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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 06.03.2003
Aktenzeichen: 11 U 141/02
Rechtsgebiete: Warschauer Abkommen


Vorschriften:

Warschauer Abkommen Art. 26
Zu den Anforderungen an eine Schadensanzeige gemäß Art. 26 Abs. 2 des Warschauer Abkommens 1955.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

11 U 141/02

Verkündet am 6. März 2003

In dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 30. Januar 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht #######, die Richterin am Oberlandesgericht ####### und den Richter am Oberlandesgericht ####### für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 11. April 2002 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Die Beschwer des Klägers übersteigt nicht 20.000 €.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um Ansprüche des Klägers wegen angeblicher Beschädigung von Möbeln, die die beklagte Luftfrachtführerin für die Ehefrau des Klägers von ####### nach F. zu transportieren hatte.

Die Ehefrau des Klägers ließ als Versenderin ausweislich des Air Waybill im März 2001 Hausrat per Luftfracht nach F. transportieren. Der Kläger lieferte die Gegenstände, bei denen es sich um 93 Kolli handelte, mit Hilfe von Bekannten am Flughafen ####### an. Der Kläger hat behauptet, die Möbel seien ordnungsgemäß verpackt, nämlich zerlegt und die Teile mit Noppenfolie und Wellpappe umwickelt und verklebt gewesen; dies habe eine Spedition am Heimatort vorgenommen. Er hat behauptet, die Möbel seien vor dem Transport in einwandfreiem Zustand gewesen. Unstreitig ist, dass die drei hauptsächlich als beschädigt dargestellten Einrichtungsbestandteile, nämlich eine Wohnwand der Fa. #######, eine Polstergarnitur der Fa. ####### und eine Schlafzimmereinrichtung vor dem in Rede stehenden Transport nach F. bereits innerhalb des Wohnortes des Klägers, einen Umzug erfahren hatten.

Unstreitig ist ferner, dass ein Beauftragter der Versenderin, den die Versenderin allerdings selbst nicht identifizieren kann und nicht zu ermitteln versucht hat, auf dem Air Waybill unterzeichnet hat, das Gut als 'Received in Good Order and Condition' entgegen genommen zu haben.

Der Kläger zeigte den Schaden der Beklagten mit einem nicht unterzeichneten Schreiben eines Bekannten vom 21. März 2001 an, auf welches zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, welchem der in spanischer Sprache abgefasste Schadensbericht der ####### Frachtterminal F. vom 20. März 2001, Bl. 50, nachgeheftet gewesen sein soll.

Die Beklagte hat sich darauf berufen, die Schadensanzeige sei unzureichend, was ihre Haftung gemäß Art. 26 Warschauer Abkommen ausschließe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Ob der Kläger aktivlegitimiert sei, weil dessen Ehefrau Versenderin und Empfängerin des Gutes nach dem Air Waybill gewesen sei, hat das Landgericht letztlich dahin stehen lassen, weil der Kläger jedenfalls keine den Erfordernissen des Art. 26 des Warschauer Abkommens genügende Schadensanzeige gegenüber der Beklagten abgegeben habe, weshalb ihm Ansprüche nicht mehr zustünden.

Gegen dieses Erkenntnis wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung.

Er legt eine schriftliche Abtretungserklärung seiner Ehefrau an ihn, welche allerdings undatiert ist, und eine ergänzende eidesstattliche Versicherung seiner Ehefrau vor. Im Übrigen macht er geltend, mit dem o. g. Schreiben nebst Anlage, Ansprüche in ausreichender Weise angemeldet zu haben.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des am 11. April 2002 verkündeten Urteils des Landgerichts Hannover die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.130,39 € (11.990 DM)

nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 12. März 2001 zu zahlen.

Bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen beantragt er weiter,

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts und des Verfahrens die Sache an das Landgericht Hannover zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Unter Verteidigung des landgerichtlichen Urteils erweitert und vertieft sie ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie legt den Air Waybill hinsichtlich des streitgegenständlichen Transportes vor und behauptet dazu, dieses Dokument erstmals aus Spanien erhalten zu haben, sodass es erst in zweiter Instanz vorgelegt werden konnte.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen Beschädigungen an den von der Beklagten transportierten Gütern.

a) Der streitgegenständliche Transport unterliegt dem Warschauer Abkommen von 1955, weil es sich um eine entgeltliche Beförderung von Gütern im internationalen Bereich per Flugzeug handelt. Nachdem der Kläger einen einheitlichen Auftrag für den Transport nicht einer Spedition o. ä. erteilt hat, bestimmt sich die Haftung der Beklagten, die den Gütertransport ausführen sollte, nur nach Art. 17 ff. des Warschauer Abkommens.

b) Voraussetzung eines Anspruchs des Klägers nach Art. 18 Warschauer Abkommen wäre mithin, dass die zu transportierenden Güter während der Luftbeförderung beschädigt worden sein müssten. Ferner ist Voraussetzung eines solchen Anspruchs, dass gemäß Art. 26 Abs. 2 Warschauer Abkommen der Empfänger, d. h. also die Ehefrau des Klägers binnen 14 Tagen nach Annahme der Luftfracht dem Luftfrachtführer in ausreichender Weise Anzeige über den Schaden erstatten muss.

2. Das Landgericht hat zutreffend schon die Schadensanzeige des Klägers als den Anforderungen nicht genügend angesehen. Diese formale Voraussetzung kann im Streitfall nicht dahinstehen, sondern muss wegen der in Art. 26 Abs. 4 Warschauer Abkommen bezeichneten Rechtsfolge, die die Klagbarkeit von Ansprüchen bei unzureichender Anzeige gänzlich ausschließt, vorab entschieden werden.

Die Anzeige des Klägers reicht nicht aus. Zwar kommt es nicht darauf an, dass eine Anzeige persönlich vom geschädigten Versender verfasst sein muss; die Anzeigeverfassung durch einen Beauftragten, wie im Streitfall, reicht aus. Es reicht auch aus, wenn die Anzeige nicht unterschrieben ist. Da der Anzeige auch der Schadensbericht der ####### beigefügt war, war auch das Schadensereignis, um das es gehen sollte, noch hinreichend klar umrissen, ohne dass die Beklagte sich mit Erfolg darauf berufen könnte, sie habe keine Erklärung, wie es im Streitfall zu einem Schadensbericht der ###### gekommen sein könne. Die Beklagte als Luftfrachtführerin kann sich nicht darauf zurückziehen, sich nicht erklären zu können, wie 'die ######' mit dem Transportgut in Kontakt gekommen sei. Derartiges Vorbringen ist zu unsubstantiiert. Hinsichtlich der Personen, die den von der Beklagten übernommenen Transport tatsächlich ausführen, trifft die Beklagte eine erhöhte Vortrags- und Substantiierungslast. Es reicht nicht aus, wenn sie behauptet, sich nicht erklären zu können, wie es zum Schadensbericht der ###### gekommen sei. Will sie in ausreichender Weise vortragen, dass für die ####### tätige Leute Feststellungen hinsichtlich des der Beklagten überlassenen Transportgutes nicht treffen konnten, so muss sie dartun, wann sich das Transportgut im Einzelnen in den Händen welcher Beauftragten der Beklagten befunden haben soll, sodass für das entscheidende Gericht und den Versender nachvollziehbar wird, in wessen Obhut zu welchem Zeitpunkt des Transports sich das Gut befunden hat, ohne in den Händen desjenigen gewesen zu sein, der angeblich Feststellungen darüber getroffen hat.

