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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 29.11.2001
Aktenzeichen: 11 U 70/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 651 a
BGB § 651 g
Ein Sportlehrerverband, der ein Nichtmitglied zu einem Fortbildungskurs im Skilaufen mitreisen lässt, haftet dem Mitreisenden nicht für einen erlittenen Unfall, weil er für den Reisenden - anders als für seine Mitglieder - keine Unfallversicherung vorhält. Insoweit besteht auch keine Hinweispflicht.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

11 U 70/01

Verkündet am 29. November 2001

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 18. Oktober 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ####### den Richter am Oberlandesgericht ####### und die Richterin am Oberlandesgericht ####### für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 21. Dezember 2000 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer des Klägers beträgt bis zu 25.000 DM.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die Berufung war in zulässiger Weise erhoben, sie ist jedoch nicht begründet.

Dem Kläger steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch gegen den beklagten Verein auf Schadensersatz zu.

I.

Vertragliche Ansprüche sind nicht ersichtlich, ohne dass entschieden werden müsste, ob zwischen dem Kläger und dem beklagten Verein ein Reisevertrag zustande gekommen ist oder ob eine anders geartete vertragliche Beziehung eher in Betracht kommt.

1. Wäre ein Reisevertrag zustande gekommen, wofür immerhin spricht, dass der beklagte Verein eine Mehrheit von Leistungen anbietet, die in der Gestellung einer Unterkunft mit Halbpension, einem Skikurs und einem Liftpass liegen und mit denen sich der beklagte Verein ausweislich der zu den Akten gereichten Kopien seiner Angebote in erster Linie an solche Interessenten wendet, die ihm nicht angehören, wäre der Kläger mit den geltend gemachten Ansprüchen gemäß § 651 g BGB ausgeschlossen. Der Kläger hat Ansprüche gegen den beklagten Verein wegen des Unfalls nicht in der Ausschlussfrist des § 651 g Abs. 1 BGB, die einen Monat nach dem vertraglich vorgesehenen Ende der Reise beträgt, geltend gemacht. Das vertraglich vorgesehene Reiseende war für den 10. Januar 1999 vorgesehen. Etwaige Ansprüche mussten mithin bis zum 10. Februar 1999 angemeldet sein. Der Kläger hat nach dem Unfall aber erst am 13. Februar 1999 Kontakt zum beklagten Verein aufgenommen. Dieses Schreiben, sollte ihm, was ebenfalls zweifelhaft ist, die Geltendmachung von Ansprüchen hinreichend klar zu entnehmen sein, war verspätet. Der 13. Februar 1999 war ein Samstag. Eine rechtzeitige Anmeldung von Ansprüchen hätte dem beklagten Verein aber spätestens am Mittwoch, den 10. Februar 1999 zugehen müssen.

Der Kläger hat auch in keiner Weise die verspätete Geltendmachung etwaiger Ansprüche entschuldigt. Eben so wenig ist aus den Akten ersichtlich, dass der Kläger etwa an der rechtzeitigen Geltendmachung gehindert gewesen wäre. Im Februar 1999 hielt der Kläger sich bereits in einer Rehabilitationsklinik auf. Während dieses Aufenthalts hat er das Schreiben vom 13. Februar 1999 verfassen können. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass ihm das vor dem 13. Februar 1999 nicht in gleicher Weise möglich gewesen wäre.

2. Auch andere vertragliche Ansprüche wegen der Verletzung vertraglicher Nebenpflichten stehen dem Kläger nicht zu. Wenn es sich bei dem zwischen den Parteien eingegangenen Rechtsverhältnis um einen werkvertragsähnlichen Vertrag oder ein Vertragsverhältnis eigener Art handeln sollte, so ist eine Pflichtverletzung, auf der die vom Kläger erlittenen Unfall- bzw. dadurch mittelbar entstandenen Vermögensschäden beruhen könnten, letztlich nicht hinreichend dargetan.

Die vom Kläger in erster Linie vorgetragene Pflichtverletzung, die er darin sieht, dass der beklagte Verein ihn nicht zureichend darüber informiert habe, dass für ihn keine Unfallversicherung bestehe, liegt nicht vor. Der beklagte Verein war nicht verpflichtet, den Kläger über das Nichtbestehen einer Unfallversicherung in Kenntnis zu setzen.

Dass der beklagte Verein für seine Mitglieder, die Sportlehrer sind, eine Unfallversicherung vorhält, mag den Tatsachen entsprechen. Da der Kläger jedoch Nichtmitglied war und mangels Erfüllung der Aufnahmebedingungen des Vereines auch nicht Mitglied werden konnte, hatte der Kläger keinen Anlass, von dem Bestand einer Unfallversicherung für ihn für den in Rede stehenden Skiurlaub auszugehen.

