis:

"Während des Jahres müssen verfügbar sein:

1 Hydraulikbagger

1 großer Hydraulikbagger mit einem Ausleger über 16 m

1 Spezialhydraulikbagger, geeignet für die Phase I (hochgesetzter Drehkranz o.ä.)

1 Mietenumsetzer oder adäquates Gerät für die Phase III."

In dem Angebots-Leistungsverzeichnis für Los 1 wurden diese Geräte weiter konkretisiert, u.a. dahin (Bl. 22 d.A.):

"1.2.100 der Mietenumsetzer hinsichtlich des Leistungsvermögens (12.000 m3/d) - im Übrigen ist der Bieter gehalten, hier Geräteangaben zu dem Mietenumsetzer zu machen."

Bei der Antragsgegnerin gingen fünf Angebote mit insgesamt 17 Nebenangeboten ein. Nach Prüfung der Nebenangebote wurden von den 14 Nebenangeboten der Antragstellerin sieben Nebenangebote abgelehnt und sieben angenommen. Dem Angebot der Beigeladenen war kein Nebenangebot beigefügt. Nach dem Ergebnis der Hauptangebote mit gewerteten Nebenangeboten (günstigste Kombination bei Gesamtvergabe beider Lose für drei Jahre) ergab sich bei den beiden Erstplatzierten, nämlich den Angeboten der Beigeladenen und der Antragstellerin, folgende Rangfolge:

1. Beigeladene € 3.755.218,29

2. Antragstellerin € 5.095.808,68

Im Rahmen einer vertieften Prüfung des Angebots der Beigeladenen nach § 6 des Vergabegesetzes für das Land Bremen und nach § 25 Nr. 3 Abs. 2 VOB/A stellte nach Aufforderung durch die Antragsgegnerin die Beigeladene mit Schreiben vom 6. Oktober 2005 die Angebotspreise von kostenrelevanten Positionen dar und klärte mit ergänzenden Schreiben vom 24. Oktober 2005 und vom 2. November 2005 Einzelheiten. Aufgrund der von der Beigeladenen unterbreiteten Angaben, eines am 17. November 2005 gemäß § 24 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A geführten Aufklärungsgesprächs und des Preisspiegels gelangte die Antragsgegnerin zu der Annahme, dass das Angebot der Beigeladenen nicht als unangemessen niedrig von der Wertung auszuschließen sei, sondern eine einwandfreie Ausführung einschließlich Haftung für Mängelansprüche sowie eine wirtschaftliche und sparsame Verwendung der Mittel erwarten lasse.

Dementsprechend entschied die Antragsgegnerin, weil sie im Übrigen die angebotenen Leistungen nach Art und Umfang als gleich beurteilte, den Zuschlag auf das Angebot mit dem niedrigsten Preis zu erteilen, und unterrichtete die Beigeladene, die Antragstellerin und die übrigen Bieter mit Schreiben vom 1. Dezember 2005, sie beabsichtige, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen, da dieses unter Berücksichtigung der Vergabekriterien zu der wirtschaftlichsten Ausführung der ausgeschriebenen Leistungen führe.

Mit Schreiben vom 9. Dezember 2005 rügte die Antragstellerin, nachdem sie zuvor bereits mit Schreiben vom 30. September 2005 Entsprechendes geltend gemacht hatte, dass das Angebot der Beigeladenen wegen eines unangemessen niedrigen Preises auszuschließen gewesen sei. Im Übrigen wies die Antragstellerin darauf hin, dass die Beigeladene nicht über den nach der Ausschreibung erforderlichen Umsetzer verfüge. Die Antragsgegnerin wies diese Einwendungen mit Schreiben vom 13. Dezember 2005 als unbegründet zurück.

Mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2005, eingegangen am selben Tage, hat die Antragstellerin bei der Vergabekammer Antrag auf Nachprüfung gemäß § 107 GWB gestellt. Sie hat die bereits geltend gemachten Rügen wiederholt und - ergänzt durch Schriftsatz vom 5. Januar 2006 - im Wesentlichen darauf hingewiesen, dass

- das Angebot der Beigeladenen ein Unterkostenangebot und deshalb wegen eines unangemessen niedrigen Preises gemäß § 25 Nr. 3 Abs. 2 VOB/A auszuschließen gewesen sei,

- die Tariftreue der Beigeladenen nicht gesichert sei, - die Beigeladene die Vorgaben der Stoffgleitung nicht einhalten werde,

- der von der Antragsgegnerin ermittelte "Idealpreis" kein Maßstab für die Prüfung der Angemessenheit von Angeboten sei,

- die Beigeladene nicht über den erforderlichen Umsetzer verfüge, worauf sie nicht bei der Abgabe ihres Angebots hingewiesen habe, so dass dieses unvollständig gewesen sei,

- die Antragsgegnerin bei der Wertung nicht alle in der Vergabebekanntmachung genannten Zuschlagskriterien berücksichtigt habe.

Die Antragstellerin hat beantragt,

1. der Antragsgegnerin zu untersagen, der Firma B. F. GmbH & Co. KG in den Zuschlag auf deren Angebot für die integrierte Baggergutentsorgung Bremen- , Vergabeverfahren Nr. 2005/066, Projekt-Nr. 632/00/27 - zu erteilen;

2. die Antragsgegnerin zu verpflichten, der Antragstellerin den Zuschlag zu erteilen;

hilfsweise:

der Antragsgegnerin aufzugeben, die Wertung der Angebote unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen;

3. die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin für erforderlich zu erklären;

4. der Antragsgegnerin die Kosten des Nachprüfungsverfahrens aufzuerlegen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen und der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten seitens der Antragsgegnerin für notwendig zu erklären.

Zur Begründung hat die Antragsgegnerin darauf hingewiesen, dass

- sie von der Beigeladenen gemäß § 25 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VOB/A Aufklärung verlangt und erhalten habe; ferner sei sie in eine vertiefte Angebotsprüfung eingetreten, wobei sich kein Grund ergeben habe, die Beigeladene von der Wertung auszuschließen;

- die Beigeladene entgegen der Annahme der Antragstellerin den Tariflohn einschließlich der gesetzlichen und tariflichen Zuschläge zahle, aber günstiger kalkuliere;

- sich bei den Kosten der Betriebsstoffe und bei den Materialkosten im Angebot der Beigeladenen keine Auffälligkeiten ergeben hätten,

- bei einigen Positionen die Antragstellerin das ungünstigste Angebot abgegeben habe, wobei die Positionspreise teilweise auch nicht mit der Kalkulation übereinstimmten,

- die Beigeladene technisch leistungsfähig sei, die notwendigen Bieterangaben mitgeteilt und im Einzelnen erklärt habe, welchen Umsetzer sie einsetzen werde; im Auftragsfalle werde sie einen Umsetzer erwerben und während der Lieferfrist ein derartiges Gerät vom Hersteller mieten.

Die Beigeladene hat beantragt,

1. die mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2005 geltend gemachten Anträge der Antragstellerin abzulehnen,

2. festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vergabenachprüfungsverfahren auf Seiten der Beigeladenen notwendig gewesen sei;

3. der Antragstellerin die Kosten des Vergabenachprüfungsverfahrens aufzuerlegen.

