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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 01.02.2007
Aktenzeichen: 13 U 195/06
Rechtsgebiete: UWG, StGB


Vorschriften:

UWG § 4 Nr 11
StGB § 284
Zur Wettbewerbswidrigkeit einer Fernsehwerbung für Sportwetten, deren Veranstalter keine Erlaubnis der zuständigen inländischen Behörde besitzt.

§ 284 StGB stellt auch nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 (1 BvR 1054/01) eine gesetzliche Vorschrift im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG dar, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.


Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

13 U 195/06

Verkündet am 1. Februar 2007

In dem Rechtsstreit

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 16. Januar 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. K., den Richter am Oberlandesgericht W. und die Richterin am Oberlandesgericht F. für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Verfügungsklägerin wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 5. September 2006 geändert.

Die Verfügungsbeklagten werden verurteilt, es zu unterlassen, auf dem Gebiet der elf alten Bundesländer Sportwetten zu bewerben, die nicht durch dasjenige Bundesland behördlich erlaubt sind, auf dessen Gebiet die Sportwetten beworben werden, insgesamt wie nachstehend wiedergegeben:

"s..de. Live wetten. Live erleben."

Den Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das ausgesprochene Verbot ein Ordnungsgeld bis zu einer Höhe von 250.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht.

Die Verfügungsbeklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Gründe:

A.

Die Verfügungsbeklagte zu 1 (im Folgenden: Beklagte zu 1) ist die R. GmbH, die ihr Fernsehprogramm im deutschen Fernsehen bundesweit ausstrahlt. Die Verfügungsbeklagte zu 2 (im Folgenden: Beklagte zu 2) ist ihre Geschäftsführerin. Bei den Übertragungen zur Fußballweltmeisterschaft strahlte die Beklagte zu 1 mehrmals einen Werbespot des Sportwettenangebots "s." aus. Am Ende des Webespots wurde der Slogan eingeblendet "s..de. Live-Wetten. Live Erleben." Auf der Internet-Seite mit der Domain "s..de" werden Sportwetten präsentiert und Wettquoten für einzelne Wetten angegeben. Dem Benutzer wird durch Anklicken der Felder "Anmelden" oder "Registrieren" oder "Mein Wettschein - Bitte suchen Sie eine Wette aus" mittels Hyperlinks ermöglicht, sich für eine Wette anzumelden oder, wenn der Benutzer noch kein "s. Kunde" ist, sich registrieren zu lassen. Inhaber der Internetdomain "s..de" ist die B. GmbH mit Sitz in G../Ö.. Die B. GmbH verfügt über eine Bewilligung des Landes S. vom 21. März 2005 zum gewerbsmäßigen Abschluss von Wetten im Bundesland S.. Sie wurde im Impressum der Internet-Seite "s..de" bis zum 14. Juni 2006 genannt. Nach diesem Zeitpunkt wurde dort die d. Sportwettengesellschaft mbH mit Sitz in D. aufgeführt. Die Beklagten haben geltend gemacht, die deutsche Sportwettengesellschaft mbH könne sich auf die einem Herrn Dr. H. bzw. einer Sportwetten D. GmbH am 28. August 1990 erteilte Gewerbeerlaubnis der Stadt D. vom 28. August 1990 zum Abschluss und zur Vermittlung von Wetten (Anlage AG 7) berufen. Die D. Sportwettengesellschaft mbH leite die die Wetten zu dem Angebot der B. GmbH in Ö. unter der Domain "s..com" weiter.

Die Verfügungsklägerin (im Folgenden: Klägerin) ist die T GmbH. Sie veranstaltet im Gebiet des Bundeslandes Niedersachsen auf der Grundlage einer Erlaubnis nach dem Niedersächsischen Lotteriegesetz Sportwetten. Die Sportwetten finden in Abstimmung mit den übrigen 15 Landeslotteriegesellschaften statt, die jeweils für ihr Bundesland auf der Grundlage der dort geltenden Lotteriegesetze über eine behördliche Erlaubnis verfügen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass das Sportwettenangebot der B. GmbH in Deutschland gem. § 284 StGB verboten sei. Mit der Werbung für dieses Angebot verstoße die Beklagte zu 1 gegen § 284 Abs. 4 StGB. Dieses Verhalten stelle zugleich eine unlautere Wettbewerbshandlung gem. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG dar. Die Beklagte zu 2 sei als Geschäftsführerin der Beklagten zu 1 ebenfalls zur Unterlassung verpflichtet.

