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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 31.10.2002
Aktenzeichen: 11 U 44/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB §§ 652 ff
1. Ein bloßer Nachweismakler bedarf besonderer Sachkunde regelmäßig nicht. Dies gilt jedenfalls so lange, wie er nicht für sich in Anspruch nimmt, bestimmte Sachfragen hinsichtlich des zu erwerbenden Gebäudes beantworten zu können.

2. Ein Makler, der bereits in vertraglicher Beziehung zur Verkäuferseite steht, muss besonders hohen Anforderungen gerecht werden, wenn er auch die Käuferseite verpflichten will, ihm im Falle erfolgreicher Vermittlung eine Provision zu zahlen. Will die Käuferseite, die in einem solchen Falle die Provision gezahlt hat, jedoch geltend machen, zur Zahlung nicht verpflichtet gewesen zu sein, erfordert dies in jeder Hinsicht die Darlegung, dass für die erfolgte Zahlung ein Rechtsgrund nicht bestanden hat. Seitens der Kläger reicht im Streitfall hierfür nicht aus, dass sie meinen, die Provisionsforderung sei ihnen gegenüber nicht deutlich genug erhoben gewesen.


Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

11 U 44/02

Verkündet am 31. Oktober 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 10. Oktober 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht #######, den Richter am Oberlandesgericht ####### und die Richterin am Oberlandesgericht ####### für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bückeburg vom 11. Januar 2002 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Klägern wird gestattet, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte ihrerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in nämlicher Höhe leistet.

Beiden Parteien wird gestattet, eine etwa zu erbringende Sicherheit in der Form des § 108 Abs. 1 ZPO n. F. zu leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Die Beschwer der Kläger übersteigt 20.000 €.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die Verpflichtung der beklagten Maklerin, den Klägern Schadensersatz wegen Schlechterfüllung von Maklerpflichten zu leisten bzw. das gezahlte Maklerhonorar zurück zu gewähren.

Grundlage ist dabei ein vermittelter Kaufvertrag über ein Hausgrundstück, der am 27. Dezember 1993 geschlossen wurde. Die Kläger haben gegen den Verkäufer eine Verurteilung zum Schadensersatz dem Grunde nach wegen arglistiger Täuschung erreicht, die sich darauf gründet, dass der Verkäufer die Kläger davon hätte in Kenntnis setzen müssen, dass er im Gebäude befindliche Mietwohnungen während seiner Besitzzeit ohne die erforderlichen Baugenehmigungen errichtet hatte. Die Kläger haben sich der Höhe nach mit dem Verkäufer auf eine Zahlung von 60.000 DM verglichen, die dieser jedoch bisher mangels Zahlungsfähigkeit nicht erbracht hat.

Die Kläger haben im Vorfeld des vorliegenden Prozesses bereits versucht, den Ehemann der hiesigen Beklagten als Makler auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. Diese Klage ist jedoch mangels Passivlegitimation des dortigen Beklagten abgewiesen worden.

Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz des hiesigen Verfahrens wird auf das landgerichtliche Urteil nebst den erstinstanzlich gewechselten Schriftsätzen der Parteien und deren Anlagen Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat gemeint, ein Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung stehe den Klägern nicht deswegen zu, weil diese ab Juli 1995 die im Exposé der Beklagten erwähnten Mieteinnahmen nicht mehr erzielen konnten. Die Maklerin sei nicht verpflichtet gewesen, eigene Nachforschungen hinsichtlich der Richtigkeit der Angaben des Verkäufers zu den Mieteinnahmen und deren nachhaltiger Erzielbarkeit zu unternehmen. Im Exposé sei nur der Ist-Zustand hinsichtlich der Mieteinnahmen wiedergegeben worden. Soweit die Kläger gestützt auf ein Schreiben vom 24. März 1994 eine Zusicherung der Maklerin hinsichtlich der Mieteinnahmen für die nächsten fünf Jahre herleiten wollten, ergebe sich aus diesem Schreiben nichts Günstiges, weil es nach dem Kaufvertragsschluss datiere. Ferner hat das Landgericht eine Zusicherung hinsichtlich der Mieteinnahmen verneint, weil es im Vortrag der Kläger ausreichende Angaben, worin das über beschreibende Angaben hinausgehende Zusicherungselement liegen solle, vermisst hat. Das Landgericht hat die Beklagte zur Rückzahlung des gezahlten Maklerlohnes gemäß § 654 BGB nicht als verpflichtet angesehen. Die Beklagte sei unstreitig Vertragspartnerin sowohl des Verkäufers als auch der Kläger gewesen. Dies habe im Streitfall auch nicht zu einer vertragswidrigen Interessenkollision geführt. Für eine Parteilichkeit reiche es nicht aus, dass der Ehemann der Beklagten und der Verkäufer im gleichen Verein Fußball gespielt hätten. Nähere Anhaltspunkte für die behauptete Kenntnis der Beklagten bzw. ihres Ehemannes davon, dass das Objekt nicht genehmigungsfähig gewesen sei, hätten die Kläger nicht aufgezeigt. Von der Steilheit der Treppe auf die fehlende Genehmigung für das Gesamtobjekt zu schließen, sei nicht zwingend.