Zur Begründung hat die Beigeladene darauf hingewiesen, dass die Rüge der Antragstellerin, sie, die Beigeladene, verfüge nicht über einen Mietenumsetzer, fehl gehe. Zum einen ergebe sich aus den Verdingungsunterlagen nicht, dass Auftragnehmer Eigentümer eines Mietenumsetzers sein oder ein solches Gerät bereits im Zeitpunkt der Angebotswertung besitzen müsse, zum anderen werde das fragliche Gerät in der von der Antragsgegnerin geforderten Qualität im Zeitpunkt der Leistungserbringung zur Verfügung stehen. Ferner habe sie, die Beigeladene, in Bezug auf die Lohnkosten, die Sozial- und Lohnnebenkosten, die zu berücksichtigende Stundenzahl und in Bezug auf sonstige Fixkosten ordnungsgemäß und auskömmlich kalkuliert.

Die Vergabekammer hat zur Vorbereitung der Entscheidung vorab von der Antragsgegnerin einen verbindlichen Nachweis der Firma B. erbeten, dass der im Angebot der Beigeladenen genannte Mietenumsetzer zur Zeit der Leistungserbringung zur Verfügung stehen werde, sowie um Angaben der Beigeladenen entsprechend den Formblättern EFB-Preis 1 a und 1 b und EFB-Preis 2 hinsichtlich der Ordnungsnummern 1.2.80 und 1.2.110 nachgesucht.

Die 2. Vergabekammer der Freien Hansestadt Bremen beim Senator für Bau, Umwelt und Verkehr hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. Januar 2006 mit Beschluss vom selben Tage - VK 13/05 - festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt sei, die Antragsgegnerin verpflichtet, den Zuschlag nicht aufgrund ihrer Vergabeentscheidung zu erteilen, sondern die Wertung der Angebote unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer neu durchzuführen, der Antragsgegnerin und der Beigeladenen die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Kosten der Antragstellerin als Gesamtschuldner auferlegt, die Verfahrensgebühr auf € 5.700,-- festgesetzt und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten der Antragstellerin für zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich bezeichnet.

Zur Begründung der getroffenen Entscheidung hat die Vergabekammer im Wesentlichen drei Gesichtspunkte hervorgehoben, auf denen die Fehlerhaftigkeit der getroffenen Vergabeentscheidung beruhe:

Die Absicht der Antragsgegnerin, der Beigeladenen den Zuschlag zu erteilen, habe ihre Grundlage nicht in einem vergaberechtlich einwandfreien Verfahren. Sie sei nämlich allein auf den angebotenen Preis gestützt, ohne dass die weiteren, von der Antragsgegnerin selbst mitgeteilten Kriterien von Bedeutung gewesen seien. Als zweiter Mangel habe sich herausgestellt, dass die Seite 2 der vorformulierten und zum notwendigen Bestandteil des Angebots zu machenden Tariftreueerklärung dem Angebot der Beigeladenen nicht beigefügt gewesen sei. Zum Dritten sei das Angebot der Beigeladenen unvollständig und deshalb nicht berücksichtigungsfähig gewesen, weil es keine hinreichenden Angaben darüber enthalten habe, auf welchem Wege die Beigeladene sichergestellt habe oder jedenfalls sicherstellen wolle, dass im Falle der Auftragserteilung ihr der erforderliche Mietenumsetzer zur Verfügung stehen werde.

Gegen diesen Beschluss, der sowohl der Antragstellerin als auch der Antragsgegnerin und der Beigeladenen am 17. Januar 2006 zugestellt worden ist, haben die Antragsgegnerin am 27. Januar 2006 und die Beigeladene am 31. Januar 2006 sofortige Beschwerde erhoben.

Die Antragsgegnerin tritt zunächst der Annahme der Vergabekammer entgegen, dem Angebot der Beigeladenen habe eine vollständige, d.h. auch die S. 2 umfassende Tariftreueerklärung nicht beigelegen. Zwar sei es in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer am 6. Januar 2006 nicht möglich gewesen, die Angelegenheit aufzuklären, inzwischen sei dies aber gelungen: Offenbar im Zusammenhang mit dem Ablichten des Angebots der Beigeladenen und der Anlagen des Angebots sei es dazu gekommen, dass die S. 2 der Tariftreueerklärung nicht im Anschluss an deren Seite 1, sondern zwischen den Seiten 7 und 8 abgeheftet worden sei, so dass sie während der Erörterung dieses Gesichtspunkts in der mündlichen Verhandlung am 6. Januar 2006 nicht auffindbar gewesen sei. Tatsächlich befinde sich die Tariftreueerklärung aber in vollständigem Wortlaut bei den Angebotsunterlagen. Der von der Vergabekammer vermissten gesonderten Unterzeichnung der Vertragstreueerklärung habe es im Übrigen nicht bedurft.

Zum Zweiten komme ein Ausschluss des Angebots der Beigeladenen wegen "unzureichender Erklärungen zum Mietenumsetzer" nicht in Betracht. Die Beigeladene habe die von ihr in den Ausschreibungsunterlagen zu diesem Punkt geforderten Angaben gemacht. Darüber hinausgehende Erklärungen etwa des Inhalts, auf welchem Wege die Beigeladene sicherstellen werde, dass ihr im Falle der Auftragserteilung dieses Gerät auch zeitgerecht zur Verfügung stehen werde, seien ihr nicht abverlangt worden, so dass ihr Fehlen der Bieterin nicht zum Nachteil gereichen könne.

Das Angebot der Beigeladenen sei ferner nicht wegen Fehlens der Kalkulationsgrundlage auszuschließen gewesen. Dasselbe gelte in Bezug auf die Behauptung der Antragstellerin, die Beigeladene habe unangemessen niedrige Angebotspreise zugrunde gelegt. Schließlich sei nichts dagegen einzuwenden, dass die Antragsgegnerin letztlich allein auf den günstigsten Preis, den die Beigeladene angeboten habe, ihre Vergabeentscheidung gestützt habe, denn die die Angebote seien im Übrigen sämtlich von Unternehmen abgegeben worden, die ihr, der Antragsgegnerin, als zuverlässig bekannt seien, und die Angebote seien auch inhaltlich nicht unterschiedlich gewesen, so dass als einziges Auswahlkriterium der Preis verblieben sei.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Beschluss der 2. Vergabekammer der Freien Hansestadt Bremen beim Senator für Bau, Umwelt und Verkehr (Aktenzeichen VK 13/05) vom 6. Januar 2006 abzuändern und den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen sowie der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Antragsgegnerin erforderlichen Kosten aufzuerlegen und die Hinzuziehung von Bevollmächtigten durch die Antragsgegnerin für erforderlich zu erklären.

Die Beigeladene hält den Vergabenachprüfungsantrag für im Wesentlichen unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet. Dazu macht sie geltend:

Die Antragsgegnerin habe sich nicht in Widerspruch zu den von ihr selbst niedergelegten Zuschlagskriterien gesetzt. Wenn sich aus dem Vergabevermerk - wie hier - ergebe, dass die unterbreiteten Angebote - abgesehen vom Preis - gleichwertig seien, dann könne und müsse allein auf den günstigsten Preis abgestellt werden, weil dann das Angebot mit dem niedrigsten Preis das wirtschaftlichste sei, dem der Zuschlag erteilt werden müsse. Hinsichtlich der Frage der Vollständigkeit der Tariftreueerklärung sei anzumerken, dass in dem bei ihr, der Beigeladenen, vorhandenen Doppelstück diese Erklärung in vollständiger Form vorhanden (gewesen) sei. Deshalb müsse davon ausgegangen werden, dass ein entsprechend vollständiges Exemplar auch ihrem, der Beigeladenen, Angebot beigefügt gewesen sei. Im Ergebnis komme es jedoch darauf nicht einmal entscheidend an, denn mit Rücksicht darauf, dass der Bieter eine (vollständige) Tariftreueerklärung zum Bestandteil seines Angebots mache, werde diese mit Erteilung des Zuschlags vollen Umfangs zum Bestandteil der vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Bieter und der Vergabestelle.