Im Übrigen trifft einen vertraglichen Leistungsträger, wie den beklagten Verein, wenn er reisevertragsähnliche Leistungen erbringt, keine weitergehende Aufklärungs- und Informationspflicht über etwa bestehende Versicherungsmöglichkeiten oder bestehenden Versicherungsbedarf, als dies bei einem Reiseveranstalter der Fall wäre. Selbst ein Reiseveranstalter, für den die Informationsverordnung hinsichtlich Pauschalreisen gelten würde, ist zur Aufklärung der Kunden im Hinblick auf die Unfallversicherungslage und -möglichkeit nicht verpflichtet. Dem gemäß traf auch den beklagten Verein im Streitfall eine solche Pflicht nicht.

Eine insoweit erweiterte Pflichtenstellung ist auch nicht etwa im Streitfall durch das Schreiben des Beklagten vom 16. Oktober 1998, welches der Zeuge ####### in Ablichtung in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht eingereicht hat, ausgelöst worden. Es steht nämlich nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass dieses Schreiben dem beklagten Verein zugeleitet worden ist. Der Senat teilt die Beweiswürdigung des Landgerichts, wonach der Kläger die von ihm behaupteten Umstände des Vertragsschlusses mit dem beklagten Verein nicht zu beweisen vermocht hat, sondern dass es hinsichtlich des Vertragsschlusses beim non liquet geblieben ist. Die Berufung hat dem Senat keinen Anlass gegeben, die vom Landgericht insoweit durchgeführte Beweisaufnahme zu wiederholen. Die Folgerung dieser Beweiswürdigung ist weiter, dass nicht feststeht, dass das vorerwähnte Schreiben zeitnah zum 16. Oktober 1998 an den beklagten Verein gelangt ist. Es erscheint genau so denkbar, dass das Schreiben vom Kläger im Interesse einer höheren Durchsetzungschance für Ansprüche gegen den beklagten Verein nachkonstruiert worden ist, als sich der Unfall bereits zugetragen hatte.

3. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die vom Kläger erlittenen Unfallschäden auf einer andersartigen Pflichtverletzung beruhen würden, für die der beklagte Verein vertraglich einzustehen hätte.

Soweit der Kläger eine unzureichende Aufwärmphase, eine unzureichende Auswahl des Übungsplatzes und eine Überforderung durch den Übungsleiter geltend macht, ist nicht ersichtlich, dass diese Umstände auf das konkrete Unfallgeschehen von irgend einem Einfluss gewesen sind. Der Kläger trägt selbst vor, dass er die im Rahmen des Kurses durchzuführende Übung bis nahezu zum Stand ausgeführt hatte und in dieser Situation erst gestürzt sei. Hieraus lässt sich ersehen, dass sich das Unfallgeschehen in einer Situation zutrug, die nicht typisch damit zusammen hing, dass der Kläger überfordert gewesen wäre oder dass an ungeeigneter Stelle geübt wurde. Vielmehr stellte sich die Situation als eine solche dar, wie sie beim Skifahren jederzeit eintreten kann, dass nämlich im Stand oder nahezu erreichten Stand das Gleichgewicht verloren geht. Ein solcher Sturzvorgang stellt sich aber nicht als Folge einer Pflichtverletzung, sondern gerade als das typische allgemeine Lebensrisiko dar, das jeder auf sich nimmt, der Ski fährt. Hierfür hat der beklagte Verein nicht einzustehen.

Soweit der Kläger weiter geltend macht, er sei der falschen Leistungsgruppe zugeordnet worden, so hätte es ihm oblegen, hierauf seinerseits hinzuweisen oder eine andere Gruppenzuweisung selbst zu veranlassen. Der die Gruppeneinteilung vornehmende Betreuer, der vom beklagten Verein gestellt wurde, durfte ohne Proteste des Klägers angesichts dessen, dass der Kläger sich für einen Kurs für Ausbilder im Skifahren eingetragen hatte und der Tatsache, dass der Kläger über ein befreundetes Vereinsmitglied zur Mitreise gekommen war und mit diesem in der gleichen Leistungsgruppe eingeordnet war, von einer unbedenklichen Gruppeneinordnung ausgehen. Auch die Zuordnung des Klägers zu der Leistungsgruppe stellt sich mithin nicht als unfallauslösende Pflichtverletzung dar.

II.

Der beklagte Verein haftet dem Kläger auch nicht aus Deliktsrecht.

Aus den vorstehenden Ausführungen zu etwaigen vertraglichen Pflichtverletzungen ergibt sich bereits, dass auch keine Pflichtverletzung ersichtlich ist, deretwegen der beklagte Verein für eigenes Handeln oder Handeln des von ihm gestellten Ausbilders einzustehen hätte.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen gründen sich auf § 97 Abs. 1 ZPO hinsichtlich der Kosten sowie auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit.

Ende der Entscheidung

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