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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 09.11.2007
Aktenzeichen: 13 U 176/07
Rechtsgebiete: UWG


Vorschriften:

UWG § 12 Abs. 2
Wird im Wettbewerbsrecht geprüft, ob die Vermutung der Dringlichkeit nach § 12 Abs. 2 UWG widerlegt ist, sind auch die wechselseitigen Interessen gegeneinander abzuwägen.
13 U 176/07

Beschluss

In dem Rechtsstreit

Tenor:

1. Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 200.000,00 EUR festgesetzt.

2. Es wird erwogen, die Berufung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Dem Berufungskläger wird Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 30. November 2007 gegeben.

Gründe:

Die Rechtssache ist als einstweiliges Verfügungsverfahren nicht revisibel. Die Berufung hat nach vorläufiger Beurteilung aus folgenden Gründen auch keine Aussicht auf Erfolg:

Das Landgericht hat zu Recht einen Verfügungsgrund verneint.

Zwar wird die Dringlichkeit in Wettbewerbsprozessen grundsätzlich vermutet (§ 12 Abs. 2 UWG). Dennoch sind auch hier die wechselseitigen Interessen gegeneinander abzuwägen. Das Interesse des Klägers muss dasjenige der Beklagten so überwiegen, dass der beantragte Eingriff in deren Sphäre auf Grund eines bloß summarischen Verfahrens gerechtfertigt ist. Je gesicherter sich die Tatsachengrundlage feststellen lässt, umso eher kommt eine Eilentscheidung in Betracht. Zu berücksichtigen ist weiter, dass es sich vorliegend um eine Leistungsverfügung handelt. Der Beklagten wäre der Vertrieb der Mittel für den Zeitraum endgültig untersagt, in dem eine einstweilige Verfügung Geltung hat. An den Verfügungsgrund sind in solchen Fällen strenge Anforderungen zu stellen (zum Ganzen Berneke, die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, 2. Aufl., Rn. 51 ff, mit umfangreichen Nachweisen aus Rechtsprechung und Literatur).

Nach diesem Maßstab lässt sich im vorliegenden Fall nicht rechtfertigen, die beantragte einstweilige Verfügung zu erlassen. Die Mittel mit den umstrittenen Zutaten befinden sich seit geraumer Zeit auf dem Markt und sind in erheblichem Umfang vertrieben worden. Durch sie verursachte Gesundheitsschäden sind nicht aufgetreten. es gibt auch keinerlei konkrete Anhaltspunkte dafür, dass sie in Zukunft zu befürchten sind. Ohnehin würden die Mittel auch dann weiter angeboten, wenn der Kläger mit seinem Verfügungsantrag durchdringt. Denn er geht nur gegen einige (nicht alle) Verkaufsstellen, nicht aber gegen die Hersteller vor. Die im einstweiligen Verfügungsverfahren herstellbare Tatsachenbasis ist schmal. Zu Recht weist das Landgericht darauf hin, dass sich ohne weitere Aufklärung, insbesondere ohne unabhängige vom Gericht in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten keine tragfähige Tatsachenbasis finden lässt. Das gilt beispielsweise für die Fragen, ob die Zusätze "üblicherweise" als Lebensmittel verzehrt oder als charakteristische Zutat verwendet werden (§ 2 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 1. Halbs. LFGB) und ob sie "natürlicher Herkunft" sind und "nach allgemeiner Verkehrsauffassung" überwiegend wegen ihres Nährwertes verwendet werden (§ 2 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 2. Halbs. LFGB). Die zu letzterem von den Parteien vorgelegten zahlreichen sachverständigen Stellungnahmen leiden darunter, dass die rechtlichen Vorgaben nicht hinreichend differenziert bzw. unrichtig sind. Die notwendige weitere Sachaufklärung lässt sich im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht leisten. Das kann nicht jeweils zu Lasten derjenigen Partei gehen, die darlegungs- und beweispflichtig ist, sondern muss dazu führen, dass derjenige unterliegt, der das nicht interessengerechte Verfahren gewählt hat.

Celle, 9. November 2007

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