Die Beanstandungen der Vergabekammer wegen einer etwaigen Unvollständigkeit des Angebots, in dem nicht die nach Ansicht der Vergabekammer erforderlichen Hinweise auf eine Verfügbarkeit des einzusetzenden Mietenumsetzers enthalten gewesen seien, könnten nicht geteilt werden. Zum einen habe die Antragsgegnerin keine entsprechenden Hinweise gefordert, zum anderen sei es auch wirtschaftlich unvernünftig, im Vorfeld eines noch ungewissen Ausgangs des Vergabeverfahrens bereits eine nach Auftragserteilung benötigte Maschine entweder käuflich zu erwerben oder sich durch einen zukunftsgerichteten Mietvertrag zu binden.

Die Beigeladene vermag der Vergabekammer auch insoweit nicht zu folgen, als diese davon ausgegangen ist, die Vorschriften über die Zurückweisung von Angeboten mit unangemessen niedrigen Preisen entfalteten drittschützende Wirkung. Die Beigeladene beruft sich in diesem Punkte auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der eine solche Wirkung abgelehnt habe, sowie auf Entscheidungen des OLG Düsseldorf, die zumindest eine differenzierende Betrachtungsweise nahe legten. Im Übrigen seien die von ihr, der Beigeladenen, zugrunde gelegten tatsächlichen Annahmen zu den Kosten durchaus sachgerecht und daher nicht zu beanstanden. Dies wird im Einzelnen erläutert und belegt. Schließlich weist die Beigeladene darauf hin, dass ihr kein Verstoß gegen die Kalkulationsgrundlagen zur Last falle und dass es nicht Aufgabe des Vergabenachprüfungsverfahrens sei, die Einzelheiten der vom jeweiligen Bieter zum Ausgangspunkt seines Angebots gemachten Gesamtkalkulation nachzuvollziehen und eigenständig zu bewerten.

Die Beigeladene beantragt,

1. die Entscheidung der Vergabekammer Az.: VK 13/05 vom 6. Januar 2006 aufzuheben und den Vergabenachprüfungsantrag der Antragstellerin zurückzuweisen;

2. der Antragstellerin und Beschwerdegegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen;

3. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten auf Seiten der Beigeladenen in dem Vergabenachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer für notwendig zu erklären.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zurückzuweisen und den Beschwerdeführerinnen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Die Antragstellerin verteidigt die Entscheidung der Vergabekammer, die sie für zutreffend hält, und tritt im Übrigen dem Sachvortrag der Beschwerdeführerinnen entgegen. Im Einzelnen macht sie unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens vor allem geltend:

Die Antragsgegnerin habe nicht sämtliche von ihr selbst als Zuschlagskriterien herausgestellten Gesichtspunkte, sondern lediglich den Preis berücksichtigt. Das Angebot der Beigeladenen habe wegen Unvollständigkeit ausgeschlossen werden müssen, da es keine vollständige Tarifvertragstreueerklärung enthalten habe. Die Beigeladene habe ferner wegen Fehlens der erforderlichen technischen Leistungsfähigkeit mit ihrem Angebot ausgeschlossen werden müssen, denn sie habe nicht dargelegt, dass sie über den von ihr als zum Einsatz für den Fall der Auftragserteilung bestimmten Mietenumsetzer verfüge. Zudem sei das Angebot der Beigeladenen wegen unangemessen niedrigen Preises auszuschließen gewesen. Schließlich habe die Beigeladene mit ihrem Angebot die Vorgaben der Stoffpreisgleitklausel verletzt. Ergänzend hat die Antragstellerin eine Stellungnahme zur üblichen Höhe von Lohnzuschlägen, erstellt von Prof. Dr.-Ing. R. S. und Dipl.-Ing. W. S. im Februar 2006 (Anlage Ast 23 = Bl. 110- 119 d.A.), vorgelegt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Beschwerdeschrift der Antragsgegnerin vom 27. Januar 2006 (Bl. 2 - 13 d.A.) und ihren weiteren Schriftsatz vom 21. April 2006 (Bl. 130 - 138 d.A.), die Beschwerdeschrift der Beigeladenen vom 31. Januar 2006 (Bl. 16 - 41 d.A.) nebst Anlagen (Bl. 42 - 65 d.A), ihren weiteren Schriftsatz vom 13. Februar 2006 (Bl. 71/72 d.A.) nebst Anlage (Bl. 73 d.A.), die Beschwerdeerwiderung der Antragstellerin vom 20. Februar 2006 (Bl. 77 - 101 d.A.) nebst Anlagen (Bl. 102 - 125 d.A.) sowie ihren nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 8. Mai 2006 (Bl. 142 - 149 d.A.) Bezug genommen.

II.

Die sofortigen Beschwerden sind statthaft (§ 116 Abs. 1 Satz 1 und 2 GWB), form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 117 Abs. 1 und 2 Satz 1 und 2, Abs. 3 Satz 1 GWB) und daher zulässig. Sie sind auch begründet, denn die Vergabekammer hat zu Unrecht festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB verletzt worden sei, und unzutreffend die Antragsgegnerin verpflichtet, die getroffene Vergabeentscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer neu durchzuführen.

1.

Bedenken gegen die Zulässigkeit des Vergabenachprüfungsverfahrens bestehen nicht. Die Antragsgegnerin ist öffentliche Auftraggeberin im Sinne des § 98 Nr. 1 Satz 1 GWB, denn ihre Geschäftsanteile werden vollen Umfangs von der b. GmbH & Co. KG gehalten, wobei die Geschäftsanteile der persönlich haftenden Gesellschafterin zu 100 % in Besitz der Stadtgemeinde Bremen sind, einem öffentlichen Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 GWB. Diese ist ihrerseits alleinige Kommanditistin der Kommanditgesellschaft. Der für die Anwendbarkeit des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vorausgesetzte Schwellenwert (§ 100 Abs. 1 GWB), der in § 2 Nr. 4 der aufgrund des § 127 GWB ergangenen Vergabeverordnung für Bauaufträge mit 5 Millionen Euro festgelegt wird, ist hier erreicht. Dies hat die Vergabekammer mit Recht mit Rücksicht darauf angenommen, dass der voraussichtliche Vertragswert aufgrund des größtmöglichen Auftragswerts und damit unter Einbeziehung der in II. 2. 2. der Vergabebekanntmachung ausgewiesenen Optionen für mögliche Auftragsverlängerungen für die Jahre 2009 und 2010 zu bestimmen war.

2.