Die Klägerin hat mit ihrem am 16. Juni 2006 beim Landgericht eingegangenen Antrag im Wege der einstweiligen Verfügung beantragt,

den Beklagten aufzugeben, es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen,

auf dem Gebiet der alten Bundesländer Sportwetten zu bewerben, die nicht durch dasjenige Bundesland behördlich erlaubt sind, auf dessen Gebiet die Sportwetten beworben werden,

insgesamt wie nachstehend wörtlich wiedergegeben:

"s..de. Live-Wetten. Live-Erleben".

Die Beklagten sind dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung entgegen getreten.

Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung durch Urteil abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, bei den Bestimmungen des NLottG handele es sich um eine reine Marktzutrittsregel, die nicht unter § 4 Nr. 11 UWG falle. Die Vorschrift des § 284 StGB sei zwar bisher in ständiger Rechtsprechung stets als Marktverhaltensregelung im Sinn des § 4 Nr. 11 UWG angesehen worden, weil der Erlaubnisvorbehalt vornehmlich der Abwehr von Gefahren des Glückspiels für die Verbraucher diene. Diese Rechtsprechung könne mit Rücksicht auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 (1 BvR 1054/01) vor einer Änderung der landesrechtlichen Lotteriegesetze aber nicht aufrechterhalten werden. Das Bundesverfassungsgericht habe die Unvereinbarkeit des staatlichen Wettmonopols in seiner gegenwärtigen Form mit dem Grundgesetz gerade damit begründet, dass die landesgesetzlichen Regelungen, auf welche § 284 Abs.1 StGB Bezug nehme, es nicht gewährleisteten, die Verbraucher effektiv vor den Gefahren des Glücksspiels zu schützen. Da § 284 StGB nur im Kontext mit den landesrechtlichen Vorschriften gesehen werden könne und die gegenwärtige Regelung keinen effektiven Schutz bewirke, könne § 284 StGB gegenwärtig nicht als Marktverhaltensregelung herangezogen werden.

Die Klägerin verfolgt mit der Berufung ihren erstinstanzlichen Antrag weiter. B.

Die Berufung ist begründet.

I. Verfügungsanspruch

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch steht der Klägerin gem. § 8 Abs. 1 UWG, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 284 Abs. 1 u. 4 StGB zu.

1. § 284 StGB stellt entgegen der vom Landgericht vertretenen Auffassung eine gesetzliche Vorschrift dar, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.

Dies ist nach ständiger Rechtsprechung anerkannt, weil die Strafvorschrift auch dem Schutz der Verbraucher dient (BGH, Urt. v. 1. April 2004 - i ZR 317/01 - Schöner Wetten; Urt. v. 11. Oktober 2001 - I ZR 172/99 - Sportwetten-Genehmigung). Zweck der Strafandrohung ist es unter anderem, eine übermäßige Anregung der Nachfrage von Glücksspielen zu verhindern, durch staatliche Kontrolle einen ordnungsgemäßen Spielablauf zu gewährleisten und einer Ausnutzung des natürlichen Spieltriebs zu privaten oder gewerblichen Gewinnzwecken entgegenzuwirken. Dem liegt die Einschätzung zugrunde, dass das Glücksspiel grundsätzlich wegen seiner möglichen Auswirkungen auf die psychische (Spielsucht) und wirtschaftliche Situation der Spieler (Vermögensverlust) und seiner Eignung, Kriminalität namentlich im Bereich der Geldwäsche zu fördern, unerwünscht und schädlich ist. Andererseits ist dem Gesetzgeber bewusst, dass der Spieltrieb nicht gänzlich unterbunden werden kann. Die Vorschrift des § 284 StGB bietet deshalb mit der die Strafbewehrung aufhebenden behördlichen Erlaubnis ein Instrument zur Kanalisierung des Spieltriebs in geordnete Bahnen (BGH, Urt. v. 11. Oktober 2001 - I ZR 172/99 - Sportwetten-Genehmigung).

