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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 12.12.2002
Aktenzeichen: 11 U 64/02
Rechtsgebiete: HGB


Vorschriften:

HGB § 435
HGB § 439
1. Zur Auslegung eines Freistellungsantrages.

2. Zu dem einem Vorsatz gleichstehenden Verschulden eines Transportunternehmens, der eine geschuldete Tankreinigung nicht oder nicht ordnungsgemäß vornimmt.


Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

11 U 64/02

Verkündet am 12. Dezember 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 31. Oktober 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht #######, den Richter am Oberlandesgericht ####### und die Richterin am Oberlandesgericht ####### für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung beider Beklagter gegen das Urteil der 7. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Lüneburg vom 31. Januar 2002 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Zur Klarstellung wird der Tenor des landgerichtlichen Urteils jedoch dahin neu gefasst, dass er lautet:

Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, die Klägerin von den berechtigten Ansprüchen der Firma S., #######, ####### freizuhalten, die daraus herrühren, dass am 16. Dezember 1999 von der Beklagten zu 2 per Lkw ein Posten von 7.880 kg Celatom bei der Firma S. angeliefert wurde, der mit Hostalen verunreinigt war.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Beklagten wird gestattet, die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin ihrerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in nämlicher Höhe leistet. Die Sicherheit kann jeweils in den Formen des § 108 Abs. 1 ZPO geleistet werden.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Die Beschwer beider Beklagten übersteigt 20.000 €. Die Klägerin ist durch dieses Erkenntnis nicht beschwert.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die Verpflichtung der beklagten Spedition und der von ihr eingeschalteten Frachtführerin, die Klägerin von Ansprüchen ihrer Abnehmerin freizustellen, die daraus herrühren, dass von der beklagte Frachtführerin in einem Silo-Lkw transportiertes Kieselgur während des Transports durch Hostalen, welches - wie zwischenzeitlich unstreitig geworden ist - zuvor in dem Lkw transportiert worden war, verunreinigt wurde.

Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat beide Beklagte als Gesamtschuldner antragsgemäß zur Freistellung der Klägerin von den nicht näher bezifferten Ansprüchen der Abnehmerin verurteilt.

Gegen dieses Erkenntnis wenden sich die Beklagten mit ihrer jeweils form- und fristgerecht eingelegten Berufung.

Mit ihr macht die Beklagte zu 2 geltend, der auf Freistellung gerichtete Klageantrag der Klägerin sei unzulässig, weil er der Klägerin in nicht hinnehmbarer Weise ermögliche, ohne tragfähige Entscheidung zur Höhe der begründeten Ansprüche gegen die Beklagten nach § 887 ZPO zu vollstrecken.

Hinsichtlich der Beklagten zu 2 sei zudem eine Anspruchsgrundlage nicht zu erkennen. In der Sache bekämpft die Beklagte zu 2 die Feststellung des Landgerichts, wonach der Lkw-Fahrer die Reinigung des Tanks entgegen dem Zertifikat, welches er selbst ausgestellt habe, nicht vorgenommen habe. Diese Feststellung und die darauf gegründete Feststellung eines schweren Verschuldens sei unhaltbar. Vielmehr ergebe sich aus den in zweiter Instanz erstmals eingereichten Tachoscheiben, dass der für die Beklagte zu 2 tätig gewordene Fahrer ####### den Lkw in der Standzeit am 15. Dezember 1999 von 06:00 - 08:00 Uhr morgens gereinigt habe. Hierbei sei es nur zu einem geringfügigen Verschulden gekommen, welches dann die streitursächliche Verschmutzung, die auf Rückständen des zuvor transportierten Hostalen beruhten, wie die Beklagte zu 2 in dieser Instanz einräumt, geführt habe.

Die Beklagte zu 1 greift das landgerichtliche Urteil mit gleicher Zielsetzung ebenfalls unter Erweiterung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages an. Auch sie meint, die Feststellung eines groben Verschuldens, das in der Nichtvornahme der Tankreinigung entgegen dem gefertigten Zertifikat bestehe, sei verfahrensfehlerhaft getroffen.

Wenn aber nur leichtes bzw. normales Verschulden festgestellt werden könne, so sei die Klageforderung zum einen verjährt. Zum anderen stehe der Klägerin allenfalls eine summenmäßig begrenzte Forderung zu, die sich auf nicht mehr als gut 14.000 DM belaufe. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Beklagte zu 1 behauptet, Vertragsinhalt zwischen ihr und der Klägerin sei nicht die Vornahme einer zertifizierten Reinigung des Lkw gewesen. Vielmehr sei eine Absprache zwischen dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat anwesenden Zeugen ####### und dem Geschäftsführer der Klägerin ####### oder einer von dessen Mitarbeiterinnen getroffen gewesen, wonach die Transportfahrzeuge sauber, aber nicht für Lebens-mitteltransporte desinfiziert sein mussten; besenrein habe insoweit ausgereicht. Eine zertifizierte Reinigung, die etwa 250 DM gekostet haben würde, habe die Klägerin nicht bezahlen wollen.