Die von der Vergabekammer zur Grundlage der von ihr getroffenen Entscheidung gemachten Verfahrensverstöße vermag der Senat indessen nicht festzustellen.

a)

Dies gilt zunächst für die Rüge, das Angebot der Beigeladenen sei deshalb unvollständig und daher auszuschließen im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1, § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Vergabegesetzes für das Land Bremen vom 17. Dezember 2002 (Brem. GBl. S. 594 - 63-h-2), weil die Seite 2 der dem Angebot beizufügenden Tariftreueerklärung innerhalb der Angebotsfrist nicht bei der Antragsgegnerin eingereicht worden sei. Dieser Vorwurf trifft jedoch nicht zu. Wie der Senat festgestellt hat, befindet sich die formularmäßig zu versichernde "Tariftreueerklärung nebst Vertragsstrafenregelung nach dem Vergabegesetz für das Land Bremen" in vollständiger Fassung, d.h. zwei Seiten umfassend, als Anlage bei dem unter dem 12. September 2005 abgegebenen, am 13. September bei der Antragsgegnerin eingegangenen Angebot Nr. 439/05 der Beigeladenen. Zwar ist richtig, dass die Seite 2 dieser Erklärung mit den Nummern 4. bis 6. nicht in unmittelbarem Anschluss an die Seite 1 mit den Nummern 1. bis 3.3 abgeheftet ist, doch mag auf sich beruhen, aus welchem Grunde es dazu gekommen ist. Fest steht jedenfalls insbesondere, dass die Seite 2 offensichtlich nicht nachträglich eingereicht oder in das Angebot eingefügt worden ist, denn sie ist ebenso und an derselben Stelle wie die übrigen Angebotsbestandteile im oberen Teil der Blätter mit einer sternförmigen Lochung versehen, die ersichtlich dazu bestimmt war auszuschließen, dass nachträglich Ergänzungen des Angebots vorgenommen oder einzelne Blätter ausgetauscht werden konnten. Der von der Vergabekammer insoweit festgestellte Mangel könnte deshalb nur bestehen, wenn die Seite 2 der Tariftreueerklärung erst nach Eingang des Angebots und Ablauf der Angebotsfrist an die Antragsgegnerin gelangt und erst dann mit der Kontrolllochung versehen worden wäre. Das aber behauptet die Antragstellerin selbst nicht. Der Umstand, dass die Tariftreueerklärung nicht eigens unterzeichnet worden ist, ist unschädlich, denn zum einen ist eine Unterzeichnung dieser Erklärung durch den Bieter nicht formularmäßig vorgesehen, zum anderen deckt die Unterzeichnung des sog. "Anschreibens" vom 12. September 2005 auch den Inhalt der diesem Schreiben beigefügten Anlagen mit ab.

b)

Im Ergebnis nichts anderes gilt für die Rüge der Antragstellerin, die Antragsgegnerin habe sich nicht an die von ihr selbst aufgestellten Kriterien für die Zuschlagserteilung gehalten und allein auf den von der Beigeladenen angebotenen niedrigsten Preis abgestellt. Nach der zwingenden gesetzlichen Regelung des § 97 Abs. 5 GWB "wird" der Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt. Dieser in IV. 2. der Vergabebekanntmachung wiederholte Grundsatz wird in dieser sodann durch die Kriterien Preis, Kriterien der Leistungsbeschrei-bung, Qualität, Betriebskosten, Folgekosten, Rentabilität und Funktionalität ergänzt, wobei ausdrücklich festgelegt ist, dass die dargestellte Reihenfolge keine Rangfolge der einzelnen Gesichtspunkte darstelle. Die genannten Kriterien sind in der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots (dort unter 5.3) allerdings modifiziert, denn von dort insgesamt neun angesprochenen Kriterien sind lediglich vier, nämlich Preis, Qualität, Funktionalität und Folgekosten angekreuzt. Die Frage, ob und gegebenenfalls welche rechtlichen Folgen diese Änderungen im Vergleich der beiden genannten Unterlagen mit sich bringen, kann auf sich beruhen, denn es kommt darauf hier nicht entscheidend an.

Ausweislich der Anmerkung und der Fußnote 1) in Nr. 1.1 der Anlage 1 zum Vergabevermerk ist für beide am Vergabenachprüfungsverfahren beteiligte Bieter niedergelegt worden, dass sie ("die Firma") bekannt seien. Ferner findet sich der Zusatz: "Die Firmen sind b. aus anderen Auftragsverhältnissen als leistungsfähig und fachkundig bekannt." Damit ist jedenfalls das Kriterium "Qualität" hinreichend berücksichtigt. Hinsichtlich des Kriteriums der Funktionalität ist der in Nummer 6 Satz 1 des Vergabevermerks enthaltene Hinweis von ausschlaggebender Bedeutung, wonach die angebotenen Leistungen nach Art und Umfang gleich seien. Da diese Bewertung innerhalb des der Antragsgegnerin zustehenden Beurteilungsspielraums vorgenommen worden und weder ersichtlich noch vorgetragen ist, dass die Antragsgegnerin mit dieser Feststellung die gesetzlichen Grenzen dieses Beurteilungsspielraums überschritten hat, muss diese Bewertung auch der gerichtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden. Für die Richtigkeit, zumindest aber die Vertretbarkeit dieser Beurteilung spricht im Übrigen auch der Umstand, dass beide Beteiligte im Wesentlichen dieselben Geräte einzusetzen gedachten. Was das Kriterium der Folgekosten angeht, so ist festzuhalten, dass dieses hier offensichtlich von keiner oder allenfalls untergeordneter Bedeutung sein konnte. Unter "Folgekosten" wird allgemein ein Sachverhalt verstanden, bei dem mit einer bestimmten Maßnahme oder Unterlassung die Notwendigkeit einhergeht, weitere (zusätzliche) Mittel aufzuwenden, um die sich aus der ergriffenen Maßnahme oder für geboten erachteten Unterlassung Ergebnisse zu erhalten oder zu beseitigen. Um einen derartigen Sachverhalt geht es hier jedoch nicht, denn ausweislich des Angebots-Leistungsverzeichnisses handelt es sich bei dem Los 1 um Baggergutentwässerung und bei Los 2 um Baggergutdeponierung. Da sich der Auftrag in diesen beiden Losen erschöpft, ist nicht erkennbar, inwiefern "Folgekosten" für die Beurteilung eines Angebots von Bedeutung sein könnten.

Etwas anderes gilt auch nicht mit Rücksicht auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 3. Juni 2004 - X ZR 30/03 - "Klärschlamm" - VergabeR 2004, 604, auf die der Bevollmächtigte der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hingewiesen hat. Der Bundesgerichtshof hat nämlich zu der Frage der Auswirkung eines missverständlich formulierten Kriteriums für die Zuschlagserteilung keineswegs entschieden, dass das Vergabeverfahren erneut durchzuführen sei, sondern lediglich zum Ausdruck gebracht, dass es als nicht hinreichend bekannt gemacht anzusehen sei und "deshalb bei der Wertung der Angebote nicht berücksichtigt werden" dürfe (BGH, a.a.O., II. 2. b), S. 606 linke Spalte [erster Absatz a.E.]).

Auf der Grundlage dieser Überlegungen verbleibt als alleiniges Kriterium für die Einhaltung der gesetzlichen Vorgabe, das wirtschaftlichste Angebot zu wählen, der angebotene Preis, so dass der Antragsgegnerin kein durchgreifender Vorwurf zu machen ist, wenn sie ihre Vergabeentscheidung ausschließlich an diesem Gesichtspunkt ausgerichtet hat. Im Gegenteil: Sie war im vorliegenden Fall nach Gesetz und Vergabebekanntmachung gehalten, allein nach Maßgabe der angebotenen Preise zu entscheiden.

c)

Das von der Beigeladenen unterbreitete Angebot war entgegen der von der Vergabekammer in Übereinstimmung mit der Antragstellerin vertretenen Rechtsauffassung auch nicht deshalb auszuschließen, weil es unvollständig war. Das Gebot, unvollständige Angebote von der Teilnahme an der Wertung auszuschließen, wird gemeinhin § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchstabe b), § 21 Nr. 1 Abs. 1 und 2 VOB/A entnommen, auch wenn dieser Sachverhalt in den genannten Vorschriften nicht ausdrücklich angesprochen wird. Die Unvollständigkeit des Angebots hat die Vergabekammer aus dem Umstand abgeleitet, dass die Beigeladene nicht erklärt habe, auf welche Weise sie im Falle der Auftragserteilung sichergestellt habe oder sicherstellen werde, dass ihr für den Zeitraum der Auftragserfüllung der Mietenumsetzer "B. Type 1650", den sie in der von ihr eingereichten Geräteliste u.a. namhaft gemacht habe, zur Verfügung stehe. Dieser Betrachtungsweise der Vergabekammer vermag der Senat aus mehreren Gründen nicht zu folgen.