Dieser Normzweck des § 284 StGB wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 (Az.: 1 BvR 1054/01) das staatliche Wettmonopol in seiner gegenwärtigen Ausgestaltung im Freistaat B. - und entsprechend auch in N. - einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit darstellt, weil es nicht konsequent am Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren ausgerichtet ist (vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm, 25. Aufl., § 4 UWG Rn. 11.178; MünchKommUWG/ Schaffert § 4 Nr. 11 Rn. 344). Trotz der vom Bundesverfassungsgericht beschriebenen Unzulänglichkeiten sind die Regelungen des § 284 StGB, des Lotterie-Staatsvertrags und des Niedersächsischen Lotteriegesetzes im Hinblick auf die Erreichung der mit dem staatlichen Wettmonopol verfolgten Ziele der Bekämpfung der Wettsucht, des Schutzes der Spieler vor betrügerischen Machenschaften und der Abwehr von Gefahren aus mit dem Wetten verbundener Begleitkriminalität nicht völlig wirkungslos. Das ergibt sich schon daraus, dass ohne diese Vorschriften Sportwetten von jedermann veranstaltet werden könnten, und zwar weitgehend ohne Beschränkung und Kontrolle. Dies würde den Zielen, die Spiel und Wettsucht einzudämmen, die Spieler vor betrügerischen Machenschaften zu schützen und Begleitkriminalität abzuwehren, entgegenwirken. Außerdem enthält der Lotteriestaatsvertrag auch in seiner bisherigen Fassung einige Regelungen zur Erreichung des Ziels der Bekämpfung von Wettsucht und problematischem Spielverhalten, beispielsweise das Verbot der Teilnahme von Minderjährigen, das Gebot, Werbung nur in angemessenem Rahmen durchzuführen, und die Verpflichtung der Veranstalter, Informationen über Spielsucht, Präventionen und Behandlungsmöglichkeiten bereit zu halten. Auch das Niedersächsische Lotteriegesetz enthält beschränkende Regelungen nicht nur im Hinblick auf die Konzessionserteilung, sondern auch bezüglich der Spielbedingungen, welche nach dem Gesetz der behördlichen Genehmigung unterliegen. Dass diese Regelungen unzureichend sind und bislang in weiten Teilen nicht konsequent umgesetzt wurden, ändert nichts daran, dass ihnen der Zweck, die Ordnungsmäßigkeit des Spielablaufs zu gewährleisten und von den Verbrauchern die von Glücksspielen ausgehenden Gefahren abzuwehren, nicht gänzlich abgesprochen werden kann. Darüber hinaus hat das Land N., wie die Klägerin glaubhaft gemacht hat, als Reaktion auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts erste Maßnahmen ergriffen, um bis zur gesetzlichen Neuregelung ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht einerseits und der tatsächlichen Ausübung des Monopols andererseits herzustellen. Dazu gehören Vorgaben an die Annahmestellen zur verschärften Überprüfung des Alters, bei Wetten im Internet zum Abgleich mit Schufa-Datei mit dem Ziel, das Alter des Teilnehmers zu überprüfen, Beschränkung der Verkaufsstellen und des Spieleinsatzes, Einstellung der Wetten auf Halbzeitergebnisse, Einstellen der überregionalen Fernseh- und der regionalen Hörfunkwerbung, Einstellen der Print-Medienwerbung sowie der Werbung in Stadien oder Hallen, Verpflichtung, in den Annahmestellen einen gut sichtbaren Hinweis auf Suchtgefahren zu platzieren und durch einen Aufdruck auf den Spielscheinen über Suchtgefahren zu informieren.