Beide Beklagten beantragen,

auf ihre Berufung das Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 31. Januar 2002 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung beider Beklagten zurückzuweisen.

Hilfsweise beantragt sie (Bl. 3 des Schriftsatzes vom 20. September 2002),

festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, die Klägerin von allen

Ansprüchen der Firma S., #######, ####### freizuhalten, die daraus herrühren,

dass von der Beklagten zu 2 am 16. Dezember 1999 7.880 kg Celatom an die Firma S. geliefert worden sind, die mit Hostalen verunreinigt war.

Die Klägerin verteidigt unter Erweiterung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens das landgerichtliche Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen, insbesondere auch auf die beiden Tachoscheiben vom 15. Dezember 1999, welche die Beklagte zu 2 in der Berufungsinstanz zu den Akten gereicht hat, Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des am Vorfallstage eingesetzten Fahrers #######. Wegen der weiteren Einzelheiten des Verlaufs der mündlichen Verhandlung und des Beweisergebnisses wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll.

II.

Die Berufung der Beklagten hat im Ergebnis keinen Erfolg.

1. Der Senat hat jedoch das Klagebegehren der Klägerin nach Erörterung mit den Parteien in der mündlichen Verhandlung dahin ausgelegt, dass er dieses nur als Feststellungsbegehren versteht und von Amts wegen den Tenor der landgerichtlichen Entscheidung auf diesen Umfang reduziert.

Wie ein Freistellungsantrag auszulegen ist, kann im Einzelfall zweifelhaft sein. Regelmäßig stellt sich die Freistellung als Vorstufe eines Zahlungsbegehrens dar und wandelt sich mit Bezifferung in die Verurteilung zur Zahlung um. Im Einzelfall kann jedoch das Freistellungsverlangen auch als Feststellungsantrag auszulegen sein, wie sich insbesondere mittelbar aus der Kommentierung bei Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 256 Rn. 13 a, ersehen lässt. Im Streitfall erachtet der Senat allenfalls eine Feststellung, die die Klägerin begehren könnte, als begründet. Anderenfalls würde die Klägerin sich nämlich möglicherweise die Vergünstigung verschaffen, sich im Verhältnis zur Empfängerin der Ladung Kieselgur die - angesichts der Höhe der geltend gemachten Forderung - geboten erscheinende Auseinandersetzung über den Umfang des Geschuldeten ganz oder weitgehend zu ersparen. Mit seiner Auslegung des Antrages wollte der Senat sicherstellen, dass die Klägerin die Frage der berechtigten Höhe der Forderung ordnungsgemäß klären muss, ohne dass der Senat hierzu meinte, auf dem Hilfsantrag der Klägerin zurückgreifen zu müssen. Bei redlichen Absichten der Klägerin beinhaltet diese Auslegung des Klagebegehrens ein Unterliegen der Klägerin nicht.

2. In der Sache hat die Berufung der Beklagten gegen das so verstandene Klagebegehren der Klägerin keinen Erfolg.

Zutreffend hat das Landgericht beide Beklagten der Klägerin zum Schadensersatz als verpflichtet angesehen. Wie inzwischen unstreitig geworden ist, ist das Gut, das mit dem Lkw ####### der Beklagten zu 2 am 16. Dezember 1999 bei der Abnehmerin der Beklagten angelieferte Kieselgur, während des Transports beschädigt, nämlich verunreinigt worden. Während des Transports ist die Ladung mit Hostalen, kleinen schwarzen Kunststoffpartikeln, vermischt worden. Dieser Stoff war - wie unstreitig geworden ist - zuvor in dem verwendeten Silo-Lkw transportiert worden.