Gegen dieses Erkenntnis wenden sich die Kläger mit ihrer form- und fristgerecht eingereichten Berufung.

Sie machen geltend, ihnen gegenüber sei allein der Ehemann der Beklagten aufgetreten, und zwar ausnahmslos. Von dem erstinstanzlichen Vortrag, wonach ein Mitarbeiter namens ####### ihnen gegenüber maßgeblich aufgetreten sei, rücken sie ab. Der Ehemann der Beklagten sei ein für die ####### tätiger Versicherungsmakler; als Immobilienmakler fehle ihm die notwendige Sachkunde. Mangels Sachkunde habe er die Interessenvertretung der Kläger verfehlt. Er habe versäumt, die Kläger darauf hinzuweisen, dass das Objekt einen Pferdefuß haben müsse, weil die erzielbare Rendite aus den Mieteinnahmen im Verhältnis zum Kaufpreis zu hoch habe erscheinen müssen. Angesichts dieses Umstandes habe auch eine Interessenkollision beim Makler vorgelegen, die es ausgeschlossen hätte, dass die Beklagte sowohl die Interessen des Verkäufers als auch der Käufer vertreten konnte.

Das von den Klägern erhaltene Maklerhonorar müsse die Beklagte schon deshalb zurückzahlen, weil ein wirksames Honorarversprechen zwischen den Klägern und der Beklagten nicht zustande gekommen sei. Die Honorarforderung im Exposé, die "Provision: 5 % zuzüglich Mehrwertsteuer" gelautet habe, sei dann nicht hinreichend, wenn der Makler wie die Beklagte bereits für die andere Partei tätig sei.

Letztlich liege auch eine Schlechterfüllung des Maklerauftrages vor. Ein gewissenhafter Makler würde aufgrund des baurechtswidrigen Zustandes der Treppe festgestellt haben, dass etwas mit dem Bau nicht stimmen könne und hätte deswegen entweder bei den Verkäufern Nachfrage gehalten oder Unterlagen gefordert.

Die Kläger beantragen,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Bückeburg die Beklagte zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger 69.262,50 DM nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 7. Juni 2001 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Kläger zurückzuweisen.

Unter Erweiterung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens macht die Beklagte insbesondere geltend, das Provisionsverlangen im Exposé sei unmissverständlich gewesen. Sie weist ferner darauf hin, dass die Kläger nur die Provisionsschuld der Veräußererseite übernommen hätten. Allein aus Kostenersparnisgründen sei davon Abstand genommen worden, dies in den notariellen Grundstückskaufvertrag aufzunehmen. Sie, die beklagte Maklerin, habe davon Abstand genommen, weil die Kläger den Provisionsscheck zur notariellen Beurkundung bereits mitgebracht gehabt hätten.