2. Nach § 284 Abs. 1, 4 StGB macht sich derjenige strafbar, der für ein öffentliches Glücksspiel wirbt, das ohne behördliche Erlaubnis veranstaltet wird. Der Verbotstatbestand ist hier erfüllt:

a) Bei den "s."Sportwetten handelt es sich um ein Glücksspiel im Sinn des § 284 StGB. Denn das Wesen dieser Wetten besteht darin, dass die Entscheidung über Gewinn und Verlust nach den Spielbedingungen und den Verhältnissen, unter denen sie gewöhnlich betrieben werden, nicht wesentlich von den Fähigkeiten, Kenntnissen und der Aufmerksamkeit der durchschnittlichen Spieler abhängt, sondern jedenfalls hauptsächlich von dem ihrer Einwirkungsmöglichkeit entzogenen Zufall (vgl. BGH, Urt. v. 14. März 2002 - I ZR 279/99 - Sportwetten; BVerwG, Urt. v. 28. März 2001 - 6 C 2.01).

b) Das Glücksspiel wird im Internet und daher öffentlich angeboten.

c) Die Veranstaltung der "s."Sportwetten erfolgte ohne die dafür notwendige Erlaubnis einer inländischen Behörde.

Die Erlaubnis muss von der für das jeweilige Bundesland zuständigen Behörde erteilt worden sein; es genügt nicht, dass der Veranstalter eine Erlaubnis seines Heimatstaates besitzt (BGH, Urt. v. 1. April 2004 - I ZR 317/01 - Schöner Wetten; Urt. v. 14. März 2002 - I ZR 279/99 Sportwetten; OVG Lüneburg, Beschl. v. 17. März 2005 - 11 ME 369/03; Hefermehl/Köhler/Bornkamm, 25. Auf. § 4 Rn. 11.178; MünchKommUWG/ Schaffert § 4 Nr. 11 Rn. 343). Da sich das Angebot an das Publikum in D. und damit auch in N. richtete, war eine von der dort zuständigen Behörde erteilte Erlaubnis erforderlich (zur Zuständigkeit siehe § 15 des Niedersächsischen Gesetzes über das Lotterie und Wettwesen vom 21. Juni 1997 (Nds. GVBl. S. 289)). Eine solche Erlaubnis hat hier nicht vorgelegen.

aa) Die B. GmbH, die die Wetten veranstaltet und bis zum 14. Juni 2001 im Impressum der Internet-Seite "s..de" allein aufgeführt wurde, verfügte nur über die von einer österreichischen Behörde ausgestellte Bewilligung zum gewerbsmäßigen Abschluss von Wetten im Bundesland S..

bb) Es kann offen bleiben, ob die nach dem 14. Juni 2006 im Impressum der Internet-Seite genannte Deutsche Sportwettengesellschaft mbH, wie die Beklagten geltend machen, Inhaberin der Erlaubnis der Stadt D. vom 28. August 1990 zum Abschluss und zur Vermittlung von Sportwetten war. Eine von einem Hoheitsträger in der früheren DDR erteilte gewerberechtliche Erlaubnis zur Veranstaltung von Sportwetten rechtfertigt es nicht, in den alten Bundesländern solche Wetten zu veranstalten oder zu vermitteln (BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2006 - 6 C 19/06; OLG München, Urt. v. 27. Oktober 2006 - 6 U 5104/04; OVG Niedersachsen, Beschl. v. 17. März 2005 - 11 ME 369/03; OVG Bremen, Beschl. v. 7. September 2006 - 1 B 273/06). Eine solche Erlaubnis gilt zwar nach Art. 19 EV fort, allerdings nur im Gebiet der neuen Bundesländer. Dies folgt aus einer Auslegung der Genehmigung, die insoweit keine ausdrückliche Regelung enthält. Art. 19 EV bezweckt zum einen, dem Gedanken des Vertrauensschutzes bei begünstigenden Verwaltungsakten dahin Rechnung zu tragen, dass die betreffenden Einzelentscheidungen in ihrer regelnden Wirkung grundsätzlich erhalten bleiben. Zum anderen verfolgt die Bestimmung den Zweck, die mit dem Einigungsvertrag insgesamt angestrebte Rechtseinheit zu fördern. Im Hinblick auf dieses Ziel kommt Verwaltungsakten der DDR gem. Art. 19 Satz 1 EV nach ihrer regelnden Wirkung grundsätzlich ebenso Geltung im gesamten Bundesgebiet zu, wie dies umgekehrt für Verwaltungsakte zutrifft, die bis zum 3. Oktober 1990 von der Behörde eines Altbundeslandes erlassen wurden. Erlaubnisse für gewerbliche Sportwetten konnten auch in den Ländern der alten Bundesrepublik nur mit Wirkung in dem betreffenden Bundesland erteilt werden. Entsprechendes gilt für die im Streitfall in D. erteilte Erlaubnis (vgl. BVerwG a. a. O.).