3. Hieraus vermag der Kläger im Streitfall jedoch für ihn günstige Rechtsfolgen nicht zu ziehen. Für eine den Erfordernissen des Art. 26 genügende Schadensanzeige reicht angesichts dessen, was der Kläger im Streitfall geltend macht, die im Streitfall erfolgte Anzeige nicht aus. Für eine ausreichende Anzeige i. S. des Art. 26 des Warschauer Abkommens ist es erforderlich, dass nicht schlechthin eine Beschädigung des Transportgutes gerügt werden muss, vielmehr muss es bereits in der Anzeige im Wesentlichen um die Schäden gehen, die später auch geltend gemacht werden; vgl. Münchener Kommentar z. HGB/Kronke, Art. 26 WA 1955, Rdnr. 9 und Koller, Transportrecht, 4. Aufl., Art. 26 WA 1955, Rdnr. 12.

An dieser wesentlichen Übereinstimmung des aus der Schadensanzeige ersichtlichen Schadensumfanges und des im Prozess geltend gemachten Schadensumfanges fehlt es im Streitfall.

Die Ehefrau des Klägers hatte 93 Frachtstücke versandt, die im Air Waybill nach Anzahl der jeweils vorhandenen Abmessungen einzeln aufgeführt sind. In dem Schadensbericht der ####### heißt es, dass von den 93 Frachtstücken 6 beschädigt seien. Auf mehr als die 6 als beschädigt bezeichneten Frachtstücke kann mithin der angezeigte wesentliche und damit prozessual bestenfalls durchsetzbare Schaden des Klägers sich nicht erstrecken. Hierauf beschränkt sich jedoch dasjenige nicht, was der Kläger im Rechtsstreit geltend macht, und es lassen sich auch keine Schätzungen zu Gunsten des Klägers vornehmen.

Schon bei den Einzelteilen (Kühlgerät, Balkontisch, Kerzenständer, div. Gläser), die der Kläger neben den Großmöbeln mit 1.340 DM insgesamt als mehr als 1/10 in seinen angeblichen Schaden einbezieht, handelt es sich um 7 Stücke. Angaben darüber, wie diese Teile verpackt waren und in welchen Frachtstücken sie sich befunden haben oder ob sie selbstständig verpackt waren, gibt es nicht. Hinzu kommt, dass die großen Möbel, deretwegen der Kläger Ansprüche erhebt, nämlich die Wohnwand und das Schlafzimmer zerlegt waren. Nach den Zeichnungen, die der Kläger eingereicht hat, sollen sich Schäden an weit mehr als an 6 einzelnen Teilen befinden. Nimmt man die Markierungen des Klägers in den von ihm eingereichten Zeichnungen zusammen, ergeben sich allein 20 bis 25 beschädigte Teile. Dementsprechend lassen sich die im Rechtsstreit geltend gemachten Schäden mit der Schadensanzeige, in der nur von 6 beschädigten der 93 Frachtstücke die Rede ist, nicht in Einklang bringen.

Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund, dass unstreitig ist, dass die in Rede stehenden Möbel bereits innerhalb des ursprünglichen Wohnortes des Klägers mindestens einen Umzug erfahren hatten, woher naturgemäß ein Teil der Schäden und Kratzer auch rühren könnte.

4. Da die Schadensmeldung der ####### auch keinerlei Anhaltspunkte dafür bietet, welche 6 Frachtstücke beschädigt gewesen sein mögen, lässt sich auch nicht zu Gunsten des Klägers ein Mindestschaden schätzen. Insoweit fehlt jeglicher Anhaltspunkt dafür, welche Einzelteile oder Möbelstücke in einen solchen Mindestschadensumfang einzubeziehen sein könnten, weil sich nicht sagen lässt, welche Stücke von dem Schriftstück der ####### umfasst waren.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen gründen sich auf § 97 Abs. 1 ZPO hinsichtlich der Kosten des Berufungsrechtszuges sowie auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit.

Zur Zulassung der Revision hat der Senat keinen Anlass gesehen. Der Streitfall wies insoweit Besonderheiten, die ihm grundsätzliche Bedeutung zukommen ließen, nicht auf. Die Parteien haben auch ihrerseits nichts vorgetragen, was insoweit zu anderer Entscheidung hinsichtlich grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfortbildung Anlass gäbe.

Ende der Entscheidung

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