Gegen eine Erkundigungs- und Aufklärungspflicht der Beklagten zugunsten der Kläger wegen der auffällig steilen Treppe trägt die Beklagte vor, die Kläger hätten selbst beim Verkäufer nachgefragt, ob diese Treppe denn genehmigt sei und hätten sich mit dessen Antwort, der dies bejaht hätte, zufrieden gegeben.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Kläger hat keinen Erfolg.

1. Den Klägern steht kein Anspruch gegen die Beklagte auf Schadensersatz aus positiver Vertragsverletzung eines Maklervertrages zu.

Ob zwischen den Klägern und der beklagten Maklerin ein Maklervertrag zustande gekommen ist, war - entgegen der landgerichtlichen Feststellung im Urteil - in erster Instanz nicht unstreitig. Zwischen den Parteien ist offen geblieben, ob die Kläger lediglich die Provisionspflicht des Verkäufers des Grundstücks zu dessen Gunsten übernommen und erfüllt haben oder ob es zum konkludenten Abschluss eines Maklervertrages auch zu den Klägern gekommen ist. Diese Frage kann jedoch auch für das Berufungsurteil offen bleiben; zugunsten der Kläger kann hier unterstellt werden, dass ein Maklervertrag bestanden haben mag, in dessen Rahmen die Beklagte vertragliche Nebenpflichten trafen.

Der Senat vermag aufgrund des Vortrages der Kläger jedoch nicht festzustellen, dass der Beklagten bzw. einem von ihr eingeschalteten Erfüllungsgehilfen, für den sie gemäß § 278 BGB a. F. einzustehen hat, eine Pflichtverletzung vorzuwerfen ist.

Soweit die Kläger eine Pflichtverletzung der Beklagten schon darin sehen wollen, dass die Beklagte ihren Ehemann als nicht fachkundigen Erfüllungsgehilfen entsandt habe, folgt daraus allein nichts den Klägern Günstiges. Nach dem eigenen Vortrag der Kläger war die Beklagte von ihnen jedenfalls nicht zu mehr als zum Nachweis einer Kaufgelegenheit für ein Renditeobjekt eingeschaltet. Mit Vermittlungsleistungen haben die Kläger die Beklagte nicht betraut. Ein bloßer Nachweismakler bedarf jedoch besonderer Sachkunde regelmäßig nicht. Dies gilt jedenfalls so lange, wie er nicht für sich in Anspruch nimmt, bestimmte Sachfragen hinsichtlich des zu erwerbenden Gebäudes beantworten zu können. Dass der für die Beklagte gegenüber den Klägern ausschließlich aufgetretene Ehemann derartiges unternommen hätte, tragen die Kläger jedoch selbst nicht vor.

Im Streitfall stellt es sich nicht als Pflichtenverstoß des Erfüllungsgehilfen der Beklagten dar, dass er, entsprechend dem Vortrag der Kläger in der Berufungsinstanz hinsichtlich der Frage, die wegen der Steilheit der Treppe zu einer der Mietwohnungen im Hintergebäude aufgekommen war, ob diese denn genehmigt sei, weitere Nachfrage oder Nachforschung nicht gehalten hat. Dass der Bundesgerichtshof den Makler als zur sachgemäßen Interessenwahrnehmung seines Auftraggebers verpflichtet ansieht (BGH NJW 2000, 3642 f. vom 28. September 2000 - III ZR 43/99), verkennt der Senat dabei nicht. Der Bundesgerichtshof schränkt diese Verpflichtung jedoch durch den Hinweis ein, dass der Umfang der Unterrichtungspflicht im Einzelnen von den Umständen des konkreten Falles abhänge.