d) Die Beklagte zu 1 hat für das ohne öffentliche Erlaubnis durchgeführte öffentliche Glücksspiel geworben, indem sie den Fernsehspot wiederholt ausgestrahlt hat.

Nicht gefolgt werden kann dem Einwand der Beklagten, dass sich die Werbung nicht auf die Veranstaltung der "s."Sportwetten (durch die B. GmbH in Ö.) beziehe, sondern nur auf die Vermittlung dieser Sportwetten (durch die Deutsche Sportwettengesellschaft in D.). Die Fernesehwerbung enthielt die Einblendung des Slogans "s..de. Live-Wetten. Live-Erleben." Bereits für sich genommen stellt diese Aussage eine Werbung für die "s."Sportwetten dar. Hinzu kommt, dass die unter der Domain "s..de" abrufbare Internet-Seite das "s."Angebot mit der Aufforderung bewarb, sich für eine Wette anzumelden oder sich als neuer "s. Kunde" registrieren zu lassen. Das Anklicken auf der Internet-Seite grafisch hervorgehobener Felder ("Anmelden" - "Registrieren" - "Mein Wettschein - Bitte suchen Sie eine Wette aus") führte zu der Internetseite "s..com" auf der sich der Internetnutzer für eine Wette anmelden oder, wenn er noch kein "s. Kunde" war, registrieren lassen konnte. Soweit die Internet-Seite mit der Domain "s..de" in kleineren Buchstaben auch den Zusatz enthielt "Vermittlung von Sportwetten", und soweit es in dem über Hyperlink abrufbaren Impressum hieß, die Website "s..de" sein ein Vermittlungsangebot, ändert dies nichts an der Werbung für das Produkt "s."Sportwetten. Wegen des beschriebenen Inhalts der Internet-Seite stand im Vordergrund die Werbung für das Sportwettenangebot selbst.

3. Einem Unterlassungsanspruch auf der Grundlage des § 284 StGB als gesetzliche Vorschrift im Sinn des § 4 Nr. 11 UWG steht nicht das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 entgegen.

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist ein staatliches Sportwettenmonopol mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG nur dann vereinbar, wenn es konsequent am Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren ausgerichtet ist. Entsprechend den Ausführungen des Bundesverfassungsgericht zu der vergleichbaren Rechtslage in B. ist davon auszugehen, dass das Niedersächsische Lotteriegesetz gegenwärtig mit Art 12 Abs. 1 GG unvereinbar ist, weil es unter anderem für öffentliche Sportwetten ein staatliches Monopol begründet (§ 3 Abs. 1, 2 NLottG), ohne zugleich hinreichende gesetzliche Regelungen zur Sicherung der Erreichung der damit verfolgten Ziele zu schaffen, insbesondere zur Ausrichtung des Wettangebots an der Begrenzung und Bekämpfung von Wettsucht und problematischen Spielverhalten. Dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist aber nicht zu entnehmen, dass die Regelung des § 284 StBG verfassungswidrig ist (so auch: OLG München, Urt. v. 27. Oktober 2006 - 6 U 5104/04). Der Tatbestand des § 284 StGB ist bereits dann erfüllt, wenn jemand für ein öffentliches Glücksspiel wirbt, das ohne behördliche Erlaubnis veranstaltet wird. Eine solche Werbung ist auch dann nicht ohne Erlaubnis zulässig, wenn eine Erlaubnis unter Verletzung der Grundrechte versagt worden ist (BGH, Urt. v. 14. März 2002 - I ZR 279/99 - Sportwetten). Erst recht ist eine solche Werbung nicht zulässig, wenn der Veranstalter bzw. Vermittler die erforderliche Genehmigung - hier durch die zuständige Behörde des Landes N. - gar nicht beantragt hat. Die Frage der Verletzung der Grundrechte ist im Falle der Versagung der Genehmigung im Verwaltungsrechtsweg zu klären. Im vorliegenden Wettbewerbsprozess ist die Frage nicht erheblich, weil eine etwaige Verfassungswidrigkeit des staatlichen Wettmonopols zwar möglicherweise zum Wegfall der Strafbarkeit nach § 284 StGB (vgl. BVerfG, WRP 2006, 562, 576), nicht aber zur Unwirksamkeit der Strafvorschrift führen würde.