aa)

Nach Auffassung des Senats wird der Umfang der von den Teilnehmern am Ausschreibungsverfahren abzugebenden Erklärungen von dem Inhalt dessen begrenzt, was die Antragsgegnerin als Vergabestelle ihnen in der Vergabebekanntmachung und /oder in der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots abverlangt (hat). Hier findet sich zwar kein entsprechender Hinweis in der Vergabebekanntmachung, wohl aber enthält die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots in Nr. 3.2 die Vorschrift: "Mit dem Angebot sind vorzulegen: Nachweise gemäß 3.1, Geräteliste, ..." und in der Leistungsbeschreibung ist in Nr. 5.1 Folgendes vermerkt. "Während des Jahres müssen verfügbar sein: . . . 1 Mietenumsetzer oder adäquates Gerät für die Phase III." Entsprechend diesen Anforderungen hat die Beigeladene in dem von ihr unterbreiten Angebot in dem Angebots-Leistungsverzeichnis zu Los 1 unter 1.2.100 Ausführungen zur Vorhaltung des Mietenumsetzers, unter 1.2.110 Ausführungen zum Betrieb eines Mietenumsetzers und unter 1.2.120 Ausführungen zu den Stillstandskosten eines Mietenumsetzers unterbreitet. Der Senat kann nicht feststellen, dass die Antragsgegnerin von den Teilnehmern am Ausschreibungsverfahren mehr verlangt hat, als die Beigeladene geleistet hat. Das Verlangen nach Vorlage einer "Geräteliste" ist erfüllt worden, denn die Beigeladene hat neben den bereits erwähnten Hinweisen zum Mietenumsetzer auch den geforderten Spezialhydraulikbagger (Nr. 1.2.10 bis 1.2.30), den Hydraulikbagger (Nr. 1.2.40 bis 1.2.60) und den "großen" Hydraulikbagger (als "Hydro-Langarmbagger" in Nr. 1.2.70 bis 1.2.90) angesprochen und damit sämtliche in Nr. 5.1 der Leistungsbeschreibung als unerlässlich bezeichneten technischen Geräte erwähnt und erläutert. Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin lediglich verlangt, dass diese Geräte während des Jahres "verfügbar" sein müssten. Unter "Verfügbarkeit" im Sinne dieser Anforderung ist jedoch nach Auffassung des Senats lediglich zu verstehen, dass derjenige oder diejenige, der oder die den Auftrag erhält, in der Lage sein muss, während des Jahres die genannten Geräte zur Erfüllung des erteilten Auftrages einzusetzen. Damit ist jedoch nicht zugleich verlangt, dass der Auftragnehmer schon im Zeitpunkt der Abgabe des Angebots entweder Eigentümer dieser Maschinen sein müsse oder kraft eines bereits zu diesem Zeitpunkt - u.U. aufschiebend bedingt - bestehenden schuldrechtlichen Verhältnisses die (rechtliche) Sicherheit haben müsse, diese Gerätschaften im Zeitraum auch tatsächlich nutzen zu können. Hätte die Antragsgegnerin derartiges gewollt, so hätte es ihr freigestanden, eine entsprechende Anforderung in der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots unzweideutig zu formulieren. Das aber hat sie nicht getan. Es kommt hinzu, dass auch Sachgesichtspunkte gegen ein etwaiges abweichendes Ergebnis sprechen. Dem dem Angebot der Beigeladenen beigefügten Prospekt der Firma B. als Herstellerin des Mietenumsetzers ist zu entnehmen, dass es sich bei dem von der Beigeladenen ins Auge gefassten Modell 1650 um ein Gerät von 4,78 m Länge, 5,20 m Breite und 4,50 m Höhe handelt. Diesen Maßen und der Angabe der Beigeladenen in ihrem Angebot, dass der Einheitspreis je Monat mit € 2.250,-- zu veranschlagen sei, ist - im Übrigen in Übereinstimmung mit dem Vortrag der Antragstellerin - zu entnehmen, dass es sich bei dem Mietenumsetzer um ein Gerät handelt, das zum einen nicht beliebig verwendbar ist, zum anderen offensichtlich auch in Anschaffung oder Anmietung nicht unerhebliche Kosten verursacht. Unter diesen Umständen erscheint es wirtschaftlich kaum vertretbar, von einem Teilnehmer an einem Ausschreibungsverfahren zu verlangen, bereits vor Abgabe seines Angebots ein solches für die Auftragserfüllung erforderliches Gerät anzuschaffen oder doch wenigstens mittels eines verbindlichen Mietvertrags die Gebrauchsmöglichkeit - langfristig - zu sichern, wobei auch durchaus offen ist, ob sich ein etwaiger Vermieter auf die Vereinbarung einer aufschiebenden oder auflösenden Bedingung einließe, die die Wirksamkeit des Mietvertrages von der Erteilung des Zuschlags an den Mieter abhängig macht.

bb)

Die hier vertretene Rechtsansicht nötigt den Senat nicht zu einer Vorlage an den Bundesgerichtshof gemäß § 124 Abs. 2 Satz 1 GWB. Zwar hat der Vergabesenat des OLG Düsseldorf in seinem Beschluss vom 25. Februar 2004 - Verg 77/03 - "Teltowkanal" - VergabeR 2004, 537 zum Sinn und Zweck einer Geräteliste ausgeführt, diese solle dem öffentlichen Auftraggeber einen Überblick über diejenige technische Ausrüstung geben, die der Bieter zur Auftragsausführung zum Einsatz bringen wolle und über die er im Zeitpunkt der Auftragsausführung auch sicher verfügen werde. Nur auf der Grundlage dieser Daten könne der öffentliche Auftraggeber verantwortlich und zuverlässig überprüfen, ob dem jeweiligen Bieter aus technischer Sicht die vertragsgerechte Erledigung der ausgeschriebenen Leistungen möglich sei. Für den Bieter folge daraus die Notwendigkeit, in das Geräteverzeichnis alle für die Auftragserledigung vorgesehenen Gerätschaften aufzuführen. Daraus hat das OLG Düsseldorf die Schlussfolgerung gezogen: "Handelt es sich um fremdes Gerät, muss überdies dargelegt werden, dass dem Bieter jene technische Ausrüstung im Zeitpunkt der Auftragsdurchführung mit hinreichender Gewissheit zur Verfügung stehen wird." (a.a.O., S. 538 [rechte Spalte]). Diese Rechtsansicht war für den Vergabesenat des OLG Düsseldorf jedoch nicht entscheidungserheblich, denn die dortige Vergabestelle hatte in ihrer ursprünglichen Bewertung sich ausschließlich an der Geräteliste des betreffenden Bieters orientiert. Das OLG Düsseldorf hat vielmehr beanstandet, dass die Vergabestelle im weiteren Vergabeverfahren hiervon Abstand genommen hatte und von sich aus die nach ihrer Meinung unerlässlichen, in dem Geräteverzeichnis des Bieters zwar nicht aufgeführten, aber ohne weiteres am Markt erhältlichen Gerätschaften in die Betrachtung einbezogen und (erst) auf der Grundlage dieser Betrachtungsweise die Leistungsfähigkeit des Bieters für die Erfüllbarkeit des Auftrages bejaht hatte. Mit Recht - und in diesem Punkt folgt der erkennende Senat ausdrücklich dem Vergabesenat des OLG Düsseldorf - ist daher in der genannten Entscheidung darauf hingewiesen worden, dass nach dem Inhalt des abgegebenen Angebots völlig offen gewesen sei, ob der Bieter bereit sei, zum Zwecke der Auftragsdurchführung zusätzliches Gerät anzuschaffen oder zu mieten, obschon er sein Angebot ausweislich der Geräteliste mit einem kleineren Gerätepark kalkuliert habe (a.a.O., S. 539 [rechte Spalte]). So liegt der Fall hier jedoch, wie gezeigt, gerade nicht, denn die Beigeladene beabsichtigte von vornherein den Einsatz eines mittels Angaben technischer Einzelheiten in konkreter Weise umschriebenen Mietenumsetzers.