Für den so verursachten Schadensfall, der nach dem seit dem 1. Juli 1998 geltenden Transportrecht zu beurteilen ist, haben beide Beklagten als Frachtführer einzustehen. Hinsichtlich der Beklagten zu 1 als Spediteurin, die den Transport zu fixen Kosten übernommen hat, folgt dies aus §§ 459, 428 HGB; als Fixkostenspediteurin muss die Beklagte zu 1 für das Verhalten der Beklagten zu 2 wie für das Verhalten eigener Leute einstehen. Der Anspruch gegen die Beklagte zu 2 stand der Empfängerin des Gutes gemäß § 421 HGB zu. Die Klägerin ist aktiv legitimiert, ihn geltend zu machen, aufgrund der Abtretung der Empfängerin, die, was die Beklagte zu 2 nicht bestritten hat, durch die Urkunde, welche in Kopie Bl. 101 als Anlage zum Schriftsatz vom 15. November 2001 zu den Akten gelangt ist, vollzogen worden ist. Aufgrund der vorgenannten Abtretung ist es der Klägerin nur im Rahmen der oben durch den Senat erfolgten Auslegung des Klagantrages als Feststellungsantrag möglich, den Anspruch der Empfängerin einzuklagen. Auf Freistellung wäre die Empfängerin des Gutes als Geschädigte, die ihren Schaden ebenfalls nach dem langen Zeitablauf bis zur letzten mündlichen Verhandlung inzwischen vermutlich hätte beziffern können, nicht berechtigt gewesen.

Beide Beklagten haben für das Verhalten der Beklagten zu 2 - wie vorstehend dargestellt - einzustehen. Beide haften für den eingetretenen Schaden unbegrenzt. Es steht nämlich zur Überzeugung des Senats fest, dass der eingetretene Schaden durch die Beklagte zu 2 wenn nicht vorsätzlich, so doch zumindest in der gesteigerten Schuldform des § 435 bzw. 436 HGB n. F., nämlich leichtfertig und in dem Bewusstsein, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, verursacht worden ist.

Für ein solches Geschehen begründet der inzwischen unstreitige äußere Geschehensablauf einen Anscheinsbeweis. Die Tatsache, dass Reste des in dem Silo-Wagen zuvor transportierten Hostalens den Transport mit Kieselgur verunreinigt haben, lässt darauf schließen, dass die Reinigung des Fahrzeuges, das für Lebensmittelzutaten verwendet werden sollte, entweder ganz unterlassen oder unzureichend durchgeführt worden ist. Dass es auf eine solche Reinigung maßgeblich ankam, war beiden Beklagten hinreichend verdeutlicht, weil die Klägerin, nachdem ihre Abnehmerin ihr dies zur Pflicht gemacht hatte, ausdrücklich ein Reinigungszertifikat für den Lkw angefordert hatte.

Von der Verpflichtung der Beklagten, nur mit einem qualifiziert gereinigten Lkw das streitgegenständliche Kieselgur zu transportieren, geht der Senat aus, ohne dass die Erklärungen der Beklagten zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu einer anderen Tatsachengrundlage zu führen vermocht hätten. In erster Instanz hatte die Klägerin bereits als Anlage zur Klageschrift die Forderung ihrer Abnehmerin vom 9. Dezember 1999, wonach der Fahrzeugführer ein Reinigungszertifikat unaufgefordert vorzulegen hatte, eingereicht. Die Beklagten hatten nie in Abrede genommen, von diesem Erfordernis von der Klägerin in Kenntnis gesetzt worden zu sein. Dementsprechend hat das Landgericht als unstreitig behandelt, dass die Beklagten dieses Erfordernis gekannt hatten und es Vertragsinhalt auch hinsichtlich der Beförderungsverträge geworden ist. Hiermit stimmte es auch überein, dass der für die Beklagte zu 2 tätige Fahrer, der Zeuge #######, das Reinigungszertifikat Bl. 132 d. A. fertigte und der Klägerin bei Beladung des Gutes vorlegte.

Diesem als unstreitig behandelten Sachverhalt, auf dessen Grundlage allein sich auch nur die vom Landgericht vorgenommene Beweisaufnahme zu der Frage, wann eine zertifizierte Reinigung des Lkw vorgenommen worden ist, waren die Beklagten bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht entgegengetreten. Mit dem erstmals in der mündlichen Verhandlung hiervon abweichend vorgetragenen Sachverhalt, wonach die Beklagte zu 1 mit der Klägerin vereinbart haben will, dass nur besenrein zu reinigen gewesen sei, kann die Beklagte zu 1 bzw. können beide Beklagten, nachdem der Senat davon ausgeht, dass der Beklagte zu 2 sich das neue Vorbringen der Beklagten zu 1 zu eigen machen will, aus mehreren Gründen nicht gehört werden. Das neue Vorbringen ist in erster Linie schon unsubstantiiert. Die Beklagte zu 1 hat nicht vorgetragen, zu welchem Zeitpunkt der von ihr benannte Zeuge #######, der im Hause der Beklagten die Position des Leiters der Abteilung Spedition und Transport einnimmt, die Abrede mit der Beklagten zu 1 getroffen haben will, dass ein besenreines Fahrzeug genügen soll. Zudem ist der Vortrag nicht hinreichend substantiiert worden, mit wem die Abrede getroffen worden sein soll. Obwohl der Zeuge ####### anwesend war und den Prozessbevollmächtigten informierte, erfolgte keine Konkretisierung, mit welcher Person die angebliche Abrede getroffen worden ist. So wie der Vortrag erfolgte, dass Herr ####### nämlich mit Herrn ####### oder einer von dessen Mitarbeiterinnen gesprochen haben will, ist der Vortrag für die Klägerin nicht einlassungsfähig. Er erscheint vielmehr geprägt vom Eindruck der Beweisaufnahme, mit der die Beklagten eine zureichende Reinigung in der von ihnen zuvor behaupteten Weise nicht hatten nachweisen können, wie der Senat entsprechend § 279 Abs. 3 ZPO den Parteivertretern auch eröffnet hatte.