Es kann deshalb offen bleiben, ob die Vorschriften zum staatlichen Wettmonopol in N. bis zu der vom Bundesverfassungsgericht (für die entsprechende bayerische Rechtslage) geforderten gesetzlichen Neuregelung weiterhin anwendbar sind, weil das Land bis zum jetzigen Zeitpunkt ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht einerseits und der tatsächlichen Ausübung seines Monopols andererseits herzustellen hat (für das Land Niedersachsen bejahend: OVG Niedersachsen, Beschl. v. 19. Dezember 2006 - 5 B 212/06; zur Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts im Freistaat Bayern: BVerfG, Beschl. v. 19. Oktober 2006 - 2 BvR 2023/06 Rn. 19 ).

4. Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Art. 46 und 49 ff. EGV berufen.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Strafvorschrift des § 284 StGB als solche nicht gegen die durch Art 46 und 49 EG gewährleisteten Grundfreiheiten der Niederlassungsfreiheit und der Dienstleistungsfreiheit verstoße (Urt. v. 1. April 2004, I ZR 317/01 - Schöner Wetten; Urt. v. 14. März 2002 - I ZR 279/99 - Sportwetten). Die Strafvorschrift verbiete lediglich das Veranstalten eines Glücksspiels ohne behördliche Erlaubnis und sei insoweit durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Sie treffe selbst keine Entscheidung darüber, ob und inwieweit Glücksspiele abweichend von ihrer grundsätzlichen Unerlaubtheit zugelassen werden könnten oder nicht. Nach europäischem Gemeinschaftsrecht stehe es im Ermessen der Mitgliedstaaten, Glücksspiele auch vollständig zu verbieten. Selbst wenn die landesrechtlichen Vorschriften über die Erteilung einer behördlichen Erlaubnis zur Veranstaltung von Glücksspielen nicht mit Art 46 und 48 EG vereinbar sein sollten, wäre deshalb die Veranstaltung von Glücksspielen im Internet für inländische Teilnehmer nicht erlaubnisfrei zulässig. Der Senat tritt dieser Rechtsprechung, der auch das OLG Köln (Urt. v. 21. April 2006 - 6 U 145/05), das OLG München (Urt. v. 27. Oktober 2006 - 6 U 5104/04) und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (Urt. v. 10. Juli 2006 - 22 BV 05.457) gefolgt sind, bei. Danach obliegt es dem einzelnen Wettanbieter, bei der zuständigen Landesbehörde den Antrag auf Erteilung einer Zulassung zu stellen. In dem anschließenden Verwaltungsverfahren ist den Belangen der Niederlassungs und Dienstleistungsfreiheit unter Berücksichtigung der EuGH-Rechtsprechung Rechnung zu tragen.

5. Ohne Erfolg wenden die Beklagten ein, sie hätten sich bei ihrem Handeln in einem entschuldbaren Verbotsirrtum befunden.

Allerdings setzt dann, wenn der Rechtsbruchtatbestand wie hier an eine strafrechtliche Norm anknüpft, der Unterlassungsanspruch das vollständige Vorliegen des Straftatbestands, also auch eines Verschuldens, voraus (Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 4 UWG Rn. 11.50; MünchKommUWG/ Schaffert § 4 Rn. 81). Von einem entschuldbaren Verbotsirrtum der Beklagten kann indes nicht ausgegangen werden.