d)

Der Senat vermag ferner auch nicht festzustellen, dass das Angebot der Beigeladenen nach § 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A auszuschließen gewesen wäre. Nach dieser Vorschrift darf der Zuschlag auf ein Angebot mit einem unangemessen hohen oder niedrigen Preis nicht erteilt werden. Hier kommt nur die letztgenannte Möglichkeit eines unangemessen niedrigen Preises in Betracht.

aa)

Im Rahmen der Prüfung, ob die Voraussetzung dieser Vorschrift gegeben ist, muss vorab geklärt werden, ob sich die Antragstellerin überhaupt mit Erfolg darauf berufen kann, dass die Antragsgegnerin eine Vergabeentscheidung zugunsten der Beigeladenen zu Unrecht, nämlich auf der Grundlage eines von dieser "unangemessen niedrig" angebotenen Preises, getroffen habe. Diese Frage ist in Rechtsprechung und Rechtswissenschaft umstritten. Während das Schrifttum wohl überwiegend eine drittschützende Wirkung dieser Vorschrift annimmt (Franke/Kemper/Zanner/Grünhaben, VOB-Kommentar, 2. Auflage, Rdnr. 505 zu § 25 VOB/A [von der Vergabekammer zum Beleg für die von ihr vertretene entsprechende Rechtsauffassung angeführt]; Reidt/Stickler/Glahs, Vergaberecht, 2. Auflage 2003, § 97 Rdnr. 44 [mit Nachweisen in Fußnote 9]), überwiegt in der Rechtsprechung eine differenzierende Betrachtungsweise. Der Bundesgerichtshof (Strafsenat) hat sich in zwei Entscheidungen dagegen ausgesprochen, dass ein Bieter vor seinem eigenen, zu niedrigen Angebot zu schützen sei (Urteil vom 8. Januar 1992 - 2 StR 102/91 - BauR 1992, 383, 385 - und Beschluss vom 31. August 1994 - 2 StR 256/94 - NJW 1995, 737). Die Mehrzahl der Vergabesenate der Oberlandesgerichte vertritt, allerdings mit unterschiedlich ausgestalteten Einschränkungen, abweichende Haltungen, ohne dass es jedoch bislang, soweit ersichtlich, wegen dieser Frage zu einer Vorlage an den Bundesgerichtshof nach § 124 Abs. 2 Satz 1 GWB gekommen ist. Auch der hier zu beurteilende Sachverhalt erfordert eine solche Vorlage nicht.

Während das Bayerische Oberste Landesgericht in einem Beschluss vom 12. September 2000 - Verg 4/00 - VergabeR 2001, 65, 69 [rechte Spalte dritter Absatz a.E.] den Standpunkt vertreten hat, die Vorschrift über das Verbot des Zuschlags auf ein Angebot mit unangemessen niedrigem Preis diene allein den Belangen des öffentlichen Auftraggebers, haben die Vergabesenate der Oberlandesgerichte Celle (Beschluss vom 30. April 1999 - 13 Verg 1/99 - BauR 2000, 405), Jena (Beschluss vom 22. Dezember 1999 - 6 Verg 3/99- BauR 2000, 396, 401 -, und Saarbrücken (Beschluss vom 29. Oktober 2003 - 1 Verg 2/03 - NZBau 2004, 117, 118 [rechte Spalte letzter Absatz]) gegenteilig entschieden, wobei allerdings jeweils weitgehend eine Begründung fehlt. Einen vermittelnden Standpunkt nimmt der Vergabesenat des OLG Düsseldorf in seinen Entscheidungen vom 19. Dezember 2000 - Verg. 28/00 - VergabeR 2001, 128 - und vom 17. Juni 2002 - Verg 18/02 - VergabeR 2002,471, 475 - ein. Er betont zunächst, dass das Verbot, auf ein Angebot mit unangemessen niedrigem Preis den Zuschlag zu erteilen, "zweifelsfrei" in erster Linie dem Schutz des Auftraggebers diene, der bei der Zuschlagserteilung auf ein Unterkostenangebot Gefahr laufen könne, dass der Auftragnehmer in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerate und den Auftrag nicht oder nicht ordnungsgemäß, insbesondere nicht mängelfrei zu Ende führe oder aber in unberechtigte Nachforderungen auszuweichen versucht sei. Es sei nicht Sinn der Vorschriften, den Bietern auskömmliche Preise zu garantieren, und es sei dem öffentlichen Auftraggeber nicht verwehrt, auch so genannte Unterkostenpreise bei einer Auftragsvergabe zu akzeptieren, sofern er nach Prüfung zu dem Ergebnis gelange, dass der Anbieter auch zu diesen Preisen zuverlässig und vertragsgerecht werde leisten können. Es könne nämlich für einen leistungsfähigen Bieter durchaus rechtlich nicht zu beanstandende Motive (z.B. einen Deckungsbeitrag zu den eigenen Gemeinkosten zu erlangen oder als "Newcomer" ins Geschäft zu kommen) geben, weshalb er bei einem bestimmten Einzelauftrag davon absehe, einen so genannten auskömmlichen Preis zu verlangen. Der öffentliche Auftraggeber ist aber verpflichtet, "wettbewerbsbeschränkende und unlautere Verhaltensweisen" (§ 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A) oder "ungesunde Begleiterscheinungen" im Wettbewerb "zu bekämpfen" (§ 2 Nr. 1 Satz 3 VOB/A). Diese nur unterschiedlich formulierten, nach Sinn und Zweck aber gleichen Vorschriften hätten bieterschützenden Charakter. Wenn und soweit also Unterkostenangebote vom Auftraggeber nicht nur aus Selbstschutz, sondern auch mit Blick auf die aus letztgenannten Vorschriften resultierende weitere Verpflichtung unterbunden werden müssten, müsse man auch der Vorschrift des § 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A gewissermaßen als Konkretisierung einer Fallgruppe zu § 2 Nr. 1 Satz 3 VOB/A eine bieterschützende Natur zumessen.

Auch wenn man aber generell oder unter den vom Vergabesenat des OLG Düsseldorf bezeichneten Voraussetzungen § 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A bieterschützenden Charakter zuerkennt, folgt hieraus nicht automatisch die Unbeachtlichkeit eines Angebots, das unangemessen niedrig erscheint. Vielmehr enthält § 25 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VOB/A für diesen Fall folgende Anweisung an die Vergabestelle:

"Erscheint ein Angebotspreis unangemessen niedrig und ist anhand vorliegender Unterlagen über die Preisermittlung die Angemessenheit nicht zu beurteilen, ist vom Bieter schriftlich Aufklärung über die Ermittlung der Preise für die Gesamtleistung oder für Teilleistungen zu verlangen, ggf. unter Festlegung einer zumutbaren Antwortfrist."

