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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 15.10.2007
Aktenzeichen: 10 UF 158/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1587 a Abs. 2 Nr. 3
Zum Ausgleich der betrieblichen Altersversorgung der Volkswagen AG nach der seit 2001 geltenden Versorgungsordnung.
10 UF 158/07

Beschluss

In der Familiensache

hat der 10. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... am 15. Oktober 2007 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Deutschen Rentenversicherung ... wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Burgdorf vom 30. Mai 2007 im Ausspruch zum Versorgungsausgleich (II des Tenors) geändert und wie folgt neu gefasst:

Von dem Versicherungskonto Nr. ... des Ehemannes bei der Deutschen Rentenversicherung ... werden gemäß § 1587 b Abs. 1 BGB Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung von monatlich 210,95 EUR und gemäß § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG weitere gesetzliche Rentenanwartschaften von monatlich 21,26 EUR, jeweils bezogen auf den 31. August 2006, auf das Versicherungskonto Nr. ... der Ehefrau bei der Deutschen Rentenversicherung ... übertragen. Die Monatsbeträge der zu übertragenden Rentenanwartschaften sind in Entgeltpunkte umzurechnen.

Gerichtskosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zwischen den Parteien gegeneinander aufgehoben.

Beschwerdewert: 2.000 EUR.

Gründe:

I.

Die Parteien haben am 15. Dezember 1989 miteinander die Ehe geschlossen. Auf den am 18. September 2006 zugestellten Antrag des Ehemannes wurde die Ehe durch das angefochtene Urteil geschieden. Zugleich hat das Amtsgericht den Versorgungsausgleich durchgeführt. Dabei hat es zum Ausgleich der beiderseits in der Ehezeit erworbenen gesetzlichen Rentenanwartschaften im Wege des Splitting (§ 1587 b Abs. 1 BGB) Rentenanwartschaften von monatlich 54,44 EUR vom Ehemann auf die Ehefrau übertragen. Ferner hat es zum Ausgleich von Anwartschaften des Ehemannes bei der Volkswagen AG (VW AG) und bei der ... Lebensversicherung AG (AMLV) weitere gesetzliche Rentenanwartschaften von monatlich 15,97 EUR im Wege des erweiterten Splitting (§ 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG) vom Ehemann auf die Ehefrau übertragen.

Gegen die Entscheidung über den Versorgungsausgleich hat die Deutsche Rentenversicherung ... (DRV) Beschwerde erhoben und diese damit begründet, das Amtsgericht habe die in den Ausgleich einbezogenen gesetzlichen Rentenanwartschaften des Ehemannes auf ein unzutreffendes Ehezeitende bezogen und außerdem den Ehezeitanteil der betrieblichen Versorgungsanwartschaft des Ehemannes aus der Zusatzversorgung bei der VW AG nicht richtig berechnet.

II.

Die Beschwerde der DRV ist gemäß §§ 621 Abs. 1 Nr. 6, 621 e Abs. 1 und 2 ZPO zulässig und auch sachlich begründet.

1. Das Amtsgericht hat seiner Entscheidung eine Auskunft der DRV (vom 8. Januar 2007) über die gesetzlichen Rentenanwartschaften des Ehemannes zugrunde gelegt, die auf einer unzutreffenden Ehezeit (1. Dezember 1999 bis 31. August 2006) beruhte. Da die Parteien bereits am 15. Dezember 1989 geheiratet hatten, dauerte die Ehezeit vom 1. Dezember 1989 bis zum 31. August 2006 (§ 1587 Abs. 2 BGB). In dieser gesamten Ehezeit hat der Ehemann gesetzliche Rentenanwartschaften von monatlich 578,26 EUR erworben, wie sich aus der Auskunft der DRV vom 5. Juli 2007 ergibt.

Die Ehefrau hat in dieser Ehezeit gesetzliche Rentenanwartschaften von monatlich 156,36 EUR erworben (Auskunft der DRV vom 26. April 2007).

Gemäß § 1587 b Abs. 1 BGB sind danach gesetzliche Rentenanwartschaften von monatlich (578,26 EUR - 156,36 EUR = 421,90 EUR : 2 =) 210,95 EUR, bezogen auf den 31. August 2006 als Ende der Ehezeit, vom Versicherungskonto des Ehemannes auf dasjenige der Ehefrau zu übertragen.

2. Die darüber hinaus vom Ehemann in der Ehezeit erworbene Anwartschaft aus einer privaten Rentenversicherung bei der AMLV hat das Amtgericht zutreffend und von den Beteiligten auch nicht beanstandet auf der Grundlage des in der Ehezeit gebildeten Deckungskapitals gemäß § 1587 a Abs. 3 Nr. 1 BGB in eine volldynamische Rentenanwartschaft von monatlich 0,76 EUR umgerechnet.