Die Wettbewerbswidrigkeit der streitbefangenen Werbung war für die Beklagten unschwer zu erkennen, spätestens nachdem sie wegen desselben Werbespots von einer anderen Landeslotteriegesellschaft im Wege der einstweiligen Verfügung in Anspruch genommen worden waren, ihnen die Beschlussverfügung des Landgerichts Hamburg vom 14. Juni 2006 zugestellt wurde, und das Landgericht die Beschlussverfügung durch Urteil vom 23. Juni 2006 ( AZ.: 315 O 484/06) bestätigte. Die Klägerin hat glaubhaft gemacht, dass die Beklagte den beanstandeten Werbespott auch noch nach diesen Zeitpunkten sendete (Aufzeichnungen der N. Media Research GmbH, Anl. CBH 11). Die Rechtslage, die dem Verbot zugrunde lag, war durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteile vom 11. Oktober 2001 - I ZR 172/99 - Sportwetten-Genehmigung, vom 14. März 2002 - I ZR 279/99 - Sportwetten - und vom 1. April 2004 - I ZR 317/01 - Schöner Wetten), des Oberlandesgerichts Köln (Urt. v. 21. April 2006 - 6 U 145/06), des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 21. Juni 2006 - 6 C 19/06) des OVG Lüneburg (Beschl. v. 17. März 2005 - 11 ME 369/03) und weiterer Oberverwaltungsgerichte (siehe die Fundstellen im Schriftsatz der Klägerin vom 15. Januar 2007, Seite 6) im Wesentlichen geklärt, auch soweit es um die Auswirkungen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 geht. Soweit die Strafbarkeit der Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten durch private Wettanbieter nach dem gegenwärtigen Stand der Rechtsprechung fraglich ist, kommt es darauf nicht an. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 darf das gewerbliche Veranstalten von Wetten durch die private Wettunternehmen und die Vermittlung solcher Wetten weiterhin als verboten angesehen und ordnungsrechtlich unterbunden werden. Gesichtspunkte, die dafür sprechen, den Ordnungsbehörden die Verfolgung zu gestatten, den Landeslotteriegesellschaften das Klagerecht auf privatrechtlicher Ebene aber zu versagen, sind nicht ersichtlich (OLG Köln a. a. O.).

Im Hinblick auf die eindeutige Erkennbarkeit des Verstoßes können die Beklagten sich für die Fortsetzung der wettbewerbswidrigen Werbung auch nicht auf die verfassungsrechtlich garantierte Rundfunkfreiheit (Art 5 GG) berufen.

6. Die begangene rechtswidrige Handlung rechtfertigt eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr. Die Wiederholungsgefahr ist nicht dadurch weggefallen, dass eine andere Landeslotteriegesellschaft wegen der angegriffenen Werbung eine einstweilige Verfügung gegen die Beklagten erwirkt hat. Die einstweilige Verfügung ist, soweit ersichtlich, noch nicht rechtskräftig. Außerdem kann und muss die Klägerin nicht darauf vertrauen, dass die andere Landeslotteriegesellschaft das Verbot bei zukünftigen Verstößen auch durchsetzen wird.

7. Die Beklagte zu 2 haftet, weil sie, wovon nach der Lebenserfahrung auszugehen ist, als Geschäftsführerin der Beklagten zu 1 die streitbefangene Werbung und die einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg kannte und pflichtwidrig nicht eingeschritten ist (vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 8 UWG Rn. 2.20).

