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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 03.08.2004
Aktenzeichen: 11 U 207/04
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 651 g Abs. 1
ZPO § 522 Abs. 2
ZPO § 531 Abs. 2
Behauptet der Reisende, die Ansprüche gemäß § 651 g Abs. 1 BGB bei seinem Lebensgefährten, der Inhaber des buchenden Reisebüros ist, geltend gemacht zu haben, bedarf es präziser Darstellung, wann und wie sich diese gleichsam "offizielle" Handlung mit Außenwirkung, die sich von in einer Lebensbeziehung üblichen Gesprächen abhebt, stattgefunden haben soll.
11 U 207/04

Beschluss

In dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... am 3. August 2004 beschlossen:

Tenor:

Es wird erwogen, die Berufung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Der Berufungsklägerin wird Gelegenheit zur Stellungnahme und zu einer weitere Kosten teilweise vermeidenden Berufungsrücknahme bis zum 31. August 2004 gegeben.

Gründe:

Die Rechtssache dürfte keine grundsätzliche Bedeutung haben und eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich sein. Die Berufung hat nach vorläufiger Beurteilung aus folgenden Gründen auch keine Aussicht auf Erfolg:

I.

Die Klägerin macht gegen die beklagte Reiseveranstalterin Ansprüche wegen eines Wirbelbruches geltend, den sie im Rahmen eines Tunesien-Urlaubes bei einem Sturz von einem Dromedar erlitten haben will, das wie eine Rodeopferd gebockt haben soll. Das Landgericht hat die Klage wegen Versäumung der Anspruchsanmeldefrist abgewiesen. Dieser Ausgang des Rechtsstreits dürfte nach vorläufiger Prüfung zumindest im Ergebnis zutreffen.

II.

Die Klägerin ist nicht deshalb mit sämtlichen, insbesondere nicht mit deliktischen, Ansprüchen ausgeschlossen, weil sie die Ausschlussfrist der Beklagten aus deren AGB, die die gesetzliche einmonatige Anspruchsanmeldungsfrist aus § 651 g BGB auf deliktische Ansprüche zu erstrecken sucht, versäumt hat. Der Bundesgerichtshof hat zwischenzeitlich entschieden, dass eine Erstreckung der Ausschlussfrist auch auf deliktische Ansprüche unwirksam ist (vgl. BGH v. 7. Juni 2004, X ZR 28/03; bisher nur als Pressemitteilung vorliegend).

III.

Aus der vorstehenden Klärung der Rechtslage folgt jedoch im Ergebnis nichts der Klägerin Günstiges:

1. Mit vertraglichen Ansprüchen ist die Klägerin von Gesetzes wegen ausgeschlossen, weil sie die insoweit gesetzliche Anmeldefrist hat verstreichen lassen. Dass sie körperlich/gesundheitlich nicht in der Lage gewesen wäre, ein einfaches Anspruchsschreiben zu verfassen, ist nach dem Lichtbild, das von ihr nach dem Unfall aufgenommen wurde, angesichts der Tatsache, dass sie die in Deutschland ambulant ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen konnte und zu keinem Zeitpunkt stationär behandelt werden musste, nicht dargetan. Die nicht näher belegte und hinsichtlich der Notwendigkeit untermauerte Berufung auf die Verordnung strenger Bettruhe reicht dazu nicht aus; die Klägerin erinnert insoweit auch nichts gegen das angefochtene Urteil.