Neben der mangelnden Substanz war dieser Vortrag aber auch verspätet. Der Senat weist ihn auch ausdrücklich unter diesem Gesichtspunkt zurück. Das Vorbringen der Beklagten ist neu. Im ersten Rechtszug ist es nicht vorgetragen worden. Es betrifft nicht gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO einen Gesichtspunkt, den das Landgericht übersehen oder nicht beachtet hätte. Vielmehr ist das Landgericht, wie aus dessen Beweiserhebung zu ersehen war, vom Gegenteil des nunmehr von den Beklagten vorgebrachten Sachvortrages ausgegangen. Dementsprechend hätten die Beklagten bereits in erster Instanz allen Anlass gehabt, ihren jetzigen Sachvortrag bereits im ersten Rechtszug vorzubringen. Die Beklagten haben auch nicht dargelegt, dass sie ohne Nachlässigkeit nicht in der Lage gewesen wären, den jetzt gehaltenen Vortrag bereits früher einzubringen. Welche Abreden zwischen der Klägerin und den Beklagten bzw. der Beklagten zu 1 und der Beklagten zu 2 getroffen waren, war den Beklagten bereits vor der Durchführung des Transports und damit weit vor dem Rechtsstreit bekannt. Dementsprechend hätte dieses Vorbringen bereits von Anfang an in den Rechtsstreit eingeführt werden können.

Entsprechend dem vorstehend Ausgeführten geht der Senat davon aus, dass die Beklagten wussten und dieses Inhalt ihres vertraglich übernommenen Transportes war, dass ein Silo-Fahrzeug zu stellen war, das vor dem Transport einer qualifizierten Reinigung hätte unterzogen werden müssen. Dass die geschuldete Reinigung eine lebensmittelgerechte Desinfektion für 250 DM sein musste, davon geht der Senat zugunsten der Beklagten nicht aus. Das ergibt sich auch aus dem Anforderungsschreiben der Empfängerin gegenüber der Klägerin, von dessen Weiterleitung zumindest dem Inhalt nach an die Frachtführer der Senat ausgeht, nicht. Vielmehr dürfte eine mit Besen, einer Saugeinrichtung und Druckluft bzw. Wasserdampf evtl. nur vom Fahrer durchgeführte sorgfältige Reinigung ausgereicht haben.

Diese Anforderungen hat die Beklagte zu 2 verfehlt. Aus dem zwar schwer leserlichen aber immerhin noch entzifferbaren Reinigungszertifikat, das der Fahrer ####### selbst ausgestellt hat, geht hervor, dass der Silo-Wagen rückstandsfrei gereinigt sei. Auch die Schläuche und die Anschlüsse seien gereinigt worden. Beide Angaben hat die Beklagte zu 2 tatsächlich verfehlt. Der als Zeuge vernommene Fahrer hat angegeben, das Fahrzeug mit einem Besen ausgekehrt zu haben. Er hat aber weiter angegeben, dass das Fahrzeug innen aus Aluminium gewesen sei, was dazu führe, dass kleine Kunststoffkügelchen aus Hostalen von dem Material angezogen würden und auf den Wänden hafteten. Dementsprechend kann durch Ausfegen des Silo-Wagens mit einem Besen eine rückstandsfreie Reinigung nicht bewirkt werden. Ferner hat der Fahrer bekundet, dass er eine andere Reinigung als durch einen Besen nicht vorgenommen habe. Dementsprechend kann eine Reinigung der Stutzen und Schläuche, die mit einem Besen nicht bewirkt werden kann, die in dem Zertifikat ebenfalls als erfolgt angegeben ist, nicht stattgefunden haben.