8. Der Unterlassungsanspruch steht der Klägerin entgegen der Ansicht der Beklagten in räumlicher Hinsicht unbeschränkt für das gesamte Bundesgebiet zu, obwohl die Klägerin ihre Sportwetten nur in dem Bundesland N. anbietet. Der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch ist grundsätzlich nicht auf den Tätigkeitsbereich des Mitbewerbers, der den Anspruch geltend macht, beschränkt, sondern für das gesamte Bundesgebiet gegeben. Dies hat seinen Grund darin, dass der Anspruch dem Mitbewerber nicht nur zum Schutz seiner Individualinteressen, sondern auch im Interesse der anderen Markbeteiligten und der Allgemeinheit zuerkannt wird (BGH, Urt. v. 10. Dezember 1999 - I ZR 141/96 - Vorratslücken; Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 8 UWG Rn. 1.56; MünchKommUWG/ Fritzsche § 8 UWG Rn. 112).

II. Verfügungsgrund

Das Landgericht hat zutreffend angenommen, dass die gem. § 12 Abs. 2 UWG gegebene Vermutung der Dringlichkeit nicht widerlegt ist.

Die Beklagte zu 1 bewarb nach dem Vortrag der Beklagten die Internet-Seite "s..de" seit dem 12. Mai 2006. Ob die Vertreter der Klägerin oder ihre zuständigen Mitarbeiter von der Werbung bereits an diesem Tage oder erst später erfuhren, ist offen. Bereits am 16. Juni 2006 ging der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bei dem Landgericht ein. Ein gegen die Dringlichkeit sprechendes Zuwarten der Klägerin kann daher nicht festgestellt werden.

Allerdings kann die Dringlichkeitsvermutung entfallen, wenn der Verletzte gegen einen früheren im Kern gleichen Verstoß nicht vorgegangen ist (Hefermehl/ Köhler/Bornkamm § 12 UWG Rn. 3.19). In diesem Zusammenhang machen die Beklagten geltend, dass die Beklagte zu 1 seit dem Jahr 2004 ca. 300 Werbespots für die Sportwetten "b." und im Jahr 2006 24 Werbespots für die Sportwetten der C. GmbH gesendet haben. Es sei lebensfremd, wie das Landgericht anzunehmen, dass die Werbung der Klägerin verborgen geblieben sei. Auch hiermit haben die Beklagten keinen Erfolg. Hinsichtlich der Werbung für die C. GmbH ist nicht vorgetragen, zu welchem genauen Zeitpunkt und mit welchem Inhalt die Werbespots gesendet wurden. Es ist nicht glaubhaft gemacht, dass die Vertreter der Klägerin oder die mit entsprechender Kompetenz ausgestatteten Mitarbeiter von der Werbung bereits längere Zeit vor dem 16. Juni 2006 Kenntnis erlangten. Bezüglich der bereits seit dem Jahr 2004 und insgesamt wesentlich häufiger ausgestrahlten Werbespots für die Sportwetten "b." mag von einer Kenntnis der Klägerin auszugehen sein. Insoweit hat die Klägerin indes glaubhaft vorgetragen, sie sei davon ausgegangen, dass dieses Unternehmen auf der Grundlage einer sog. DDR-Erlaubnis tätig sei, dass es die Sportwetten selbst veranstalte und in S. steuerpflichtig sei. Unter diesen Umständen lässt sich nicht annehmen, dass das die Hinnahme der "b."Werbung durch die der Klägerin die Dringlichkeitsvermutung widerlegt habe. Denn die Rechtslage war, was die gewerbliche Veranstaltung von Sportwetten in den alten Bundesländern auf der Grundlage von sog. DDR-Erlaubnissen anbetraf, zunächst unklar. So ist noch in dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11. Oktober 2001 - I ZR 172/99 - Sportwetten-Genehmigung - ausgeführt, nach der Beurteilung der Behörden und Gerichte sei eine aufgrund des Gewerbegesetzes der DDR erteilte Genehmigung gemäß Art. 19 EV eine ausreichende Grundlage für die bundesweite Tätigkeit des Sportwetten-Unternehmens. Erst durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Juni 2006 - 6 C 19/06 ist eine höchstrichterliche Klärung dahin erfolgt, dass eine in der früheren DDR erteilte gewerberechtliche Erlaubnis es nicht rechtfertigt, Sportwetten im Gebiet der neuen Bundesländer zu veranstalten oder zu vermitteln.

III. Kosten

Die Kostentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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