Die Vornahme dieser Würdigung aller Umstände führt im Streitfall dazu, dass der für die beklagte Maklerin aufgetretene Ehemann zu weiterer Nachfrage oder Warnungen nicht verpflichtet war. Die Kläger wussten, dass die Beklagte jedenfalls ursprünglich vom Verkäufer beauftragt war, dass zu diesem also jedenfalls ein Vertrauensverhältnis bestand, das den Ehemann der Beklagten hinderte, gegen die Interessen des Verkäufers tätig zu werden. Die Steilheit der Treppe, an die die Kläger den Vorwurf mangelnder Tätigkeit in ihrem Interesse anknüpfen wollen, war den Klägern nach eigenem Vorbringen selbst aufgefallen. Die Kläger hatten sich mit der Antwort des Verkäufers aber begnügt, der die Treppe als genehmigt bezeichnet hatte. Aus diesem Verhalten der Kläger selbst musste der Ehemann der Maklerin nicht schließen, dass die Kläger weitere Überprüfung wünschten. Angesichts der (aus der von den Klägern behaupteten Doppeltätigkeit der Beklagten folgenden) Neutralitätspflicht verbot es sich für den Ehemann der Beklagten ohnehin, von sich aus in zwischen den Parteien heiklen Fragen Stellung zu beziehen oder einzugreifen. Dass die Kläger dem Ehemann der Beklagten weiteren Anlass zur Tätigkeit oder zur Nachforschung gegeben hätten, weil sie beispielsweise selbst weiter Skepsis an den Tag gelegt hätten, tragen die Kläger nicht vor, könnten es wohl angesichts des Zeitablaufes von neun Jahren seit Abschluss der Vertragsverhandlungen auch kaum noch mit Substanz. Dementsprechend bestand für den Ehemann der Beklagten, die als Maklerin eine eigene in jedem Falle bestehende Nachforschungspflicht hinsichtlich der Genehmigungslage zu veräußernder Gebäude nicht traf, eine weitere Pflicht nicht.

Ein Pflichtenverstoß der Beklagten bzw. von deren Ehemann liegt ferner nicht deshalb vor, weil unstreitig zwischen dem Verkäufer und dem Ehemann der Beklagten eine Bekanntschaft aufgrund gemeinsamer sportlicher Aktivitäten im gleichen Verein bestand. Die von den Klägern erhobenen Mutmaßungen, der Ehemann der Beklagten habe um den Mangel der Genehmigung gewusst, entbehren jeder Tatsachengrundlage.

2. Soweit die Kläger meinen, die Beklagte sei zur Rückzahlung des Honorars schon aus § 812 BGB verpflichtet, weil eine Courtage-Forderung durch die Beklagte im Exposé nicht in zureichendem Umfang erhoben worden sei, verfängt auch diese Argumentation nicht. Zwar geht der Senat in ständiger Rechtsprechung - gestützt auf Urteile des Bundesgerichtshofs - davon aus, dass derjenige Makler, der bereits in vertraglicher Beziehung zur Verkäuferseite steht, besonders hohen Anforderungen gerecht werden muss, wenn er auch die Käuferseite verpflichten will, ihm im Falle erfolgreicher Vermittlung eine Provision zu zahlen. Will die Käuferseite, die in einem solchen Falle die Provision gezahlt hat, jedoch geltend machen, zur Zahlung nicht verpflichtet gewesen zu sein, erfordert dies in jeder Hinsicht die Darlegung, dass für die erfolgte Zahlung ein Rechtsgrund nicht bestanden hat. Seitens der Kläger reicht im Streitfall hierfür nicht aus, dass sie meinen, die Provisionsforderung sei ihnen gegenüber nicht deutlich genug erhoben gewesen.

Selbst wenn dies zuträfe, änderte es nichts am Ergebnis, weil die Kläger auch als möglichen Rechtsgrund ihrer Zahlung ausschließen müssten, dass sie die Provisionsschuld der Verkäuferseite übernommen haben, ohne dass dies, da die Kläger einen Scheck in Höhe der vollen Provision bereits bei sich führten, noch eigens in den notariellen Vertrag, zu dessen Abschluss die Beklagte bzw. ein für sie auftretender Vertreter unstreitig eigens erschienen war, aufgenommen worden ist. Hierzu findet sich Vortrag der Kläger jedoch nicht.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen gründen sich auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit sowie auf § 97 Abs. 1 ZPO hinsichtlich der Kosten der Berufungsinstanz.

Zur Zulassung der Revision hat der Senat keinen Anlass gesehen, weil nicht ersichtlich ist, dass dem Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Parteien haben auch nichts vorgetragen, was zu anderer Beurteilung Anlass gäbe.

Ende der Entscheidung

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