2. Die Unterrichtung des Lebensgefährten, der zugleich Inhaber des die Buchung entgegen nehmenden Reisebüros ist, von der Absicht, Ansprüche zu erheben, die die Klägerin bei einem Besuch, den er ihr am Krankenbett eine Woche nach Urlaubsrückkehr abgestattet haben will, vorgenommen haben will, reicht für die Wahrung etwaiger vertraglicher Ansprüche ebenfalls nicht. Zwar können Ansprüche grundsätzlich wohl auch beim Reisebüro wirksam und fristwahrend angemeldet werden (vgl. BGHZ 102, 80 ff.). Ob hiervon für den Streitfall eine Ausnahme (gemäß § 242 BGB) zu machen wäre, weil die Anmeldung nicht nach außen gedrungen ist, insbesondere nicht an die Beklagte gelangte und den Bereich der Lebenspartnerschaft nicht dokumentiert verlassen hat, kann offen bleiben, denn die Klägerin trägt erstmals im Berufungsverfahren vor, dass sie eine solche Anspruchsanmeldung bei einem Krankenbesuch des Lebensgefährten, der nicht mit ihr zusammenlebt, innerhalb der ersten Woche nach Reiserückkehr vorgenommen haben will. Der erstinstanzliche Schriftsatz vom 13. Februar 2004 (GA 34 ff.), der sich mit der Frage der Anmeldung von Ansprüchen über den Lebensgefährten befasst, enthält konkretes Geschehen, wann und an welchem Ort die Klägerin dem Lebensgefährten gegenüber die erforderliche Anspruchsanmeldung vorgenommen hat, nicht. Dessen Kenntnis vom Unfall und seinen Folgen allein reicht für die Anspruchsanmeldung aber nicht aus. Mit dem erstmals in zweiter Instanz näher präzisierten Vortrag ist die Klägerin gemäß § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen, denn sie hätte ihn bereits früher, in erster Instanz vorbringen können. Das Landgericht hätte auf die Notwendigkeit konkreten Vortrages insoweit auch nicht etwa hinweisen müssen, denn damit hätte es die Grenze zur Parteilichkeit zumindest berührt; die klagende Partei kann nicht erwarten, darüber belehrt zu werden, dass - will sie dem Gegner gegenüber abzugebende Erklärungen nur ihrem Lebensgefährten gegenüber abgegeben haben und dies dem Prozessgegner zugerechnet wissen - es präzisen Vortrags bedarf, wann und wie eine solche gleichsam offizielle Handlung mit Außenwirkung, die sich von in einer Lebensbeziehung üblichen Gesprächen abhebt, stattgefunden haben soll.

3. Deliktische Ansprüche gegen die Beklagte sind damit zwar nicht ausgeschlossen. Diese könnten, da die Klägerin selbst nicht vorträgt, dass leitende Mitarbeiter der Beklagten oder deren Verrichtungsgehilfen das Unfallgeschehen ausgelöst hätten, sich allerdings allenfalls aus einem Organisationsverschulden der Beklagten ergeben.

Dafür bietet der Vortrag der Beklagten aber keine zureichenden Anhaltspunkte.

Es obliegt dem Reiseveranstalter, seine Leistungsträger, d.h. auch die von seinem Leistungsträger vor Ort regelmäßig eingeschalteten tatsächlich handelnden Personen, in zureichenden Abständen zu überwachen. Dem Vortrag der Klägerin lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass Mitarbeiter der Beklagten bei solchen Kontrollen, Missstände hätten erkennen können und müssen, die zum Unfallgeschehen beigetragen haben. Insb. fehlt es schon an nachvollziehbarem Vortrag, in welcher Situation es überhaupt zu den mehrfachen Abwürfen der Klägerin und weiterer Gruppenmitglieder, wie von der Klägerin behauptet, gekommen ist, nachdem der Beginn des Ausflugs ausweislich des dabei aufgenommenen Fotos harmonisch war. Sodann trägt die Klägerin nicht vor, dass es etwa schon früher zu derartigen "Abwurf" Unfällen, mit den Tieren dieser Gruppe gekommen wäre etc. Mangels Vortrages zur Unfallsituation fehlt auch jeglicher Anhaltspunkt dafür, dass das Alter des Tieres, zu dem die Klägerin auch nur aufgrund dessen Größe spekuliert, unfallursächlich gewesen sein könnte.

4. Vortrag zu anderen denkbaren Organisations- und Zuverlässigkeitsmängeln des Dromedar-Ausfluges, die Mitarbeitern der Beklagten bei Kontrollen hätten auffallen können, hält die Klägerin nicht, so dass sie letztlich auch mit deliktischen Ansprüchen nicht durchzudringen vermöchte.

Auch zu einer etwaigen Tierhalterhaftung hat sie schon in erster Instanz Tatsachen nicht vorgetragen; sie wäre hiermit ebenfalls gemäß § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen.

Ende der Entscheidung

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