3. Des Weiteren hat der Ehemann in der Ehezeit gegenüber seinem Arbeitgeber, der VW AG, Anwartschaften auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung erworben. Die Versorgungszusage ist auf eine lebenslange Rente wegen Alters und Erwerbsminderung gerichtet. Die Anwartschaften sind dem Grunde nach bereits unverfallbar und deshalb in den öffentlichrechtlichen Versorgungsausgleich einzubeziehen (§ 1587 a Abs. 2 Nr. 3 S. 3 BGB). Die Anrechte unterfallen in eine Anwartschaft aus der Grundversorgung und in eine Anwartschaft aus der Zusatzversorgung.

a) Die Höhe der Anwartschaft aus der Grundversorgung ergibt sich aus der seit dem 1. Januar 2001 gültigen Versorgungsordnung (VO), wobei bezogen auf den Ehemann, der bereits vor Inkrafttreten dieser VO, nämlich im Juli 1997, in den Betrieb eingetreten ist und ihm weiterhin angehört, gemäß § 33 Abs. 2 VO besondere Übergangsvorschriften zur Anwendung kommen. Aus den Bestimmungen der VO und den von der VW AG erteilten Auskünften lässt sich im Einzelnen Folgendes entnehmen:

Die Höhe der VW-Rente wegen Alters errechnet sich aus der Summe der bis zum Rentenbeginn erworbenen Rentenbausteine, bei Inanspruchnahme der Rente ab dem 65. Lebensjahr (als der gemäß § 4 Abs. 1 VO geltenden festen Altersgrenze), die im Versorgungsausgleich zu unterstellen ist, erhöht um 13,5 % (§ 14 VO). Für Zeiten der Betriebszugehörigkeit ab 1996, wie sie der Ehemann aufzuweisen hat, werden zum einen Rentenbausteine vergeben, die sich aus den in den einzelnen Kalenderjahren erzielten Einkünften und einem für das jeweilige Lebensalter maßgebenden Verrentungssatz ergeben (§ 11 VO); diese Bausteine werden ab 2001 als Garantiebausteine bezeichnet. Die Verrentungssätze beruhen auf einer kalkulierten Garantieverzinsung von 3 %. Zusätzliche Rentenbausteine werden nach den §§ 12, 13 VO in Abhängigkeit von der Renditeentwicklung des Pensionsfonds vergeben. Diese sog. Überschussbausteine sind zwar dem Grunde, aber nicht der Höhe nach zugesagt. Verteilungsfähige Überschüsse ergeben sich nur für den Fall, dass das Pensionsfondsvermögen nach Abzug einer Schwankungsreserve die nach versicherungsmathematischen Grundsätzen ermittelte Versorgungsverpflichtung des Arbeitgebers übersteigt. Aufgrund der Unsicherheit, inwieweit künftige Überschüsse erzielbar sind, können Überschussbausteine bei der Erstentscheidung über den Versorgungsausgleich nur bis Ende der Ehezeit berücksichtigt werden. Mögliche weitere Überschussbausteine, die auf den Ehezeitanteil entfallen, können allenfalls in einem späteren Abänderungsverfahren nach § 10 a VAHRG oder schuldrechtlich ausgeglichen werden.

Die VW AG hat den sich aus der Grundversorgung ergebenden Ehezeitanteil nach der zeitanteiligen Berechnungsmethode des § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 S. 1 lit. a BGB ermittelt. Dagegen bestehen keine Bedenken (vgl. schon OLG Celle OLG-Report 1996, 249). Das gilt hier vor allem vor dem Hintergrund, dass die auch für den Fall vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Höhe nach bereits gesicherte Anwartschaft, auf die im öffentlichrechtlichen Versorgungsausgleich abzustellen ist (vgl. BGH FamRZ 1982, 899, 901; 1987, 52, 55; Wick, Der Versorgungsausgleich, 2. Aufl., Rn. 136a), nach § 18 VO (hier i.V. mit Ziffer 2.4 der Anlage 4) zeitanteilig aus einer fiktiven Vollrente zu berechnen ist, für deren Ermittlung lediglich weitere Rentenbausteine nach § 11 VO unter Zugrundelegung des Bruttoentgelts bei Beendigung der Betriebszugehörigkeit zu unterstellen sind. Nach der Berechnung der VW AG, die keine Fehler erkennen lässt, ergibt sich unter Berücksichtigung der bei Ehezeitende maßgebenden persönlichen Bemessungsgrundlage des Ehemannes eine bis zur Regelaltersgrenze erreichbare Anwartschaft von monatlich 209,57 EUR.

Der Ehezeitanteil dieser Versorgungsanwartschaft ergibt sich aus dem Verhältnis der in die Ehezeit fallenden Betriebszugehörigkeit von 110 Monaten (Juli 1997 bis August 2006) zur gesamten bis zur Regelaltersgrenze erreichbaren Betriebszugehörigkeit von 348 Monaten (Juli 1997 bis Juni 2026) mit monatlich 66,24 EUR.