§ 25 Nr. 3 Abs. 2 VOB/A sieht damit für den in erster Linie von § 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A angesprochenen Auftraggeber einen Weg vor, wie er auf unangemessen niedrig erscheinende Angebotspreise zu reagieren hat. Der Ausschluss eines Angebots nach Abs. 1 darf erst erfolgen, nachdem der Auftraggeber den Verdacht der Unangemessenheit anhand der vorliegenden Unterlagen der Preisermittlung näher überprüft hat. Reichen diese Unterlagen zur Überprüfung nicht aus, hat der Auftraggeber dem betreffenden Bieter die Möglichkeit zu geben, die seinem Angebot zugrunde liegende Kalkulation zu erläutern. § 25 Nr. 3 Satz 2 VOB/A stellt es dabei in das pflichtgemäße Ermessen ("Bei der Beurteilung der Angemessenheit"..) des Auftraggebers, anhand der aufgezählten Kriterien die Prüfung der Angemessenheit vorzunehmen, wobei insbesondere Zweck dieser Prüfung ist, die Gefahr zu minimieren, dass der Auftragnehmer später in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät und hierdurch die ordnungsgemäße Durchführung des Auftrags gefährdet wird (siehe z.B. Kratzenberg in Ingenstau/Korbion, 15. Aufl., § 25 VOB/A, Rdnr. 61). Außerhalb der vom OLG Düsseldorf angesprochenen wettbewerbs- und kartellrechtlichen Umstände, für deren Vorliegen im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte bestehen, kann nach Auffassung des Senats ein Drittschutz des § 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A jedenfalls dann nicht eingreifen, wenn der Auftraggeber sich an die Vorgaben des § 25 Nr. 3 Abs. 2 VOB/A gehalten hat, denn ein Ausschluss nach Abs. 1 setzt ein Vorgehen und eine Beurteilung der Angemessenheit nach Abs. 2 voraus. Aus den oben angeführten Entscheidungen der Oberlandesgerichte Celle, Jena und Saarbrücken ergibt sich insoweit nichts Gegenteiliges, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt eine Divergenzvorlage nach § 124 Abs. 2 Satz 1 GWB nicht erforderlich ist.

Nach der insoweit unwidersprochen gebliebenen und durch die Vergabeakten bestätigten Darstellung der Antragsgegnerin (Beschwerdeschriftsatz vom 27. Januar 2006 [dort S. 9 = Bl. 10 d.A.]) hat diese eine Überprüfung nach § 25 Nr. 3 Abs. 2 VOB/A vorgenommen. Das Ergebnis ist der Anlage 1 zum Vergabevermerk zu entnehmen. Dort heißt es im Anschluss an die Wiedergabe der oben bereits zitierten Vorschriften des § 25 VOB/A:

"Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 des Vergabegesetzes für das Land Bremen hat dabei die vertiefte Angebotsprüfung im Regelfall immer dann stattzufinden, wenn die rechnerisch geprüfte Angebotssumme um mindestens 20 % unter der Kostenschätzung des Auftraggebers liegt oder das Angebot um mehr als 10 % vom nächst höheren abweicht.

Beide Grenzen werden im vorliegenden Fall überschritten, so dass eine vertiefte Angebotsprüfung stattzufinden hatte.

Die Firma F. wurde daher schriftlich aufgefordert, bis zum 12. 10. 2005 die Angebotspreise der kostenrelevanten Positionen darzustellen:

Los 1 - 1.10-30, 1.80, 1.90, 2.30, 2.70, 2.120, 2.160, 3.70, 4.10-60, 5.20 (17 Positionen)

Los 2 - 1.10-1.40, 4.10, 5.30-40, 7.20, 7.50-70 (13 Positionen)

Die Angaben der Firma F. (Schreiben vom 06.10.2005) zusammen mit zwei ergänzenden Schreiben zur Klärung von Detailfragen (vom 24. 10. und 02.11.2005) und der Preisspiegel der Submission bilden die Grundlage zur Beurteilung der Angemessenheit der Angebotspreise."

Im Anschluss an diese Hinweise werden unter 5.1 und 5.2 die Angebotspreise der Lose 1 und 2 im Einzelnen überprüft. Unter 5.3 heißt es zu a) Satz 1, 2 und 3: "Das Angebot ist in sich schlüssig, lässt also im Kostenaufbau und im Verhältnis der Einheitspreise zueinander eine ordnungsgemäße Kalkulation erkennen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Einzel- und Gemeinkosten nicht bei allen Betrieben gleich abgegrenzt werden. Dieser Grundsatz ist hier von Bedeutung, darauf wird nachstehend noch eingegangen."

Hinsichtlich der von der Antragstellerin unter Vorlage eines Kurzgutachtens der Herren Prof. Dr.-Ing. S. und Dipl.-Ing. S. als zu niedrig kritisierten Lohnzuschläge von 70 % hat die Antragsgegnerin ausweislich Anlage 1 zum Vergabevermerk gleichfalls die von der Beigeladenen auf Nachfrage im Einzelnen dargelegten Ansätze überprüft und jeweils als realistisch, nachvollziehbar bzw. plausibel eingeordnet mit dem Ergebnis:

"Insgesamt ist an dieser Stelle damit festzuhalten, dass die Firma B. F. bei den Stundenlöhnen scharf kalkuliert hat, den gesetzlichen Verpflichtungen kann jedoch entsprochen werden."

Damit ist festzustellen, dass die Antragsgegnerin das Verfahren nach § 25 Nr. 3 Abs. 2 VOB/A eingehalten hat. Die Würdigung dessen, was die Beigeladene zur Erklärung der von ihr veranschlagten Einzelpreise und des daraus zu errechnenden Gesamtpreises mitgeteilt hat, gehört in den Bereich der zunächst ihr zustehenden Kalkulation und sodann in den Bereich des der Antragsgegnerin zukommenden Beurteilungsspielraums. Der Senat sieht angesichts der oben dargestellten Prüfung durch die Antragsgegnerin keine Veranlassung, die Einschätzung der Antragsgegnerin über die Auskömmlichkeit des Angebotspreises als fehlerhaft zu bewerten.

e)

Auch die auf eine Verletzung der Vorschrift über die Preisgleitung gestützte Rüge der Antragstellerin greift nicht durch. Nummer 8 der von der Antragsgegnerin nach dem Stand vom 14. Juli 2005 herausgegebenen Leistungsbeschreibung lautet wie folgt:

"Für die Kostenänderungen der Lieferungen, Betriebsstoffe und Löhne über die mögliche Gesamtlaufzeit von 5 Jahren sind Gleitungen in beiden Losen vorgesehen.

Für die Lieferungen und Betriebsstoffe werden sie am Ende des Jahres anhand der vorgelegten Rechnungen im Vergleich mit der Kalkulation festgelegt.

Die Lohngleitung wird zeitgleich mit dem Abschluss eines neuen Tarifvertrages angesetzt.

Für die Korrekturen sind gesonderte Positionen im Abschnitt Gleitung der LVs aufgenommen. Die Lieferpreise sind für das Jahr 2006 Festpreise.

Eine Gerätegleitung ist nicht vorgesehen."