Durch die Aussagen des Zeugen ####### ist auch die Behauptung der Beklagten zu 2 widerlegt, dass am Morgen des 15. Dezember 1999 zwischen 06:00 Uhr und 08:00 Uhr noch in Dänemark eine ausreichende Säuberung des Fahrzeuges stattgefunden habe. Der Fahrer hat bekundet, eine solche Reinigung nicht durchgeführt zu haben und hierzu auch nicht angewiesen worden zu sein.

Dementsprechend hat die Beklagte zu 2 die übernommene und als erfolgt ausgeführte Reinigung tatsächlich in der Form, wie durch den Fahrer zertifiziert, nicht durchgeführt. Insoweit hat sie vorsätzlich die vertraglichen Vorgaben missachtet.

Dabei mag es zwar den Fahrer entlasten, dass er eine Weisung zur intensiveren Reinigung nicht hatte und auch Gerätschaften zur Vornahme einer besseren Reinigung nicht mit sich führte; die Beklagte zu 2, die in Kenntnis der vertraglichen Anforderungen den Fahrer zu derartigem Verhalten veranlasste, entlastet dies jedoch nicht.

Nach der glaubhaften und überzeugenden Aussage des Fahrers der Beklagten zu 2 kommt den von ihr eingereichten Tachoscheiben eine besondere Bedeutung nicht mehr zu. Mit diesen Tachoscheiben hätte jedoch die Behauptung, am 15. Dezember 1999 morgens zwischen 06:00 Uhr und 08:00 Uhr habe in

Dänemark Zeit und Gelegenheit bestanden, eine Reinigung vorzunehmen, nicht indiziell untermauert werden können. Beide Tachoscheiben datierten vom 15. Dezember 1999 sind aber in der Zeit zwischen 22:00 Uhr und 02:30 Uhr jedenfalls gleichzeitig, aber in verschiedener Weise in Benutzung gewesen. Beide Tachoscheiben beginnen beim Kilometerstand von 769.409 km. Eine derartige gleichzeitige verschiedene Benutzung ein und desselben Lkw mit dem gleichen Nummernschild am gleichen Tage kann jedoch logischerweise nicht durchgeführt werden. Dementsprechend besagt die Existenz der beiden Tachoscheiben, die am gleichen Kilometerstand ihren Ausgang nehmen, dass die Beklagte zu 2 insoweit mit der einen oder anderen Tachoscheibe oder sogar mit beiden einen unwahren Sachverhalt dokumentiert. Der Senat vermag nicht zu entscheiden, welcher Sachverhalt der Wahrheit entspricht. Der Beklagten zu 2 gelingt es jedenfalls nicht, mit diesen Tachoscheiben den aus der Verunreinigung des Gutes herrührenden Anschein zu erschüttern, dass der Fahrer der Beklagten zu 2 eine Reinigung des Lkw dem von ihm ausgestellten Zertifikat entsprechend durchgeführt hätte oder auch nur haben könnte.

Nachdem wie vorstehend dargelegt ein besonders grobes Verschulden der Beklagten zu 2 hinsichtlich der Nichtdurchführung der geschuldeten und auch zertifizierten Reinigung feststeht, sind die gegenüber beiden Beklagten dem Grunde nach bestehenden Schadensersatzansprüche bei Klageerhebung nicht verjährt gewesen. Gemäß § 439 Abs. 1 Satz 2 HGB verjähren in Fällen, in denen Vorsatz oder ein dem Vorsatz gleichstehendes Verschulden i. S. v. § 435 HGB bejaht worden ist, die Ansprüche erst in drei Jahren. Dieser Zeitraum war bei Klageerhebung nicht abgelaufen.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 97 Abs. 1 ZPO hinsichtlich der Kosten der Berufungsinstanz. Die vorläufige Vollstreckbarkeit bestimmt sich nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Zur Zulassung der Revision hat der Senat keinen Anlass gesehen. Nachdem im Streitfall nach der Aussage des vom Senat vernommenen Fahrers der Beklagten zu 2 ein Sachverhalt, der ein besonders schweres Verschulden i. S. v. § 435 HGB darstellt, positiv festgestellt werden konnte, hat der Senat auch im Hinblick auf die Unsicherheiten, die bei der Auslegung des § 435 HGB hinsichtlich der Frage, welches Verschulden dem Vorsatz gleichsteht, eine Revisionszulassung nicht für nötig gehalten. Die Parteien haben im Übrigen ihrerseits nicht aufgezeigt, was zu anderer Entscheidung Anlass gegeben hätte.

Ende der Entscheidung

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