b) Anwartschaften aus der betrieblichen Zusatzversorgung hat der Ehemann seit der Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis am 1. Januar 1999 erworben. Im Rahmen der betrieblichen Zusatzversorgung (sog. Beteiligungsrente I) gewährt die VW AG ihren Betriebsangehörigen einen statischen Versorgungsaufwand in Höhe von monatlich 27 EUR (seit 2001; vorher 26,59 EUR). Dieser Aufwand wird analog zu den Regeln der Grundversorgung mittels des für das jeweilige Kalenderjahr maßgebenden persönlichen Verrentungssatzes in einen Rentenbaustein umgerechnet. Die bei Ehezeitende unverfallbare Anwartschaft des Ehemannes ergibt sich aus den bis dahin erreichten Rentenbausteinen einschließlich von Überschussbausteinen. Daraus folgt, dass sich die in der Ehezeit erworbene Anwartschaft aus der Zusatzversorgung ohne Einbeziehung der nachehelichen Betriebszugehörigkeit ermitteln lässt. Einer zeitratierlichen Berechnung nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 S. 1 lit. a BGB bedarf es insoweit nicht. Dem entspricht die von der VW AG erteilte Auskunft. Der mitgeteilte Wert der Anwartschaft aus der Zusatzversorgung von monatlich 39,46 EUR ergibt sich - was das Amtsgericht übersehen hat - ausschließlich aus den auf die Ehezeit entfallenden Rentenbausteinen. Er drückt daher bereits den Ehezeitanteil aus.

c) Zutreffend ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass die betrieblichen Versorgungsanwartschaften im Anwartschaftsstadium statisch und in der Leistungsphase volldynamisch sind. Zwar steigt der jährliche Versorgungsaufwand, der Grundlage für den Erwerb von Garantiebausteinen ist, mit dem Anstieg des Erwerbseinkommens. Der Verrentungssatz sinkt jedoch mit zunehmendem Lebensalter, womit dem sich verringernden Verzinsungseffekt im Rahmen eines Kapitaldeckungsverfahrens Rechnung getragen wird. Der Wert der einmal für ein Jahr erworbenen Rentenbausteine bleibt in der Folgezeit unverändert (vgl. BGH FamRZ 2004, 1474, 1475 zur Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes). Hinzu kommt, dass eine etwaige nachehezeitliche Anwartschaftsdynamik, die durch die Überschussbeteiligung ausgelöst werden könnte, derzeit noch nicht als endgültig gesichert und damit noch nicht als unverfallbar angesehen werden kann.

In der Leistungsphase sind die vom Ehemann erworbenen Anrechte hingegen als volldynamisch, d. h. in ihrer Wertsteigerung mit den in § 1587 a Abs. 3 BGB genannten Maßstabsversorgungen vergleichbar, anzusehen. Die Anpassung der laufenden Rente des Ehemannes aus der Grundversorgung richtet sich nach § 16 Abs. 1 und 2 BetrAVG (Ziffer 3.2 der Anlage 4 zur VO). Die von der VW AG mitgeteilten prozentualen Anpassungen der laufenden Renten betrugen seit 1998 - bezogen jeweils auf einen Dreijahreszeitraum - mehr als 3 %. Damit liegen sie nicht niedriger, sondern sogar höher als die durchschnittlichen Anpassungen von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. BGH FamRZ 2004, 1474; 2007, 23, 26; 2007, 120, 121). Die Rente aus der Zusatzversorgung wird gemäß Ziffer 8 der Tarifvereinbarung über die Beteiligungsrente entsprechend § 31 Abs. 1 VO jährlich um 1 % erhöht. Auch darin liegt eine Volldynamik im Leistungsstadium (vgl. BGH FamRZ 2004, 1474).

Danach sind die von der VW AG mitgeteilten Anwartschaftswerte gemäß § 1587 a Abs. 3 Nr. 2, Abs. 4 BGB i. V. mit der BarwertVO in eine Rentenanwartschaft der gesetzlichen Rentenversicherung umzuwerten, wobei der Umrechnungsfaktor aus Tabelle 1 der BarwertVO im Hinblick auf die Leistungsdynamik um 50 % zu erhöhen ist: 66,24 EUR + 39,46 EUR = 105,70 EUR x 12 = 1.268,40 EUR (Jahreswert der gesamten ehezeitlichen Anwartschaften) x 4,8 (Faktor aus Tabelle 1 der BarwertVO unter Berücksichtigung des Alters des Ehemannes am Ende der Ehezeit von 45 Jahren) x 1,5 (Erhöhung um 50 %) = 9.132,48 EUR (Barwert der Versorgungsanwartschaft) x 0,0001750002 (Faktor aus Tabelle 5 der Rechengrößen zum Versorgungsausgleich) = 1,5982 (Entgeltpunkte) x 26,13 (Faktor aus Tabelle 2 der Rechengrößen zum Versorgungsausgleich) = 41,76 EUR.

4. Die ehezeitlichen Anwartschaften des Ehemannes bei der AMLV und der VW AG betragen insgesamt (0,76 EUR + 41,76 EUR =) 42,52 EUR. Die Hälfte davon, also monatlich 21,26 EUR, sind im Wege des erweiterten Splittings nach § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG auszugleichen. Damit wird der maßgebende Höchstbetrag von - bezogen auf das Ehezeitende - 49,00 EUR nicht überschritten.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 21 Abs. 1 Satz 1 GKG, 93 a Abs. 1 Satz 1 ZPO, die Festsetzung des Beschwerdewerts auf § 49 Nr. 3 GKG.

Ende der Entscheidung

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