In 1.6.10 des zum Gegenstand des Angebots der Beigeladenen gemachten Angebots-Leistungsverzeichnisses (LV) heißt es:

"Stoffgleitung Betriebsstoffe

Jährliche Anpassung des LV ausgehend von einem zu kalkulierenden Ausgangspreis von 0,90 €/l Netto.

Die Änderung der Schmier- und Hilfsstoffpreise werden mit 15 % der Dieselpreisänderung angenommen.

Eine entsprechende Aufstellung mit den Verbrauchsmengen der Tankanlage wird jeweils am Jahresende der Teilschlussrechnung beigefügt.

...

Keinen Einheitspreis eintragen !"

Unstreitig hat die Beigeladene bei den Betriebskosten mit einem Ansatz von € 0,66 bis € 0,72 pro Liter Diesel kalkuliert unter Hinweis auf fest abgeschlossene Lieferverträge über den von ihr verwandten Biodieselkraftstoff.

Der Senat teilt nicht die Auffassung der Antragstellerin, dass die Beigeladene wegen dieser angeblichen Abweichung von der Ausschreibung vom Verfahren auszuschließen ist.

Ein Ausschluss wäre nach § 8 Nr. 5 c) VOB/A möglich, wenn auch nicht zwingend (siehe Schranner in Ingenstau/Korbion, a.a.O., § 8 VOB/A, Rdnr. 71), wenn die Beigeladene nachweislich eine schwere Verfehlung begangen hätte, die ihre Zuverlässigkeit als Bewerberin in Frage gestellt hätte. Als Beispiel für derartige Verfehlungen nennt das Vergabehandbuch für die Bauaufgaben des Bundes im Zuständigkeitsbereich der Finanzverwaltungen (herausgegeben vom Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau) die vollendete oder versuchte Beamtenbestechung, die Vorteilsgewährung sowie schwerwiegende Straftaten, die im Geschäftsverkehr begangen worden sind (insbesondere Diebstahl, Unterschlagung, Erpressung, Betrug, Untreue oder Urkundenfälschung), ferner Verstöße gegen das GWB (z.B. Beteiligung an Preisabsprachen, verbotene Preisempfehlungen, Beteiligung an Absprachen über die Abgabe oder Nichtabgabe von Angeboten, über die Aufrechnung von Ausfallentschädigung sowie über Gewinnbeteiligung und Abgaben an andere Bewerber).

Es mag dahinstehen, ob eine vorsätzliche Missachtung der Vorgabe in 1.6.10 LV zur Kalkulation der Betriebsstoffe bei den Positionen des Angebots, bei denen die Betriebsstoffe mit einzukalkulieren waren, die Möglichkeit eines solchen Ausschlusses rechtfertigte. Die aus ihrer Einlassung im Beschwerdeverfahren ersichtliche Entscheidung der Antragsgegnerin, die Beigeladene nicht nach Aufdeckung ihrer Kalkulationsgrundlagen zu den Betriebsstoffen vom Vergabeverfahren auszuschließen, ist nicht als fehlerhaft zu beanstanden:

Dabei mag gleichfalls letztlich dahingestellt bleiben, ob 1.6.10 LV als wohl speziellere Regelung Nummer 8 der Leistungsbeschreibung verdrängt, in der angeordnet wird, dass die Preisgleitung am Jahresende anhand eines Vergleichs der vorgelegten Rechnungen mit der Kalkulation vorzunehmen ist. Die Antragsgegnerin weist zu Recht darauf hin, dass sich Nummer 8 der Leistungsbeschreibung an der konkreten Kalkulation und nicht an kalkulatorischen Vorgaben in der Ausschreibung orientiert.

Der Senat sieht jedenfalls keine hinreichende Grundlage für den erforderlichen Nachweis, dass die Beigeladene sich vorsätzlich bei der Kalkulation der Angebotspositionen, bei denen die Betriebsstoffe einzukalkulieren waren, über die Vorgabe der Ziffer 1.6.10 LV hinweggesetzt hat. Für den Nachweis im Sinne des § 8 Nr. 5 c) VOB/A ist erforderlich, dass handfeste Anhaltspunkte bei objektiver Betrachtung keinen Raum für Zweifel lassen dürfen; bloße Vermutungen reichen dagegen nicht aus (siehe Kullack/Zeiss, juris-Praxiskommentar, Vergaberecht, § 8 VOB/A, Rdnr. 94). Gegen einen derartigen Nachweis spricht bereits, dass die Beigeladene von sich aus vor der Vergabekammer ihre aus dem Angebot nicht ersichtliche Kalkulation zu den Betriebsstoffen offen gelegt hat. Dagegen spricht ferner, dass Nummer 8 der Leistungsbeschreibung die Vorlage der Rechnungen über die Betriebsstoffe zum Jahresende verlangt und damit jedem Bieter von vornherein klar sein musste, dass eine Abweichung in ihrer Kalkulation von den Vorgaben der Ziffer 1.6.10 LV sich nicht auf Dauer werde vermeiden lassen. Dagegen spricht zudem, dass die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren das Verständnis der Beigeladenen teilt und ihre im Termin geäußerte Ansicht, dass jedenfalls das Verhältnis der Nummer 8 der Leistungsbeschreibung zu Ziffer 1.6.10 LV missverständlich sei, nicht von vornherein so abwegig ist, dass sie als nur prozessorientiert einzustufen wäre. Für den Senat bleibt als durchaus nahe liegende Möglichkeit, dass die Beigeladene bei Angabe ihrer die Betriebskosten einkalkulierenden Einheitspreise sich, an sich zutreffend, an ihren realen Kostenfaktoren orientiert und dabei entweder Ziffer 1.6.10 LV von vornherein übersehen hat oder guten Glaubens war, trotz dieser Regelung bei den Einheitspreisen die echten Kosten einsetzen zu können.

Soweit die Antragstellerin der Beigeladenen vorwirft, nicht bei der Antragsgegnerin nachgefragt zu haben, rechtfertigte ein solcher - fahrlässiger - Pflichtverstoß einen Ausschluss nach § 8 Nr. 5 c VOB/A nicht. Im Übrigen wäre nach der Einlassung der Antragsgegnerin im Vergabeverfahren keine die Auffassung der Antragstellerin stützende Antwort zu erwarten gewesen.

Zudem steht nicht zu erwarten, dass die Antragstellerin zu einer für Antragstellerin günstigeren Entscheidung käme, wenn sie bei dem Preisvergleich das Angebot der Beigeladenen in den die Betriebsstoffe enthaltenden Einheitspreisen entsprechend der Vorgabe in Ziffer 1.6.10 LV nach oben korrigieren müsste. Selbst bei der von der Antragstellerin selbst zugrunde gelegten (und von der Beigeladenen als überhöht bestrittenen) Verbrauchsmenge von 430.000 l für die dreijährige Dauer der Maßnahme (siehe Schriftsatz der Antragstellerin vom 05.01.06, dort Seite 5 unten) ergibt dies eine Differenz zu Lasten des Angebots der Beigeladenen von nur € 90.300,-- (Differenz von € 0,21/l zwischen € 0.90/l und dem Mittelwert der Kalkulation der Beigeladenen von € 0.69/l). Selbst wenn dieser Betrag dem mit € 3.755.218,29 endenden Angebotspreis der Beigeladenen hinzugerechnet wird, bleibt dieses mit € 3.845.518,29 immer noch um mehr als 1 Million Euro unterhalb des mit € 5.095.808,68 bezifferten Angebots der Antragstellerin.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO in entsprechender Anwendung. Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung von Bevollmächtigten folgt aus § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO in entsprechender Anwendung.

Ende der Entscheidung

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